7. Jh.
Seit Anfang des 7. Jhs. ist der Kodex die normale Form des Buches. Die Rolle
findet nur noch vereinzelt Verwendung. Seit dem 7. Jh. sind in der fränkischen
Führungsschicht Tendenzen zur Entstehung eines Adels und ein sich auf
Geburt berufendes Sonderbewußtsein erkennbar. Seit dem 7. Jh. importieren
die Araber Papier von den Chinesen.
Mitte des 7. Jhs.:
Die Besiedlung in vielen Bereichen Nordwestdeutschlands verdichtet sich (wieder).
Bevölkerungstief in Europa (in Millionen nach Ländern):
Deutschland und Skandinavien: 2
Ungarn: 0,5
Balkan und Griechenland: 3
Spanien: 3,5
britische Inseln: 0,5
Frankreich und Niederlande: 3
Beginn der Besiedlung des östlichen Rheinischen Schiefergebirges. Beginn eines sächsischen Vorstoßes in den nordöstlichen Teil des Schiefergebirges. Im Rheingau entwickeln sich aus Einzelhöfen Weiler. Die Siedlungsräume in Nordhessen beschränken sich weitgehend auf Becken- und Tallandschaften.
2. Hälfte 7. Jh.:
Wahrscheinliche Entstehung des "Beowulf", des ältesten vollständig
erhaltenen germanischen Heldenepos. Älteste erhaltene Pergamenturkunden
der Merowinger.
Ende des 7. Jhs.:
Ende der fränkischen Grabbeigaben (wichtige demographische Quelle!).
7. und 8. Jh.:
In Nordwestdeutschland werden die Wurten wieder besiedelt. Hier und in Mitteldeutschland
konsolidiert sich erst jetzt die Besiedlung. Relativ dichte Besiedlung im
Büraberg-Gebiet im Raum Fritzlar. Slawen rücken ins östliche
Mitteleuropa nach.
6. Jh.
Landnahme der Bajuwaren. Slawen besiedeln Mecklenburg. Sie sitzen auch in
der Uckermark. Vielleicht ist jetzt bereits nördlich der Alpen der schwere
Räderpflug (Beetpflug) bekannt. Im Gegensatz zum alten römischen
Hakenpflug wendet er den Boden zugleich (in einer Richtung) und macht ein
nochmaliges Querpflügen überflüssig. Der alte Hakenpflug, der
nur die oberste Bodenschicht aufreißt, bleibt parallel dazu noch lange
in Gebrauch, je nach Vermögen der Bauern. Die urnordische Sprache wandelt
sich relativ rasch zum Altnordischen.
6. und 7. Jh.: Einsetzen der fränkischen Reihengräberfelder als
Zeichen des Landesausbaus. Bevölkerungsanstieg bei Franken, Alemannen
und Bajuwaren. Wüstungsperiode im östlichen Mitteleuropa.
600 Ca.
In Italien wird die Geldwirtschaft durch Naturalwirtschaft abgelöst.
[Das hätte man gerne etwas näher belegt...]
Schätzungen für die Bevölkerung Europas:
a) Gesamt ca. 26 Mio. (Gallien: 4-5 Mio., England: 0,6 Mio., Deutschland 3-4
Mio., Balkan: 3 Mio., Anatolien: 5 Mio.)
b) Gesamt: 11,9 Mio; Iberische Halbinsel: 3,6 Mio; Frankreich: 3 Mio; Italien:
2,4 Mio; Britische Inseln: 0,8 Mio; Deutschland und Skandinavien: 2,1 Mio.
604
11. März: Papst Gregor der Große stirbt. Sabinian wird sein Nachfolger
(bis 606). Dieser weist bei einer Hungersnot in Rom das bittende Volk ab,
verweigert jede Hilfe und verkauft Korn zu Wucherpreisen (bis 30 solidi pro
Scheffel).
607
Beginn der Dogenherrschaft in Venedig.
610
In Norditalien erfindet - der Sage nach - ein Mönch die Brezel, womit
Kinder für das Lernen des Katechismus belohnt worden sein sollen. "Bracciatelli"
bedeutet "kleine Ärmchen", d.h. die Form soll an im Gebet verschränkte
Kinderarme erinnern.
611/612
Kolumban trifft in Bregenz am Bodensee Bewohner der Stadt an, die ein heidnisches
Opferfest feiern: "Endlich gelangten sie an den bestimmten Ort, der zwar
dem Columban nicht gefiel, doch beschloß er zu bleiben, um dem benachbarten
Volke den Glauben zu verkündigen. Es ist aber schwäbisches Volk,
das dort wohnt. Einmal fand er, als er diese Gegend durchzog, wie die Einwohner
ein heidnisches Opfer begehen wollten: sie hatten ein großes Gefäß,
das bei ihnen Cupa heißt, und das ungefähr zwanzig Eimer hielt,
mit Bier angefüllt und in ihre Mitte gesetzt. Auf Columbans Frage, was
sie damit wollten, sprachen sie, sie bringen ihrem Gott Wodan (den andere
Mercurius nennen) ein Opfer, wie er von diesem scheußlichen Werk hörte,
blies er das Faß an, und siehe da, es löste sich mit Gekrach und
sprang in Stücke, so daß alles Bier augenblicklich herausströmte.
Da zeigte es sich klar, daß der Teufel in der Kufe verborgen gewesen
war, der durch
das irdische Getränke die Seelen der Opfernden fangen wollte. Wie das
die Heiden sahen, staunten sie und sprachen, Columban habe einen starken Atem,
daß er ein fest gebundenes Faß so zersprengen könne. Er aber
schalt sie mit den Worten des Evangeliums und befahl ihnen, abzulassen von
solchen Opfern und nach Hause zu gehen. Viele wurden damals durch die Predigt
des heiligen Mannes bekehrt und ließen sich von ihm taufen; andere die
schon getauft waren, aber noch fortlebten im heidnischen Unglauben, führte
er durch seine Worte wie ein guter Hirte zum Glauben und in den Schoß
der Kirche zurück."
612
Columban aus Irland gründet in Italien das Kloster Bobbio, gelegen in
den Apenninen am Rande des Einflußbereiches der arianischen Langobarden
(oder 614). Die dortigen Mönche, vielfach irischer Abkunft, werden über
mehrere Generationen im 7. und 8. Jh. zahlreiche wichtige Handschriften verfertigen,
und zwar in etlichen Misch- und Übergangsformen zwischen irischer und
festländischer Halbunziale bzw. Kursive.
614
Edictum Chlotarii; die Staatsgewalt wird auf den Adel übertragen, indem
der König die "Beamten" (Grafen) aus den adligen Grundbesitzern
der Grafschaften wählt. Ein Majordomus (Hausmeier) verwaltet den Hof
und führt die königliche Gefolgschaft (den Adel).
616
Die bisher arianischen Langobarden werden katholisch.
622
15. Juni: Die Hedschra. Beginn der islamischen Zeitrechnung.
623
Beginn des Slawenreiches des fränkischen Kaufmannes Samo (bis 656); es
erstreckt sich bis Magdeburg und Passau. "Im 40. Jahre verband sich ein
gewisser Samo, ein geborener Franke aus dem Senonagischen Gau, mit mehreren
Kaufleuten und zog in Handelsgeschäften zu den Sklaven, die man Winider
nennt. Die Slaven hatten damals bereits angefangen gegen die Avaren, die den
Beinamen Chunen führen, und deren König Gagan sich zu empören.
Schon von alten Zeiten her wurden die Wenden von den Chunen als sogenannte
Befulci gebraucht, so daß, wenn die Chunen gegen irgend ein Volk ins
Feld zogen, sie selbst sich vor dem Lager aufstellten, die Wenden aber kämpfen
mußten. Siegten nun diese, so rückten die Chunen vor um Beute zu
machen; unterlagen jedoch die Wenden, so sammelten sie auf der Chunen Hilfe
gestützt neue Kräfte. Darum wurden sie Befulci von den Chunen genannt,
weil sie vor ihnen einherzogen und im Treffen einen doppelten Kampf bestanden.
Jedes Jahr kamen die Chunen zu den Slaven, um bei ihnen zu überwintern;
dann nahmen sie die Weiber und Töchter der Slaven und schliefen bei ihnen,
und zu den übrigen Mißhandlungen mußten die Slaven den Chunen
noch Abgaben zahlen. Die Söhne der Chunen aber, die diese mit den Weibern
und Töchtern der Wenden erzeugt hatten, ertrugen endlich solchen Druck
nicht mehr, verweigerten den Chunen den Gehorsam und begannen, wie schon erwähnt,
eine Empörung. Wie nun das wendische Heer gegen die Chunen auszog, so
begleitete jener Handelsmann Samo dasselbe. Da erprobte sich dessen Tapferkeit
gegen die Chunen auf eine wunderbare Weise und eine ungeheure Menge Chunen
fiel durch das Schwert der Wenden. Als diese nun die Tapferkeit Samos erkannt
hatten, wählten sie ihn zu ihrem König und er herrschte 35 Jahre
lang glücklich. Mehrere Schlachten lieferten die Wenden unter seiner
Regierung gegen die Chunen und jedesmal blieben sie durch sein Verdienst Sieger.
Samo hatte 12 wendische Weiber, mit denen er 22 Söhne und 25 Töchter
erzeugte."
625
Die Merowinger beginnen in ihren Urkunden Papyrus zu verwenden (bis ca. 673).
Straßburg wird Bischofssitz. Dagobert I. gründet die Abtei St.
Denis. Datierung des Schiffsgrabes von Sutton Hoo (südöstl. v. Suffolk).
Inhalt (u.a.): 37 merowingische Goldmünzen; Schiff von 26 m Länge,
aber noch ohne Mast; Kettenhemd (Ringdurchmesser 8 mm mit Kupfernieten); fünf
Speere, drei Angons; berühmter Maskenhelm; Rundschild. Trotz reicher
Beigaben ist kein Leichnam erhalten. Entweder blieb das Grab leer oder der
Körper ist völlig zerfallen. Möglicherweise handelt es sich
um das Grab von König Raedwald von East Anglia.
626
Die Franken setzen erstmals Reiterei im Angriff ein (gegen die Sachsen). Die
lange gehegte Annahme jedoch, die kriegerischen Erfolge der Franken kämen
von ihrer "schweren" Reiterei her (diese wiederum von der Einführung
des überschätzten Steigbügels), können nicht aufrechterhalten
werden. [Es scheint, als hätte man hier versucht, die Entwicklung des
"Rittertums" erheblich vorzuverlegen.]
627
Bischof Paulinus baut in York eine hölzerne Kirche.
629
Bischof Arnold von Metz stirbt.
632
Tod Mohammeds.
636
Es stirbt Isidor von Sevilla (ca.76jährig).
638
Kalif Omar erobert Jerusalem.
640
Es stirbt Hausmeier Pippin. Es stirbt Bischof Desiderius von Cahors, von dem
es heißt, daß in seinem Hause entgegen den Gewohnheiten des Adels
die Spielleute (histriones und scurri) keinen Platz gehabt hätten.
650 Ca.
In der Runeninschrift von Stentoften findet sich die erste gesicherte schriftliche
Fixierung des Umlauts -e- < -a- in der altnordischen Sprache.
653
Während der achten toledanischen Synode bezeichnet der König des
spanischen Westgotenreiches das Volk Hispaniens bereits als eine Einheit.
654
Rekkesvind, König der Westgoten erläßt die "Lex Visigothorum
Reccesvindiana", ein Gesetzeswerk, welches für alle Untertanen bindend
ist und das "Breviarum Alarici" aufhebt.
660
Bis 664: Aus dieser Zeit stammt die kostbare, Edelsteinschmuck nachahmende
Seidenstickerei der für Königin Bathilde gearbeiteten "chasuble
de Chelles" (bei Paris).
668
Theodor wird Erzbischof von Canterbury (bis 690). Sein Bußbuch (Liber
Poenitentialis) enthält das älteste englische Kirchenrecht. Ein
Auszug über heidnische Bräuche: "Not only celebrating feasts
in the abominable places of the heathen and offering food there, but also
consuming it. Serving this hidden idolatry, having relinquished Christ. If
anyone at the kalends of January goes about as a stag or a bull; that is,
making himself into a wild animal and dressing in the skin of a herd animal,
and putting on the heads of beasts; those who in such wise transform themselves
into the appearance of a wild animal, penance for three years because this
is devilish." [Ed. Thorpe II, S. 32f; vgl. Anno 542]
670
Im merowingischen Gallien wird Pergament verwendet.
Ca. 670: Enddatierung des größten bajuwarischen Reihengräberfeldes
in Altenerding bei München.
673
Pest im Irak.
Ca. 673: Ende der Verwendung von Papyrus für merowingische Urkunden.
Es haben nämlich mittlerweile die Araber das vormals byzantinische Ägypten
erobert, wodurch kein Papyrus mehr exportiert wird. Pergament dagegen ist
viel kostbarer. Das Papier ist zwar bereits erfunden, wird aber noch eine
Weile brauchen, bis es nach Europa kommt.
676
In Syrien und Mesopotamien verursachen Heuschrecken eine Hungersnot.
679
Eine römische Synode verbietet den Bischöfen, Zitherspieler (citharoedas)
zu alimentieren und an ihren Residenzen Schauspiele zu veranstalten.
686
Mit Wessex wird auch das letzte angelsächsische Reich christlich.
689
8. Juli: Kilian wird in Würzburg zum Märtyrer.
690
Willibrord missioniert bei den Friesen. Die Gesetze von König Wihtraed
von Kent verbieten bei Geldstrafe die Opfer an die "Teufel", d.h.
heidnische Gottheiten.
692
Ein Konzil in Konstantinopel verbietet bei Strafe der Exkommunikation das
Tragen von Perücken [ist das jemals aufgeheoben worden von der Kirche?].
698
Bis 700: In Irland herrschen Pest und Hunger, es gibt Gerüchte über
Kannibalismus [Aber eben nur Gerüchte!].