14. Jahrhundert
Ungefähre Einwohnerzahlen Europas nach Le Goff:
Gesamt 73 Mio.,
Frankreich 21 Mio.,
Deutschland 14 Mio.,
England 4,5 Mio. Am Anfang des 14. Jahrhunderts verbietet der Rat von Luzern
folgende Aktivitäten auf dem Kirchhof: Kegeln, Kugelspiel, Stechen, Turnieren,
Armbrustschießen und Steinstoßen.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts findet sich erstmals - in einer griechischen
Handschrift - der Brauch, in der rechten unteren Ecke der Verso-Seite des
letzten Blattes einer Lage eines Buches sogenannte Reklamanten anzubringen.
Es sind dies ein oder zwei Wörter oder ein Wortteil, womit der Text auf
der nächsten Seite beginnt. Dieses Praxis findet sich in vor allem westlichen
Handschriften der Renaissance und später im gedruckten Buch bis ins 18.
Jahrhundert.
Im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts tritt ein tiefgreifender Wandel in
der Bekleidung ein: "unzüchtige" kurze und enge Röcke
kommen auf, die Kopföffnungen der Kleider werden vergrößert,
daß bei Männern Brust und Schultern sichtbar werden; bei den Frauen
gelangen die Körperformen in einem Ausmaß zur Geltung, daß
man meint, sie wären nackt. Bei den Männern erscheinen enge körperbetonte
Beinlinge und enge Schuhe, z.T. Schnabelschuhe. Die Kleiderränder werden
gezaddelt und ein schmaler tiefsitzender Riemen dient als Gürtel. In
allen Schichten kommt die Gugel auf, seit dem 12. Jh. eine eher zum Mantel
gehörige Zwecktracht. Zu dieser Zeit kommt auch die Mode auf, die Gugel
mit dem Gesichtsloch nach unten auf den Kopf zu legen, wobei Kragen und Kapuze
lose an den Seiten herunterhängen. Die Ärmel werden sehr vielfältig
und können aus verschiedenen Stoffen gefertigt oder mit Silberplättchen
verziert sein. Die Männer lassen sich lange Bärte wachsen und tragen
wie die Frauen langes, mit Brenneisen gekräuseltes Haar. Daran ist zu
erkennen, daß der traditionelle Ordnungsgedanke in Frage gestellt wird
und ein neues Persönlichkeitsbewußtsein aufkommt. Die Beförderung
zum Ritter geschieht mittlerweile durch den Ritterschlag (früher durch
die Schwertleite). In Florenz besucht jedes zweite Kind die Schule. Die Stadt
Köln legt bei den Weiden einen Schöpfbrunnen für die durchziehenden
Aachenpilger an. Die Gefäße werden dabei mit Ketten vor Diebstahl
gesichert. In den 1340er Jahren wird in Münster (Westfalen) eine große
Zahl kostbarer Gewandschließen als Schatz vergraben. In Europa tauchen
die ersten Sanduhren auf. Ihre Herkunft ist nicht geklärt.
Seit Mitte des 14. Jahrhunderts werden im Handwerk arbeitsrechtliche Regelungen
getroffen, Lehrzeit, Arbeitszeit, Lohn und Anzahl der Lehrlinge und Gesellen
festgelegt. Im niedersächsischen Raum entstehen aus den ursprünglichen
Bauernhäusern die Kübbungshäuser. Die städtische Prostitution
weitet sich erheblich aus, vielleicht im Zusammenhang mit der zunehmenden
Abriegelung der Zünfte und der daraus folgenden Vermehrung der ledigen
Handwerker. Nach den Stadtrechnungen von Hildesheim wird dort gerne Kirschwein
getrunken, auch im Rat, und man bewirtet den Bischof und den Herzog von Lüneburg
damit.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wandern deutsche Waffen- und
Rüstungsschmiede in Frankreich ein, weil ihre Dienste dort geschätzt
werden.
Im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts erwirbt Hamburg, das jetzt etwa 7500
Einwohner hat, nacheinander die Ortschaften Moorburg, Hammerbrook, Horn, Billhorn,
Boizenwerder, Hamm, Ochsenwerder, Moorwerder, Billwerder, Finkenwerder, Altenwerder,
Kattwyk und Griesenwerder, ferner Eimsbüttel, langenhorn, Klein-Borstel,
Fuhlsbüttel, Ellbek und Borgfelde.
Ende des 14. Jhs. ist es üblich, ritterliche Söldner bereits in
Friedenszeiten zu verpflichten und ihnen "Wartgeld" zu zahlen. Diese
Wartgeldempfänger sind oft die Anführer von lockeren Soldgesellschaften.
Seit dem späten 14. Jahrhundert gibt es auch in Städten (Bern, Nürnberg
und Wien) Metschenken und Metsieder.
Im ausgehenden 14. Jahrhundert erobern die Schellen als typisch deutsche Modeerscheinung,
ausgehend von Gürtel, viele andere Stellen der Kleidung (z.B. gewandsaum
oder Ärmel).
Seit Ende des 14. Jahrhunderts findet bei den Frauen der deutschen Bürger
die Hörnerhaube Verbreitung. Diese Haube umhüllt zwei seitlich über
den Ohren hochgesteckte Haarkegel.
1300
Der bayerische Landfrieden verfügt, daß wer einen Spielmann halten
will, ihn auch versorgen soll. Diese Bestimmung bleibt wirkungslos, weil ein
Gutteil der Besoldung der Spielleute aus Geschenken besteht (Verpflichtung
zur "milte"), auch wenn sie patronisiert werden. Aus dem Passauer
Stadtrecht: "Wer farund volk, das gut für er nimbt, schilt oder
slecht, der ist dem richter nichts darumbe schuldich." Papst Bonifaz
VIII. verkündet erstmals ein Heiliges Jahr und einen Jubelablaß,
eine "volle Vergebung der Sünden". Es ist vorgesehen, alle
100 Jahre ein Jubeljahr zu begehen (in Wahrheit wird es öfter geschehen).
Amsterdam erhält Stadtrechte. Bankrott der Riccardi in Lucca. König
Wenzel II. von Böhmen läßt aus dem Silber des Erzgebirges
erstmals den Prager oder Böhmischen Groschen (zu zwölf Parvi) prägen.
In der Grafschaft Holland gilt ab jetzt der Jahresanfang zu Ostern. Daneben
haben Geldern und Friesland stets den 25. Dezember, Delft den 25. März
als Jahresanfang.
Ca.: Die Reutlinger Friedensordnung wird niedergeschrieben; sie enthält
für Reutlingen erstmals eine allgemeingültige Ordnung für das
Zusammenleben der Bürger.
Ca.: Anbau von Maulbeerbäumen zwecks Seidenraupenzucht in Modena nachgewiesen.
Als Ersatz für die teuer und rar gewordene englische Wolle erscheint,
besonders in Italien, die Wolle der spanischen Merinoschafe auf dem Markt.
Ca.: Frankreich verfügt über 13 Millionen Hektar Wald - eine Million
Hektar weniger als heute.
Ca.: Berliner Kaufleute handeln in Hamburg "Berliner Roggen" und
"Wagenschott" (Eichenbretter) gegen Tuche aus Gent.
Ca.: Das Heiliggeisthospital zu Zürich geht von der Spitalbrüderschaft
in städtische Verwaltung über.
Ca.: Wahrscheinlich in England erscheinen die "Gesta Romanorum",
eine bald in ganz Europa verbreitete Sammlung lateinischer Kurzgeschichten.
Ca.: Das Verlagssystem dringt in das Nürnberger Metallgewerbe ein.
Ca.: Die Slawen sind mittlerweile etwa bis auf die Reichsgrenze von 1937 zurückgedrängt
oder überlagert.
Ca.: Ende des Bevölkerungswachstums.
Ca.: Um diese Zeit dürfte es im Reich die größte Zahl gleichzeitig
bestehender Burgen gegeben haben, wobei die geschätzten Gesamtzahlen
(also nicht unbedingt für die Zeit um 1300) weit auseinandergehen: 10000
bis 25000, bei Tillmann (1960) werden ca. 14500 namentlich genannt, Krahe
(1992) schätzt max. 17500, davon ca. 13000 gleichzeitig.
Ca.: Einführung von Fensterglas (auch auf Burgen). Glas ist zunächst
noch so teuer, daß man erst nur kleine Ausschnitte der Fensterläden
verglasen kann, vielleicht anstelle von Pergament oder Horn. Es kommt in Deutschland
zu dieser Zeit auch die Glasmalerei auf.
Ca.: Ein Kettenhemd ist vier Kühe wert. (Das scheint billig!)
Ca.: In der Bildkunst taucht der Nierendolch auf; ebenso kommt der Scheibendolch
auf (vielleicht schon vorher).
Ca.: Wohl um diese Zeit kommt die Sitte auf, im Obergeschoß des (städtischen)
Hauses zur Straße hin abzusondern, die sog. Stube, zum täglichen
Aufenthalt bestimmt und mit einer Heizung versehen. Diese Stuben sind anfangs
noch spärlich möbliert.
Ca.: In einer Beschreibung des Elsaß fällt einem Dominikaner das
Verschwinden des Waldes auf: "Es gab damals im Elsaß viele Wälder,
welche das Land unfruchtbar machten. (...?) Gießbäche und Flüsse
waren damals nicht so groß wie jetzt, weil die Wurzeln der Bäume
die Feuchtigkeit von Schnee und Regen längere Zeit in den Bergen zurückhielten."
Ca.: Seidenherstellung in Augsburg und Ulm. Das Zentrum der Seidenherstellung
ist Lucca. In Modena ist Seidenraupenzucht bezeugt.
Ca.: In Deutschland (in den Grenzen von 1937) existieren etwa 170000 Siedlungen.
Davon werden in 200 Jahren 40000 wieder verschwunden sein.
Ca.: In der Picardie besitzen ein Drittel der Bauern weniger als 0,2 Hektar
Land.
Ca.: Die Bauern in Brandenburg entrichten etwas über 20% des Ertrags
an Getreide an den Grundherrn.
Ca.: Beginn der "Großen Heidelberger Liederhandschrift" (Codex
Manesse), vollendet - mit Zusätzen - bis 1340.
Ca.: Es entsteht die Versdichtung "Ritter von Staufenberg", enthaltend
ein Beispiel für adlige Bildungsschwerpunkte: "Bretspiles kunde
er ouch vil, und mager leie seitenspil, daz tete in dicke froelich wesen;
er kunde ouch schriben unde lesen, daz lert er in sînen jungen tagen,
birsen, beizen unde jagen, daz kunde wol der ritter guot."
Ca.: Aus Nürnberger Polizeiordnungen: "Es sol auch nieman kainen
wein machen mit alûn (Alaun), mit glas, mit kalcke, mit gebrantem wein",
weil die Gefahr bestehe, "daz ieman an dem leibe geschaden müge".
Ca.: Ab jetzt etwa wird der Teufel in der Kunst mit Fledermausflügeln
dargestellt.
1301
Die verarmten Tübinger Pfalzgrafen verpfänden die Stadt Tübingen
an das von ihnen gegründete Kloster Bebenhausen. Zwar kann Pfalzgraf
Gottfried die Stadt im nächsten Jahr wieder auslösen, doch folgen
bald weitere Verpfändungen. Dante flieht aus Florenz; als Gegner der
päpstlichen Partei wird er dort nächstes Jahr in Abwesenheit zum
Tode verurteilt. Bankrott der Mozzi in Florenz.
1302
Gründung des mittelrheinischen Städtebundes: Koblenz, Boppard, Oberwesel,
Andernach und Bonn (später auch Köln). Eine Dortmunder Urkunde erwähnt
Steinkohlenbergbau: Im Ruhrtal existiert ein kleiner Tagebau, wo Kohlenflöze
an die Oberfläche treten. Im ältesten Satzungsbuch von Nürnberg
erscheinen Bestimmungen zum Schutze des Fischbachs (der im Vergleich zur Pegnitz
nur wenig Wasser führt): Niemand darf sein "privat" oder "heimliches
Gemach" (Klo) direkt in den Fischbach leiten; Bader sollen keinen Unflat
hineingießen, Lederer keine Häute darin waschen, Kleider dürfen
nicht darin gewaschen werden, damit die beiden Mühlen nicht Schaden erleiden.
Die Rheinbrücke von Basel wird beschädigt. In Nürnberg werden
Neubürgerlisten angelegt. Schlechte Ernte im Languedoc. In der "Sporenschlacht"
von Courtray (Kortryk) unterliegt ein Ritterheer flandrischen bürgerlichen
Fußtruppen (bei denen aber auch Adlige abgesessen kämpfen). Das
Fußvolk beginnt ab hier seine bisherige Rolle als verachtete Hilfswaffe
zu verlieren. Die Schlacht hat ihren Namen aus der Beute: 700 vergoldete Rittersporen.
Papst Bonifaz VIII. beansprucht in der Bulle "Unam sanctam" noch
einmal die volle päpstliche Oberhoheit über den "Staat".
König Philipp IV. von Frankreich beruft die Stände, um gegen diese
Ansprüche Verwahrung einzulegen.
1303
Die Bremer Zollordnung rechnet mit beträchtlichem Holzimport. Bischof
Benno von Seitz weilt zwecks Einweihung der Stadtkirche in Weißenfels.
Der Magistrat tischt ihm sogleich tüchtig auf, und die Speisekarte ist
erhalten: Eiersuppe mit Safran, Pefferkörnern und Honig; Hirse; Gemüse;
Schaffleisch mit Zwiebeln; Brathuhn mit Zwetschgen; Stockfisch mit Öl
und Rosinen; Bleie in Öl gebacken; gesottener Aal mit Pfeffer; gerösteter
Bückling mit Leipziger Senf; gesottene Fische, sauer zubereitet; gebackene
Barbe; kleine Vögel in Schmalz gebraten mit Rettich; Schweinskeule mit
Gurken ("korcken"); gelbes Schweinefleisch (mit Safran); Eierkuchen
mit Honig und Weinbeeren; gebratener Hering; kleine Fische mit Rosinen; kalte
Bleie vom Vortag; gebratene Gans mit roten Rüben; gesalzener Hecht mit
Petersilie; Salat mit Eiern; Gallert (Galreide) mit Mandeln. Die Stadt Tübingen
verwendet erstmals ein Siegel, das nicht mehr den regierenden Grafen, sondern
die Bürger nennt ("Sigillum civium de Tuwingen"). 5. Mai: In
Paris wird der bekannte Musiker l'Escurel wegen sittlicher Vergehen hingerichtet.
Er ist Kleriker. Universität Rom gegründet. Die Ostsee friert zu.
Schlechte Ernte im Languedoc. Papst Bonifaz stirbt zu Anagni.
1304
Erfurt hat eine mechanische Räderuhr. (Angeblich die erste sichere Erwähnung
einer solchen) König Philipp der Schöne von Frankreich verbietet
das Turnier. Derselbe erhebt auf dem Schlachtfeld von Mons-en-Pévile
einen Metzger, der sich im Kampf ausgezeichnet hat, in den Adelsstand. Einsetzen
des „Handlungsbuches" der Holzschuher in Nürnberg. In den
Statuten der ländlichen Gemeinde von Cerea im Veroneser Flachland werden
bestimmte Baumarten unter Schutz gestellt (wie auch noch andernorts in Norditalien).
Es werden genannt: Linde, Eiche, Esche und Ulme. Die großen Lindenwälder,
die einst charakteristisch für die Niederungen gewesen waren, verschwinden
fast völlig. In Zürich stirbt der Patrizier Rüdiger Manesse,
der wahrscheinlich mit mehreren Anghörigen anderer Adelsgeschlechter
aus Zürich und Umgebung zu den Auftraggeber der "Großen Heidelberger
Liederhandschrift" (Codex Manesse) gehört. Dieses nicht exakt zu
datierende Werk sei an dieser Stelle beschrieben: Diese Handschrift enthält
140 Autoren von der Mitte des 12. Jhs. bis ins erste Drittel des 14. Jhs.
Die Niederschrift dürfte sich über einen längeren Zeitraum
seit Beginn des 14. Jhs. vollzogen haben. Vermutlich ist der Züricher
Autor Johannes Hadlaub mit der Redaktion betraut oder an ihr beteiligt. Die
heutige Popularität dieser Handschrift rührt von den ganzseitigen
Miniaturen her, mit denen 137 der Autorencorpora versehen sind. Es handelt
sich um typisierte Bilder (nicht individuelle Porträts!) mit offenen
oder verdeckten Bezügen zu Namen oder Liedinhalten. "Keine andere
weltliche Handschrift des deutschen Mittelalters versucht in solchem Maße
mit der Prachtentfaltung geistlicher Handschriften zu konkurrieren."
[T. Cramer 1990] Ältestes erhaltenes Siegel von Steyr. Schlechte Ernte
im Languedoc. Die Stadt Sterzing in Tirol erhält das ausschließliche
Gastungsmonopol im gesamten Raum zwischen Brenner, Mittewald und dem Jaufen.
1305
Das Kremser Stadtrecht verbietet den Fremden, mit gespannter Armbrust oder
Bogen die Stadt zu betreten. Die Sehne muß vor dem Stadttor gelöst
werden. Es ist auch bei Strafe von zehn Pfund oder Verlust einer Hand verboten,
ein "langes mezzer, daz ein stechmezzer haizzet, in der hosen oder in
dem schuhe oder anderswa" verborgen zu tragen. Das Würzburger Landgericht
erklärt, "das kein varen man, der gut für ere nympt, nicht
gezeuge sey in keiner sache, nach nymant seins rechten gehelffe." Das
Wiener Stadtrecht verbietet den "freien Töchtern" die Heirat.
In Steyr wird eine Gemein der Ritter erwähnt, eine Art Rat aus ehemaligen
Burgmannen und Kaufleuten mit vollem Bürgerrecht. König Philipp
IV. von Frankreich bezeichtigt den Templerorden ketzerischer Geheimlehren
und unsittlicher Bräuche. Im Bistum Genf wird der Jahresanfang zum 25.
Dezember festgelegt (bis 1575). Zuvor fand er dort an Ostern statt. Ähnlich
ist es im Bistum Sitten. Beginn des ältesten Stettiner Stadtbuches, das
bis 1352 reicht. Hier werden etwa 40 organisierte Handwerke genannt, die aber
meist nur für den lokalen Markt und teilweise für Handel und Schiffahrt
der Stadt produzieren. Hier sind vor allem die Böttcher zu nennen, die
Fässer für den Heringstransport von Schonen herstellen. Eine Urkunde
aus Brügge erwähnt Ausgaben für Turniere zu "groote vastenavonde".
Es ist die erste Erwähnung von Fastnacht im flandrisch-niederländischen
Raum. Die Stadt Brügge hat seit Oktober 1284 wiederholt Geld im Gesamtwert
von 460000 Pfund aufgenommen. Schlechte Ernte im Languedoc.
Ca.: Tod von Adenet Le Roi, dem "König der Spielleute" (geb.
ca. 1240); er hat u.a. als Bearbeitung älterer Chansons den Roman "Bertha
mit den großen Füßen" (Berthe as grans piés)
verfaßt.
1306
Bischof Friedrich von Straßburg verbietet Geistlichen, Kleidung an Spielleute
zu verschenken (auf Diözesansynoden 1310 und 1341 oder 1345 erneuert).
Wie zum Lohne für solche Äußerungen ereilt ihn in diesem Jahre
der Tod. Vertreibung der Juden aus Frankreich. In Bologna wird das "ludus
graticulorium" verboten, ein Spiel, bei dem sich zwei gegnerische Parteien
einander mit rohen Eiern bewerfen. Seit diesem Jahr wird in Siena jährlich
am Ambrosiustag ein Pferderennen veranstaltet. Es findet in den Straßen
statt. Es gibt übers Jahr zahlreiche Pferderennen in der Toskana; diejenigen
von Siena sind die bekanntesten. Es ist eine Maschine zum Drahtziehen bekannt
(wozu man sich freilich genauere Angaben wünscht...). In Bologna seziert
der Anatom Mondino di Luzzi Leichen. Zweite Erwähnung von Brillen, und
zwar in einer Predigt von Giordano di Rivakto: "Es sind noch keine zwanzig
Jahre her, daß man die Kunst entdeckt hat, Augengläser zu verfertigen,
eine der vortrefflichsten und notwendigsten Künste, die die Welt kennt.
(...) Ich habe den Mann gesehen, der sie als erster erfunden und gemacht hat,
und ich habe mit ihm gesprochen." Es stirbt Heinrich von Klingenberg,
der Bischof von Konstanz, welcher wahrscheinlich die "Weingartner Liederhandschrift"
in Auftrag gegeben hat. In Brüssel erheben sich die Zünfte gegen
die Herrschaft der Patrizier. Sie herrschen aber nur bis 1306 (wo sie in der
Schlacht von Vilvoorde unterliegen). Im Winter 1306/1307 friert die Ostsee
erneut zu.
1307
Berlin und Cölln werden vereinigt; es wird eine Stadtmauer errichtet.
Sagenhafter Rütlischwur der drei Schweizer Urkantone gegen Habsburg-Wilhelm
Tell ist hier angesiedelt, jedoch nicht historisch. Edward I. von England
verbietet den Gebrauch von Steinkohle, aber ohne Erfolg, weil in London Holzmangel
herrscht. Beispiel für die Bauweise von Burgen: Altbodman, vor zwölf
Jahren noch als "die newe burg" bezeichnet, wird durch Blitzschlag
und Brand völlig zerstört. In Frankreich wird der Templerorden verfolgt
und zerschlagen. Die Templer werden verhaftet, viele werden umgebracht. Man
wirft ihnen Teufelsverehrung (des Götzen Baphomet), homosexuelle Unzucht
und antikirchliche Propaganda vor. Bankrott der Franzesi in Florenz.
1307/1308
Die Universität Lissabon wird nach Coimbra verlegt.
1308
Mittelmärkischer Städtebund unter Führung Berlins. Auf dem
Kirchplatz von Kranenburg (am Niederrhein) wird ein Baum gespalten und darin
das "Wundertätige Kranenburger Kreuz" entdeckt. Es soll 1280
ein Hirte eine Hostie der Osterkommunion, die er nicht schlucken konnte, in
diesen Baum gespuckt haben. Kranenburg wird nun zum Wallfahrtsort. In Venedig
gestattet der Senat erstmals, daß eine Leiche seziert werden darf. In
Florenz wird der streitbare halbfeudale Adel von der Staatsmacht ausgeschlossen.
Karl Robert von Anjou wird König von Ungarn. Er ist nämlich ein
Enkel Königin Marias von Neapel, welche wiederum von König Béla
IV. von Ungarn abstammt. Er wird unterstützt vom Papst, oberitalienischen
Bankiers, den Johannitern und einigen oberungarischen Städten und leitet
militärische und wirtschaftliche Reformen ein: Festlegung der Regalien,
königliche Hoheitsrechte an Steuern und Handelszöllen sowie ein
Edelmetallmonopol. In diesem Jahr werden die ersten ungarischen Goldmünzen
(nach florentinischem Vorbild) geprägt. In dieser Zeit steht Ungarn in
der Goldproduktion an erster Stelle in Europa. In Ungarn beginnt man Goldmünzen
zu prägen. Es stirbt der Scholastiker Duns Scotus (ca. 38). Es stirbt
König Albrecht I. (53). Heinrich VII. (34) wird König.
1309
Papst Clemens V., ein französischer Kardinal und früher Bischof
von Bordeaux, tritt sein Amt nicht in Rom, sondern in Avignon an. Man sagt,
er habe in der Herzogin von Perigord eine französische Konkubine. In
Avignon blüht nun die Simonie (Ämterkauf). Er verhängt den
Kirchenbann gegen Venedig und ruft sogar zum Kreuzzug gegen diese Republik
auf. Aus diesem Jahre stammt das erste erhaltene Stadtsiegel von Dresden.
Der Hochmeister des Deutschen Ritterordens verlegt seinen Sitz von Venedig
nach Marienburg; die Johanniter verlegen ihren Sitz von Zypern nach Rhodos
(bis 1530). Ein Aufstand in Wien scheitert; Ende der Oligarchie der Ritterbürtigen.
Universität von Orleans gegründet. Bei den Dominikanern wird die
Philosophie des Thomas von Aquin zur offiziellen Lehre - wegen ihrer Anlehnung
an Aristoteles teilweise heftig umstritten. 6. Januar: Heinrich VII. von Luxemburg
wird zum deutschen König gekrönt.
Bis 1317: Hungersnot (aber wo?).
1309/1318
Österreichische Reimchronik. Hier wird u.a. eine Vielzahl von Weinen
genannt: "Muglaere und reinval, kriechisch wîn und Terran, Muscatel
und Vindeplan, wîn von Ciper ouch dâ lac, claret unde schafernac,
von Genû und Malvasîn; diu zweier hande wîn daz houbet machent
râz; Pinol und wîn von Arrâz, diu wîn sint gar stark,
und wîn von Ancôn der mark, den wil man für den besten hân,
Ecke unde Tribiân; wîn von Wippach und Patznaer man dê sach
und ander wîn genuoc."
Bis 1323/25: Bernard Gui verfaßt die "Practica (officii) inquisitionis
haereticae pravitatis", ein Handbuch der Inquisition. Es bezieht sich
vor allem auf die Situation in Südfrankreich. Hier wird das Bild von
eloquenten, mit allen Wassern gewaschenen Ketzern gezeichnet, die den Inquisitor
hinters Licht führen wollen und für jede ketzerische Richtung werden
eigene Abschwörungsformeln formuliert. Gui ist zwischen 1307 und 1324
(mit Unterbrechungen) Inquisitor von Toulose.
1310
Johann von Luxemburg wird zum böhmischen König gewählt. Er
hat sich oft am französischen Hof aufgehalten und verhilft in Prag der
neuen französischen Mode zum Durchbruch. Erste Erwähnung einer Sägemühle
in Deutschland (Kirchheim/Teck). In Trier gestattet eine Synode den Klerikern
das Würfelspiel, aber nur zur Erholung und nicht um Gewinn. In Lübeck
wird ein "Meister des Pflasters" genannt, ein Hinweis für die
Pflasterung von Straßen. Sintflutartige Regenfälle im Languedoc
führen zu einer Hungersnot. In Köln wird der Jahresanfang (seit
1220 am Karsamstag) wieder auf den 25. Dezember gelegt.
1310/1314: Östlich von Krems befindet sich nahe der Antonikirche ein
Sondersiechenhaus (Leprosorium).
Bis 1320: In dieser Zeit wird in Diessenhofen ein Haus gebaut, in welchem
sich ein Wandgemälde befindet, das das Werfen eines scheibenförmigen
Gegenstandes (Diskus) zeigt.
1311
Hallstatt erhält Marktrecht. Der König von Frankreich verbietet
das Turnier. Zu einem Turnier in Rostock kommen "6400" Ritter. [Wie
üblich ist bei Zahlenangaben Vorsicht geboten!]
Rottweil verbündet sich erstmals mit Villingen. Göttingen hat vor
der Stadt ein Leprosenhaus. Dort besteht eine besondere Badestube, in der
viermal jährlich ein "Schaubad" abgehalten wird, bei dem durch
vier vereidigte Personen und zwei Angehörige des Rats der Gesundheitszustand
der Kranken untersucht wird. In Steyr werden Ketzer hingerichtet, wahrscheinlich
Waldenser. Es stirbt Arnold von Villanova (alias Arnoldo Bachuone), gewesener
Arzt, Laientheologe und Alchemist. Seine ärztliche Tätigkeit basierte
auf einer astrologischen Medizin, die weitgehend auf arabische Anregungen
zurückging. Danach werde alles durch subtile astrologische Kräfte
beeinflußt und mittels Kenntnis selbiger können Talismane zu Heilzwecken
verwendet werden. Utrecht führt (wieder?) den Jahresanfang zum 25. Dezember
ein. Auch in Osnabrück geht man etwa gleichzeitig zu diesem Termin über
(vorher war hier der Jahresanfang am 25. März).
1311/1312
Konzil von Vienne: Erstmals werden bei der hohen Geistlichkeit Stimmen nach
einer Kirchenreform laut. Das Konzil verbietet auch bei Welt- und Ordenspriestern
den beliebten kurzen Rock mit Zaddelwerk am Saum, weil dadurch das Untergewand
sichtbar werde. Außerdem wird verboten, perforiertes rot oder grün
gefärbtes Schuhwerk zu tragen. Dort wird übrigens auch das Fronleichnamsfest
eingeführt, wodurch die Monstranz ein beliebter Gegenstand des Kunsthandwerks
wird. Papst Clemens V. befiehlt vergeblich, den zum Tode Verurteilten wenigstens
die Beichte zu gewähren, weil diese zu jener Zeit in Frankreich und England
den Delinquenten verweigert wird (in Frankreich bis 1397).
Bis 1316: Bernard Gui verfaßt die Universalgeschichte "Flores chronicorum".
Das Werk ist in 48 Handschriften überliefert.
1312
Konzil von Vienne: Papst Clemens V. hebt den Templerorden wegen Ketzerei und
Nutzlosigkeit auf. Das reiche Vermögen des Ordens fällt in Frankreich
meist an die Krone; in Portugal erbt es der Christusorden, im übrigen
Abendland die Hospitaliter. Der König von Frankreich verbietet erneut
das Turnier - kein Effekt. Seit der Antike werden erstmals wieder die Kanarischen
Inseln – durch die Genueser - entdeckt. Dante wird aus Florenz verbannt,
weil er gegen den Papst opponiert hat. Der Orden der Beginen wird verboten.
Es werden immer noch hölzerne Kirchen gebaut: Rostock verpflichtet sich,
in Warnemünde eine Holzkirche wiederaufzubauen. München hat einen
besoldeten Arzt. Zweite Erwähnung (nach Augsburg 1276) eines professionellen
Henkers - in Braunschweig und etwa gleichzeitig auch in Lübeck. In Braunschweig
wird hier erstmals der Begriff "Scharfrichter" erwähnt, als
Bezeichnung für denjenigen, der mit dem Schwert richtet. Der Graf von
Geldern verleiht den Herren von Krickenbeck Stadtrechte. Krickenbeck (am Niederrhein)
bleibt jedoch für Jahrhunderte ein herrschaftliches Anwesen und entwickelt
sich nicht zur Stadt. England: Piers Gaveston, ein Emporkömmling und
Freund des unfähigen Königs Edward II. wird umgebracht, weil er
dummerweise gewagt hat, den führenden Baronen Spitznamen zu geben. Bankrott
der Frescobaldi in Florenz. Heinrich VII. (38) wird zum Kaiser gekrönt
(bis 1313).
Ca.: In den "Voeux du paon" des Jacques de Longuyon tauchen erstmals
die "Neun Tapferen" ("les neuf preux") auf, neun Helden:
drei Heiden, drei Juden und drei Christen (Hektor, Cäsar, Alexander,
Josua, David, Judas Makkabäus, Artus, Karl der Große und Gottfried
von Bouillon). Später werden ihnen noch neun Frauengestalten zugesellt.
1313
Es stirbt Arnold von Villeneuve, der angeblich den Branntwein erfunden hat.
Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die Destillation schon im 12. Jahrhundertentdeckt
worden ist, und zwar in Italien. Der Branntwein wird jedoch noch lange lediglich
als alchimistisches Elixier oder als Heilmittel Verwendung finden. Nach einer
Überlieferung aus Schonen (Schweden) soll ein Komet die Heringe vertrieben
haben. Nach einem großen Brand in Zürich ordnet der Rat an, daß
künftig die Gebäude aus Stein gemauert werden sollen: "Und
wer wider buwen wolt, der muost eines gadems hoch muren sin hus". Münster
führt als Jahresanfang den 1. Januar ein. Hungersnot im Languedoc. Kaiser
Heinrich VII. (39) stirbt.
Ca.: England exportiert jährlich etwa 30000 Sack Wolle und 5000 Stück
Tuch. Die Tuchproduktion in Ypern hat sich seit 1309 fast verneunfacht.
Nach 1313 stirbt Hugo von Trimberg. In seinem "Renner" wurde erstmals
das deutsche Wort "Bibel" erwähnt.
1314
Die Synode von Orleans verbietet den Klerikern den Tanz. Erste Erwähnung
der sog. Hamelner Schlagden: Die Schiffe auf der Weser werden zum Umladen
gezwungen und müssen ihre Waren in der Stadt zum Verkauf anbieten (Stapelrecht,
d.h. Vorkaufsrecht). Zweite Erwähnung einer Sägemühle in Deutschland
(Pfaffenweiler bei Villingen). Rottweil hat elf Zünfte.
März: Jacques de Molay, letzter Großmeister des Templerordens und
Geoffroi de Charnay, Großpräzeptor der Normandie, werden im Rahmen
der Templerverfolgungen bei lebendigem Leibe geröstet. (Letztes beurkundetes
Ereignis in der Geschichte der Templer) Einen Monat später stirbt Papst
Clemens V. an der Ruhr. König Philipp IV. von Frankreich stirbt (Ursache
ungeklärt) - "Der Fluch der Templer".
Mai: Johann von Würzburg vollendet seinen Roman "Wilhelm von Österreich".
Es ist das einzig bekannte Werk dieses Autors, dem der Esslinger Bürger
Dieprecht mit seiner Bibliothek literarische Hilfe geleistet hat. Alpenpässe:
Ausbau des Weges in der Eisackschlucht am Brenner. Ludwig IV. der Bayer, Sohn
Herzog Ludwigs II. des Strengen von Oberbayern (22) wird König. München
wird dadurch quasi Residenzstadt des Reiches.
1314/1315: In Zürich werden die Bewohner aufgefordert, den auf die Straße
geschafften Mist im Sommer bis zum dritten Tag und im Winter bis zum achten
Tag wegzuschaffen.
Bis 1320/32: Nürnberger Kleiderordnung: Der Wert von silbernen Gürteln,
Taschen und Messern wird begrenzt; Spangen, Ringe oder Knöpfe an den
Ärmeln werden beschränkt; völlig verboten werden perforierte
("zerhauwen") Schuhe, gezaddelte Säume und Ärmel sowie
das Aufnähen von Silberplättchen und Seide.
Ca.: Beschwerden gegen rauchende Kohlenherde in England.
1315
Seit diesem Jahr finden in Venedig alljährlich am St. Paulstag Bootsrennen
statt. Antwerpen wird Mitglied der Hanse. Schlacht von Morgarten: Etwa 4000
Schweizer Bauern (aus Schwyz, Uri und Unterwalden) besiegen ein Ritterheer
Herzog Leopolds von Österreich, weil sie geschickt das Gelände ausnutzen
und Hellebarden einsetzen (diese werden bei Johannes von Winterthur erstmalig
beschrieben). Der Papst verdammt den Bettelorden der Fraticelli als Ketzer.
In Venedig erscheint erstmals die coccha, eine mediterrane Nachahmung der
Kogge. König Edward II. von England verfügt: "Durch die empörend
und ausschweifende Vielfalt von Fleisch und Gerichten, welche die großen
Männer des Königreichs in ihren Schlössern auftischten, und
dadurch, daß Personen niederen Standes ihr Beispiel nachahmten, über
das hinaus, was ihr Rang erforderte und ihre Mittel erlaubten, sind viele
große Übel auf das Königreich gekommen, die Gesundheit der
Untertanen des Königs wurde angeschlagen, ihr Vermögen verbraucht,
sie selbst versanken in Armut. deshalb ... befiehlt der König: Daß
die großen Männer des Königreichs nur zwei Gänge mit
Fleischgerichten an ihrem Tisch servieren dürfen, und jeder Gang darf
nur aus zwei Sorten Fleisch bestehen." Die höheren Ränge dürfen
freilich als Ausnahme in einem Zwischengang noch eine fünfte Sorte Fleisch
essen, damit sie nicht gar zu sehr leiden müssen.
Bis 1317: Schwere Hungersnot in weiten Teilen Europas nach unaufhörlichen
Regenfällen (in Südfrankreich bis 1318). Dazu wütet die Ruhr.
Flandern wird in dieser Zeit durch unternehmungslustige florentinische Kaufleute
von Sizilien aus mit Getreide versorgt.
1317/1330 bis 1360: Aus dem Nürnberger Satzungsbuch III/C: "Unde
nieman sol dehainen unflat in haven oder in anderen dingen nicht an die straze
werfen."
1316
Neuer Papst (in Avignon) wird Johannes XXII. Er hebt das Turnierverbot auf.
Die Kleiderkosten seines Gefolges sollen pro Jahr 7000 bis 8000 Goldflorin
betragen haben. Einmal soll er 40 Kleidungsstücke aus Goldbrokat zum
persönlichen Gebrauch in Damaskus eingekauft haben, was 1276 Goldflorin
kostet. In Rottweil sitzen im 80köpfigen Großen Rat auch die Zünfte.
In Basel übernimmt die Stadt die Betreuung der Brunnen. Der Anatom Mondino
di Luzzi verfaßt eine maßgebliche Anatomie, welche das scholastische
Denken sprengt. Das Gewerbeverzeichnis von Florenz verzeichnet über 70
Tätigkeiten, obwohl nur 21 kaufmännische und handwerkliche Vereinigungen
als Zünfte anerkannt sind. Erwähnt werden auch Ausrufer verlorener
Gegenstände. König Ludwig X. von Frankreich stirbt. Er hat insgesamt
sechs Spielleute unter Vertrag gehabt (Instrumentalisten und Sänger).
Neuer König wird Philipp V. der Lange (bis 1322). Eine Zauberin beschuldigt
im Verhör die Schwiegermutter Philipps V., Mahaute von Artois, diese
habe eine magische Beschwörung angeordnet, um eine Versöhnung zwischen
dem König und ihrer Tochter zu bewirken. Es wird sogar behauptet, sie
hätte Ludwig X. vergiftet, um Philipp zur Königswürde zu verhelfen.
König Philipp von Frankreich läßt anläßlich des
Weihnachtsfestes zwei neue Roben schneidern. Eine Robe ist eine Garnitur von
bis zu sieben Kleidungsstücken, von denen vier gleichzeitig getragen
werden. Hier nun werden sieben Stücke gemacht: Eine houce, ein Mantel,
ein ärmelloser surcot (Obergewand), zwei surcots mit Ärmeln und
zwei Gugeln. Dafür werden insgesamt 1598 Fehpelze verarbeitet. Allein
für einen halbkreisförmigen Mantel werden 300 Felle benötigt.
Bei einer Hungersnot sollen in Erfurt angeblich "7985" Menschen
gestorben sein - eine phantastische Zahl. Im nordafrikanischen Bougie wird
Ramon Lull (über 80) beim Versuch, Moslems zu bekehren gesteinigt. Verwicklungen
des Lehnswesens: Das Lehen Achaia geht nach der Vergiftung Ludwigs von Burgund
an dessen Bruder Odo von Burgund, der sein Erbe für 40000 Pfund an Philipp
von Tarent verkauft, welcher als Despot der Romania nun auch Fürst von
Achaia wird - also sein eigener Vasall.
1317
Vor 1317 entsteht das "Gesundheitsregiment" Konrads von Eichstätt.
Graf Willem III. von Holland übernimmt Amsterdam von den Bischöfen
von Utrecht. Die Dekretale "Execrabilis" verbietet vergeblich die
Pfründenhäufung von Klerikern. Ein Mandat des Bischofs von Straßburg
befiehlt dem Klerus bei Strafe des Bannes, sich der grünen, gelben und
roten Schuhe zu enthalten. Die Feuerlöschordnung von Meran schreibt u.a.
vor, Feuerhaken und Äxte zum Abreißen der Häuser bereitzuhalten
- demnach kann es sich dabei kaum um Steinhäuser gehandelt haben. König
Heinrich von Böhmen gibt unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen
Interesses den Anstoß zur Gründung einer Apotheke in Bozen. Der
Bischof von Cahors wird hingerichtet, weil er mit einem angeblich jüdischen
Magier und einigen anderen zwielichtigen Figuren ein Komplott zur Ermordung
des Papstes geschmiedet haben soll. In Mainz wird auf dem Brand ein Kaufhaus
errichtet. Es dient wohl nicht nur dem Handel, sondern auch als städtisches
Fest- und Tanzhaus.
Portugal: Der Genuese Micer Manuel Pessagno, der mit 20 Spezialisten für
Galeerenbau in portugiesische Dienste getreten ist, erhält von König
Dinis den gerade erst neu eingeführten Titel Admiral.
1318
27. Februar: Papst Johannes XXII. schreibt in einem Brief: "Sie (die
Götzendiener) besitzen Bücher über Magie. Sie verwenden häufig
Spiegel oder Figuren, die ihren abscheulichen Riten geweiht sind. (...?) Manchmal
schließen sie Dämonen in einen Spiegel ein, um sie zu befragen."
März: Der Florentiner Geldwechsler Lippo di Fede del Sega hat seit Juni
des Vorjahres 2300 Silberflorins gehortet, um damit zu spekulieren; er verkauft
sein Silber an die Münzstätte, wenn diese vorübergehend keines
hat. Die Stadt München übernimmt die Kosten für einen Brunnen
neben der Fleischerbank. In Heilbronn ist ein Stadtbrunnen auch gewerblicher
Nutzung zugänglich. Anfang des 14. Jahrhunderts übernehmen die Städte
zunehmend Kostenbeteiligung und Verantwortung für jene Brunnen, die überwiegend
gewerblich benutzt werden. Die erste Zunft von Prag bilden die Schneider der
Altstadt. Linn (bei Krefeld) wird als Stadt erwähnt. Der Ort Büderich
erhält als Hauptzollstätte der Grafen von Kleve die Stadtrechte.
In Marseille werden vier Fraticelli als Ketzer verbrannt. Es stirbt zu Mainz
Heinrich von Meißen (58), genannt Frauenlob.
1319
In Nürnberg werden 34 Kuppler und Falschspieler namhaft gemacht. Die
Kleiderordnung von Zürich verpflichtet die Dirnen, eine rote Kapuze zu
tragen. (Ebenso in Bern) Der Rat von Nürnberg verweist 34 "ruffiane"
(Hurenwirte) mitsamt ihren Dirnen der Stadt. Dies ist allerdings eine Ausnahme,
welche sich im Achtbuch der Stadt nicht wiederholen wird. In Pietro Viscontes
Seekarte der Erde ist jetzt nicht mehr der Osten, sondern der Norden oben.
Bei der Belagerung des englischen Berwick sollen kleine Kanonen eingesetzt
worden sein.
1320
Zu Augsburg gibt es eine öffentliche Großmangel für Wäsche
mit Göpel-oder Tretradantrieb. Wasserradantrieb für Eisenhammer
in der Lausitz. Ältestes bekanntes deutsches Handelsbuch in Konstanz.
Von Paris aus ziehen die Pastorellen durch Aquitanien. Es sind Gruppen von
etwa fünfzehnjährigen Hirtenkindern, welche, barfuß und ärmlich
mit gehißtem Kreuzbanner marschieren und sich nach dem Heiligen Land
einschiffen wollen. In Aquitanien wollen sie gewaltsam Juden taufen, "um
die Gunst des Volkes zu gewinnen" (Bernard Gui). Wer sich wehrt, wird
ausgeraubt oder ermordet. Zwar schreitet in Carcassonne die Obrigkeit ein,
um die Juden als "Diener des Königs" zu schützen (wohl
nicht ganz uneigennützig, wie sich wenige Monate später zeigen wird),
doch billigen viele diese Gewalttaten. Gerade in Carcassonne jedoch beschweren
sich bald die Konsuln über Mißbräuche und Ausschreitungen:
Juden betrieben neben Wucher auch noch Zuhälterei und Vergewaltigungen,
mißbrauchten Hostien etc. und sollten daher vertrieben werden. Die Aussätzigen
würden ihre Krankheit "durch Gift, todbringende und zauberkräftige
Mittel" absichtlich verbreiten und gehörten daher interniert und
an ihrer Vermehrung gehindert. Der Dominikaner Bernard Gui gibt eine aktuelle
Liste der Werke des Thomas von Aquin heraus.
Ca.: Es stirbt der angesehene Mediziner Bernard Gordon. Wie viele seiner Zeitgenossen
hat er geglaubt, man könne epileptische Anfälle dadurch verhindern,
daß man die Namen der heiligen drei Könige auf einem Pergament
mit sich trage.
Ca.: In Deutschland gibt es etwa 400, größtenteils befestigte Städte.
Ca.: In der Tuchweberei kommt das Kettenanscheren auf Holzrahmen auf. Seit
diesem Jahr werden in Stralsund Stadtbücher (libri memoriales) geführt.
1321
Tod Dantes. Kurz zuvor hat er noch die "Divina Commedia" vollendet.
Aufkommen der Mörsermühle. Bochum wird zur Stadt erhoben. Universität
Florenz gegründet. Monte Cassino wird Bistum. Hamburg tritt der Hanse
bei. Die Stadt dient als Nordseehafen für Lübeck. Das Wort "Zeitung"
("Reiseerlebnis") ist bezeugt. Der Katharinenhof (ein Hospital)
zu Hildesheim hat 30 Insassen. 16. April (Karfreitag): Im Perigord kommen
erste Gerüchte über eine Vergiftung des Wassers auf. Es folgen Festnahmen
und Verbrennungen, bald in ganz Aquitanien. Opfer sind Aussätzige und
Juden. Nach der Chronik des Klosters St. Etienne von Condom (abgefaßt
1336) werden in diesem Jahr die Aussätzigen "vernichtet". In
ganz Frankreich werden zu dieser Zeit Leprakranke wegen angeblicher Giftmischerei
verbrannt. Man wirft ihnen auch vor, sie wollten die Gesunden umbringen bzw.
mit Lepra infizieren und die Herrschaft übernehmen. Am 21. Juni erläßt
König Philipp V. der Lange zu Poitiers ein Edikt gegen die überlebenden
Aussätzigen: Wer gestanden hat, soll verbrannt werden, wobei schwangere
Frauen erst nach Geburt und Abstillen ins Feuer kommen sollen. Wer von ihnen
nicht gesteht, soll abgesondert werden, Männer und Frauen wiederum getrennt.
Ihre Güter werden eingezogen. Jegliches gerichtliche Vorgehen gegen sie
wird der Krone anheimgestellt. Letztere beiden Maßnahmen werden im August
wieder eingeschränkt. In Toulouse wird Guillaume Belibaste verbrannt,
der letzte "Vollkommene" der Katharer. Montpellier verwehrt den
Spielleuten, insbesondere den jüdischen Lezim oder Klezmorim den Eintritt
in die Stadt.
Ca.: Der Araber Levi ben Gerson erwähnt die Lochkamera (Camera obscura)
als Hilfsmittel zur Sonnenbeobachtung.
1322
Papst Johannes XXII. verbietet wegen der Gefahr der Verweltlichung den mehrstimmigen
Kontrapunkt in der Kirchenmusik. In einer plötzlichen Kehrtwende vertreibt
er die Juden, die er bisher gegen die Pastorellen in Schutz genommen hat,
aus seinem Gebiet. König Karl der Schöne von Frankreich bestätigt
die Absonderung der Aussätzigen. Dies ist das erste massive Internierungsprogramm
in Europa. Bisher haben sie Leprösen in hospizartigen offenen Einrichtungen
gelebt, nun werden sie auf Lebenszeit interniert. Die Reichsstadt Eger wird
an den König von Böhmen verpfändet - und nie wieder ausgelöst.
In Straßburg gibt es einen städtischen Pflastermeister. In Aachen
werden alle sieben Jahre die Reliquien gezeigt. Wegen des großen Andrangs
wird die Zeremonie (die es seit etwa 1238 gibt) ins Freie verlegt. In Pisa
ist der Geldwert in den letzten 56 Jahren um zwei Drittel gesunken. In Paris
muß sich eine gewisse Jacoba wegen ärztlicher Tätigkeit vor
Gericht verantworten. Ihre Verteidigungsrede ist gleichzeitig ein Kommentar
zur Verantwortung des Arztes. In diesem Jahr entsteht die Satzung der St.-Sebastianus-Handbogengilde
zu Gent, die erste bekannte Satzung einer Schützengesellschaft.
1323
In Pisa werden zu Himmelfahrt ein Ruderbootsrennen und ein Pferderennen ausgeschrieben.
Die Gewinner erhalten einen Ballen Samt, ein Pferd und weitere Haustiere,
die Verlierer einen Zwiebelkranz. In Paris gibt es eine Torsteuer (Octroi).
Es wird der erste mit hydraulischen Blasebälgen versehene Schmelzofen
erwähnt. Die Ostsee friert zu. Man kann von Dänemark und Deutschland
zu Fuß nach Schweden gehen. Der Rat von Zürich bestimmt, daß
im Heiliggeisthospital, das offenbar Bettler angezogen hat, nur "arme
lüte, so krank und siech an ir libe sint, dass sy das Almusen nit gesuchen
mügen" aufgenommen werden dürfen. Amsterdam wird Zollstation
für das aus Hamburg importierte Bier. Daraus entwickelt sich bald ein
reger Handel mit den Hansestädten. Papst Johannes XXII. erklärt
die Auffassung von der irdischen Besitzlosigkeit Christi (Ideal der Franziskaner)
für ketzerisch. Frühjahr oder Sommer: König Karl IV. vertreibt
die Juden aus Frankreich. Grippeepidemie in Italien. Die Grippe heißt
"Influenza" vom gedachten Einfluß der Gestirne auf den Krankheitsverlauf.
18. Juli: Thomas von Aquin wird feierlich heiliggesprochen. Winter, bis 1328:
Bauernaufstand in Flandern. Die Unruhen beginnen in Brügge und richten
sich gegen die Übergriffe adliger Gerichtsherren, welche Steuern willkürlich
einsetzen und ungesetzliche Gerichtsgebühren einziehen. Der Aufstand
breitet sich ohne Widerstand aus; mehrere Burgen werden geplündert und
zerstört. Die Städte - außer Gent - schließen sich an.
1324
In Siena finden trotz mehrfacher Verbote immer noch Kampfspiele statt: Ein
solches Spiel artet in eine wüste Schlägerei aus und nicht einmal
die Stadtpolizei kann die Parteien trennen, bis schließlich der Bischof
an der Spitze einer Prozession Frieden stiftet. Zurück bleiben vier Tote
und mehrere ausgebrannte Läden. Erneut werden Kampfspiele - vergeblich
- verboten. Ein anonymer katalanischer Koch, der schon am englischen Königshof
gekocht hat, verfaßt das "Libre de Sent Sovi", ein Kochbuch.
Die Rezepte ähneln denen der Antike, außer daß nun auch Zimt,
Nelken und Muskat verwendet werden. Im Unterschied zum allgemeinen Gebrauch
dickt der Katalane seine Saucen mit rohem Eigelb (neben Brot und gemörserten
Mandeln) statt mit gekochtem und dann püriertem. Es gibt hier übrigens
auch eine Sauce für ein Bärengericht, ferner halbgegrilltes Geflügel
in süßsaurer gewürzter Mandelsauce und "weiße Sauce"
aus Mandeln, Ingwer und Hühnerbrust. Ludwig der Bayer leiht sich Geld
von einem Juden aus Rottweil. Die Goldschmiede von Prag bilden eine Zunft,
die zweite der Stadt. In Metz wird erstmalig (?) in einer Schlacht ein Pulvergeschütz
abgefeuert. Marco Polo stirbt. William von Ockham, ein nominalistischer Scholastiker,
nach dessen Lehre der "Staat" von der Kirche unabhängig sein
soll, wird zum Papst nach Avignon geladen, flieht aber nach München,
wo er verbleibt. Gegen seine Exkommunikation antwortet er mit einer Streitschrift,
in der er dem Papst 70 Irrtümer und sieben Ketzereien vorwirft. Marsilius
von Padua behauptet in seinem Werk "Defensor Pacis" die Souveränität
des "Staates". Der Papst antwortet mit Exkommunikation. Der Bischof
von Lugo erhält die Vollmacht, für über 500 illegitime Kleriker
(von unehelicher Geburt bzw. Kinder von Klerikern) Dispens zu erteilen. Diese
hohe Zahl ist eine Ausnahme, da normalerweise die Dispens auf 20 Personen
beschränkt ist.
1324/ /1325
In Augsburg finden sich in den Stadtrechnungen Ausgaben für das Verlegen
eines Pflasters.
1325
Die Mauren setzen bei Baza Feuerwaffen ein. Berlin wird wegen Ermordung des
Propstes von Bernau gebannt. In Köln sind 70 Häuser und Hofstätten
im Besitz von Juden. In Florenz nehmen Mädchen an Wettläufen teil.
In Böhmen beginnt man Goldmünzen zu prägen. Bau der Tuchhalle
in Gent.
14. Juni: Ibn Battuta (21) aus Tanger bricht zu einer Pilgerfahrt nach Mekka
und Medina auf. Diese Reise wird ihn bis Indien und China führen und
es werden 24 Jahre vergehen, bis der "Marco Polo der Araber" nach
Marokko zurückkehren wird.
Ca.: Erfindung des Ribaud (Pot de fer), einer Feuerwaffe, die dreikantige
Bolzen verfeuert. (?)
Ca.: Metz hat 25000 Einwohner.
Ca.: Erfindung des Orgelpedals.
1326
In Wien bricht im Hause eines Bäckers in der Wallnerstraße ein
Brand aus, der bald zwei Drittel der Stadt erfaßt. Innsbruck erhält
das Privileg zur Errichtung einer Apotheke und eines Arztpostens. Als Amtssprengel
wird den beiden Apotheken zu Innsbruck und Bozen das ganze Inntal zugewiesen;
außerdem erhalten sie Steuerfreiheit. Die notwendigen Waren dürfen
zollfrei eingeführt werden, müssen aber beim Apotheker Jakob von
Volano in Bozen bezogen werden. Eine englische Handschrift enthält eine
Miniatur, auf der bei einer Belagerung mittels eines Flugdrachens ein Geschoß
über einer Burg abgeworfen wird. Der Engländer Walter de Milimete
verfaßt eine Schrift namens "De Nobilitatibus Sapientiis et Prudenciis
Regum", gewidmet König Edward III. von England, worin ein Krieger
abgebildet ist, der eine Lunte an das Zündloch einer flaschenförmigen
Feuerwaffe hält, aus deren Hals als Geschoß ein großer Pfeil
ragt. In England gibt es Brillen für Gelehrte, Adlige und Geistliche.
(Starre Bügel gibt es erst im 18. Jh.) Paris erhält ein Waisenhaus.
Bei einem Aufruhr in London wird der Bischof geköpft und seine Leiche
nackt auf die Straße geworfen. In Florenz werden Metallgeschütze
hergestellt, welche Kugeln aus Schmiedeeisen verschießen können.
Bankrott der Scali in Florenz.
4. August: Iwan I. Kalita legt in Moskau den Grundstein der ersten Steinkirche.
Schwere Verschuldung zwingt Erzbischof Friedrich III. von Salzburg zur Erhebung
einer ersten allgemeinen Steuer. Der Anatom Mondino di Luzzi stirbt.
1327
Es stirbt der Mystiker Meister Eckart. Zusammenschluß von Mainz, Worms,
Speyer, Straßburg, Basel, Freiburg/Br., Zürich, Bern, Solothurn,
Konstanz, Überlingen, Lindau und Ravensburg unter sich sowie mit den
Landleuten von Uri, Unterwalden und Schwyz, dann mit den Grafen von Kyrburg
und von Montfort sowie mit dem Bischof von Konstanz zu einem Bund zur Wahrung
des Landfriedens. Großer Brand in München. Ein Großteil der
Stadt brennt ab. Wien hat ein primitives Kanalsystem von Abflußbächen
zur Donau, die wegen geringer Wasserführung Kloakencharakter haben. Seit
diesem Jahr werden sie "Möhrung" (Schmutzbach) genannt. Auf
der Piazza Grande zu Modena wird ein Stein aufgestellt, der die zulässige
Höchstlänge der Schleppe der Frauenkleider - eine Elle - angibt.
Avignon hat 43 italienische Bankhäuser. In England gibt es 120 bis 130
Walkmühlen.
1328
In einem Rechtsbuch wird der gerichtliche Zweikampf als Gottesurteil verboten,
was sich aber erst langsam durchsetzt. Eine anonyme französische Chronik,
die in diesem Jahr schließt, berichtet über die angebliche Giftverschwörung
der Aussätzigen. Aber: "Es hieß, die Juden seien bei diesem
Verbrechen die Spießgesellen der Aussätzigen gewesen, und deswegen
wurden viele von ihnen zusammen mit den Aussätzigen verbrannt. Das niedere
Volk hielt selbst Gericht, ohne erst einen Vogt oder Amtmann zu rufen. Sie
sperrten die Leute mitsamt ihrem Vieh und Hausrat in ihre Behausungen und
steckten diese in Brand." Diese Version steht aber fast allein; etliche
andere Chroniken (anonyme Fortsetzung von Guillaume de Nangis und von Girard
de Frachet, Johann von St. Viktor, Chronik von St. Denis, Jean d'Outremeuse,
Genealogia comitum Flandriae) verweisen auf ein Geständnis, das Jean
Larcheveque, der Herr von Parthenay, dem König Philipp V. hat zukommen
lassen, wonach einer der Oberen der Aussätzigen von einem Juden mit Geld
bestochen worden sei und von ihm Gift erhalten habe, um es in Quellen und
Brunnen zu schütten. Das "glaubwürdigste" der Gerüchte
macht den König von Granada als eigentlichen Hintermann dafür verantwortlich,
der seinerseits die Juden bestochen haben soll, um die Christen zu verderben.
Die vom Teufel gelenkten Aussätzigen hätten dann vier Konzilien
abgehalten, um ihre Pläne zu schmieden. Einige gefälschte Briefe
sollen diese Vorwürfe, insbesondere gegen die Juden, "beweisen".
Die flandrischen Bauern unterliegen einem französischen Ritterheer, welches
der Graf von Flandern herbeigeholt hat. Damit ist der dortige Aufstand beendet.
Im Rechtsbuch des Fürsprechers Ruprecht von Freising stehen etliche arbeitsrechtliche
Bestimmungen: "Wer Dienstboten dingt, es sei Magd oder Knecht, für
eine Weile oder für Jahre, was er ihnen gelobt, das muß er ihnen
geben. Und läßt er sich deswegen verklagen, so verliert er die
Frevelbuße gegenüber dem Richter, das sind 72 Pfennige." In
Frankfurt tritt erstmals die Bezeichnung "bornfeger" auf, d.h. es
finden dort regelmäßige Brunnenreinigungen statt. In Paris tun
sich einige Spielleute zusammen, um ein Spital (St. Julian, Schutzheiliger
der Spitäler, und St. Genesius, ein Märtyrer der Spielleute) zu
stiften. Anschließend baut man noch eine Kirche an, deren Fassade den
Hl. Genesius in Spielmannskleidung zeigt, die Fiedel streichend und von musizierenden
Engeln umgeben. Am französischen Königshof gibt es neben der eigentlichen
Küche noch die paneterie, die für die Brotversorgung zuständig
ist (hier arbeiten 21 Personen), die échansonnerie für die Weinversorgung
(33 Personen) und die fruiterie für die Obstversorgung (14 Personen).
Die Harnischmacher von Prag bilden eine Zunft. Ludwig der Bayer (46) wird
zum Kaiser gekrönt. Die Reichskleinodien werden bis 1350 in München
aufbewahrt.
Bis 1423: Dülken (am Niederrhein) ist Münzstätte der Herren
von Jülich.
1329
Erster bekannter Streik in Deutschland: In Breslau streiken die Gürtlergesellen
ein Jahr lang. In einer Zollordnung werden für die Frankfurter Messe
folgende Waren aufgezählt: Pferde, Schlachtvieh, Fleisch, Butter, Schmierfett,
Unschlitt (Talg), Rheinfisch, Bolchen, Heringe, Bücklinge, Lorbeer und
andere Gewürze, Eisen verschiedener Art, Blei und Zinn in Klumpen, Glas
und Trinkbecher, Kreide, Galmei (Zinkerz), Weinstein, Pech, Schleifstein,
Flachs (rauh oder gehechelt), Hanf, Werg, Garn, Wolle, Leinwand, Weinfässer
und Leinwandballen. Petrus von Zittau berichtet über Böhmen: "Man
sieht sehr oft kurze und enge Kleider mit einem am Ellbogen herabhängendem
Fleck, der wie ein Eselsohr umherfliegt und manchmal bis zur Erde reicht."
Während einer Erzstiftsfehde werden in Mainz drei Kirchen zerstört.
Die Stadt ist deshalb über 100 Jahre lang rechtlich zur Sühnezahlung
verpflichtet. Bau des Moskauer Kreml - aus Holz. Mißernte im Languedoc.
Juden, Aussätzige und Zauberer werden beschuldigt. Bernard Gui vollendet
seinen Heiligenspiegel, eine vierteilige Darstellung der französischen
Heiligen.
1329/1335
In Nürnberg wird die Verwendung von leicht brennbarem Material zum Dachdecken
verboten.
1330
In Tournai kommen Vertreter von 31 Spielmannsgenossenschaften zusammen, jeweils
angeführt von einem Oberhaupt ("rex"). Chroniken sprechen von
einem Fest der 31 Könige. In Villach wird der Bleiberg aufgetan. Älteste
Darstellung eines Geschützes (in England).
28. April: Ludwig der Bayer gewährt Frankfurt eine zweite Messe in der
Frühjahrs- oder Fastenzeit, zwecks Verkauf der Winterprodukte (etwa Wein
und Wolle). Diese Messe kann sich nur schwer etablieren, da sie vom vierten
bis zum zweiten Sonntag vor Ostern stattfindet und dadurch manchmal schon
in den Februar fällt. König Alfons XI. von Kastilien gründet
einen Ritterorden, dessen Mitglieder sich zum Verzicht auf Knoblauch und Zwiebeln
verpflichten müssen. Wer nach Knoblauch riecht, muß sich für
einen Monat dem Hofe fernhalten. In Göttingen wird unter Strafe gestellt,
Aas und Kadaver auf die Straße zu werfen. Satzung der St.-Sebastianus-Bogenschützengesellschaft
zu Dünkirchen, die vielleicht zweite bekannte Satzung einer Schützengesellschaft
(vgl. 1322 in Gent). In Elbing wird ein "Liber civitatis" (Stadtbuch)
geführt.
Seit 1330 versucht Philipp VI. von Frankreich, den Geldumlauf zu regeln. Ein
Erlaß erinnert daran, daß vertragliche Abmachungen nur in Rechnungsgeld
(monnaie de compte) beglichen werden dürfen: "Arglistige Leute haben
sich bemüht, in mehrerer Hinsicht Unsere Erlasse zu umgehen, besonders
bezüglich der Handelsgeschäfte, Verträge und Darlehen in Golddenaren
und in Gros Tournois, zu Unserem Schaden und zum Schaden Unseres Volkes, was
Uns sehr mißfällt. Wir verbieten, daß einer sich erdreiste,
mit Golddenaren oder Gros Tournois zu handeln, Verträge abzuschließen
oder Darlehen zu nehmen, außer in Sous und Livres der Währung,
die Wir jetzt prägen lassen." In Wirklichkeit werden die Preise
in Gros oder Écus festgelegt, vor allem aber in Florins (relativ stabile
goldwährung), während das offizielle System auf dem alten Denar
beruht (zurückgehend auf das Silbergeld der Karolingerzeit).
Einwohnerzahl von Florenz (nach Villani): 90000.
Ca.: Großer Drehkran mit Tretantrieb in Lüneburg.
Ca.: In der Männerkleidung ist der Rock zu dieser Zeit noch etwa wadenlang,
was sich bald ändern wird.
Ca. 1330/1345: Johann von Viktring lehrt in seinem "Liber certarum historiarum":
"Und wie Seneca sagt: Wenn du dir alles unterwerfen willst, unterwirf
dich zuerst der Vernunft; kannst du dich selbst beherrschen, so wirst du viele
beherrschen." [Ed. F. Schneider 1909 S. 302]
1331
In Prag beginnt man, die Straßen zu pflastern. Angeblich sollen in diesem
Jahr in Prag italienische Kriegsgefangene Schornsteine kehren, um ihren Lebensunterhalt
zu bestreiten. Dies würde darauf hinweisen, daß es in Italien bereits
üblich ist, regelmäßig verrußte Schornsteine zu reinigen.
In Worms ist eine Genossenschaft fahrender Schüler nachweisbar. In Florenz
findet seit diesem Jahr gleichzeitig mit dem alle fünf Jahre stattfindenden
Pferderennen auch ein Rennen für die Plebejer statt. Es findet am ersten
Sonntag nach dem 11. Juni statt und ist von den Tuchfärbern initiiert
worden. Der erste Preis ist ein Ballen ungefärbtes Tuch und die Rennpferde
bilden jene ausgemergelten Klepper, mit denen das Tuch in die Färberei
geliefert wird. Die Teilnehmer schlagen während dieses Corso de' Tintori
zur Erheiterung der Zuschauer erbarmungslos aufeinander und auf die Gäule
der Konkurrenten ein.
Januar: In Westminster weigern sich die Maurer, "am Montag oder Dienstag
zu arbeiten, weil ihnen seit Weihnachten kein Lohn ausbezahlt worden ist und
sie befürchten, dessen, was ihnen gebührt, verlustig zu gehen."
Nachdem sie ausgezahlt worden sind, erscheinen sie am Mittwoch wieder zur
Arbeit. Mainz wird als "freie Stadt des Reiches" bezeichnet, obwohl
rechtlich der Erzbischof Herr von Gericht, Markt, Zoll und Münze ist.
Die Burg von Cividale wird von Büchsen und Feuerwaffen beschossen.
Moskau: Ein Brand zerstört den hölzernen Kreml.
Die Mauren setzen bei Alicante Feuerwaffen ein.
30. Dezember: Es stirbt Bernard Gui (ca. 70).
1332
Nürnberg läßt sich von Ludwig dem Bayern eine Gesamtbestätigung
seiner Zollfreiheiten (in 69 Städten) geben. Die Straßburger Zünfte
erlangen Sitz im Rat. Die Mainzer Zünfte erlangen im Rat Gleichberechtigung
mit den patrizischen Geschlechtern. Der spätere Kaiser Karl IV., in Frankreich
erzogen, erhält dort den Ritterschlag. Er wird diese Form der Rittererhebung,
welche in Frankreich bereits im 13. Jh. üblich war, später im Reich
einführen. Die Rosenart Rosa Centifolia kommt aus Persien nach Europa.
(Nach anderen Angaben soll sie aber erst 1596 in Holland aufgetaucht sein,
aber das muß sich nicht unbedingt widersprechen.) Die Kaufleute von
Gent sehen sich genötigt, auf eigene Kosten die Straße nach Senlis
zu reparieren, um die Beförderung ihrer Waren nach Paris zu beschleunigen.
Winter: Hunger im Languedoc läßt die Armen rohes Gras essen. Es
stirbt Philipp von Tarent, Despot von Romanien (in Griechenland), der dem
Odo von Burgund das Lehen Achaia für 40000 Pfund abgekauft hat. Dadurch
wurde Philipp auch Fürst von Achaia und damit sein eigener Lehnsherr.
1333
Erster öffentlicher botanischer Garten in Venedig. Bau der gedeckten
hölzernen Kapellbrücke über die Reuß in Luzern. Petrarca
weilt derzeit in Köln. Am Johannistage wird er von Freunden an den Rhein
geführt, wo man ihm ein herrliches Schauspiel verpricht: "In diesem
Versprechen wurde ich auch nicht enttäuscht, denn das ganze Ufer war
mit einem großen, herrlichen Kreis von Frauen bedeckt, über deren
Schönheit, Gestalt und Pracht ich staunte. Ich stand auf einem etwas
höheren Orte..., die Frauen, eine eifriger als die andere, zum Teil mit
wohlriechenden Kräutern geschmückt, wuschen...die weißen Hände
und Arme in der Flut und sprachen dabei irgendwelche Formeln in unverständlicher
Rede. Da ich mich wunderte, erhielt ich zur Antwort, das sei ein sehr alter
Aberglaube, besonders bei den Frauen, daß sie meinten, durch Baden an
diesem Tage alles Unglück für das kommende Jahr abzuwaschen und
das Glück rein hervorleuchten zu lassen, weswegen sie dieses segensreiche
Bad nie unterließen." Ein etwas unklar überlieferter Aufstand
der Tuchmacher in Breslau führt zu drei Enthauptungen und, je nach Quelle,
zu sechs Verbrennungen oder Stadtverweisen. Spätere Quellen machen Steuererhöhungen
dafür verantwortlich. [Heiduk S. 37, Anm. 66]
1333/1350: Entstehung des Stadtrechts von Feldkirch in Vorarlberg. Hier sind
mehrere feuerpolizeiliche Bestimmungen enthalten: Nach dem Läuten der
"Schmiedglocke" soll weder ein Kupferschmied noch ein Hufschmied
oder ein anderer Schmied Feuer in der Esse haben, bei einer Buße von
fünf Schilling Pfennig an die Stadt und für den Knecht, der das
Feuer entdeckt hat, ein Schilling Pfennig zu entrichten. Weder in den Kachelöfen
noch in den Backöfen ohne Ofeneisen darf noch Feuer brennen - bei schweren
Strafen. Es wird weiterhin bei Strafe verboten, Unrat in den Stadtbach zu
gießen oder zu werfen. Jede Verunreinigung wie Sperrmüll, Sand
oder Steine, die zu Boden sinken, müssen vom Verursacher wieder entfernt
werden. Die Gerber und Schuhmacher dürfen Häute und Felle nur an
bestimmter Stelle in den Bach hängen und müssen dort auch die "abschabung"
ins Wasser schütten. Lüttich führt als Jahresanfang den 25.
Dezember ein.
Bis 1438: Das Wiener Areal Hafnersteig 11 - Laurenzerberg 5 - Schwedenplatz
5, Standort zweier Häuser für Hafner, befindet sich in dieser Zeit
nacheinander im Besitz von zehn Personen - Beispiel für Mobilität
in der Stadt.
1334
Der Dominikaner Venturinus von Bergamo veranstaltet eine Bußfahrt nach
Rom, an der 10000 Lombarden - in besonderer Kleidung - teilnehmen sollen.
Dies soll auch eine Geißelfahrt gewesen sein. Die erste Nachricht von
der Verwendung von Büchsen bei einer Belagerung (zumindest für Deutschland)
betrifft die Belagerung von Meersburg durch Kaiser Ludwig den Bayern 1334:
"Es was och allda etlicher maister, der sant uss schütz uss ainer
büchs, die ainen schutzlichen und herten don und klapf hette mit em ussgang
des schutz, also das vil menschen bayderlai geschlächt in gehör
des schutz unter den beliegern als halbtod und onmächtig vilent uff das
ertrich." (Chronik von Dacher, aus Ruppert: Das alte Konstanz, 1891,
S. 43.) In Aachen ist der erste Marktbrunnen belegt. Er wird 1620 wegen Baufälligkeit
abgerissen werden. In Aachen sind geplasterte Straßen nachgewiesen (wie
schon 1265). In Bremen werden im Chor des Doms die Reliquien der Heiligen
Cosmas und Damian wiederaufgefunden. Solche Reliquien üben eine überregionale
Anziehungskraft aus und bringen der Stadt wirtschaftliche Vorteile. In England
wird seit diesem Jahr der Nobel, eine Goldmünze von 7,7 Gramm im Wert
von 6 Shilling 8 Pence herausgegeben. Landgraf Heinrich II. von Hessen läßt
eine Handschrift des "Willehalm" Wolframs von Eschenbach anfertigen
und illustrieren. Bei diesem Exemplar reichen die Fingerspuren der Benutzer
nur so weit wie die Bilder des unvollendeten Miniaturenzyklus, d.h. man hat
nur die Bilder betrachtet, nicht aber den Text gelesen und wohl noch weniger
vorgetragen.
1334/1335
Die Stadt Aachen legt für die Anfertigung von Brandeimern zumFeuerlöschen
32 Mark 7 Schilling aus.
1335
In Zürich verbietet der Rat den Fang von Vögeln, insbesondere von
Wachteln, weil diese Mücken und Würmer vertilgen. Ein Klostergut
im Artois erreicht für Weizen einen Ernteertrag von 1:15 - ein sehr hoher
Wert. Eine Chronik erwähnt für S. Gottardo in Mailand eine Schlaguhr.
Diese zeigt erstmals Stunden von gleicher Länge (mit Glockenschlag) an.
"was für alle Menschen sehr nützlich ist". Es sind nämlich
die mittelalterlichen Stunden je nach Jahreszeit verschieden lang. Wer in
Göttingen Mist, Stroh oder Dung liegen läßt, hat mit einer
empfindlichen Geldbuße zu rechnen. In Berlin wird der Aufwand von Hochzeitsfeiern
beschränkt: Es dürfen höchstens fünf Gänge und 40
Vorlegschüsseln aufgetragen werden. Nach der Limburger Chronik gehen
Herren, Ritter unf Knechte noch "alle in langen kleidern, eine grose
spanne nedewenig iren knien", d.h. es werden noch lange Gewänder
getragen, allerdings bereits aufgeschürzt ("das sie sich ofschorzeten").
Erste Erwähnung eines öffentlichen Bades in der Altstadt von Prag.
Die Bürger von Tübingen übernehmen 3000 Pfund Heller Schulden
vom Tübinger Pfalzgrafen, wofür sie auf neun Jahre alle Einnahmen
der Stadtherren erhalten. Karl I. von Ungarn schließt in Visegrád
ein Handelsabkommen mit Böhmen und Polen zwecks Ausschaltung Wiens im
Ostwesthandel. Zum wichtigsten Umschlagplatz von Ungarn steigt nun Buda auf.
1336
26. April: Petrarca besteigt den Mont Ventoux (1912 m), einzig aus dem Grunde,
"die ungewöhnliche Höhe dieses Flecks Erde durch Augenschein
kennenzulernen". In einer Fehde gegen Berthold von Bucheneck setzt die
Stadt Straßburg einen Fahnenwagen (carroccio) ein welcher das große
Banner der Stadt (Maria mit Kind auf goldenem Grund) trägt. Es ist eine
der letzten Erwähnungen von großen Bannern auf Wagen. Die Kontingente
der Zünfte erscheinen unter ihren eigenen Bannern. In diesem Jahr setzt
die Limburger Chronik des Tilman Elhen von Wolfhagen ein, welche bis 1398
reicht. Sie wird hier öfter zitiert werden, da sie eine ergiebige kulturhistorische
Quelle darstellt. "Da man zählet nach Christi geburt tausend dreihundert
und sechs und dreißig Jahr auf das Fest Simons und Judä, da war
der große Wind. Er tat großen Schaden und warf große Häuser,
Schuppen und Türme um und fällte große Bäume in den Wäldern."
[Limburger Chronik 1] "2. ln derselben Zeit versorgte der hochgeborene
Fürst, Landgraf Heinrich zu Hessen, die Burg Eberstein, gelegen in Sachsen,
mit Lebensmitteln. Er hatte bei sich seiner Freunde Ritter und Knechte, mehr
denn sechszehn hundert gekrönter Helme, und schlug aus dem Felde mit
Macht alle Herzöge von Sachsen und setzte seinen Willen durch. Sie stürmten
vor Einbeck und lagen neun Tage im Lande Sachsen. Dieser Landgraf Heinrich
war genannt mit Beinamen der eiserne Heinrich und war ein Urenkel der seligen
Frau, der heiligen Elisabeth. Seine Mutter war eines Grafen Tochter von Ravensberg
aus Westfalen; er hatte eines Markgrafen Tochter von Meißen, und die
hatte einen Sohn, der hieß Landgraf Otto, ein gar edler Fürst,
wie nachher geschrieben steht, und hatte auch zwei Töchter. Die eine
kaufte ein Herzog von Braunschweig, die andere ein König von Krakau.
Später hatte dieser König andere Frauen lieber als sie, so daß
sie sich nicht mit ihm vertragen mochte, und kam wieder heim zu ihrem Vater
nach Kassel. Dort verlebte sie noch etliche Jahre, bis daß sie starb.
Dieser Landgraf Heinrich verbesserte gar sehr sein Land mit Land und mit Leuten
und richtete auf die Herrschaft von Treffurt, dazu Spangenberg gehört,
und andere Schlösser, Leute, Wälder und Gerichte. Diese Herrschaft
ist mehr wert als dreimal hunderttausend Gulden. Und hatte er auch die Ritterschaft
lieb, darum diente sie ihm auch, wenn er ihrer bedurfte. Und schirmte er damit
sein Land mit großer Weisheit. Auch kaufte er die Grafschaft von Ziegenberg
mit allem Zubehör, gelegen an der Werra, und kaufte auch die Herrschaft
von Romrod, bei Alsfeld gelegen. Er hatte einen Bruder, der hieß Landgraf
Ludwig. Der führte Krieg mit ihm um das Land Hessen und kaufte ein Weib,
das war eines Grafen Tochter von Spanheim, damit dieser ihm helfe. Während
der Zweiung starb er und hinterließ zwei Söhne. Der eine hieß
Hermann; der ward ein gewaltiger Landgraf zu Hessen; doch ward es ihm gar
sauer gemacht, eh er dazu kam, wie du auch hernach geschrieben findest. Der
andere Bruder kam zum Bischof von Magdeburg, seinem Vetter, der wollte ihn
zu einem Bischof an seiner Statt machen. Da wurde dieser Landgraf vergiftet."
[Limburger Chronik 2] Diese Passage aus der Limburger Chronik soll beispielhaft
als Streiflicht aus dem Adel dienen. Auffällig ist dabei, daß Frauen
"gekauft" werden. Dies darf nicht zu dem Trugschlusse verleiten,
daß etwa Frauen als Ware gegolten hätten (noch dazu Adlige!). Es
ist vielmehr ein Synonym für "heiraten", anspielend auf die
Kosten, denn an anderer Stelle ist vom "Kauf" von Männern durch
Frauen die Rede! Im weiteren Verlauf sei die Chronik hier gekürzt, weil
es nicht darum geht, die Lokalgeschichte des hessischen Adels darzustellen.
"5. Item in diser zit stunt Limpurg di stat unde di burger in gar großen
eren unde selicheit von luden unde von richtome, want alle gaßen und
alen waren vol lude unde gudes, unde worden si geachtet, wanne si zu felde
zogen, me dan an zwei dusent burger wol bereiter lude mit panzer unde harnasche
unde was darzu gehort, unde zu ostern di Godes licham entphingen, di worden
geachtet me dan an echte dusent menschen. Nu saltu wißen, weme aiso
vil lude sint befolen zu regiren geistlichen oder werntlichen, der darf wol
guder sinne unde redelicheit, als da sprichet Aristoteles in dem ersten buche
Piliticorum: "Habentes rationem et intellectum utentes, naturaliter aliorum
domini fiunt et rectores". Daz saltu also vurstan: Welcher man suchet
redelicheit unde ez gebruchen kan, der ist andere lude zu regiren sunder man.
Item der stift des guden herren sente Georgen daselbes stunt in großen
eren unde herlicheit, also daz he ein recht inkomen hatte von rechter rente
unde gulde bi hondert unde zwenzich gulden geldes. Dan der vurgenante stift
auch geregirt wart von canonichen, di waren hieiger lude unde ritterskinde."
[Limburger Chronik 5] Diese Passage bezieht sich auf die Zeit bis etwa 1340
und soll nur ein Beispiel sein, ohne irgendwelche Besonderheiten Limburgs
herauszustellen. Der Bauernaufstand der Armlender wird zum Anlaß genommen,
Judenpogrome durchzuführen. Der Dauphin Humbert II. de Viennois legt
in einem Erlaß die Speisenfolge für seinen Hofstaat präzise
fest. Dabei erhalten in einem Sonntagsmenü (coena) der Dauphin und die
Dauphine: je zwei Pasteten, gefüllt jeweils mit einem großen Huhn
und zwei Hähnchen; die Barone und hohen Ritter: je eine dieser Pasteten;
die niederen Ritter: eine Pastete für ihrer zwei; Schildknappen, Kaplane
und niedere Geistliche: je ein Viertelhuhn oder ein halbes Hähnchen und
eine Achtelscheibe Schweinefleisch aus der Keule in je einer Pastete für
zwei Personen. Das subalteren Personal, das im "tinel", einer Art
Gesindestube ißt, bekommt kein Geflügel, sondern pro zwei Personen
eine Pastete mit einer Zwölftelscheibe Schweinfleisch aus der Keule.
Geflügel gilt als "feiner" und weniger nahrhaft und ist daher
dem "untätigen" Adel vorbehalten. Weiterhin haben beim Montagsessen
nur der Dauphin und seine Gattin Anrecht auf ein Zwischengericht (hier: Kapaun),
während die anderen Gäste sich mit zwei Gerichten begnügen
müssen. Der Straßburger Autor Philipp Colin fordert für die
Abfassung des "Niuwen Parzefal" ein Honorar von 200 Pfund. Dafür
bekäme man in Straßburg drei bis vier Häuser. Dies ist die
einzige exakte Angabe für die Kosten eines Romans aus dem deutschen Mittelalter.
Es sind aus dem ganzen 14. Jahrhundert nur noch drei von Adligen in Auftrag
gegebene Romane überliefert - gegenüber etwa 50 aus dem 13. Jh.
Nach 1336 tritt für etwa 100 Jahre eine Pause in der Geschichte des deutschen
höfischen Romans ein. Offenbar hat der Adel in dieser Zeit nicht die
Mittel dafür bzw. andere Interessen.
1337
Die Synode von Köln spricht sich gegen Kleider aus, die aus verschiedenen
Farben und Figuren zusammengesetzt, schachbrettartig gemustert oder gestreift
sind, aus Seidenstoffen und anderen Geweben bestehen oder Ärmel von anderer
Farbe aufweisen. In Tübingen wird eine Badstube erwähnt. Ludwig
IV. verleiht der Stadt Reutlingen das privilegium fori, mit dem die Stadt
wesentliche Teile der Gerichtsbarkeit erhält. Es erscheint das "Schachzabelbuch"
des Armeleut-Priesters Konrad von Ammenhausen aus Stein am Rhein, eine Ständesatire.
3. Juni: Der Moskauer Kreml brennt erneut ab (Teile der Stadt gleich mit).
Tod Giottos. Philipp VI. von Frankreich erklärt Aquitanien für beschlagnahmt,
worauf Edward III. von England sich "rechtmäßiger König
von Frankreich" nennt und den Krieg vorbereitet. Er verbietet in England
bei Todesstrafe jeden Sport außer dem Bogenschießen und erläßt
denjenigen Handwerkern die Schulden, welche Bogen und Pfeile herstellen. Beginn
des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich (mit Unterbrechungen
bis 1453). Beispiel für die Aufgebote französischer Städte:
Rouen stellt 200 Mann, Nimes 95 Reisige, Narbonne 150 Bogenschützen.
Die französischen Bogenschützen spielen im ganzen 14. Jh. keine
bedeutende Rolle, wahrscheinlich deshalb, weil die Ritter sich - aus Herablassung
- nicht mit ihnen abstimmen.
1337/1338: Der englische König gibt für seine "Great Wardrobe"
bereits kurze Kleidung in Auftrag.
Bis 1344: In Oxford erfolgt die erste regelmäßige Wetterbeobachtung,
allerdings noch ohne Messungen. Es wird dadurch entdeckt, daß man herannahendes
Regenwetter daran erkennen kann, daß die Kirchenglocken auf weitere
Entfernung hörbar sind.
1338
Der Rat von Freiburg i. Br. erläßt, daß niemand ein Schauspiel
aufführen dürfe, in welchem die Juden verunglimpft werden würden.
Es hat nämlich hier kurz zuvor, ausgelöst durch ein Passionsspiel,
Judenverfolgungen gegeben, die von einem gewissen König Armleder angeführt
worden sind.
31. Oktober: Papst Benedikt XII. sendet eine Bulle an den Erzbischof von Toulouse,
weil sich die Aussätzigen der Region an ihn gewandt haben, um die Rückgabe
ihrer konfiszierten weltlichen Güter zu erwirken. Der Papst fordert den
Bischof auf, dies zu tun, da die Leprösen laut richterlichem Urteil für
"harmlos und unschuldig" an denen ihnen angelasteten Untaten seien.
Offenbar hat man ihnen ihre Güter aber dann doch nicht zurückerstattet.
Florenz hat 90000 Einwohner und sechs kaufmännische Bildungsschulen mit
1000 bis 1200 Schülern. Universität Pisa gegründet. Boccaccios
"Filostrato" erscheint. England verbietet die Ausfuhr von Wolle.
Erste Folterung in der "Fragstatt" zu Regensburg erwähnt. Markgraf
Friedrich II. von Meißen läßt in Nachahmung des Böhmischen
Groschen (seit 1300) den Meißner Groschen prägen. Diese Münze
wird in Franken und Norddeutschland "Schilling" genannt. Im abgelegenen
Aitterwanch (Tirol) wird ein Wildbad gebaut – eine frühe Erwähnung,
denn Wildbäder kommen erst im 15. Jh. in Mode. Zwei "Kirchenrektoren"
verbünden sich mit zwei Rittern und "einer großen Menge Landvolk"
gegen den Bischof von Konstanz. Einige aus dessen Gefolge werden verwundet
und er selbst ins Gefängnis geworfen.
Bis 1360: Aus dem Nürnberger Ärzte- und Apothekereid: Arme und Reiche
sollen ohne Unterschied mit Arzneien versorgt werde. Ohne Vorwissen des Arztes
darf kein Austausch ("quid pro quo") erfolgen und die Preise sollen
mäßig sein. Ärzte müssen alle Krankheiten betreuen, sollen
ein bescheidenes Honorar fordern und dürfen keine Arzneien herstellen.
Die Berufe Arzt und Apotheker sollen getrennt sein.
1339
Erneute Erwähnung einer Genossenschaft fahrender Schüler in Worms.
Eine Kleiderordnung in Köln schreibt den "gemeinen frawen"
vor, rote Schleier zu tragen, damit "man si kente vor andern frawen".
Universität von Grenoble gegründet.
22. Februar: Der Rat von Venedig verbietet (im Karneval) das nächtliche
Herumtreiben unter Masken. Die Metzger von Prag bilden eine Zunft. König
Johann von Böhmen tritt den königlichen Erlös aus dem Weinzoll
an die Stadt Prag ab, damit weitere Straßen gepflastert werden können.
Das Amt des Dogen von Genua wird erblich. Der profranzösische Graf von
Flandern, Ludwig von Nevers, muß nach Frankreich fliehen. Flandern gerät
unter die Kontrolle des ehrgeizigen Kaufmanns Jakob von Artevelde, des Anführers
der Aufständischen, die den Grafen geschlagen und vertrieben haben. Er
verschreibt sich der Sache der flämischen Textilproduzenten, die ein
Bündnis mit England anstreben. Britischer Staatsbankrott. Edward hat
den Krieg durch Kredite finanziert, besonders bei den florentinischen Bankiers
Bardi und Peruzzi.
1340
In der ältesten erhaltenen Stadtrechnung von Lüneburg sind "figellatores
civitatis" bezeugt (fest angestellte Musikanten). Gründung des Oberlausitzer
Sechsstädtebundes: Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Löbau
und Kamenz. Ihr wichtigstes Gewerbe ist die Tuchmacherei. Der Bund ist gegen
den Niederadel gerichtet. Altes Rathaus in Nürnberg fertiggestellt. Lübeck
erhält als erste Stadt im Reich das Privileg, goldene Münzen zu
prägen. Auch Frankfurt wird (auch jetzt schon?) dieses Privileg zuteil.
Auszug aus den Göttinger Statuten: "Van den husen to deckende. Vortme
we eyn nyge hus buwet, de scal dar enne hert up slan eder scal oth decken
mit teygele eder mit scheverstene; des dakes scal de stat den verden del bekostechen.
Ouch mach de rad in jowelkem burschoppe beden jo des jares eyn hus to deckende
mit teygele eder mit scheverstene eder mit eyme herde." (Förderung
von Steinbauten; städt. Zuschuß von 25% auf Ziegel- oder Schieferdächer)
In Göttingen wird der Bauabstand zwischen Koben (Ställen) und auch
Kloaken zum Nachbarn reglementiert. Dabei werden überirdische und unterirdische
Kloaken erwähnt. Die Bauweise der oberirdischen Kloaken ist nicht bekannt;
die unterirdischen bestehen aus einem gemauerten Schacht (rund oder eckig)
mit einem hölzernen Überbau und zum Teil mehreren Sitzlöchern.
Holzbauten haben einen Zwischenraum zum Haus, während Steinbauten direkt
ans Haus angebaut sind. In geringem Umfang landen in den Kloaken auch Haushaltsabfälle
und Werkstattreste. Stadtrecht von München: "Ain frau, die zu margt
stet und diu chauft und verchauft, die hat ellew (alle) recht, die ir wirt
(Gemahl) hat." Das Wiener Stadtrecht verbietet den "freien Töchtern"
die Heirat. Die Rheinbrücke von Basel wird beschädigt. In Italien
wird die angeblich erste Papiermühle auf dem europäischen Festland
eingerichtet. Die Müller von Prag bilden eine Zunft. Der Rat von Prag
erteilt einem gewissen Heinrich Nithart den Auftrag, ein Jahr lang die Straßenreinigung
zu übernehmen. Alfons XI. von Kastilien stiftet nach dem Sieg über
die Mauren bei Salado ein Kloster in Guadalupe, an einem Ort, an welchem im
frühen 14. Jahrhundert ein Hirte ein angeblich vom heiligen Lukas geschaffenes
schwarzes Madonnenbild gefunden haben will. Bei Sluis (Sluys) kommt es zur
Seeschlacht zwischen Engländern und Franzosen. Die Engländer verfügen
über 147 Schiffe unter Edward III. selbst, während die Franzosen
über 190 verfügen. Beide Flotten bilden je drei Einheiten, aber
während die Engländer beweglich bleiben, schließen die Franzosen
ihre Schiffe zu drei schwimmenden Plattformen zusammen. Zwei von drei englischen
Schiffen sind mit Langbogenschützen bewaffnet, die die Schlacht entscheiden,
indem sie die Franzosen unter Deck treiben und mit breiten Pfeilspitzen deren
Takelage zerschießen. Die Franzosen verlieren sieben Achtel ihrer Schiffe
und drei Viertel ihrer Mannschaften. Das Gefecht soll acht Stunden gedauert
haben. Zunächst wagt es niemand, Philipp VI. den Schlachtausgang zu berichten,
nur sein Hofnarr soll gerufen haben: "Oh, diese englischen Feiglinge!
Was für Feiglinge die Engländer doch sind!" - "Sie sind
nicht über Bord gesprungen wie unsere tapferen Landsleute!" Es heißt,
die Fische hätten soviel französisches Blut getrunken, daß
sie französisch gesprochen hätten, hätte Gott ihnen die Gabe
der Rede verliehen. Edward kann jedoch aus Mangel an Landtruppen diesen Sieg
nicht ausnutzen. Er schließt jedoch einen Vertrag mit dem flandrischen
Anführer Jakob van Artevelde, um ein Sprungbrett zum Kontinent zu haben.
John of Reading stellt fest, England sei in der Kleidermode jedoch dem französischen
Einfluß unterlegen.
Ca.: Ein Thüringer, dem das Mainzer Domkapitel Geld schuldet, droht damit,
er wolle das Siegel des Domkapitels auf der Schuldurkunde zu Wachskerzen für
eine Henkershochzeit einschmelzen lassen, was den Domherren zur Schmach gereichen
soll.
Ca.: In Nürnberg werden überall dort, wo es das Gelände zuläßt,
erste steingedeckte Dollen (gewölbte Kanäle) angelegt, um darin
das gesammelte Abwasser in die Pegnitz zu leiten.
Ca.: Vollendung der "Großen Heidelberger Liederhandschrift"
(Codex Manesse).
Nach 1340 gibt es in England keine Feudalarmee mehr. Neben ausländischen
Söldnern stehen alle Soldaten unter Vertrag und dienen unter Berufsoffizieren.
Etwa 10000 Geißler gehen im Raum Cremona umher. Anstifterin soll ein
schönes Mädchen gewesen sein, in dem man bald die Bettgenossin eines
berüchtigten Mönches entdeckt. Beide sollen verbrannt werden, aber
die Herren von Gonzaga befreien sie.
1340 oder 1341: Lübeck erhält das Recht, bis zu einem bestimmten
Wert Silbermünzen und - als erste deutsche Stadt - auch Goldmünzen
zu prägen.
Ca., bis 1430: Die kennzeichnende Form des Schleiers in der Frauentracht ist
in Deutschland der meist aus Seide oder Leinen gefertigte Kruseler, so genannt,
weil mindestens seine das Gesicht rahmende Kante mit mehreren gekrausten Rüschen
besetzt ist.
Ca.: Schätzungen für die Bevölkerung Europas:
Gesamt: 53,9 Mio;
Iberische Halbinsel: 9 Mio;
Frankreich: 6 Mio;
Italien: 9,3 Mio;
Britische Inseln: 5 Mio;
Deutschland und Skandinavien: 11,6 Mio. [J. C. Russel, Bevölkerung. In:
Lexikon des Mittelalters 2, 1983, Sp. 14]
Ca.: Ausbruch der Pest am zentralasiatischen Balchaschsee, besonders unter
den Christen, welche dadurch in dieser Gegend ihre Bedeutung verlieren Entweder
sind sie urbaner bzw. seßhafter als Andersgläubige oder einfach
nur durch Grabinschriften besser dokumentiert. Die Pest breitet sich nun aus
(Die gleiche übrigens wie im 7. und 8. Jh.).
1340/1350: Entstehung eines Medaillons (heute im Kunstgewerbemuseum Berlin-Charlottenburg),
welches folgende Aufschrift zeigt: Auf der Vorderseite Maria mit vier Engeln,
Spruchbänder: "FROU SANTT MARIA ICH BIT DICH DURCH DER ENGEL GESANG
HILF DES DICH DER RITTER BIT UND ER MANT"; auf der Rückseite Christus
thronend und umgeben von drei Evangelistensymbolen, Spruchbänder: "HER
GOT DURCH DIN TOT HILF DISSEM RITTER US ANGST UND US ALLER NOT".
1341
Vor 1341 entsteht eine französische Variante des Fuchs-Romans (Roman
de Renard le Contrefait); in diesem entrüstet sich der Autor über
das in Freudenhäusern übliche Würfel-, Karten- und Brettspiel
– eine frühe Erwähnung des Kartenspiels. In Köln wird
erstmals ein Karnevalsumzug erwähnt. Aus der Ordnung der Regensburger
Bäckerzunft: In der Zech (zünftische Zusammenkunft) soll man "sweigen
vnd zühticleich darinn sitzzen vnd chain man sol nicht reden in der zech
vnd hat er icht zu reden, so sol er der zechmaister ainen nemen, der im sein
sach red an seiner stat. Teet er dez nicht, so muos er ainen vyerdung wachs
ze wandel geben... Auch sein wir ze rat worden vnd vberain chomen, welhi fraw
ain witib ist, Sie sey ains pekchenknehtz witib oder sunst ains vnsers pruders
witib, die vnser pruoderschafft haben wil, die soll all Cottemper [alle Vierteljahr]
geben in die pruoderschafft drey Regensburger pfennig vnd sol darinn erscheinen.
Vnd ob dew selb fraw einen man nimmet, der in vnserer pruoderschafft nicht
ist, vnd ob der selb vnser prüder werden wil, so sol man in ze pruoder
nemen vnd sol die pruoderschafft chauffen nach der zechmaister vnd der prüder
rat... Wir sein auch vber ain chomen mit gemainem rat, welher pruoder in vnserr
pruoderschafft chinder hat, die zuo iren tagen vnd iaren chomen sind, die
weil dew selben chind in seinem prot sind, so ist man in der pruoderschafft
schuldig. Wirt ez aber verheirat oder chömpt es aus seinem prot, So ist
man im der pruoderschafft nicht mehr schuldig, Ez gewinn si dann." Kleve
erhält eine Stadtmauer. In Rom wird Petrarca zum Dichterkönig gekrönt.
1342
In Florenz übernimmt Walter de Brienne die Macht. Nach Giovanni Villani
(Cronica 12) soll durch ihn, bzw. seine französische Leibgarde die französische
Mode nach Florenz gekommen sein. Der Erzbischof von Canterbury beklagt, daß
sich der Klerus wie die Laien kleidet, mit rot und grün karierten Mänteln,
eng anliegend und mit besonders weiten Ärmeln mit Pelz- und Seidenbesatz,
mit Hüten und Stolas "von erstaunlicher Länge", mit spitzen
und geflochtenen Schuhen und juwelenbesetzten Gürteln mit goldenen Taschen.
Sie mißachten die Tonsur, tragen Bärte und lange Haare, "zum
tiefen Entsetzen des Volkes". Einige halten sich Narren, Hunde und Falken,
einige reisen mit Ehrengarde im Land umher. Vogt und Rat von Schaffhausen
verordnen, daß Schindeldächer mit Nägeln und nicht mit Steinen
befestigt werden müssen. Brand in Limburg (an der Lahn): "Item da
man schreip dusend druhondert unde zwei unde virzich jar uf sente Bonifacien
dag da vurbrante di stat binahe halber." [Limburger Chronik 6] In München
wird die Verwendung von leicht brennbarem Material zum Dachdecken verboten.
In Göttingen gewährt der Rat für ein neues Ziegeldach den vierten
Teil der Kosten als Zuschuß. In Würzburg läßt der Rat
ein "neues Eisen" anfertigen, d.h. ein Model aus Eisen für
die Form und Größe der Ziegel. Wer kleinere Ziegel herstellt, muß
eine Buße von einem Schilling Pfennig pro 100 Ziegel zahlen. Die erste
Apotheke von Wien befindet sich "under den goltsmiden an dem ekke, gegen
sant Stephans freithof über".
Februar: Die steinerne Judithsbrücke in Prag wird durch Eisgang irreparabel
beschädigt. Man behilft sich nun eine Zeitlang mit einer provisorischen
Holzkonstruktion, die in die Obhut der Ritter vom Kreuz mit dem roten Stern
gegeben wird, welche einen Brückenzoll erheben, der für einen Neubau
verwendet werden soll. Die Pfalzgrafen Götz und Wilhelm von Tübingen
verkaufen ihren gesamten Besitz, darunter auch die Stadt Tübingen, an
Graf Ulrich III. von Württemberg. England und Frankreich schließen
einen Waffenstillstand, wodurch der Hundertjährige Krieg unterbrochen
wird. Die Mauren setzen bei Algeciras Feuerwaffen ein.
1343
Seit 1321 hat es in Forez sieben Hungersnöte gegeben. Nach Cola di Rienzo
soll sich in Rom vor 1343 die Kleidung plötzlich verändert haben.
Erste Darstellung des Bottichstechens. Bei diesem Spiel sitzt der Spieler
auf einem Wägelchen oder Schlitten und wird unter einem wassergefüllten
Gefäß hindurchgezogen, welches auf einem dicken Brett steht. Dabei
muß er mit einem Stab genau ein Bohrloch im Brett treffen, sonst fällt
das Gefäß um und durchnäßt ihn. In Florenz kontrollieren
städtische Beamte die Kleidertruhen in den Häusern und legen Verzeichnisse
an: Fast alle Damen besitzen Kleider aus verbotenen Stoffen. Die Stadt Nürnberg
verbietet ihren Bürgern, Schellen zu tragen. In Dortmund werden Haus-
und Hofbesitzer zum Anbau von Laubbäumen verpflichtet, wobei Wildlinge
ausgegraben und an gewünschte Stellen gesetzt werden. Beispiel für
Heiratszwang in einem Weistum der Propstei Weitenau: "Der Probst soll
jedem 18-20jährigen Gotteshausmann gebieten, ein Weib zu nehmen, bei
Strafe von einem Pfund Pfennig. Der Probst soll jedem 14jährigen Gotteshausmädchen
gebieten, einen Mann zu nehmen, bei Strafe von einem Pfund Pfennig. Witwen
und Witwer, die vom Gotteshaus belehnt sind, kann der Probst zwingen, sich
wiederzuverheiraten." Die ist ein für mittelalterliche Verhältnisse
ungewöhnlich niedriges Heiratsalter (im Gegensatz zu einer populären
Auffassung). Die Rheinbrücke von Basel wird beschädigt. Limburg
erhält einen Stadtgraben: "6. ...Item darnach ober ein jar oder
darbi da wart der nuwer grabe ußwendig Limpurg an Castelle von Mentzer
porten an bit an di lane beleidet unde von dem edilin herren Gerlache herren
zu Limpurg vurgenant unde gemachet in ein festunge der vurgenanten stat Limpurg.
7. Item in der selben zit da wart ein krig mit der stat zu Limpurg unde dem
edilin greben zu Ditze [Dietz], unde enhatten doch kein vede mit ime. Dan
di stat zu Limpurg einen gefangen hatten, der was ein hantwerksman, und furten
den zu Limpurg. Da folgete der selbe grebe nach mit sinen frunden unde griffen
die von Limpurg an unde si wider an in. Da wart he wunt unde reit heim unde
starp. ... 8. Item da man schreip dusent druhondert unde vir unde virzich
jar des sondages nach pingesten da wart di herschaft unde stat zu Limpurg
halp vursast [versetzt] bischofe Baldewine erzebischofe zu Trier unde dem
stifte daselbes umbe eine somen geldes nach ußwisunge der bribe di darober
gegeben sint. 9. Item in der selben zit unde jare uf sente Jacobes dag des
heiligen apostelen gelegen in dem erne da was große flut unde waßer
uf erden, daz großer unsegelicher jamer unde schaide geschah von der
flut. Unde hatte nit sere geregent oder waßer gafallen zu der zit, also
daz ez von wunderlicher godesgewalt was unde quam, daz di waßer also
groß waren. Auch mit namen zu Limpurg, da ging di Lane bit ober di Schoppen,
daz man mit nachen allenthalben darober fur. Unde ist dit di erste waßerflut
die den alden luden indenklich ist." [Limburger Chronik]
Im Dortmunder Forst wird eine Eichenpflanzung zerstört - dort ist demnach
aufgeforstet worden. In Goslar führt der Augenarzt Meister Jan Operationen
durch.
12. Dezember: Ludwig der Bayer unterzeichnet eine Urkunde mit der ersten schriftlich
fixierten Verfassung der Stadt Reutlingen. Der Rat der Stadt besteht danach
aus zwölf Richtern und den jährlich neu gewählten acht Zunftmeistern.
König Robert von Neapel (bzw. Anjou), ein glühender Anhänger
des Papstes, stirbt. Es heißt von ihm, unter seiner Herrschaft hätten
quasi paradiesische Zustände geherrscht und man hätte unbewaffnet
durch Apulien und Kalabrien reisen können, nur mit einem Knüppel,
um sich der Hunde zu erwehren. Die byzantinische Kaiserin Anna muß die
Kronjuwelen an die Venezianer verpfänden.
1344
Erdbeben in Lissabon und Konstantinopel.
1345
In Florenz gehen die Banken der Bardi und Peruzzi bankrott, die König
Edward III. von England 900000 bzw. 600000 Florin geliehen und nicht zurückbekommen
haben. Weitere Florentiner Banken, evl. auch in anderen Städten werden
in Mitleidenschaft gezogen, doch bleibt das Bankwesen an sich intakt. In Florenz
verschwindet fast das ganze Silbergeld vom Markt.
Juli: Jakob van Artevelde wird gestürzt: Er hat mit seiner Finanzierung
des englischen Königs das flämische Ehrgefühl verletzt und
vorgeschlagen, daß Edward, der Prince of Wales (der spätere Schwarze
Prinz), den ältesten Sohn des Grafen von Flandern, Ludwig von Male, als
Erben und Regenten von Flandern ersetzen soll. Zudem hat der Papst auf Druck
Philipps VI. die flämischen Städte exkommuniziert. Außerdem
wird Artevelde verdächtigt, Gelder unterschlagen zu haben. Eine erzürnte
Menge folgt ihm zu seinem Haus und verlangt Rechenschaft über alle flandrischen
Gelder. Er verspricht dies für den nächsten Tag und will durch den
Hintereingang fliehen, aber ein Mob aus 400 Menschen bricht die Tür auf
und erschlägt ihn. Flensburg wird befestigt. In Stettin werden zwei Bürgermeister
erwähnt, die auch im Stadtrat sitzen. In Steyr werden Juden erwähnt
(offenbar erstmals). Ein Hostienwunder läßt Amsterdam zum Wallfahrtsort
werden. In zwei Jahren wird dafür eigens eine Kapelle gebaut werden.
1346
Baubeginn des dritten Mauerrings von Nürnberg. Die Hammermeister (Inhaber
von Hammerwerken für Eisen) der Oberpfalz bilden eine Hammereinung. Hier
werden verbindliche Absprachen über Preise und Qualitätsnormen,
Arbeitsbedingungen und Löhne sowie die Kennzeichnung von Produkten treffen.
In der Oberpfalz liegt die Organisation des Bergbaus ausschließlich
(außerhalb: überwiegend) in den Händen der führenden
Bürgerkreise. Die Hammerwerke, welche Roheisen in Form von Schienen oder
Stäben (Halbfertigfabrikate) erzeugen liegen nahe den Lagerstätten
und an Wasserläufen (wegen Wasserkraftbetrieb der Hämmer). Die wirtschaftliche
Basis bilden oft Grundherrschaften der Hammermeister (Hammergüter), welche
dem lokalen Adel oder den reichsstädtischen Patriziern (etwa von Nürnberg)
gehören, und vielfach steigen die Hammermeister in diese Schicht auf.
Diese Leute sind häufig auch im Eisenhandel und im Transportgewerbe tätig.
10. August: Aragon schickt eine Expedition zur Umschiffung Afrikas aus. Jaime
Ferrer aus Mallorca verläßt mit der 'Uxor' Barcelona und gelangt
vermutlich bis zur Mündung des Senegal. Von einer Rückkehr ist nichts
bekannt. Bei Crécy unterliegen die französischen Ritter den englischen
Langbogenschützen. Hier werden auch erstmals in einer größeren
Schlacht Kanonen erwähnt [die aber keinerlei Einfluß auf den Verlauf
der Schlacht haben, wie verschiedentlich kolportiert wurde, sondern lediglich
die Pferde der französischen Ritter für eine Weile erschrecken].
Die englischen Langbogenschützen erhalten hier für lange Zeit den
Ruf einer Wunderwaffe, während der bisherige Ruhm der genuesischen Armbrustschützen
(die von den französischen Rittern der eigenen Seite z.T. achtlos niedergeritten
worden sind) sinkt. Frankfurt hat eine Malerin.
1347
Kaffa (heute Feodosia auf der Krim), in Besitz Genuas, wird im Frühjahr
(wie öfters) vom Tatarenkhan Djam Bek belagert, in dessen Heer die Pest
ausbricht. Bevor er abzieht, läßt er noch einige Pestleichen über
die Mauern werfen, die prompt ihre Wirkung tun. Sommer: Die Pest erreicht
Konstantinopel. Ende September: Die Pest erreicht Messina.
Oktober: Pest auf Sizilien und in der Basilikata. Hungersnot in Paris und
Florenz. Antwerpen hat 5000 Einwohner. Das Stadtrecht von München stellt
jenen eine finanzielle Unterstützung in Aussicht, die ihre Häuser
mit Ziegeln zu decken beabsichtigen. Speyer: "Wir, der Stadtrat von Speyer,
erfuhren, daß während des in unserer Stadt vor sich gehenden verwerflichen
Würfelspiels Unser Herr durch arge, unziemliche Flüche gelästert
wird, weshalb wir beschlossen, auf dem Gebiet unserer Stadt und deren Umgebung
ausnahmslos jedermann das Würfelspiel zu verbieten." Bei Zuwiderhandlung
droht Geldbuße. In Nürnberg werden vier "Aufmacherinnen"
und ein Gastwirt wegen Kuppelei befristet aus der Stadt gewiesen. "10.
Da man schrieb 1347, da wurden die von Koblenz jämmerlich erschlagen
und niedergeworfen bei Grenzau, und blieben ihrer tot 172 Mann, und wurden
ihrer viele gefangen. Und das tat Reinhart, Herr zu Westerburg. Dieser Reinhart
war ein edler Ritter von Leib, von Sinn und von Gestalt. Er ritt oft im Gefolge
Kaiser Ludwigs, sang und machte dieses Lied:
"Wenn ich durch sie den Hals zerbräche,
Wer rächte mir den Schaden dann?
So hätt' ich niemand, der mich räche;
Ich bin ein ungefreund'ter Mann!
Drum, so muß ich selber warten,
Wie es mir gelegen sei.
Ich hab nicht Trostes von der Zarten,
Sie ist in ihrem Herzen frei.
Will sie mich nicht, die werte Reine,
Wohlan, so muß ich Urlaub han.
Denn ihre Gnade acht ich kleine,
Sieh, das laß ich sie vetstahn."
Als der vorgenannte Kaiser Ludwig das Lied gehört hatte, tadelte er den Herrn von Westerburg und sagte, er wolle es der Frauen halber gebessert haben. Da nahm sich der Herr von Westerburg eine kurze Zeit und sagte, er wolle es für die Frauen besser machen und sang das Lied :
"In Jammers Not ich ganz verstoßen bin
Durch ein Weib so minniglich" usw.
Da sprach Kaiser Ludwig: "Westerburg, du hast es uns nun wieder gebessert"."
[Limburger Chronik 10]
Kaiser Ludwig der Bayer (65) stirbt. "12. In dieser Zeit, etwa ein Jahr
danach, wurden zwei Römische Könige gekürt und erwählt
von den Kurfürsten. Eine Partei wollte haben des blinden König Johanns
Sohn von Böhmen, von dem auch vorher geschrieben steht; die andere Partei
wollte haben einen Grafen von Schwarzburg aus dem Thüringerland, namens
Günther. Und kurz nach der Wahl, als man nach der Gewohnheit des heiligen
Reiches sollte vor Frankfurt lagern, da ward König Günther vergiftet,
daß er starb. Das tat ein Arzt, der war genannt Freidank, und dem sollte
dafür das Bistum Speyer versprochen sein, wie überall verlautete.
Doch mußte dieser Freidank denselben Trank antrinken, den er dem König
geben woute, darin das Gift war. Und er starb mit dem König. Der König
Günther aber hätte der Lehre folgen sollen, wie sie der weise Cato
seinem Sohn gab: "Consilium arcanum tacito committe sodali. Corporis
auxilium medico committe fideli." Das lautet also: Du sollst deinem verschwiegenen
Gefährten den geheimen Plan sagen und deinem getreuen Arzt die Nöte
deines Körpers klagen. Und König Johanns Sohn von Böhmen, genannt
Karl IV., blieb Römischer König und ward richtiger Kaiser. Dieser
Karl war weise und sehr gelehrt, so daß er die Disputationen der Magister
zu Prag besuchte und sich darin gut zu finden verstand. Er hatte einen Meister,
der ihn zur Schule führte; dem schlug er ein Auge aus, um ihn zu strafen.
Das machte er wieder gut und machte ihn zum Erzbischof von Prag, später
zum Kardinal. Karl regierte und herrschte wie ein Löwe mehr denn dreißig
Jahre, wie denn seine Taten in den nachfolgenden Jahren hernach geschrieben
stehen. 13. Nun sollst du wissen, alles was hernach nach dem Datum unseres
Herrn Jesu Christi, nämlich 1347, bis daß man schreiben wird das
Jahr 1402, das ist alles zu meinen Tagen geschehen, und habe ich das mit der
Hilfe Gottes wohl gesehen und gehört von meinen Kindestagen an bis heute
und was ich jung vernahm und gesehen habe, soweit es erwähnenswert ist,
das habe ich von der Zeit, daß ich dreißig Jahre alt war, hernach
alles geschrieben." [Limburger Chronik 12 - 13]
Neuer König wird Karl IV. (bzw. 1346) Erster Seeversicherungsvertrag
in Italien. Die Engländer erobern Calais. Sie müssen Verstärkung
und Nachschub aus England holen, wo die Beschlagnahme von Getreide und Vieh
wirtschaftliche Härten erzeugt und die Übernahme von Handelsschiffen
den Wollexport ruiniert und das Steueraufkommen senkt. In Frankreich wird
eine Verordnung gegen das Fluchen erlassen. Der byzantinische Kaiser ist so
verarmt, daß er seine Hochzeit mit Tongeschirr feiern muß. Es
werden die Jahreseinküfte der genuesischen Kolonie in Galata als siebenmal
so hoch wie diejenigen Konstantinopels eingeschätzt.
1348
Januar: Erdbeben in ganz Europa, von Griechenland bis Deutschland.
Januar: Die Beulenpest erreicht Tunis. Gleichzeitig wütet sie in Rom
und Florenz. Juni bis August verbreitet sie sich in Burgund, der Normandie,
Paris, Bordeaux, Südengland, der Schweiz und Ungarn. In Barcelona bricht
sie aus und wird erst in 306 Jahren dort endgültig verschwinden; in dieser
Zeit herrscht während 49 Jahren Pest in Barcelona; bis zum nächsten
Jahr sinkt die Bevölkerungszahl von 240000 auf 27000.
14. April: In Toulon, wo bereits die Pest herrscht, wird das Judenghetto gestürmt
und geplündert und etwa 40 Juden im Schlaf ermordet. Die Verantwortlichen
werden drei Jahre später begnadigt. Ähnliche Vorfälle finden
bis Mai in Hyeres, Riez, Digne, Manosque und Forcalquier statt.
17. April: Datierung eines Antwortschreibens aus Narbonne auf eine nicht mehr
erhaltene Anfrage aus dem von der Pest noch nicht betroffenen katalonischen
Gerona, was denn die Ursachen dieser Krankheit seien (zit. n. C. Ginzburg,
Hexensabbath): "Seit der Fastenzeit hatte die Pest in Narbonne, Carcassonne,
Grasse und den umliegenden Ortschaften gewütet und ungefähr ein
Viertel ihrer Einwohner hingerafft. In Narbonne und an anderen Orten hatte
man Arme und Bettler unterschiedlicher Herkunft festgenommen, da sie Pulver
bei sich trugen, das sie in Wasserstellen, Speisen, Häuser und Kirchen
streuten, um den Tod zu verbreiten. Einige hatten freiwillig gestanden, einige
unter Folter. Sie hatten erklärt, das Pulver zusammen mit Geld von Personen
erhalten zu haben, deren Namen sie nicht kannten: Dies hatte den Verdacht
erweckt, die Anstifter seien Feinde des Königreiches Frankreich. In Narbonne
hatte man vier geständige Schuldige mit glühenden Zangen gezwickt,
gevierteilt, verstümmelt und schließlich verbrannt. In Carcassonne
waren fünf davon hingerichtet worden, in Grasse zwei; viele waren festgenommen
worden. Einige Gelehrte - so hieß es weiter im Brief - seien der Ansicht,
die Pest habe natürliche Ursachen, nämlich die derzeitige Konjunktion
der beiden regierenden Planeten; sie jedoch glaubten, daß Planeten und
Pulver gleichermaßen die Pest verursacht hätten. Der Brief schloß
mit dem Hinweis, daß die Krankheit ansteckend sei: Diener, Gesinde und
Verwandte des Opfers stürben in der Regel binnen drei oder vier Tagen."
27. April: Ein Anonymus aus Avignon berichtet, bei einigen "Elenden"
sei Pulver gefunden worden. Weil sie dieses angeblich in die Wasserstellen
gestreut hätten, seien sie zum Tode verurteilt worden. Weitere Verbrennungen
fänden derzeit statt. Ob dies zu Recht geschehe, wisse Gott allein. Es
finden sich die gleichen Mechanismen wie schon 1321.
16. Mai: In La Baume werden alle Juden umgebracht.
17. Mai: In Barcelona artet ein banaler Streit um die Bestattung eines Pestopfers
in ein Massaker unter den Juden aus. Ähnliches findet in den nächsten
Monaten in weiteren Städten Kataloniens statt.
Juli: Die Pest erreicht Trient, von wo aus sie sich nach Kärnten und
zum Inntal hin ausbreitet.
6. Juli: Papst Clemens VI. erläßt eine Bulle, nach welcher die
Pest ein Produkt aus Sternkonstellation und göttlicher Rache ist. Juden
sind danach nicht verantwortlich.
Juni/August: Pest in Bordeaux, Lyon, Paris, Burgund und Normandie. Von dort
erreicht sie Südengland. Als die Schotten davon erfahren, stellen sie
ein Invasionsheer zusammen "und lachten über ihre Feinde" -
was ihnen im kommenden Jahr vergehen wird.
16. Oktober: In einer weiteren Bulle wendet sich Papst Clemens VI. gegen den
Vorwurf, die Juden hätten die Pest erzeugt. Zum einen sterben sie selbst
daran und zum anderen bricht die Pest auch dort aus, wo es keine Juden gibt.
Oktober: Philipp VI. von Frankreich bittet die medizinische Fakultät
der Universität von Paris um einen Bericht über die Pest. Diese
macht eine Dreierkonstellation aus Saturn, Jupiter und Mars am 20. März
1345 verantwortlich, die in 40 Grad zu Aquarius stehen. Dies wird als offizielle
Begründung anerkannt und vielfach zitiert. In Freiburg im Breisgau werden
(angeblich alle) Juden verbrannt; ähnliches geschieht in anderen rheinischen
Städten, in Straßburg angeblich 2000.
1. November: Verseuchte Schiffe, denen das Anlaufen Genuas verweigert worden
ist, erreichen Marseille. Kurz darauf sterben der Bischof und alle Domherren,
während vollgeladene, aber menschenleere Geisterschiffe vor dem Hafen
treiben.
Als die Pest Oberdeutschland (und die Schweiz) erreicht (bis 1349?), werden
die Juden der Brunnenvergiftung bezichtigt und in Konstanz, Zürich, Winterhur,
Schaffhausen, Diessenhofen, Saulgau, St. Gallen und Überlingen verbrannt.
Nach unverbürgten Angaben soll es im Hegau eine eigene Judenstadt zwischen
Eigeltingen und Honstetten gegeben haben, die in diesem Jahr im Rahmen der
allgemeinen Judenverfolgungen zerstört worden sein soll. Ihre Einwohner
sollen ermordet worden sein. Damit ist eine Vorburg der Tudoburg gemeint.
In Prag entsteht die Korporation der Maler und Schildermaler, anfangs im Charakter
einer religiös-karitativen Bruderschaft, die später immer mehr Zunftcharakter
annimmt. "Hewschrecken vnd gewürme an zal vom auffgang bis zum nidergang
wie ein dicker wolck den himel vberziehende haben diser zeit alle krewter
vnd frucht der erden verösigt. vnnd nach zerstörung vnd gestanck
derselben ein grawsame pestilentz geursacht." [Schedelsche Chronik, 1493]
Gründung der Universität Prag. Aufkommen der Waidmühle. In
Frankfurt sind von der Stadt fest angestellte Pfeifer bezeugt. Handwerkeraufstand
in Nürnberg. In Köln wird der Fleischverkauf nach Gewicht eingeführt.
Düsseldorf fällt durch Erbschaft an die Grafschaft Jülich.
1349
1. Januar: Die Pest erreicht Pisa.
25. Januar: Über Ragusa hat die Pest Venedig erreicht. Erneuter Ausbruch
der Pest in Paris. Sie verbreitet sich in Picardie, Flandern und Niederlanden,
ebenso in England, Schottland, Irland und Norwegen. In Paris sterben täglich
800, insgesamt 50000. Nürnberg und Würzburg bleiben von dieser Pestwelle
verschont. In England sterben angeblich sogar die Schafe an der Pest, was
aber auch bedeuten kann, daß gleichzeitig noch Viehseuchen grassieren,
denn Tiere sind für die Pest nicht besonders anfällig (laut Beobachtungen
aus Indien um 1900). Der englische König gibt eine Verordnung heraus,
nach der jeder für den Lohn von 1347 zu arbeiten hat. Bestraft werden
Lohnforderungen, Arbeitsverweigerung, Arbeitsplatzwechsel und sogar höhere
Lohnzahlungen. (1351 erneuert) In Paris streiken die Gerbergesellen für
höhere Löhne. In zahlreichen deutschen Städten fallen die Juden
Pogromen zum Opfer (z.B. Mainz, Rottweil, Dresden...). In Köln werden
die Juden für 23 Jahre aus der Stadt verbannt. In Aachen werden aus Angst
vor der Pest die Reliquien außerhalb des üblichen Siebenjahreszyklus
hervorgeholt und den gewaltigen Pilgermassen gezeigt. Karl IV. erläßt
der Stadt Gelnhausen die Judenschulden (wahrscheinlich noch einigen anderen...).
Karl IV. gestattet der Nürnberger Metzgerzunft, angeblich für die
Nichtbeteiligung an einem Aufstand das "Schönbartlaufen" als
Fastnachtsumzug. Seit dem Frühjahr ziehen größere oder kleinere
Scharen von Geißlern umher. Sie legitimieren sich mit einem "Himmelsbrief",
müssen sich zweimal täglich geißeln (Geißeln mit eisernen
Stacheln), dürfen nicht mit Frauen sprechen und singen einen Gesang,
der Lais (Leis, Leich) genannt wird. Sie werden bald übermütig:
zwei Predigermönche widersprechen ihnen, worauf einer davon mit Steinen
totgeworfen wird. "Das Volk trat in solcher Menge in ihre Brüderschaften,
daß es den Papst und den König und die Geistlichkeit verdroß.
Da schrieb der römische König Karl dem Papste, daß er etwas
in der Sache tun solle, sonst würden die Geißler die ganze Welt
verkehren; denn sie maßten sich große Heiligkeit an und gaben
vor, es geschähen durch sie große Zeichen. Zu Straßburg trug
man ein totes Kind um ihren Ring, aber es gelang ihnen nicht, dasselbe lebendig
zu machen. Die Geißelfahrt dauerte ein halbes Jahr, während welcher
Zeit jede Woche einige Scharen Geißler kamen. Darauf machten sich auch
die Frauen auf und zogen über Land und geißelten sich. Hierauf
zogen auch die Knaben und Kinder über Land in der Geißelfahrt.
Endlich wollten die Stadtbürger sie nicht mehr mit Glockengeläut
empfangen, und man war ihrer so müde, daß man aufhörte, sie
nach Hause einzuladen. Man fing an, davon zu sprechen, daß sie mit Betrug
umgingen, und daß der Brief, den sie predigten, erdichtet sei. Zuletzt
verbot der Papst ihre Fahrt und gebot allen Bischöfen, daß sie
in ihren Bistümern die Geißler abtun und verbieten sollten. Auch
in Straßburg gebot man, daß kein Geißler mehr hereinkommen
sollte; und wer Lust hätte, sich zu geißeln, solle sich im Verborgenen
in seinem Hause geißeln, so viel als er wollte. Also nahm die Geißelfahrt
in einem halben Jahr ein Ende, die, wie sie sagten, 34 Jahre dauern sollte...Und
so lange die Geißelfahrt währte, so lange dauerte auch die Pest,
und als jene aufhörte, ließ auch das Sterben nach." [Jakob
von Königshoven, Elsässische und Straßburger Chronik]
20. Oktober: In einer Bulle verdammt Papst Clemens die Geißler. Darin
wird auch erwähnt, daß die Geißler Juden umgebracht hätten.
"14. Item da man schreip dusent druhundert und in dem nune unde virzigesten
jare da quam ein groß sterben in Dusche lande, daz ist genant daz große
erste sterben. Unde storben si an den drusen, unde wen daz aneging, der starp
an dem dretten dage in der maße. Unde storben die lude in den großen
steden zu Menze, zu Collen unde also meistlichen alle dage me dan hondert
menschen oder in der maße, unde in den kleinen steden als Limpurg storben
alle dage zwenzig oder vir unde zwenzig oder drißig, also in der wise.
Daz werte in etzlichen stat oder lande me dan dru virtel jares oder ein jar.
Unde storben zu Limpurg me dan vir unde zwenzig hondert menschen, ußgenommen
kinde. 15. Da das Volk den großen Jammer von Sterbenden sah, der auf
Erden war, da überkam die Leute allgemein eine große Reue über
ihre Sünden, und sie suchten Pönitentien und taten das nach eigenem
Willen; sie nahmen den Papst und die Kirche nicht zu Hilfe und zu Rat, was
eine große Torheit war und große Versäumnisse und Verdammnisse
ihren Seelen brachte. Und kamen die Männer zu Hauf in den Städten
und auf dem Lande und gingen mit den Geißeln zu hundert, zweihundert,
dreihundert oder in dem Maße. Ihr Leben war so, daß jeder Trupp
dreißig Tage mit den Geißeln von einer Stadt zur anderen zog und
Kreuze und Fahnen wie in der Kirche mitführte, auch Kerzen und Fackeln.
Und wenn sie vor eine Stadt kamen, dann gingen sie in einer Prozession zwei
und zwei beieinander bis in die Kirche. Sie hatten Hüte auf, an denen
vorn rote Kreuze waren, und ein jeder führte seine Geißel mit sich,
die vor ihm hing. Und sie sangen ihre Leisen : "Ist diese Bittefahrt
so hehr! Christ fuhr selber nach Jerusalem Und führte ein Kreuz in seiner
Hand. Nun helfe uns der Heiland!" Der Leis entstand damals, und man singt
ihn noch heute, wenn man die Heiligen fragt. Sie hatten ihre Vorsänger,
zwei oder drei, und sangen ihnen nach. Und wenn sie in die Kirchen kamen,
so machten sie diese zu und taten ihre Kleider aus bis auf die Unterkleider;
von ihren Lenden bis auf ihre Enkel trugen sie Kleider aus leinenem Tuch.
Sie gingen um den Kirchhof zwei und zwei beieinander in einer Prozession,
wie man pflegt um die Kirche zu gehen, und sangen. Und ein jeglicher schlug
sich selbst mit seiner Geißel, und sie ließen die Geißeln
zu beiden Seiten über die Achsel gehen, daß ihnen das Blut über
die Enkel floß. Sie trugen Kreuze, Kerzen und Fahnen vor sich und ihr
Sang war also, wenn sie umzogen: "Tretet herzu, wer büßen
wolle, So fliehen wir die heiße Hölle. Lucifer ist ein böser
Geselle; Wen der hat, Mit Pech er ihn labt." Das ging noch weiter. Und
in dem Finale des Liedes sangen sie: "Jesus ward gelabt mit Gallen, Drum
wir am Kreuze niederfallen." So knieten sie alle nieder und schlugen
kreuzweis mit ausgereckten Armen und Händen auf die Erde und lagen allda.
Und sie hatten unter sich etwas sehr Törichtes und Verderbliches ausgemacht
und wähnten, es wäre gut: Nämlich, wenn sie niedergefallen
waren, wer da unter ihnen war, der seine Ehe gebrochen hatte, der legte sich
auf die Seite, damit man sehen sollte, daß er ein Ehebrecher wäre.
Und wer einen Mord begangen hatte, es wäre heimlich oder öffentlich,
der wendete sich um und legte sich auf seinen Rücken. Wer meineidig war,
der streckte zwei Finger neben dem Daumen in die Höhe, damit man sähe,
daß er ein meineidiger Schalk wäre, und so fort. Wie wohl daß
Ritter, Knechte, Bürger und Bauern alle in einem einfältigen Sinne
mit den Geißeln gingen, so verloren sie doch allesamt ihren frommen
Sinn, weil sie sich ohne Erlaubnis der heiligen Kirche selbst die Buße
auferlegten und sich selber zu Schalken und Bösewichtern machten. Denn
wenn man einen in seinem Verkehr und in seiner Kundschaft für einen ehrbaren,
biederen Mann gehalten hatte, der machte sich selbst zu einem Schalk, so daß
er nicht mehr auf Erden zu Ehre und Seligkeit taugte. Und mancher von ihnen
ward verderbt und gehängt in Westfalen und anderswo, und wurden des Landes
verwiesen von dem Rate, darinnen sie gesessen hatten, wie sich das gehört,
in Westfalen und anderswo. Und wenn diese Geißelbrüder aus den
Städten gingen und ihre Buße getan hatten, so zogen sie aus mit
ihren Kreuzen, Fahnen und Kerzen in ihren Prozessionen und ließen sich
ihre Leisen vorsingen und sangen sie nach. Der Gesang aber war also: "O
Herre Vater Jesu Christ, Da du ein Herr alleine bist, Der uns die Sünde
kann vergeben, Gib uns Frist zum besseren Leben, Daß wir beweinen deinen
Tod! Wir klagen dir, Herr, unsre Not." Das ging noch weiter. Auch sangen
sie einen anderen Leis, der war also: "Es erging sich unsere Fraue, kyrieleison,
Des Morgens in dem Taue, alleluia. Gelobet sei Maria! Da begegnete ihr ein
Junge, kyrieleison, Sein Bart war ihm entsprungen, alleluia. Gelobet sei Maria."
usw. Du sollst wissen, daß diese Gesänge alle gemacht und gedichtet
wurden während der Geißelfahrt, und es war der Leisen keine vorher
gehört worden. Auch hatten die Geißler die Sitte, daß sie
kein Weib ansprachen während der Geißlerfahrt. Also gingen sie
um wie Toren und wußten nicht, wie das enden sollte. Spricht doch der
Metriker: "Quicquid agis, prudenter agas et respice finem", das
bedeutet: Was du angehst, das sollst du in Weisheit werken und sollst das
Ende davon merken. Und wenn die Geißler so niedergefallen waren, wie
oben geschrieben steht, so lagen sie auf der Erde, bis man wohl mochte fünf
Vaterunser gesprochen haben. Dann kamen zwei, die sie zu Meistern erkoren
hatten, und gaben einem jeden einen Streich mit der Geißel und sagten:
"Steh auf, daß dir Gott all deine Sünden vergebe." So
richteten sie sich auf ihre Knie auf. Die Meister und die Sänger sangen
ihnen vor: "Jetzt recket aufwärts eure Hände, Daß Gott
das große Sterben wende; Jetzt recket aufwärts eure Arme, Daß
Gott sich über uns erbarme." Und dann reckten sie alle ihre Arme
kreuzweis auf und jeder schlug sich vor seine Brust drei oder vier Schläge
und sie huben alle an zu singen: "Nun schlaget euch sehr Zu Christi Ehr!
Durch Gott laßt die Hoffahrt fahren, So will sich Gott über uns
erbarmen." Dann standen sie auf und gingen wieder umher und schlugen
sich mit den Geißeln, daß man Jammer an ihrem Leibe sah. Wenn
das geschehen war, dann gingen die ehrbaren Leute heran und luden die Geiß
ler in ihr Heim, einer vier oder fünf, der andere sechs oder sieben,
und taten ihnen gütlich über Nacht. Auf den Morgen gingen sie wieder
hinweg in einer Prozession mit ihren Kreuzen in eine andere Stadt. Das laß
dir ein Spiegel sein und sage das deinen Kindern, wenn mehr Not geschehe auf
Erden in diesen hundert Jahren oder später, daß sie sich davor
hüten, solche Dinge anzugeben ohne den Rat der heiligen Kirche, wie Aristoteles,
der heidnische Meister, sagt in dem Buche, das da heißt "Regimen
principum": "Facta praeterita certa dant documenta tuturorum",
das besagt; Die Werke, die jetzt gegenwärtig sind geschehen, sollen dir
hernach sichere Lehre geben. 16. In diesen Jahren war eine gute Zeit für
Früchte und für Wein. [Limburger Chronik 14 - 16]
Die geißler werden (u.a.) auch aus Dresden vertrieben.
Bis 1351: Die Pest überzieht Deutschland. Insgesamt stirbt etwa ein Drittel
der Bevölkerung, besonders in den Städten. Ganz verschont bleiben
Süd-Oberschlesien, Westböhmen, Erzgebirge, Böhmerwald und die
küstennahen Niederungen. Es erscheint Konrad von Megenbergs "Buch
der Natur". An englischen Schulen wird Englisch die offizielle Sprache.
1349/1350
In Aachen wird das ausgedehnte Röhrennetz, welches die Brunnen speist
"verbessert": Die Eichenholzröhren (die immer wieder erneuert
werden müssen), werden teilweise durch Bleiröhren ersetzt. Altendresen,
der kern von neustadt (bei Dresden) wird erstmals erwähnt.
1350
In Mölln stirbt Till Eulenspiegel. Zu diesem Jahr berichtet Hermann Botes
Weltchronik (von 1480): "Pestilencien was sere ghruwelik over de ghansen
werlde...To Brunswick sterff dat Bervotenkloster, de moneke al ut...Do sulvest
sterff Ulenspeygel to Mollen." Papst Clemens schreibt ein neues Jubeljahr
aus, in dem jeder nach Gefallen Ablaß erhalten könne. "17.
Nach dem Sommer, in dem die Geißler umgegangen waren, ging das Jubiläumsjahr
zu Weihnachten an. Dieses nannte man das goldene Jahr. Und die Leute liefen
nach Rom, auch die, die mit Geißeln gegangen waren; und wenn sie von
Rom zurückkamen, waren sie zum Teil böser, als sie vorher gewesen
waren. 18. In diesem Jubiläumsjahr, da das Sterben aufhörte, da
wurden die Juden allgemein in diesen deutschen Landen erschlagen und verbrannt.
Das taten die Fürsten, Grafen, Herren und Städte, ohne den Herzog
von Österreich, der behielt seine Juden. Und gab man den Juden Schuld,
daß sie die Christenmenschen vergiftet hätten, weshalb sie so zahlreich
gestorben waren. Da ward ihr Fluch wahr, den sie selbst auf den heiligen Karfreitag
getan hatten, wie man in der Passion liest: "Sanguis eius super nos et
super filios nostros". Das bedeutet: Sein Blut gehe über uns und
über unsere Kinder. (...) 20. Item in der selben zit und manich jar darvor
da waren die wapen also, als hernach geschreben stet. Ein iglich gut man,
fursten, greben, herren, ritter unde knechte di waren gewapent in platen,
unde auch die burger, mit ihren wapenrocken darober, zu stormen unde zu striden,
mit schoißen unde lipisen, daz zu der platen höret, mit iren gekroneten
helmen, darunder hatten si ire kleine ponthuben. Unde furte man in ire Schilde
und ire tartschen na unde gleven, unde di gekroneten helme fürte man
uf eime kloben. Unde furten si an iren beinen strichhosen unde darober große
wide lersen. Auch furten si beingewant, das waren roren von leder gemachet
als armeleder von sarocken gestippet unde isern bockele vur den knien. Sa
worden di reisige lude geachtet an hondert oder zweihondert gekroneter helme.
21. Item di kleidunge von den luden in Duschem lande was also getan. Di alden
lude, mit namen di manne, drugen wide unde lange kleider unde enhatten nit
kneufe an den, sunder an den armen hatten si dri kneufe, vir oder funf. Di
arme waren bescheidelichen wit. Unde die selbe rocke waren umb di brost oben
gerunziret unde gefrenziret unde waren vornen ufgeslitzet bit an sinen gortel.
Unde die jungen manne drugen korze kleider, di waren abegesneden uf den lenden
unde gerunziret unde gevalden, mit engen armen. Die kogeln waren groß.
Darnach zuhandes drugen si rocke mit vir und zwenzig oder drißig geren
unde lange heuken, die waren gekneufet vorn nider bit uf di fuße, unde
stumpe schuwe. Item etzliche trogen kogeln, di hatten vornen einen lappen
unde binden einen lappen, di wanten eime iglichen an sinen knien; di lappen
waren vursneden unde gezadelt. Daz hatte manich ja geweret. Item di herren,
ritter unde knechte, wanne daz si hobeten, so hatten si lange lappen an iren
armen bit uf di erden, gefudert mit kleinespalde oder mit bunte, als den herren
unde rittern zugehort. Item die frauwen gingen gekleidet zu hoben unde zu
dornzen mit parkleidern unde darunder rocke mit engen armen, unde daz oberste
kleit hiß ein sorkeit unde was bi den siten bineben unden ufgeslitzet
unde das gefudert mit bunte zu winter oder mit zinde zu somer, darnach ez
zemelich eime iglichen wibe was. Auch trugen di frauwen, die burgersen in
den steden gar zemeliche heuken, di nante man feien, unde was daz kleine gespens
von distelsait, krus unde enge bi ein gefalden, mit eime saume binach einer
spannen breit; der koste einer 9 gulden oder 10. 22. Item in der selben zit
sang man ein nuwe lit in Duschen landen, daz was gar gemeine zu pifen unde
zu trompen unde zu aller freude:
"Wißet, wer den sinen i vurkois
und ane alle scholt getruwen frunt vurlois,
der wirt vil gerne sigelois.
Getruwen frunt den ensal niman laßen,
want man vurgelden daz nit entkan."
Daz lit gelichet sich der schritt in Moralibus, als da sprichet Aristoteles
in dem nunden buche Ethicorum: "Amicus est cosolativus amico visione
et sermone," daz vurstant also: Ein frunt sal simef runde trostlich sin
unde dun daz mit rede unde gesichte schin. 23. Man sang nach diesem auch ein
schönes Lied von Frauenzucht, in Sonderheit auf ein Weib zu Straßburg,
das hieß die schone Agnes und war aller Ehren wert; es trifft aber auch
auf alle guten Weiber zu. Dies Lied ging also an: "Eines reinen guten
Weibes Angesicht Und fraueliche Zucht dabei, Sind wahrlich eine Lust zu schauen.
Zu guten Frauen hab' ich Pflicht, Weil sie sind allen Makels frei." usw.
24. Zur selben Zeit ward Falkenstein, eine Burg im Lande Hessen, erbaut, eine
Meile Weges von Fritzlar. Das tat eine Ritterschaft, die hieß die Hunde,
ganz nahe bei Niedenstein. 25. Nicht lange danach sang man ein Lied, gut in
Weise und in Worten, durch ganz Deutschland, das so ging: "Ach reines
Weib von guter Art Gedenk an alle Stetigkeit, Daß man auch nie von dir
gesagt, Was edlen Frauen übel ansteht. Daran sollst Du gedenken Und sollst
nicht von mir wanken, Dieweil daß ich das Leben hab. Noch zwingt zu
klagen mich die Not Über die liebste Fraue mein, Daß ihr zartes
Mündlein rot Will mir ungnädig sein. Sie will mich zu Grund verderben,
Untrost will sie mir vererben, Dazu weiß ich keinen Rat." usw.
26. Da man schrieb nach Christi Geburt das Jahr 1350, in der Zeit war ein
Erzbischof zu Mainz, der hieß mit Beinamen Busemann. Er war von Virneburg
geboren und hieß deshalb Busemann, weil er gern trank. Er war ein Feind
des hochgeborenen Fürsten Landgrafen Heinrich, Landgrafen zu Hessen,
der war ein Urenkel St. Elisabeths, der heiligen Frau, wie das oben geschrieben
steht. Der Krieg hatte manche Zeit und manches Jahr gewährt, so daß
sie manche Kämpfe, Raufereien und Scharmützel hatten. Und es zog
der vorgenannte Landgraf Heinrich mit großer Macht vor eine Burg, die
hieß Haldersen und lag bei Geismar; und er lag lange davor. Und die
darinnen waren, gaben die Burg auf unter der Bedingung, daß, käme
der Bischof und das Stift von Mainz binnen eines Monats und beschütze
sie, sie frei sein sollten von der Übergabe.Und da der Monat um war und
der Bischof nicht kam, da war der Landgraf mit viel Volk da, mit dem Herzog
von Braunschweig und dem Markgrafen von Meissen, und würde gekämpft
haben, wenn der Bischof gekommen wäre. Und er nahm das Schloß ein
und brach es ab bis auf den Grund. Bald danach kam der zuvor erwähnte
Bischof mit großer Heeresmacht gen Fritzlar und zog bis Gudensberg und
wollte das ganze Land schädigen bis nach Kassel. Da kamen die Landgräflichen
dem Bischöfe bis Gudensberg entgegen und stritten einen großen
Streit. Da fing der Landgraf einen Herrn von Virneburg, einen Herrn von Daun
und viele andere Ritter und Knechte vom Rheine und aus anderen Ländern,
und viele Leute blieben auf beiden Seiten tot. Der Landgraf aber behauptete
das Feld mit großen Ehren. 27. Item darnach oder ein jar da dit sterben,
dise geiselerfart, romerfart unde judenslacht, als vur geschreben stet, ein
ende hatte, da hup di werlt wider an zu leben unde frolich zu sind, unde machten
die menner nuwe kleidunge. Di rocke waren unde ane geren [Keilstücke
an der Hüfte] unde waren auch nit abgesneden umb die lenden unde waren
also enge, daz ein man nit darinne geschriden konnte, unde waren die rocke
ein spanne nahe ober di knien. Darnach machten si di rocke also korz, ein
spanne ober dem gortel. Auch trugen si heucken [Mäntel], di waren alumb
ront unde ganz, daz hiss man glocken; di waren wit, lang unde auch korz. Item
da gingen auch die langen snebel an den schuwen an, und die frauwen drugen
wide heubtfinster, also daz man ire broste binach halbe sach. 28. In der selben
Zeit verschwanden die Platten in diesen Landen, und die reisigen Leute, Herren,
Ritter und Knechte trugen alle Jacken, Panzer und Hauben. Man schätzte
die berittenen Leute mit Sturmhauben auf hundert oder zweihundert Mann. Der
Schnitt und die Form der Jacken war von bescheidener Länge, die Ärmel
waren einmal eine oder zwei Handspannen lang von der Achsel aus, ein andermal
waren es bloß Löcher, durch die man die Arme steckte. Hinten hatten
sie seidene Quasten herunterhängen. Das war Prunksucht. Die Unterwämse
hatten enge Ärmel, und in dem Gelenk waren sie benäht und zusammengeheftet
mit Stücken vom Panzer; das nannte man Mauseisen. 29. In dieser Zeit
starb der obengenannte Bischof Busemann von Mainz, und an seine Stelle kam
Gerlach von Nassau, der war ein Enkel König Adolfs von Nassau, von dem
oben geschrieben steht. Und da ward der Krieg mit dem Landgrafen gesühnet,
denn der Landgraf Heinrich hatte dem Bischof Gerlach sehr geholfen und war
ihm beigestanden gegen Bischof Busemann." [Limburger Chronik]
Die inzwischen verbotenen Geißlerbrüderschaften wirken nun im Verborgenen,
besonders in der Diözese Köln. In Rostock werden zwei Geistliche
unter dem Vorwand des Giftmischens (d.h. des Pestverursachens) unter dem Galgen
lebendig begraben. Ein Hostienwunder läßt Boxtel zum Wallfahrtsort
werden. In Frankreich steigt der Weizenpreis um das Vierfache.
Ca.: Aufkommen der Gugel. In der Männerkleidung ist der Rock inzwischen
so kurz geworden, daß er die Knie nicht mehr bedeckt. Ab jetzt etwa
wächst die im im 13. Jh. gegebene leichte Spitzform der Schuhe, besonders
in der Männermode, zu ausprägten Fortsätzen (Schnabelschuhe).
Dies wird zu extremen Formen führen: einmal werden Fürsten und Prinzen
zweieinhalb Fuß, gewöhnlichen Leuten immerhin ein halber Fuß
(etwa 15 cm) zugewiesen. Solche Schnäbel müssen mit Baumwolle ausgestopft
oder hochgebogen werden; es können auch hölzerne Unterschuhe (Trippen)
in gleicher Länge getragen werden, die außerdem noch den Straßenschmutz
abhalten. (An den Trippen kann man auch sehen, daß der Fußgänger
und nicht mehr der Reiter die Mode bestimmt.)
Ca.: Entstehung der anonymen Rezeptsammlung "Daz buoch von guoter spise"
in Würzburg. Diese Pergamenthandschrift mit 96 Rezepten kann noch nicht
als Kochbuch bezeichnet werden, da der Schreiber mangels Sachkenntnis wohl
nicht der Verfasser ist. Es finden sich darin Rezepte für mehrere Süßspeisen,
Hirschleber, gebratenes Hirn, Haselhühner und Ferkel, daneben eine Anleitung
zur Herstellung von Met. Im gleichen Jahr entsteht auch eine französische
Rezeptsammlung "Le Grand Cuisinier de toute Cuisine".
Ca.: Aus dieser Zeit stammt die älteste erhaltene deutsche Türmeruhr
(aus Würzburg). Türmer- oder Turmwächteruhren haben kein eigenes
Schlagwerk, sondern mahnen den Türmer durch ein Weckzeichen, alle Stunde
die Stundenzahl auf der Glocke anzuschlagen.
Ca.: In Stuttgart befindet sich vor dem Tunzhofer Tor ein Sondersiechenhaus,
das der Aufnahme von Kranken mit ekelerregenden und ansteckenden Krankheiten
dient. Die oft erwähnten Heilungen von Leprakranken sind damit zu erklären,
daß alle Menschen mit Hautkrankheiten in Sondersiechenhäuser gesteckt
werden und nach Abklingen von Ekzemen, Krätze etc. dann an wundersame
Heilungen geglaubt wird.
Ca.: In Regensburg wird den Spielleuten das Tragen von Waffen oder Rüstungen
verboten.
Ca.: "In einem Zeitraum von drei Jahrhunderten - von 1050 bis 1350 -
wurden in Frankreich mehrere Millionen Tonnen Steine für den Bau von
80 Kathedralen, 500 großen Kirchen und einigen zehntausend Pfarrkirchen
gehauen. Das bedeutet, daß im Frankreich jener drei Jahrhunderte mehr
Steine hin- und hergekarrt wurden als zu irgendeiner Zeit im alten Ägypten..."
[Jean Gimpel 1980]
Ca.: In den meisten Diözesen Deutschlands wird die Bedanische Indiktion
zur Jahreszählung von der Römischen Indiktion abgelöst (Erläuterung
der Indiktion: siehe 832) Bei der Römischen Indiktion wechseln die Jahre
am 25. Dezember oder am 1. Januar. An der Bedanischen Indiktion (deren Jahre
zum 24. September wechseln) wird in Osnabrück, Gnesen und Mailand weiter
festgehalten. (In Köln soll es einen stilus Coloniensis mit Wechsel zum
1. Oktober gegeben haben, was aber nicht recht erwiesen ist. Auch Siena hat
eine eigene Indiktion mit Wechsel am 8. September.)
1350/1351: Mit den Helmen der Türme wird zu Lübeck die Marienkirche
vollendet, die unter dem Patronat der Stadt steht und die an Größe
und Wirkung im Stadtbild den ebenfalls existierenden Dom übertrifft.
Hier ist dem Bürgertum die Vollendung einer Großkirche gelungen,
was die Bischöfe von Köln, Straßburg und Regensburg zu dieser
Zeit nicht geschafft haben.
Nach 1350: Es kommt ein glockenförmiger Mantel auf, genannt Heuke. Bei
den Männern wird er auf der rechten Schulter geschlossen, bei den Frauen
wird er bevorzugt ohne Verschluß und über den Kopf gebreitet getragen.
Die Frauenmode verzichtet gerne ganz auf den Mantel.
1350/1376: Nach den Satzungen von Feldkirch wird der Verkauf von finnigem
Fleisch mit einer Strafe von zwei Pfund Pfennig belegt.
1351
Erstmals erwähnt wird Wasserkraft für das Ziehen von Stahldraht.
In England setzen die Grundherren im Parliament das "Statute of Labourers"
durch, das ein Angebot an billigen Arbeitskräften durch Festsetzung der
Löhne auf das Niveau vor der Pestzeit sichern soll. Alle tauglichen Männer
unter 60 Jahren mit keinem sichtbaren Vermögen für den Unterhalt
können zur Arbeit herangetogen werden. Jährliche Lohnsätze
werden für jeden Typ der Landarbeiter und tägliche Lohnsätze
für verschiedene Arbeiten des Baugewerbes festgesetzt. Arbeiter, die
den Winter in einem bestimmten Dorf verbringen, sollen den Sommer nicht in
ein anderes Dorf ziehen. Die Preise der erzeugten Waren werden auf die Höhe
vor der Pest festgesetzt und die Preise von Lebensmitteln sollen angemessen
sein. Bestimmte Rechtsbevollmächtigte sorgen in jeder Grafschaft bis
1359 für die Durchführung des Status, später sorgen "Justices
of the Peace" dafür, was einigen Widerstand hervorruft (und später
einige Richter das Leben kosten wird; vgl. 1381). In der Bretagne findet der
"Kampf der Dreißig" statt: Der pro-französische Bretone
Robert de Beaumanoir fordert seinen pro-englischen Landsmann Bramborough zum
Zweikampf heraus. Beider Gefolgsleute wollen teilnehmen, so daß ein
Treffen von je 30 Rittern anberaumt wird. Es wird mit Schwertern, Bärenspießen,
Äxten und Dolchen gefochten, bis vier auf französischer und zwei
auf englischer Seite erschlagen sind und eine Pause gemacht wird. Der blutende
Beaumanoir verlangt nach einem Getränk, worauf sein Gegner antwortet:
"Trink dein Blut, Beaumanoir, und dein Durst wird vergehen!" Darauf
geht der Kampf weiter, bis kein Überlebender mehr unverwundet ist und
die französische Seite die Oberhand gewonnen hat. Bramborough und acht
seiner Mitstreiter fallen, der Rest gerät in Gefangenschaft. Dieses Gefecht
wird gefeiert und idealisiert und auf dem Schlachtfeld ein Denkmal errichtet.
Froissart schränkt aber ein: "Einige betrachteten ihn [den Kampf]
als Tapferkeit, andere als Ausschreitung und große Vermessenheit."
Auf englischer Seite ist der beste Mann ein gewisser Crokart gewesen, dessen
Biographie hier kurz angerissen sein soll: Dieser, ehemals Knecht der Herren
von Arkel, hat ein Vermögen von etwa 60000 Kronen angehäuft und
einen Stall mit 30 Pferden besessen. Er hatte sich einen Ruf großer
Tapferkeit erworben, so daß der König von Frankreich ihm Ritterschaft
und eine vornehme Heirat versprochen hatte. Er ist nach Holland zurückgekommen
und hat dort großen Staat gehalten, aber die holländischen Herren
haben noch gewußt, wer er war und ihn absichtlich übersehen. So
ist er nach England zurückgekehrt. König Johann II. der Gute von
Frankreich gründet den Orden der "Chevaliers Nostre Dame de la Noble
Maison", nach seinem Abzeichen auch der Sternenorden genannt. Im "Edlen
Haus" zu Saint Ouen (bei Saint Denis) haben sie eine "table d'onneur",
an der bei Feierlichkeiten die drei tapfersten Prinzen, die drei tapfersten
Bannerherren (bannerets) und die drei tapfersten Ritter (bachelers) Platz
nehmen müssen. (Huizinga nennt diesen und zahlreiche ähnliche Orden
des 14. und 15. Jhs "vornehme Klubs".) Die Ritter dieses Ordens
müssen schwören, niemals weiter zu fliehen als vier Morgen Landes,
sonst haben sie zu sterben oder sich zu ergeben, was (nach Froissart) später
etwa 90 Rittern das Leben kosten wird.
1352
Die erste Welle der Pest ebbt ab. In diesem Jahr sind als letzte Städte
betroffen: Oxford, Danzig, Moskau, Kiew und (zum zweiten Mal) Nowgorod. Die
Bäcker von Mainz, Worms, Speyer, Oppenheim, Frankfurt, Bingen, Bacharach
und Boppard treffen eine Übereinkunft, die verhindern soll, daß
ein Geselle, der in einer dieser Städte von seinem Meister vor die Tür
gesetzt wurde, in einer anderen Unterkommen und Arbeit findet. Auch wenn die
Ehefrau eines Bäckergesellen dann noch "zu Markte sitzet" und
Mehl und Gries feilhält, soll kein Meister in den acht Städten diesen
Gesellen beschäftigen. Die Tiroler Landesordnung gebietet, daß
alle Bauern auf ihren Höfen und Gütern bleiben sollen und nicht
ohne Zustimmung ihres Herrn wegziehen dürfen. Weggezogene Bauern dürfen
zurückgefordert werden und müssen widrigenfalls 50 Pfund bezahlen.
Markgraf Ludwig von Brandenburg bestätigt als Landesfürst von Tirol
eine Landesordnung, in welcher u.a. den Bauern und Handwerkern das Würfelspiel
ohne Geld erlaubt wird. In Basel werden Pflasterarbeiten durchgeführt,
die aus privater Initiative gestiftet werden. Ein kurzlebiger Ritterorden:
König Johann der Gute von Frankreich stiftet am 6. Januar den Sternorden
(Ordenstracht: rot-weiß) mit nominell 500 Mitgliedern. Im gleichen Jahr
fallen fast 100 Ritter des Ordens in der Schlacht von Mauron, weil sie getreu
den Statuten auf dem Schlachtfeld ausharren, statt zu fliehen. Dies bedeutet
faktisch das Ende des Ordens.
Bis 1354: Das Straßburger Münster erhält eine prächtige
Schlaguhr - allerdings noch ohne Schlagwerk. Sie verfügt (evl. später)
über bewegliche Figuren wie etwa einen krähenden Hahn. Eine solche
Uhr soll das Prestige einer Stadt erhöhen.
Bis 1364: Irgendwann in dieser Zeit erhält Dülken von Herzog Wilhelm
I. von Jülich Stadtrechte. In Marrakesch bricht Ibn Battuta zu seiner
Reise durch Afrika auf.
1353
Der Rat von Zittau erfindet eine originelle Methode, den Frauen das Tragen
der Gugel zu verleiden, indem "des züchtigers und henkers mägde"
die Auflage bekommen, "kögelen zu tragen". Boccaccios "Decamerone"
erscheint. Danach sind Teigwaren in Italien wohl bereits allgemein üblich:
"In einer Gegend namens Bengodi, wo man die Weinstöcke mit Wurst
festbindet, gibt es einen Berg aus geriebenem Parmesankäse, auf dem Männer
den ganzen Tag lang arbeiten und Spaghetti und Ravioli machen, die sie in
Kapaunensauce essen." [Es sei daran erinnert, daß die Tomate noch
nicht zu diesem Ensemble gehört, da selbige bekanntlich aus Amerika stammt.]
29. Juli: Der Große Rat von Venedig unterstützt seine griechischen
Kolonien mit neuen (schlechten) Münzen: "Zum Wohl und Nutzen der
Kommune und unserer Ländereien Coron und Modon, des Negropont und Kretas
wird verordnet, hier Turnosen mit 8 Unzen Kupfer und 1 Unze Silber, 80 Turnosen
auf eine Gewichtsmark zu prägen, ferner eine möglichst große
Menge dieses Geldes in besagte Ländereien zu schicken und den Beamten
aufzutragen, sie angemessen auszugeben und alles zu tun, um sie in Umlauf
zu bringen. Ferner soll dieses Geld zu 3 Denaren den Turnosen gezählt
werden, und die Form und Prägung soll so sein, wie es der Signoria gut
zu sein scheint."
1354
In München ist eine Augenärztin bezeugt. Eine Göttinger Kleiderordnung
macht das Tragen von kostbarer Kleidung oder Schmuck von der Steuerleistung
der Männer abhängig. Allen Frauen, die mehr Geschmeide tragen, als
erlaubt ist, die silberne Gürtel oder pelzgefütterte Mäntel
besitzen wird die Haltung von Pferden für die Stadt auferlegt. Es wird
weiterhin das Glücksspiel untersagt. Der Wiener Rat erlaubt den Verkauf
von Waldglas, welches, aus Venedig eingeführt, nur auf dem Hohen Markt
feilgeboten werden darf. Die Wiener Augustiner erhalten die Erlaubnis, ihr
heimliches Gemach (Klo) in einem an der Ringmauer zu erbauenden Turm unterzubringen.
Erzbischof Ortolf von Salzburg schließt mit dem Domkapitel und der Abtei
St. Peter einen Vertrag, welcher ihm zusichert, eine Wasserleitung in Röhren
durch den Mönchsbergstollen an seinen Hof bauen zu dürfen. Eine
frühe Erwähnung des Kochgewerbes: In Graz werden "Maister Ott
der Choch" und "Hainrich der Choch pey dem Weyer" erwähnt.
Februar: Karl IV., ein eifriger Reliquiensammler, der dabei weder Tränen,
Zwang noch Diebstahl scheut, schneidet aus dem Trierer Domschatz ein Drittel
von dem Kreuzesholz ab, das Kaiserin Helena an ihren angeblichen Geburtsort
an die Mosel übertragen hat. Karl IV. entführt aus Aquileia die
letzten zwei Lagen der vom Evangelisten Markus angeblich persönlich dem
hl. Hermagoras übergebenen Handschrift des Markusevangeliums. Was sonst
noch geschah: "36. In dieser Zeit da erschlug der Sohn eines Herrn von
Itter, das da stößt an das Land Hessen, seinen Vetter, damit die
Herrschaft zu Itter ihm zufallen möchte. Wegen dieses großen Mordes
und dieser Bosheit zogen die zwei Fürsten Herr Gerlach, Erzbischof zu
Mainz, geboren von Nassau, und Landgraf Heinrich, Landgraf zu Hessen, und
Graf Otto von Waldeck vor das Schloß Itter und vor andere Schlösser
des Landes Itter und eroberten die Schlösser, das Land und die Leute
und teilten sie unter sich und behielten die Herrschaft von Itter für
ewige Tage." [Limburger Chronik] Dahlen (heute Rheindahlen bei Mönchengladbach)
erhält Stadtrechte.
1355
Lehrgeld für Bäckerlehrlinge in Frankfurt: "Auch wer unsir
hantwerk lernin wil, der gibet eynen virdung phennig und zwey pfund wazses
(Wachs)" "37. Da man schrieb 1355, da ward Kirberg in der Grafschaft
Diez zu einer Stadt gemacht. Das tat der vorerwähnte Graf Gerhart von
Diez. Er brach die Kirche ab (!) und erbaute an dieser Stätte die Burg,
die Kirburg genannt ward. Dieser Graf Gerhart hatte einen Krieg und eine Fehde
mit dem vorher genannten Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Merenburg. Ihm
mußte der Graf von Diez das oben genannte Schloß gleich halb geben.
Damit wurde der Streit gesühnt, die Burg aber gehört noch seinen
Erben bis auf diesen Tag. Der vorgenannte Gerhart war ein Ritter gar schön
von Gestalt. Er hatte das schönste Weib, das es in allen diesen Landen
gab, die war von Westerburg, Herrn Reinhards Tochter, von dem hiervor geschrieben
steht. (...) 39. In dieser Zeit und auch einige Zeit vorher war ein Herzog
zu Baiern namens Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, der herrlichste und hochgesinnteste
Fürst, der in deutschen Landen sein mochte. Unter allen Fürsten,
Grafen und Herren fand man seinesgleichen nicht in diesen Landen an Macht
und großer Herrlichkeit, sei es mit Hoffesten und Turnieren, sei es
auf Fahrt, zu Spiel oder zu Ernst. Er tat dies bis an sein Ende, von dem du
hernach noch hören sollst. Zur selben Zeit, als das geschah, was du hernach
beschrieben findest, und bei aller seiner Herrlichkeit fand man die Tugend
an ihm, daß er die Geistlichkeit, Stifte, Kirchen und Klöster beschützte
und beschirmte. Witwen und Waisen tat er desgleichen. Dazu hatte er die Ritterschaft
lieb und scheute dabei keine Kosten. Und vergleiche ich seine Macht und sein
Wohltun mit dem, was Salomo sagt: "Ubi plures sunt opes, pures sunt,
qui cosumunt eas". Das bedeutet so viel als: Wer viel Güter besitzt,
der muß viel Verzehrer haben. 40. In dieser selben Zeit und Jahren,
da waren die größten Grafschaften in dem Lande zu Westfalen ohne
rechte Leibeserben ausgestorben. Die eine war die Grafschaft Lohn, die kam
an den Grafen von Berg, der darauf ein Herzog geworden ist. Die andere Grafschaft
hieß Ravensberg. Die dritte Grafschaft hieß die Grafschaft von
Arnsberg, die hatte der letzte Graf aus eigenem Willen an das Stift zu Köln
gegeben. Im Dom zu Köln liegt er begraben. 41. Zu diesen Zeiten sang
man dies Lied:
"Ach Gott, daß ich sie meiden muß,
Die ich zur Freude hart erkoren,
Das tut mir wahrlich allzu weh.
Möcht' mir noch werden ein freundlicher Gruß,
Den ich so lange hab entbehrt." [Limburger Chronik]
Karl IV. (39) wird zum Kaiser gekrönt. Auf dem Weg zur Krönung nach
Aachen sind die Straßen durch Pilger völlig überfüllt,
weil dort (wie alle sieben Jahre) die Reliquien gezeigt werden. Er muß
bis zum Ende der Zeremonie in Bonn warten. (Ein früher Verkehrsstau)
Seine Residenz ist Prag. Er läßt an dem zu den Reichsinsignien
gehörenden Zeremonialschwert einen Knauf mit dem Reichsadler und dem
böhmischen Löwen anbringen. Otto der Fröhliche gründet
in Wien den Orden vom Fürspann.
Ca.: Phlipp von Leyden verfaßt den Fürstenspiegel "De cura
reipublicae". Hier wird u.a. der Gewässerschutz erwähnt, indem
der Autor daran Anstoß nimmt, daß Färbereiabwässer in
öffentliche Gewässer eingeleitet werden, weil solches die Gesundheit
beeinträchtige und die Nahrung der Fische vergiftet werde.
1356
"42. Im Jahre nach Christi Geburt 1356, da waren große Erdbeben.
Es gab deren viele und sie kamen oft wieder, heute und morgen, danach auch
mehr, hier und da, und währte das mehr denn ein Vierteljahr. Besonders
auf St. Lucas-Tag, des heiligen Evangelisten, war das Erdbeben so groß,
daß Basel am Rhein, die herrliche Stadt, so bewegt ward, daß sie
beinahe ganz zusammen fiel. Und es gab manche Burgen und Türme in diesem
Lande, die alle umfielen. Auch verblieben zu Basel viele Leute tot, die unter
den Häusern erschlagen und erdrückt wurden. 43. In dieser Zeit sang
man das Taglied von der heiligen Passion, das neu war und das ein Ritter gemacht
hatte:
"O starker Gott,
All unsre Not
Befehlen wir, Herr, in dein Gebot,
Laß uns den Tag mit Gnaden überscheinen!
Die Namen drei,
Die stehn uns bei
In allen Nöten, wo man sei,
Die Nägel drei, der Speer und auch die Krone."
44. In diesem selben Jahr erhob sich großer Jammer, und es kam das zweite
große Sterben, so daß die Leute an allen Enden in deutschen Landen
starben in großen Haufen an derselben Seuche, wie sie gestorben in dem
ersten Sterben. Und wo sie nicht hinkam in diesem Jahre, dahin kam sie im
nächsten Jahr und ging überall um. Auch das Korn und die Früchte
galten gutes Geld, da sie in manchem Lande spärlich und kümmerlich
standen, sonderlich in Hessen, in Westfalen und daherum und anderswo. Auch
der Wein war nur für viel Geld zu haben. Unter anderem kostete ein Quart
Elsässer Wein zu Limburg fünf Englische und der Landwein sowie der
Rheinwein einen Schilling Pfennige. 45. In diesem Jahr ward Neu-Langenau,
gelegen zwischen Nassau und Weinähr auf einem Berge an der Lahn, zerstört.
Das tat Bischof Boemund, Erzbischof zu Trier. Die Burg war erst kürzlich
erbaut worden." [Limburger Chronik]
"In dem Jahr des Herrn 1356 ist zu Wirtzburg und daselbst herum im Land
zu Franken eine heftige Pestilenz angefallen, die sehr viel Leut hinweggenommen
hat." [Chronik des Würzburger Magisters Lorenz Fries] In Frankfurt
bestimmt der Rat, daß niemand "mit den würffeln grysen, schancze
slahen odir paryren" darf. Andere Spielen dürfen bei Tag und Nacht
nur bis zu einem Höchstbetrag von zwei Schilling alter Heller erfolgen.
In einigen französischen Städten bricht die Pest erneut aus (bis
1670 jährlich an wechselnden Orten). Auch Franken und möglicherweise
weite Teile Böhmens werden von dieser zweiten Pestwelle heimgesucht.
In Frankreich wird ein "lusus pilae cum palma" (Ballspiel mit der
Handfläche) erwähnt, ein Vorläufer des Tennis, wozu im Laufe
des Jahrhunderts wahrscheinlich unter italienischem Einfluß zunehmend
Schläger Verwendung finden. Erdbeben im Rheingraben. Pest in Speyer.
Darauf erläßt der Rat, der "die Pest als Zorn Gottes zur Bestrafung
der sündigen Menschheit" interpretiert, eine Kleiderordnung: Keine
Frau soll einen "sleyger, genannt kruseler, dragen, der me habe umbe
gewunden, danne vier fach, also daz die selben vach alle, an den flocken daran,
von der stirnen uber sich uf, nit hoeher sint oder sin soellent danne eins
twerch vingers hoch". Diese spezielle Forderung richtet sich gegen vielfach
(bis über zwanzigfach) gefältelte Schleier (je üppiger die
Fältelung, desto bedeutender die Trägerin), wie sie in der zweiten
Hälfte des 14. Jhs. üblich sind (etwa in Ulm oder Ravensburg). Und
noch mehr: Es "sol ouch dehein schuochmecher hie zuo Spire der selben
gesnebelten schuohe oder lederhosen niht me machen deheinre personen, vrouwen
oder mannen, die hie zuo Spire wonent, sie sint burger oder niht, oder wer
sie sint." daraus ist einerseits ersichtlich, daß eine Kleiderordnung
einen Handwerkszweig (hier die Schuhmacher) schwer treffen kann (denn man
bedenke, daß diese Ordnung nur für Speyer gilt!), andererseits
werden hier "Lederhosen" erwähnt, was immer damit gemeint ist.
Die Behauptung, lederne Beinkleidung (speziell in Form von Hosen) sei im Mittelalter
nicht üblich gewesen, wird dadurch zumindest eingeschränkt. Mehr
aus der Speyerer Kleiderordnung: "es sol ouch deheine vrouwe oder jungvrouwe
deheinen mannes mantel dragen noch deheinen zersnitzelten kugelhuot (gezaddelte
Gugel)". Im selben Jahr geschieht in Frankfurt genau das Gegenteil: Hier
kapituliert der Rat vor der Flut der modischen Neuerungen und überläßt
die Regelung der Kleiderfrage kurzerhand dem menschlichen Gewissen. Übrigens
ist das Wort "Mode" dem Mittelalter noch unbekannt - es kommt erst
im 16. Jh. auf. Ein Teil von Rothenburg ob der Tauber wird durch ein Erdbeben
zerstört. Die wohlhabende Stadt kann sich einen Wiederaufbau in einheitlichem
und harmonischem Stil leisten. Beispiel für die Zahl der Arbeitstage
von Handwerkern: Nach Rechnungen wird in Xanten in 49 Wochen an 250 Tagen
gearbeitet. Durch die sehr zahlreichen Feiertage ergibt sich im Durchschnitt
praktisch eine Fünftagewoche. (Vgl. 1495) Es entsteht das Breslauer Landrecht,
dem Sachsenspiegel nachgebildet. Darin findet sich z.B. für Kirchendiebstahl
im härtesten Fall die Strafe der Räderung, doch gibt es keine Belege
dafür, daß sie vollstreckt wurde. Die Goldene Bulle. Sieben Kurfürsten
haben das Recht zur Königswahl: Die Erzbischöfe von Mainz, Trier
und Köln, der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der
Herzog von Sachsen-Wittenberg und der Markgraf von Brandenburg. Hier wird
(in Artikel XXIV) auch die Folter erwähnt; sie scheint etwa zu dieser
Zeit stärker in Übung gekommen zu sein. Den Kurfürsten wird
die völlige Münzhoheit verbrieft (also auch für Goldmünzen).
Münzverruf in Frankreich: "Der Golddenar mit dem Lamm, den man in
der Vergangenheit geprägt hat und heute noch prägt, wird in Zukunft
zu 30 Sous tournois das Stück gerechnet und nicht mehr. Die weißen
Denare, die zu 8 Deniers tournois das Stück rechneten und noch rechnen,
werden in Zukunft als Zahlungsmittel für 3 Deniers tournois und nicht
mehr ausgegeben und angenommen." Der Denier à l'agnel (Agnel,
Mouton) hat damit seit seiner Ausgabe vor zwei Jahren 20% Wert verloren.
1356/1357: Durch ein Erdbeben stürzen in Straßburg die Schornsteinköpfe
mit mehrteiligem Gefach und die Hausgiebel ein. Fortan wird verfügt,
diese abzubrechen und nicht wieder zu errichten.
Bis 1361: Die Frauenkirche in Nürnberg erhält eine Uhr.
1356/1362: Konrad von Megenberg verfaßt die "Ökonomik".
1357
Eine Kleiderordnung in Zürich verbietet: kronenförmigen Kopfputz
("kron schappel") aus Seide, Silber, Gold oder Edelsteinen, eng
anliegende Kleider, die geknöpft oder genestelt werden, Gold-, Silber-
oder Edelsteinapplikationen an Gewändern, zweigeteilte ("mi-parti")
oder gestreifte Hosen. Der Männerrock muß bis ans Knie reichen
und die Kapuze darf diesen an Länge nicht übertreffen. Dies gilt
für "reich oder arm". Ein Gürtel darf höchstens fünf
Pfund Pfennig wert sein. Zaddeltracht ist verboten. Die Geldstrafe beträgt
zehn Schilling Pfennig. Kaiser Karl IV. wiederholt nochmals ausdrücklich,
daß die Frankfurter Frühjahrsmesse die gleichen Rechte und Privilegien
habe wie die Herbstmesse. Klimatische Gründe behindern die Entwicklung
dieser Messe (siehe 1330). In Frankfurt hebt der Rat die Strafen für
Glücksspiel wieder auf, mit der Begründung "dan yeder menczsche
gedencke, daz he sich gein god und die wernt also halde, daz es gode lobelich
und behegelich sii und inne selbir nurczlich." Um Dresden werden Förster
angewiesen, in der Heide Laubholzsamen auszustreuen. In Brüssel wird
mit dem Bau eines zweiten Mauerrings begonnen. "47. Da man schrieb 1357,
da wurden die von Warburg in Westfalen, zwei gute Städte in dem Stifte
zu Paderborn, niedergeworfen. Das tat die Ritterschaft von Hatzfeld. Es wurden
an hundert Mann gefangen und an vierzig Mann blieben tot. Die Gefangenen wurden
losgekauft für 4000 Mark Silber. 48. Zu dieser Zeit sang man und pfiff
in allen diesen Landen dies Lied:
"Mancher wähnt, daß niemand besser sei als er,
Dieweil das ihm gelingt.
Dem will ich wünschen, daß ihm nimmer Heil gescheh,
Und will das fröhlich singen.
Kehr dich an sein Kläffen nicht,
Das bitt ich dich: die Treue
Ist an ihm klein,
Sie ist bei ihm nur äußerlich." [Limburger Chronik]
Edward III. von England sieht im höllischen Gestank der Themse große
Gefahren für die Bevölkerung. Es stirbt Bartolus de Saxoferrato,
einer der bedeutendsten italienischen Kommentatoren des römischen (bzw.
justinianischen) Rechts. Sein Schüler und Nachfolger ist Baldus de Ubaldis
(bis 1400).
Ca.: Der Luzerner Rat straft sechs Kleriker, die allen Warnungen zum Trotz
den sagenumrankten Pilatus-See untersuchen wollten.
1358
Bund "van der düdeschen hanse"; allgemeiner Zusammenschluß
zur Sicherung von Handelsvorteilen: Stapelrecht eigener Waren; Stapelzwang
für fremde Kaufleute (Warenvorlage) u.a. Privilegien. Von 13 Meißener
Domherren können fünf nicht unterschreiben, d.h. sie sind des Schreibens
unkundig. Ende Mai: Bauernaufstand ("Jacquerie") in Frankreich,
beginnend im Beauvais und bald auf die Picardie übergreifend. Ursachen
sind hohe Steuerforderungen, große Verwüstungen durch den Hundertjährigen
Krieg und Plünderungen marodierender Söldnerhaufen. Für eine
Elendsrevolte verarmter Bauern erreicht die Jacquerie eine erstaunlich umfangreiche
räumliche Ausdehnung. Die Bauern haben schon vorher Selbstschutzabteilungen
zum Schutz vor marodierenden Söldnern gegründet. Es schließen
sich ihnen aber nur wenige Städte an. Nach wenigen Monaten bricht der
Aufstand zusammen. In diesem jahr kommt die Bezeichnung "freie Stadt"
auf. "49. Ein Jahr darauf oder so ungefähr da wurden die von Limburg
vor Merenberg niedergeworfen. Das taten die von Merenberg. Es blieben drei
ehrbare Männer tot. Deren einer hieß Hartung und war ein Schulteiß
und ein Schöffe zu Limburg; man hielt diesen Hartung für den klügsten
Laien in allen diesen Landen. Auch wurden ihrer gefangen zehn oder zwölf."
[Limburger Chronik]
1359
2. Januar: Karl IV. verspricht den schwäbischen Städten, ihre Steuern
nicht mehr zu verpfänden. Im selben Jahr gewährt er den Städten
Lindau (für vier Jahre) und Konstanz (für sechs Jahre) eine Steuerermäßigung
um 100 Pfund Heller. Karl wird allerdings die Steuer von Lindau 1361 und 1365
dessenungeachtet an den Bischof von Chur versetzen (und später noch öfter).
Stadtsteuern werden in dieser Zeit oft zur Schuldendeckung verpfändet
und erreichen die kaiserliche Kasse nicht mehr. Erstmals wird für den
Erfurter Stadtwald eine geregelte Schlageinteilung erwähnt. In Brüssel
wird erstmals der Ommegang als Fest der Hl. Jungfrau von Sand (Sablon, Zavel)
erwähnt. "50. Da man schrieb 1359 um St. Margarethen-Messe, da lag
vor Villmar das Reich und Bischof Boemund von Trier mit Herren, Rittern und
Knechten, mit denen von Limburg und anderen Bürgern seiner Städte,
und mehr Fürsten und Herren. Und es ward genommen. Und ehe es eingenommen
wurde, geschah es, daß die von Frankfurt sollten eine Nacht lang die
Katzen hüten. Da kamen die Feinde heimlich in der Nacht, spickten die
Katzen, steckten sie an und verbrannten sie. Von den Frankfurtern blieben
fünfzig tot. Das kam von ihrer rechten Völlerei, denn Völlerei
stiftet nie Gutes, wie Bernhardus sagt in seiner Epistel: "Ebrietas nihil
aliud facit, nisi quod cadit in lutum". Das heißt: Dem Trunkenen
gehört das zu, im Dreck zu liegen, spat und fruh. [Mit Katzen sind hier
wohl Belagerungsgeräte gemeint.] 51. Zu denselben Zeiten da sang und
pfiff man dies Lied:
"Gott geb ihm ein verdorben Jahr, Der mich machte zu einer Nonne
Und mir den schwarzen Mantel gab,
Den weißen Rock darunter.
Soll ich ein' Nonn' werden
Wider meinen Willen,
So will ich einem Knaben jung
Seinen Kummer stillen.
Und stillt er mir den meinen nicht,
Daran mag er vergehen."
52. Damals war ein Herr von Württemberg, der war ungehorsam gegen Kaiser
Karl, den Römischen König und König zu Böhmen. Und zog
der Kaiser gegen ihn mit großem Pomp und großer Heeresmacht und
gewann ihm viel Land und Leute ab. Er hätte sie ihm für immer weggenommen,
doch fiel der von Württemberg dem Kaiser zu Füßen und bat
um seine Gnade. Da tat er es. Doch setzte der Kaiser seinen Willen in großen
Ehren durch." [Limburger Chronik]
1360
Edward III. von England verbietet den Hahnenkampf (natürlich ohne Erfolg).
In Lübeck brennt nach der Explosion einer Pulverstampfe das Rathaus ab.
In Köln verpflichtet eine Feuerordnung die Zimmerleute, Steinmetzen,
Schmiede und Dachdecker im Brandfalle mit jeweils besonderen Aufgaben Hilfe
zu leisten. In Regensburg wird dem Rathaus ein Danzelhaus (Tanzsaal) angefügt.
"53. Da man schrieb 1360 da ward dem obengenannten Kaiser Karl und Könige
zu Böhmen ein Sohn geboren, was die ganze Christenheit erfreute; man
wußte nicht, daß er später ein wunderliches Leben und Ende
haben werde. Den Sohn ließ er von Prag nach Nürnberg bringen. Dort
wurde er getauft und Wenzeslaus genannt. Seine Mutter war eine geborene von
Schweidnitz. Zu des Kindes Taufe waren mehr denn vierzig oder fünfzig
geborene Fürsten gekommen, dem Kaiser zu Gefallen und zu Diensten, jeder,
wie es ihm zukam, seines Amtes wegen; dazu Grafen, Herren, Ritter und Knechte
so viele, daß es unzählige waren. Sie hielten den allerherrlichsten,
größten und kostbarsten Hof zu Nürnberg, der je gesehen werden
sollte, mit großer Köstlichkeit, Zehrung, Kleidung und dem großartigen
Benehmen der Fürsten, Grafen, Herren und Frauen, mit ritterlichen Waffen,
mit Lanzenbrechen, Fechten und allem Spiel, das dazu gehört. Es ward
geprüft, daß sich auf den Stechebahnen jederzeit mehr als tausend
Mann mit festgebundenen gekrönten Helmen aufhielten. 54. In diesem selben
Jahr verwandelten sich die Dictamina und Gedichte in den deutschen Liedern.
Wenn man bisher lange Lieder mit fünf oder sechs Gesetzen gesungen hat,
so machen die Meister nun Lieder, die heißen Widergesänge, mit
drei Gesetzen. Auch mit den Pfeifen und dem Pfeifenspiel hat es sich gewandelt.
Die Musik ist vorangekommen und ist bisher nie so gut gewesen, wie es jetzt
damit angefangen ist. Denn wer vor fünf oder sechs Jahren im ganzen Lande
ein guter Pfeifer genannt wurde, der taugt jetzt nicht mehr als eine Fliege.
So sang man den Widersang: "Hoffen erhält mich am Leben, Trauern
täte mir sehr weh." 55. In diesen Zeiten zog Landgraf Otto, des
Landgrafen Heinrich von Hessen vorher genannter Sohn, mit zwölfhundert
Lanzen gegen einen Abt von Fulda und lag vierzehn Tage in seinem Land und
herrschte darin. 56. Item in diesen vurgenanten jaren da was der erwerdige
Cone von Falkenstein, ein tumeherre in dem stifte zu Menze, vurmunder unde
beschirmer des Stiftes zu Trire. Unde in der nuwe leise so buwete her Philips
von Isenburg herre zu Grensauwe, der wonete zu Velmar, und machte ein nuwe
burg unde slug di uf einen stein nit verre von Limpurg unde von Velmar, unde
wart genant Gretenstein, want sin wip Grete hiß, unde nante die burg
nach irme namen, unde wolde he ir ein gut testament alda befesten. Unde da
die burg ufgeslagen was, da spiset he si unde mante daz sloß wol mit
guden rittern unde knechten, die waren ferre uß des herzogen lande von
Beigern palzgreben bi Rine, unde wonte wol genistet haben. Des qwam der vurgenante
Cone von Falkenstein von des vurgenanten Stiftes wegen mit rittem unde knechten
unde zoch mit der glocken uß mit der ganzen stat zu Limpurg, unde die
hatten des dages bi echtzenhondert man wol gewapent. Da si dar qwamen vur
daz huis, da lachten si sich nider unde aßen unde drunken unde stalten
sich zu sturme, unde der vurgenante Cone ging selber mit den von Limpurg unde
andern sinen frunden alda vigentlichen zu storme. Unde die uf dem huise worfen
daz vigentlicheste werfen, daz man i solde gesehen. Unde gewonnen das huis
binnen eime halben dage, unde was in dem erne, unde daden daz mit rechter
gewalt ober heupt. Unde was noch den von Limpurg gar ernst darzu, sintemal
daz ez in also nahe bi lag. Unde fingen uf dem huise den haubtman hern Philips
mit ses unde drißig rittern unde knechten unde brachen daz huis in den
grunt. Unde wart her Cone von Falkenstein gar sere geworfen, daz ime sin antlitze
mit sweiße unde blude ran; unde ein jungher von Runkeln, genant Heinrich,
der wart da geworfen, daz he nit lange darnach lebete. Da saitu wißen,
daz dem vurgenanten hern Philips geschach, als David sprichet in dem selter:
„Incidit in foveam quam fecit,,. Daz sprichet also: Eime andern hatte
he eine grube gemacht unde ist selber darinne geracht. Den vurgenanten hern
Conen glichen ich der dogent di da heißet Sterke, als da sprichet Aristoteles
in dem dretten buche Ethicorum: „Fortitudo est agressio terribilium,
ubi mors videtur imminere, ad salvandum commune bonum,,. Daz saitu vursten
also: Der dogende ein heißet Sterke, di plihet stritlicher werke; daz
si irlose di gemeine gut, darzu stellet si iren mut. Item nu saltu wißen,
daz darnach ober hondert jar geborn solde werden, ein memoriale, daz ist ein
gedechtnisse, daz vur dem huise geschah unde qwam also. Da man solde vur dem
huise zu storme gen, so komet rennen ein amptman des bischofes von Trire unde
sprach wider di burgermeister unde burger zu Limpurg, daz si sich stelten
unde gingen darvur zu storme. Daruf antworte ime der burgermeister mit namen
Johan Boppe unde sprach also: "Wir sin hir, da wir stürmen wollen;
dan ir dorfet nit gedenken, daz man den graben mit uns von Limpurg alleine
follen solle. Ritter und knechte sollent bi uns nider tretten. Zu den wollen
wir uns mengen unde mit in glich zu storme gan unde wollen nit di lesten sin".
Da der amptman unde ander ritter unde knechte di antworte gehorten, da filen
si nider mit den von Limpurg unde gingen zu storme, unde niman gap dem ändern
nit zuvorn in dem storme, unde stormeten als vur geschreben ist." [Limburger
Chronik]
Aalen wird Freie Reichsstadt. König Ludwig von Ungarn vertreibt die Juden
aus Buda (oder aus dem ganzen Land?). Im Frieden von Bretigny wird der Hundertjährige
Krieg zwischen England und Frankreich unterbrochen. Die Engländer erhalten
die Gascogne, Guyenne, Calais, Poitou u.a.
Ca.: In Magdeburg verfaßt der Schöffenschreiber Heinrich von Lammespringe
die "Magdeburger Schöppenchronik", die von späteren Stadtschreibern
fortgesetzt werden wird.
Ca.: König Karl V. von Frankreich reduziert die sechs am Hofe angestellten
Spielleute um zwei. Sein Nachfolger Karl VI. wird aber wieder fünf weitere
anstellen.
Ca.: Kurze wattierte Männerwämse, ausgehend von Prag, kommen in
Mode.
Ca.: Als eine neue Helmform kommt die Hundsgugel auf.
1360/1361: Zweite Welle der Pest in Deutschland.
1360/1370: Bei der Darstellung religiöser Themen wird es üblich,
nicht nur Büttel, Schergen und Knechte, sondern auch Vertreter des Bösen
(z.B. Kain) in Mi-parti (zweifarbigen Gewändern) auftreten zu lassen.
Mi-parti gilt als Zeichen gesellschaftlicher Unterordnung und Abhängigkeit.
Die Farben richten sich nach den heraldischen Hauptfarben der jeweiligen Herrschaft.
1361
Es stirbt der Mystiker Johannes Tauler (ca. 61). In Hamburg findet eine Besichtigung
der Bauten statt, um festzustellen, ob diese vorschriftsmäßig errichtet
sind. In Luzern wird das Mindestalter für Heiraten festgelegt: "Wer
der ist, der eins burgers tochter, dü under 15 iaren alt ist, old (oder)
ein frouw eins burgers sun, der under 18 iaren alt ist, heimlichen oder offenlichen
an ir fründen (Verwandte), und irs vogtes willen und wüssend zer
e nimet, das der, ist er burger old burgerin, fünf jar an gnad von der
stat sin sol." (Die Vorstellung, im Mittelalter hätte man sehr früh
geheiratet, ist irrig! Männer heiraten im Schnitt mit 30,5 Jahren, Frauen
mit 22,1 Jahren, und diese Werte stammen vom Hochadel, wo insgesamt früher
geheiratet wird!) "58. Ein Jahr danach zog derselbe Herr Kuno von Falkenstein,
Verweser des Stiftes zu Trier, mit der Stadt Limburg aus und eroberte Allendorf,
eines Ritters Wohnung, bei Merenberg gelegen. Es war ein festes Haus, das
er verbrannte und ganz und gar schleifte. 59. In dieser Zeit sang man überall
das Lied:
"Meiden, scheiden,
Das tut wahrlich weh,
Über Maßen weh
Von einer, die ich gern anseh'.
Und doch ist's nicht unmöglich." [Limburger Chronik]
Die Frauenkirche zu Nürnberg erhält eine Kunstuhr mit beweglichen
Figuren: Sieben Kurfürsten verneigen sich stündlich vor dem Kaiser.
Bis 1363: Dritte Pestwelle in vielen Teilen Europas.
1362
In der schwersten der sechs Marcelli-Sturmfluten (am St. Marcellustag am 16.
Januar oder Februar) des 14. Jhs. brechen Dollart und Jadebusen auf ("de
grote manndrank"). Viel bedeichtes Gebiet, besonders im niedrigen Sietland,
geht verloren. Wasser dringt bis an den Rand der Geest vor, bis an die sandige
Küste von Dangast bei Varel, wohin das Wasser unter natürlichen
Umständen permanent nie reichen würde. Später können Randbereiche
im Süden wieder eingedeicht werden, aber die komplette Abdämmung
dieser Bucht gleingt nie mehr. Dies wird auch kaum versucht, weil sich das
tiefe Wasser im Flaschenhals des Jadebusens als Fahrrinne für Hochseeschiffe
nutzen läßt. Große Landflächen zwischen Sylt und dem
Festland gehen verloren. An der gesamten Nordseeküste sollen 100000 ertrunken
sein. Es sollen in einer einzigen Nacht (auf Sylt oder überall?) 30 Kirchspiele,
darunter das legendäre Rungholt weggespült worden sein. Es versinkt
auch der Hafenort Wendingstadt westlich von Wenningstedt und Listum im Norden
(zwischen Sylt und Festland). In England wird in Gerichten und im Parlament
Englisch die offizielle Sprache. ("Statute of Pleaders") Beispiel
für Münzvielfalt: Der Rechenschaftsbericht des päpstlichen
Schatzmeisters vermeldet 15654 Florins, 1397 Leopards, 299 Écus, 103
Moutons, 5 Royal d'Or sowie 60 Livres, 6 Sous und 2 Denare aus Silber. "Von
den Florins sind 4223 Florins der Apostolischen Kammer, 3869 Florins der Sentence,
7438 starke Florins, 16 Dukaten, 5 Florins aus Genua, 31 Florins aus Aragon,
7 Florins aus Frankreich, 59 Florins mit kleinem Gewicht, 5 Florins aus Cambrai.
Von den Ecus sind 271 alte Ecus mit gutem Gewicht, 1 Ecu aus England, 1 Ecu
aus Bayern, 2 alte Ecus, nicht mit gutem Gewicht, 17 nachgemachte alte Ecus,
8 Ecus von Philipp." Im Schweizer Kanton Uri werden erstmals eine allgemeine
Wehrpflicht und jährliche Ausrüstungsüberprüfungen erwähnt.
"61. In demselben oben genannten Jahr im Herbst nach St. Michaelstag,
da zog Herr Gerlach, Erzbischof zu Mainz, geborener Graf von Nassau, gegen
den Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Dillenburg, mit vielen Rittern und
Knechten, daß sie geschätzt wurden auf fünfhundert Mann mit
Lanzen, dazu mit den Rheingauern. Die taten ihm großen Schaden. Und
sie hätten ihm noch mehr Schaden zugefügt, hätten sie gut Wetter
gehabt. Aber der Regen und das Wasser trieben sie von dannen. 62. In diesen
Jahren vergingen die großen weiten kurzen Lersen und Stiefel. Die hatten
oben rotes Leder und waren geschlitzt. Und es kamen die engen langen Stiefel
mit langen Schnäbeln. Diese hatten Krappen, einen Krappen bei dem andern
von der großen Zehe an bis oben hinauf; hinten hinauf waren sie genestelt
bis halb in den Rücken. Da fing es auch an, daß die Männer
sich hinten, vorn und neben nestelten und fest eingespannt einhergingen. Die
jungen Männer trugen meist alle geknäufte Kogeln wie die Frauen.
Diese Kogeln hielten sich an die dreißig Jahre, dann verschwanden sie."
[Limburger Chronik]
1363
Ein Colmarer Statut bestimmt, daß keine "varende tochter"
einen "rüffina" oder einen "lieben mann haben sol in der
gassen" - d.h. den Dirnen werden feste Partnerschaften verboten, weil
sie der Allgemeinheit gehören. Nach einem Brand in Voitsberg in der Steiermark
bestimmt Herzog Rudolf IV. von Österreich: Wenn die Bürger beim
Wiederaufbau der Häuser Dachziegel verwenden, sollen sie sechs Jahre
Steuerfreiheit erhalten, verwenden sie für das Dach ein anderes, brennbares
Material, nur vier Jahre. In Trier feiert ein Spielmann namens "Soumerdanze"
Erfolge. "63. Item da man schreip von Christes geborte 1300 unde in dem
dru unde seszigesten jare uf den mandag zu pingesten da wart Frederich von
Hatzstein wolgeborn knecht, der ein haubtman was der stede zu Limpurg, irslagen
an der Lane under dem steine, da man geit von Grifenporten in di helde. Unde
daz daden die von Rifenberg; die waren figende der stede Limpurg zu der zit.
Unde die herren unde stat zu Limpurg vurloren in zu male noide, dan he in
nutzlich unde dinstlich was. Auch was der selbe Frederich groß unde
stark, also daz he eine ame wines ufhup unde drank uß der ponten [daß
er ein Ohm Wein aufhob und aus dem Spundloch trank]. 64. In derselben Zeit
ward der vorher genannte Herr Kuno von Falkenstein zum Erzbischof zu Trier
gewählt. 65. In diesen Jahren sandte Gott eine neue Plage auf das Erdreich,
besonders in Deutschland, das waren Heuschrecken. Die kamen und flogen so
dicht in der Luft und auf dem Felde, als wäre ein großer Schnee
gefallen. Sie fielen in die Frucht und taten großen verderblichen Schaden
und flogen dann wieder auf. Das währte von der Ernte an beinahe sechs
Wochen, bis sie mit einem Reif und von der Kälte vergingen. Die Heuschrecken
waren groß und eine halbe Spanne lang und länger, so etwa von dieser
Größe. Diese Plage kam von großer Hoffahrt, und man kann
diese Plage vergleichen mit dem, was David im Psalter sagt: "Et dedit
erugini fructus eorum et labores eorum locustis". Das bedeutet: Die Raupen
sollen von ihren Früchten leben, Arbeit der Leute ist den Heuschrecken
gegeben. 66. In demselben Jahr galt die Quart Wein zu Limburg einen Schilling
Pfennige und einen Heller und folglich auch anderswo ihr Geld. Das währte
beinahe ein Jahr. 67. In diesen Zeiten sang man und pfiff dies Lied und seine
Widergesänge: "Ich will in Hoffnung leben fort, Daß mir irgend
Heil geschehe Von der liebsten Fraue min. Sprach sie zu mir ein freundlich
Wort, So sollte die Trauer von mir fliehn." Antwortgesang: "Ich
will in Hoffnung" usw. "Ihre Gunst mich zum Heil bekort, Ach Gott,
daß ich sie sollte sehen!" Antwortgesang: "Ich will in Hoffnung
leben" usw." [Limburger Chronik]
Ein Nürnberger Handerwerkerverzeichnis zählt 1217 Meister in 50
Berufsgruppen. Entstehung des Revaler Kämmereibuches. In Siena gibt es
einen Fall von Pocken, nämlich die spätere heilige Katharina von
Siena. Es scheinen im Italien des 14. Jhs. Pocken und Pest häufig gemeinsam
aufzutreten, doch sind ausdrückliche Hinweise auf die Pocken zunächst
selten - man spricht meist pauschal von "Pestilenz".
1364
Es erscheint Giovanni di Dondis "Astrarium", worin ausführlich
das Uhrwerk und die Übersetzungsgetriebe beschrieben werden. Dondi und
sein Vater Jacopo entwickeln eine Uhr, die von einem Techniker namens Antonio
im Turm des Palazzo Capitano in Padua gebaut wird. Das Ziffernblatt dreht
sich gegen den (heutigen) Uhrzeigersinn; demnach wird die Zeit am linken unteren
Rand einer jeden Stundeneinteilung abgelesen. Augsburg hat eine Schlaguhr.
In Villingen wird der Müller verpflichtet, "wenne es in der stat
brünnet", bei Ertönen der Sturmglocke, das Überwasser,
das gewöhnlich neben der Stadt abfließt, sofort in die Stadt zu
leiten. Ein Beispiel für neues Selbstwertgefühl ist das Testament
des Lübecker Kaufmanns Berthold von Rucenberg: "Von meinen Eltern
habe ich nichts empfangen, weswegen ich irgend jemand verpflichtet wäre.
Darauf will ich auch sterben. Denn was ich besitze, das habe ich mir von jungen
Jahren an mit großer Mühe und Arbeit erworben." In Erfurt
müssen "etliche jünckerlein" 49 Mark Strafe zahlen, weil
sie mit kurzen Kleidern, langen Mänteln und Schnabelschuhen geprahlt
haben. In Polen taucht der Jahresanfang zum 1. Januar auf. Gründung der
Universität Krakau.
1364/1365: Die Schüler des Studium Papale in Trets (Provence) erhalten
pro Tag 2600 Kalorien; an 302 Tagen im Jahr gibt es Gemüsesuppe, davon
an 125 Tagen Kohlsuppe, ansonsten aus Spinat, dicken Bohnen, Lauch, Zwiebeln,
Kichererbsen, Kürbissen, Linsen und Rüben. [nach H. Neveux in: L'Histoire
de la France rurale]. Beispiel für Raubrittertum nach einem Bericht des
Drosten von Meppen über einen Raubzug des Grafen Otto von Tecklenburg:
Dieser raubt u.a. aus Dahlem 24 Kühe und 1005 Schafe, aus Haselünne
92 Kühe und 80 Pferde und aus Holte 111 Kühe, 50 Schweine, 15 Pferde
und sonstige Wertsachen, wobei in Holte auch zwei Bauern erschlagen werden.
1365
"68. Da man schrieb 1365 im Mittsommer um St. Johannis des Täufers
Messe, da war die große Gesellschaft aus Welschland vor Straßburg
gezogen und lagerte sich bei Colmar und in dem Lande ringsherum und im Elsaß.
Sie taten großen Schaden und lagen fast einen ganzen Monat lang in dem
Lande. Und die ehrwürdigen Fürsten, Herr Kuno von Falkenstein, erwählter
Erzbischof zu Trier, und Herr Gerlach, Erzbischof zu Mainz, und dazu die hochgeborenen
Fürsten von Bayern und besonders Herr Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein,
und dazu alle die Grafen, Herren, Freie, Ritter und Knechte vom Rhein, von
der Mosel, von der Lahn und vom Main und daherum rüsteten sich fast alle
und zogen in großer Waffenherrlichkeit, alle wohlausgerüstet mit
goldenem und silbernem Geschmeide, einer mehr als der andere, gen Elsaß.
Und die Gesellen flohen aus dem Lande Tag und Nacht wieder ins Welschland.
Nie hat es den Deutschen so leid getan, daß die Gesellen ihnen entflohen.
Die Gesellschaft wurde geschätzt alles zusammen auf 20000 Mann, ausgenommen
das Weibsvolk. Die Herren aus diesen Ländern und die Städte am Rhein,
im Elsaß, aus Schwaben - die Stadt Limburg hatte allda auch einen Bürgermeister
mit Söldnern mit vierundzwanzig Pferden - weit und breit hatten sie an
24000 reisiger wohlbewaffneter Leute. Das war Glanz und Waffenschein. 69.
Da man schrieb 1365 wie vorher, da war das große dritte Sterben. Doch
war das Sterben mäßiger als die ersten Sterben, so daß die
Menschen zu zehn oder zwölf den Tag starben in Städten wie Limburg
und solchen, die dem gleich sind. Da starb Herr Gerlach, Herr zu Limburg,
der als erster von dem großen Zug aus dem Elsaß gekommen war,
wo er die große Gesellschaft aus Welschland bekämpfen helfen wollte;
es starb auch seine edle Frau Elschen drei Wochen darauf ohne Leibeserben.
Dieser Herr Gerlach war mittelgroß, braun von Antlitz, scharf im Reden
und Raten und hatte eine schwarze Krulle und einen schwarzen Bart, und er
war schnell von Entschluß, wenn es galt, etwas zu tun. An seine Stelle
trat der edle Junker Johann, sein Bruder. Der war ein Domherr zu Köln
und Trier und war ein gar stattlicher Mann mit einem wohlgebauten Leib von
mittlerer Größe, mit einem schönen Antlitz weiß und
rot, mit gelber Krulle und Bart. Das Haar war so gelb wie Goldfäden.
Er war gütig beim Sprechen und gütig beim Antworten. Er wußte
wohl zu scherzen, wie auch ernst zu sein. Und wartete er beinahe zwanzig Jahre,
bis er eine Frau nahm." [Limburger Chronik]
Die Pest wütet in Köln. Es stirbt der Mystiker Heinrich Seuse.
1366
Für einen unaufgeklärten Mord wird in Krakau am Ende ein Spielmann
namens Kapusta ("Kohl") verantwortlich gemacht (vielleicht nur um
irgendeinen Täter zu haben). Ein Jahr danach zu Halbfasten sollten die
Meister des Wollenhandwerks zu Limburg mit ihrem Gewand auf die Messe nach
Frankfurt fahren. Und sie wurden zwischen dem Kloster zu dem Thron und der
Höhe niedergeworfen; es wurden ihnen abgenommen mehr denn dreihundert
Stück Tuch und etliche wurden gefangen, etliche blieben tot. Das tat
Heinrich, des Grafen Otto Sohn von Nassau, Herrn zu Dillenburg. Dieser Heinrich
war ein Domherr zu Köln und hatte den Beinamen Graf Scheinleder. Die
Wollenweber fuhren im Geleite des Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Merenberg.
In diesem selben Jahr schlug der oben genannte Graf Johann von Nassau eine
Burg auf zu Kirchberg an der Lahn unter Staufenberg. Diese Burg zerbrach Landgraf
Heinrich, Landgraf zu Hessen, und fing auf ihr mehr denn zwanzig wehrhafte
Männer. In demselben Jahre und ein wenig danach, da ward Linz am Rhein
genommen; es ward erstiegen und geplündert bis auf den Grund. Damals
sang man und pfiff dies Lied:
"Das Schachtafelspiel Ich jetzt
beginnen will" usw." [Limburger Chronik]
Gladbach (Mönchengladbach) erhält Stadtrecht. Petrarca über
das Schwarzpulver: "Es war nicht genug, daß der erzürnte unsterbliche
Gott vom Himmel blitzte, auch das Menschlein muß von der Erde donnern:
Ihr aber unterdrückt damit freies Volk. Diese Pest war bisher noch so
selten, daß sie wie ein großes Wunder betrachtet wurde, jetzt
ist sie, da man bei den schlechtesten Dingen am gelehrigsten ist, so gemein
wie jede andere Art von Waffen."
Ca.: Petrarca berichtet in einem Brief an Boccaccio von Spielleuten, die vom
Vortrag fremder Werke leben, welche sie überall von den Verfassern durch
Bitte oder Kauf zu erwerben suchen. Er selbst habe schon einige Dichtungen
hergegeben, und jene seien damit reich geworden. (Ob man als Spielmann reich
werden kann, sei dahingestellt!)
1367
Erstes Verbot des Kartenspiels - in Bern. Die Mainzer Chronik bemerkt, "daß
die jüngeren Männer so kurze Röcke trugen, daß sie weder
die Schamteile noch den Hintern bedeckten. Mußte sich jemand bücken,
so sah man ihm in den Hintern. O welch unglaubliche Schande." Eine böhmische
Chronik: "Etzliche trugen auch auf der Brust mit Baumwollen gefütterte
und ausgefüllte Brustlätze, auf daß es ein Ansehen haben müßte,
gleich als wenn der Mann so wohl gebrüstet wäre als eine Weibsperson,
und pflegten auch dieselbigen falschen Brüste und Bäuche sehr einzuschnüren."
In Augsburg sind die Fugger als Webermeister belegt. Etwas über ritterliche
Ideologie und Kriegstaktik: Heinrich von Trastamara will sich um jeden Preis
mit dem Feind in offenem Felde schlagen. Er verzichtet freiwillig auf seine
günstige Stellung und verliert so die Schlacht von Navarette (Najera).
Geschehen in Kastilien. Damals war eine harte Zeit und ein teures Jahr, so
daß ein Malter Korn Limburger Maßes kostete fünf Pfund Heller
und zwei Turnosen, und das Malter Hafer drei Pfund Heller. Arme Leute hatten
große Gebrechen und Mangel. Die Quarte Wein kostete zwanzig alte Heller.
Da man schrieb 1367 am Abend von St. Peter ad vincula in der Haferernte, da
erstach ein Freier von Dehrn den Junker Johann, eines Grafen Sohn von Diez,
auf der Burg zu Dehrn, so daß er auf der Stelle tot war. Er war ein
junger Mann unter dreißig Jahren von guter Größe. Er hatte
ein länglich Antlitz mit hoher Nase, schlichtes Haar mit einem langen
Zopf, wie es gewöhnlich zu der Zeit war. Dieser Johann wäre ein
Graf zu Diez geworden, wenn er weiter gelebt hätte. Die Grafschaft aber
wurde in eine andere Hand gegeben, wie dies hernach beschrieben wird. Der
Freie hieß Friedrich, ein gestrenger Ritter von fünfzig Jahren;
er war als ein rechter Freier geboren von allen seinen vier Ahnen her. Er
ward auf der Burg Dehrn gefangen und nach Diez geführt. Graf Gerhart,
Junker Johanns Bruder, beschied ein Landgericht zu Reckenforst. Und es ward
dem Freien sein Haupt abgeschlagen, und er ward zur selben Stunde zu Limburg
bei den Barfüssern begraben. Drum sieh dir an, wen du schlägst,
wie schon Salomo spricht: "Fremens ira nulli parcit". Das heißt:
Der grimme Zorn läßt niemand Frist, wie du von Salomo beschieden
bist. Nun sollst du die Physiognomie und Gestalt des Freien erfahren: Der
Freie war ein vierschrötiger Mann mit einer krausen Krulle, er hatte
ein in die Breite gehendes Gesicht mit einer flachen Nase. Der Freie von Dehrn
hatte auch einen Bruder, der hieß Junker Kraft; der war ein Domherr
zu Köln am Dom und zu St. Gereon daselbst. Er wurde später in Westfalen
erschossen.Damals sang man und pfiff dies Lied:
"Verlaß mich nicht, Wie ich's
nicht tue. Ich will Dir stets
In ganzer Treue leben, Ich
hoffe, ich finde Dasselbe bei dir", etc.
In dieser Zeit war der Streit zu Sprendlingen zwischen Bingen und Kreuznach.
Da blieben tot mehr denn zweihundert Mann. Den Streit verlor ein Graf von
Spanheim mit Namen Walram: er wurde auch gefangen, und der Herr von Bolanden
behauptete das Feld. In demselben Jahre war zwischen den zwei Unser-Frauen-Tagen
das große Wetter mit Donner und Blitzen, wie man es seit langer Zeit
nicht gesehen hatte. Das war eines Nachts in der Gegend von Mainz und Frankfurt.
Und an Unser Frauen Münster zu Mainz verbrannte ganz, was daran war von
Holzwerk, mit einem gar hohen Turme, das wurde gänzlich zerstört
und es entstand großer verderblicher Schaden. Und es gab noch mehr Schaden
in demselben Gebiet ringsumher im Lande. (...) Da man schrieb 1367, da waren
verfeindet die edlen Grafen Johann zu Nassau, Herr zu Dillenburg, und Johann,
Herr zu Westerburg. Und es begab sich, daß sie einen Zusammenstoß
und ein Gefecht bei Gudendorn hatten. Johann, Herr zu Westerburg, behauptete
das Feld und fing den Grafen von Nassau mit mehr denn dreißig Rittern
und Knechten. Auf der nassauischen Seite blieben drei und auf der Westerburger
Seite einer tot, gute, handfeste Leute. Derselbe Graf ward frei mit den Rittern
und Knechten für achttausend Gulden. Und er hätte wohl mehr Geld
geben müssen, hätte er nicht Freunde gehabt, die sich sehr für
ihn verwendeten. Zur gleichen Zeit lebte Meister Johannes Buridanus, der zur
Paris länger als vierzig Jahre das Studium geleitet hatte. Der wurde
für den besten Logiker und Philosophen auf Erden in der ganzen Christenheit
gehalten, und man fand nicht seines gleichen. Er schrieb Untersuchungen über
Ethik, die besten, die je gemacht wurden. Diese Untersuchungen gab er als
letztes Geschenk und dauerndes Testament allen Meistern und Studenten. Zur
selben Zeit eroberte Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, Schnorrenberg.
Damals entstand eine große Zweiung in der Stadt Wetzlar an der Lahn
zwischen dem Rat und der Gemeinde. Der alte Rat ward aus der Stadt vertrieben
und die Gemeinde setzte sich einen neuen Rat und regierte die Stadt nach ihrem
Sinne bis ins siebte Jahr und zahlte niemanden Leibrenten. Und es hätte
sich gehört, alle Jahre an fünftausend Gulden Geldes als Leibzuchtrente
zu zahlen. Als dies das siebente Jahr ging, da kamen die von dem alten Rat
wieder in die Stadt mit dem Vorwand, daß man sich wieder aussöhnen
wollte. Darüber einigten sich die vorgenannten alten Ratsmitglieder heimlich
mit Junker Johann, Graf zu Solms. Dieser war gar weltgewandt nach der neuen
Art und tat vertraut mit dem alten und mit dem neuen Rate. Er kam mit wohl
fünfzig Rittern und Knechten in die Stadt und ließ die von dem
neuen Rate alle in ein Haus kommen und tat so, als ob er mit ihnen zum Nutzen
der Stadt zu Rate gehen wollte, nahm den ganzen neuen Rat gefangen und stellte
so viele seiner Diener dabei, daß sie in dem Hause bleiben mußten.
Dann nahm er das Reichspanier in die Hand und trat auf den Plan und der alte
Rat mit ihm. Da kam die Bürgerschaft, wohl an fünfhundert bewaffnete
Männer, um dem neuen Rate zu helfen. Als sie aber sahen, daß der
neue Rat, ihre Freunde, nicht dabei waren, da wurden sie entmutigt. Der vorgenannte
Graf Johann aber beredete sie mit süßen Worten und besprach sie,
daß sie die Waffen ablegten. Und sie wurden einträchtig mit ihm
und mit dem alten Rate und legten den neuen Rat in den Turm, nahmen seinen
Mitgliedern ihr Gut, schlugen dreien die Köpfe ab und warfen einen Teil
der anderen ins Wasser. So ging der Graf von Sohns um mit süßen
und trügerischen Reden, daß die Stadt Wetzlar seines Sinnes wurde.
Sie wurden betrogen, wie man ein Gleichnis in der Schule den Kindern vorliest:
"Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps". Das heißt:
Des Voglers Pfeife gar süß sang, da er tat den Vogelfang."
[Limburger Chronik]
In Zittau wird ein Tuchmacher bei handhafter Tat festgenommen, als er einen
Schöffen überfällt. Dem Täter wird die Mordwaffe in die
Hand gebunden, bevor er vor das Gericht tritt (ein alter Rechtsbrauch). Er
legt ein Geständnis ab und wird enthauptet. Dies ist ein ungewöhnlich
hartes Urteil, denn das Opfer hat die Tat überlebt und ist nur am Finger
verletzt worden! Grippeepidemie in Italien. Ludwig I. der Große von
Ungarn gründet die Universität von Pécs (in Südungarn);
es ist nach Prag, Krakau und Wien die vierte Universität in Mitteleuropa
und die erste in Ungarn. In Moskau wird ein neuer Kreml errichtet, diesmal
aus Stein. Papst Urban V. kehrt gegen den Willen seiner Kardinäle und
gegen den Rat Karls V. von Frankreich von Avignon nach Rom zurück.
Bis 1383: In der Regierungszeit König Fernandos I. von Portugal erhält
Lissabon eine neue 54 km lange Stadtmauer. Die Stadt hat etwa 60000 Einwohner.
Der König führt die Beleuchtung der Stadt mit Öllämpchen
ein.
1368
Im bisher aristokratisch regierten Augsburg kommt es nach einem unblutigen
Aufstand zur Beteiligung der Zünfte am Stadtregiment. Von den 51 Augsburger
Geschlechtern treten hier aber nur wenige einer (politischen) Zunft bei. In
Augsburg hat es in den letzten 30 Jahren 172 Totschläge gegeben. In Breslau
kündigen zwei Bürger ihr Bürgerrecht, weil die Kleiderordnung
ihren Frauen das Tragen bestimmter Kleider verboten hat. In Würzburg
gibt es einen "Herdgulden", d.h. die Existenz eines Schornsteins
- ein Statussymbol - wird als Grundlage der Steuerbemessung herangezogen.
In Wien werden "Überleger" erwähnt; dies sind Pflasterer,
die gänzlich von der Stadt bezahlt werden. In Nürnberg erfindet
Peter Stromeir die Nadelwaldsaat.
1369
In Augsburg werden in diesem Jahr 10 Personen hingerichtet. In Nordhausen
werden sieben Geißler, die nicht widerrufen wollen, als Ketzer verbrannt.
Karl V. von Frankreich verbietet das Kugelspiel. (Ludwig XI. wird es wieder
einführen.) Im Nürnberger Reichswald erprobt Peter Stromer erstmals
die künstliche Tannensaat. 12. Mai: Nowgorod brennt ab. München
hat über 10000 Einwohner.
1370
Unter Beteiligung der Weber kommt es in Köln zu einem ersten Angriff
auf die Geschlechterherrschaft. Von den 13 Angehörigen des Brixener Domkapitels
kann kein einziger unterschreiben (d.h. überhaupt schreiben). Nach der
Polizeiordnung von München wird eine Deputation von 36 Bürgern ernannt,
die darauf zu achten hat, "daz man ab sol prechen alle die paw, die hie
ze München unordentlich geschechen sind". Die offenbar vorübergehende
Tätigkeit dieser Baudeputation beinhaltet u.a. die Beseitigung von hölzernen
Lauben, Stiegen, Vordächern und zu weit vorspringenden Dachrinnen in
engen Gassen. Es wird in München weiterhin verordnet: Wer den vor seine
Tür oder auf die Straße geschütteten Mist oder Kehricht nicht
am selben Tag entfernt, muß Strafe zahlen, nämlich der Stadt 36
Pfennig, dem Stadtrichter sieben Pfennig und dem Gerichtsdiener zwölf
Pfennig. Es gibt bereits Schellen an der Kleidung als (typisch deutsche) Modeerscheinung:
Auf einem Fest, das der Herzog von Braunschweig in Göttingen gibt, erscheinen
viele der adligen Damen und Herren mit kostbaren Gürteln und herrlichen
Gewändern, "die gingen schurr, schurr, kling, kling". Da man
schrieb 1300 Jahr und in dem siebzigsten Jahr in den Fasten, da lagen die
von Erfurt, die von Mühlhausen und Nordhausen und viele andere Herren,
die mit zu ihnen gelobt und geschworen hatten, vor Hanstein. Die Burg liegt
in Sachsen, unter Herzog Otto. Der fiel das Heer an, das aufbrach und wegzog.
So jedoch konnten sie nicht davon kommen, der Herzog bekämpfte sie, schlug
ihrer viele tot und nahm von den Erfurtern, Mühlhausenern und Nordhausenern
so viele gefangen, daß sie als Lösegeld sechsunddreißigtausend
Mark lotigen Silbers gaben. Bald darauf fingen allgemein die Tapparden an;
diese trugen Männer und Frauen. Die Männer trugen auch kurze und
weite Heuken, auf beiden Seiten geknöpft. Und das währte nicht lange
in diesen Landen." [Limburger Chronik]
Papst Urban V. verläßt Rom wieder und kehrt nach Avignon zurück.
Heinrich von Vic (Wiek) fertigt eine große Schlaguhr mit Gewichtsantrieb
für den Glockenturm des Pariser Königsschlosses an. (oder bereits
1364, oder 1364 bis 1370?) In Nürnberg werden Nadeln hergestellt. Nachdem
die Hanse mit Hilfe von Mecklenburg, Holstein, Jütland und Köln
Waldemar IV. von Dänemark besiegt hat, wird im Frieden von Stralsund
festgelegt, daß der dänische König nur mit Zustimmung der
Hanse gewählt wird. In Brüssel kommt es zu Judenverfolgungen. Man
wirft ihnen wieder einmal Hostienschändung vor. Pest in Lübeck und
in einigen Ostseestädten sowie in Lüttich.
Ca.: Aus diese Zeit stammt ein in Lübeck (1866) gefundener Satz Schulgerät,
bestehend aus Griffeln, Tintenfässern, Rechenpfennigen, löffelartigen
Hölzern (Züchtigungsgeräte?) und eine Reihe von beschriebenen
Wachstafeln mit einfachen Strichzeichnungen, Ergebnissen von Schreibübungen,
Fragmenten lateinischer Verse und vor allem lateinische Briefe und Briefformulare
(zu geschäftlichen und politischen Zwecken).
1370/1380: Eine Kleiderordnung zu Straßburg bestimmt "sunderliche,
daz houptloch sol sin, daz man die brüste nit gesehen müge";
fünf Pfund Strafe drohen, "wenne die houptlöcher untz an die
angonden ahsseln süllent sin" (bis zum Ansatz der Achseln reichen).
Es werden auch künstliche Haarteile bekämpft: "daz ouch kein
frowe sich nit me verwe (schminke), oder löcke von toten har anhencken
sülle". Nach Gerüchten um Hostienschändung werden die
Juden aus Brabant vertrieben.
Bis 1387: In diesem Zeitraum wird in Hamburg einmal jährlich der Zustand
der Gebäude untersucht.
Bis 1512: In dieser Zeit ist das Haus Tuchlauben Nr. 19 in Wien nacheinander
im Besitz von 13 Eigentümern, d.h. hier wechseln im Durchschnitt alle
10,9 Jahre die Besitzer (Beispiel für Mobilität in der Stadt).
1371
Vor 1371: In Zürich sind seidene oder leinene Schleier in der Frauentracht
bezeugt, deren Kanten einen Besatz mit Schmuckborten aufweisen. In Augsburg
werden in diesem Jahr 13 Personen hingerichtet. Da man schrieb 1300 und einundsiebzig
Jahr, vierzehn Tage vor Fastnacht, da geschah es, daß ein Bürgermeister
zu Limburg mit Namen Kunz Noide einen wegen Dieberei gefangen in den Katzenturm
führen sollte. Als sie nun einen halben Steinwurf weit vom Diezer Tor
auf die Mauer kamen, da sprang der Gefangene mit dem Bürgermeister von
der Mauer und brach ihm dabei den Hals, daß er binnen acht Tagen starb.
Der Gefangene ward zur Stunde gehängt, da er so schwer von der Mauer
gefallen war, daß er nicht davon kommen konnte. Da man schrieb 1371,
am Freitag nach Unser-Frauen-Tag, wo man die Würz-Kräuter weiht,
waren verfeindet die zwei hochgeborenen Fürsten, der Herzog von Brabant,
der Wenzeslaus hieß und Kaiser Karls Bruder und des blinden Königs
Johann von Böhmen Sohn war, und der Herzog Wilhelm von Jülich. Und
an dem genannten Tage hatte der Herzog von Brabant mehr denn vierundzwanzig
hundert Lanzen, Ritter und Knechte, gar gute Leute, die den Herzog von Jülich
daheim in seinem Lande zu schädigen, zu überwältigen und zu
überreiten suchten. Als sie nun über die Maas, das Wasser im Jülicherland,
kamen, da begegnete ihnen der Herzog von Jülich mit mehr denn tausend
Lanzen, Grafen, Herren, Rittern und Knechten. Auf dessen Seite waren viele
unserer Landesherren von der Lahn, namentlich Graf Johann von Nassau, Herr
zu Dillenburg, Graf Ruprecht von Nassau, Graf Eberhard von Katzenelenbogen,
der Graf von Wied und Junker Friedrich, Herr zu Runkel, und andere Herren,
die ich nicht nennen kann. Und sie hoben einen gewaltigen Streit an. Als dieser
Streit anhub, da kam der Herzog von Gelderland mit mehr denn sechshundert
Lanzen, Rittern und Knechten den Jülichern zu Hilfe und stritt mit den
Brabantern. Die Jülicher gewannen mit großen Ehren und mit Würdigkeit
den Streit und fingen den Herzog von Brabant mit mehr als tausend Rittern
und Knechten; und es blieben tot mehr denn achthundert Ritter und Knechte.
Der Herzog von Gelderland, den man die Blume von Geldern nennt, ward in dem
Streit auf der Jülicher Seite erschossen, und der Graf von St. Pol aus
Welschland fiel auf der Brabanter Seite mit vielen seiner Landsleute aus Welschland.
Und Johann, Erzbischof von Mainz, war ein Bruder des genannten Grafen von
St. Pol, obwohl er ein Welscher war. So ward der größere Haufe
Männer von dem minderen niedergeworfen; das kam von Gott, wie denn Judas
Maccabaeus sagt: "Non in multitudine exercitus victoria belli est, sed
de celo est". Das heißt so viel wie: Der Sieg kommt von dem Himmel
hoch und nicht von der Vielzahl der Leute. In dem besagten Jahre ,da erhob
sich zu Köln in der Stadt eine große Zwietracht und ein Hader zwischen
dem Rate und den Meistern von dem Wollweberhandwerk. Und das kam so. Es war
ein Mann als Gast nach Köln gekommen, der war von einem rechten Gericht
seines Leibes und Gutes verlustig erklärt und dazu verurteilt worden,
daß man ihm das Haupt sollte abschlagen. Den führte man auf das
Feld zum Gerichte. Dabei standen viele, die vom Wollenhandwerk waren; sie
nahmen den Mann, den das Gericht verurteilt hatte, und führten ihn mit
Gewalt in die Stadt zu Köln und meinten, daß sie ihn so erlösen
könnten. Sofort trat der Richter vor den Rat und führte laute Klage
ob der Gewalt, die da geschehen war. Und der Rat und seine Freunde wappneten
sich und bereiteten sich zum Streit und zogen gegen die Weber. Und deren war
auch eine große Rotte, mehr denn sechshundert, wohl gerüstet mit
aufgerichteten Panieren, und traten gegen sie an. Da behauptete der Rat das
Feld mit großen Ehren. Auf der Gegenseite blieben sieben oder acht tot
auf der Walstatt, die anderen flohen, obwohl ihrer zweimal mehr waren als
der vom Rate. Dazu fingen sie ihrer dreiunddreißig in den nächsten
vierzehn Tagen; denen schlug man ihr Haupt ab auf dem Heumarkte, so heute
und morgen, wie sich das traf. Dazu vertrieben sie manchen reichen ehrbaren
Mann von dem vorhergenannten Handwerke, nahmen ihm seine Habe weg und bereiteten
ihnen großen Verdruß. Sie brachen ein großes Versammlungshaus
ab, das einem großen Palaste glich und in dem sie zusammenkamen wegen
ihrer Zunftangelegenheiten. Der Rat machte daraus eine schöne Fleischschirne,
so daß die Vertreter des vorgenannten Handwerks kein Recht mehr daran
hatten. So hat der Rat zu Köln seinen Willen behalten. Zur selben Zeit
da fingen die westfälischen Lendengürtel an. Die waren so, daß
Ritter, Knechte und reisige Leute diese Lendengürtel trugen. Sie fingen
an der Brust an, wurden hinten auf dem Rücken hart zugespannt und reichten
so weit, als die Jacke lang war; sie waren hart gesteppt von beinahe eines
Fingers Dicke. Diese Mode kam aus Westfalenland. In derselben Zeit, zu Halbfasten,
da wollten die niederländischen Kaufleute mit ihren Gewändern den
Rhein herauf fahren zur Messe nach Frankfurt. Da sie von Andernach eine Meile
Weges den Rhein aufwärts kamen, da kamen der Graf von Wied und Herr Salentin
von Isenburg und nahmen dort den Kaufleuten Gewänder im Werte von mehr
denn viertausend Gulden weg und führten sie gen Isenburg. Da erhob sich
der ehrwürdige Fürst Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier,
mit großer Macht und Gewalt und heischte das zurück, was in seinem
Gebiet und unter seinem Geleit weggenommen worden war. Doch das geschah nicht.
Deshalb legte er sich in der genannten Herren Land, nahm ihnen den Engersgau
ab und baute zu Engers eine Burg, die bis auf den heutigen Tag Kunenstein
heißt nach seinem Namen. Er nahm ihnen auch Herschbach und Dierdorf
ab und tat ihnen großen verderblichen Schaden. Den Kaufleuten ward das
Weggenommene und die Gewänder wiedergegeben. So behielt Herr Kuno, der
Erzbischof, mit Gewalt seinen Willen und nahm ihnen Land, Leute und die Fähre
über den Rhein weg bis auf den heutigen Tag." [Limburger Chronik]
In Steyr werden die Juden im Handel beschränkt. Pest in Böhmen,
Schlesien, Polen und in Moskau. Karl IV. erneuert den Landfrieden in Westfalen.
Er erklärt die Femegerichte zu Landfriedensgerichten.
Ca.: Nikolaus Oresmius stellt erstmals die physikalischen Bewegungsgrößen
graphisch dar.
Bis 1432: Während der Messezeiten und bei Reichstagen erlaubt der Rat
von Frankfurt den "Heißen Stein", so etwas wie eine konzessionierte
Spielbank, in der ausschließlich Würfelspiele stattfinden. Der
"Heiße Stein" bestellt alljährlich in Speyer 10000 Würfel.
Eine gleichnamige Institution existiert auch in Mainz.
1372
Karl IV. verleiht dem Erzbischof von Köln und den westfälischen
Bischöfen das Recht, unter Königsbann nach Urteil der Freischöffen
Landfriedensbrecher mit dem Tode durch den Strang zu strafen. Die Zollstätte
von Neuß, dem Erzbischof von Köln gehörig, wird von Zons abgelöst.
Besonders am Rhein hat sich der neue Goldgulden schnell verbreitet, so daß
die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Pfalz den Fuß
des Rheinischen Goldguldens in Münzverträgen regeln. [Die Bezeichnung
"Goldgulden" ist an sich ein Pleonasmus.] Der Straßburger
Bürger Heinrich Blankhart soll für einen begangenen Mord nach Santjago
pilgern. Es gelingt ihm, sich davon durch die Stiftung einer ewigen Messe
zu Ehren des hl. Jakob in der Kirche des Straßburger Johanniterklosters
loszukaufen. Die Uhr am Straßburger Münster erhält eine Schlagglocke.
Wiener Maßeinheiten (nach dem Ordnungsbuch): Das Maß für
Holzkohle heißt "Stübich" und entspricht 129,9 oder 133,9
Liter. Für das Kalkmaß "Potigel" existiert ein Eichgefäß.
Da man schrieb 1372, da entstand eine große Gesellschaft in deutschem
Lande, besonders in dem Lande zu Hessen, die hieß die Gesellschaft von
den Sternen. In dieser Gesellschaft führten die Ritter goldene und die
Knechte silberne Sterne. Einer der Begründer war Herzog Otto von Braunschweig,
dem Göttingen und das Land darum gehört, ein Tochtersohn des Landgrafen
Heinrich von Hessen, auch der Graf von Ziegenhain, Graf Johann von Nassau,
Herr zu Dillenburg, der Graf von Katzeneinbogen, Herr Johann von Büdingen
und weiter die Herren von Isenburg, der Herr von Hanau, der Herr von Lisberg,
der Herr von Helfenstein, der Herr von Eppstein und dazu die meisten Ritter
und Knechte in dem Lande zu Hessen und in der Wetterau, im Buchenland und
am Rhein, in Sachsen, in Thüringen und in Westfalen, so daß man
die Gesellen von den Sternen an zweitausend Ritter und Knechte schätzte,
die an vierthalb hundert Schlösser hatten. Zur selben Zeit war der hochgeborene
Graf Heinrich von Hessen Feind des genannten Herrn von Lisberg. Er schickte
seines Bruders Sohn, Landgraf Hermann, da hin, daß er sich mit mehr
denn tausend Rittern und Knechten vor den Herzberg legte und da ein Haus aufschlug.
Darauf kam die Gesellschaft von dem Sterne zu Haufe, mehr denn fünfzehnhundert
Ritter und Knechte, und trieben den Landgrafen fort, verbrannten ihm sein
Land bis gegen Fritzlar, lagen darinnen mehr denn acht Tage und schieden wieder
von dannen. Darum begannen der genannte Landgraf Heinrich und Landgraf Hermann,
seines Bruders Sohn, gegen die Sterngesellen einen täglichen Krieg und
gelobte Landgraf Hermann, daß er den Krieg nicht sühnen wolle bei
Jahr und Tag. Er hielt das auch durch und hielt mehr denn sechshundert Lanzen
von Rittern und Knechten, die er mit hohen Kosten besoldete, mehr denn Jahr
und Tag zu täglichem Krieg. In dieser Zeit war der edle Ruprecht Graf
zu Nassau, ein Enkel König Adolfs, Grafen zu Nassau, Helfer des hochgeborenen
Fürsten, Landgrafen Heinrich von Hessen, wider die genannte Gesellschaft
von dem Sterne und nahm dafür seinen Sold. Und es ereignete sich, daß
ein Teil der Sterner, in Sonderheit die Grafen von Katzenelnbogen, Graf Wilhelm,
Graf Eberhard und Grat Diether, die Niederlassung zu Hadamar des Nachts erstiegen,
einnahmen, in der Nacht sorglos umher gingen und wähnten, es in der Hand
und in ihrem Willen zu haben. Da ermannte sich die Gemeinde zu Hadamar und
stellte sich zur Abwehr mit Werfen, mit Schießen und anderer großer
Anstrengung, sie trieben sie kraftvoll hinaus, fingen ihrer acht in derselben
Nacht; und deren drei starben, ohne den anderen großen Schaden, den
sie vom Stürmen und von den Geschossen hatten." [Limburger Chronik]
Bis 1376: Papst Gregor IX. wird durch die Alberti mit über 400000 Gulden
finanziert.
1373
In Augsburg werden in diesem Jahr 5 Personen hingerichtet.
Bis 1392: Guillaume Tirell, genannt "Taillevent", der ehemalige
Erste Hofkoch Karls V. von Frankreich verfaßt eines der ersten Kochbücher
in französischer Sprache. (Darin wird u.a. auch Hanfsamensuppe erwähnt.)
1374
Tod Petrarcas (70). In Braunschweig beendet nach längeren Unruhen ein
blutiger Aufstand die Geschlechterherrschaft. Der Rat, der sich bisher selbst
ergänzt hat, wird nun durch 19 Körperschaften gewählt (14 Gilden
und fünf Gemeinden). Acht Ratsherren bzw. Bürgermeister werden hingerichtet,
52 vertrieben. Die Vertriebenen fliehen nach Lübeck, Hamburg und Lüneburg.
In den Niederlanden, am Rhein und an der Mosel gibt es im Sommer Fälle
von Tanzwut: Die Tänzer stellen sich einander gegenüber und tanzen
oft einen halben Tag lang auf der Stelle. Mitten im Tanz werfen sie sich auch
auf den Boden und lassen sich auf den Leib treten, wovon sie nach eigener
Aussage gesund würden. Aus einer niederländischen Quelle (zit. n.
Otto von Corwin, Geißler): "Am 16. Juli kam eine sonderbare Art
besessener Menschen aus den oberen deutschen Ländern nach Aachen, von
da nach Utrecht und endlich gegen September nach Lüttich. Halb nackend,
mit Kränzen auf den Köpfen, führten diese Besessenen beider
Geschlechter auf den Straßen, selbst in den Kirchen und Häusern,
ohne alle Scham ihre Tänze auf, wobei sie in ihrem Gesange nie gehörte
Namen des Teufels ausriefen. Nach vollendetem Tanz quälten die Teufel
sie mit den heftigsten Brustschmerzen, so daß sie mit schrecklicher
Stimme schrien, sie stürben, wenn man sie nicht mit Binden mitten um
den Leib stark zusammenschnüre. Bis zum Oktober wuchs ihre Sekte zu vielen
Tausenden an. Aus Lüttich strömten täglich neue Tänzer
herbei, und zu Lüttich wurden viele, die noch an Leib und Seele gesund
waren, plötzlich von den Teufeln ergriffen und verbanden sich mit den
Tänzern. Kluge Leute wußten keinen anderen Grund der Entstehung
dieser teuflischen Sekte anzugeben als die herrschende Unwissenheit in Glaubenssachen
und in den Geboten Gottes. Viele aus dem Volke warfen aber die Schuld auf
die Priester, die im Konkubinat lebten, durch die also jene Leute nicht recht
getauft worden seien...In einem Flecken bei Lüttich sammelten sich um
Allerheiligen eine Menge Tänzer und Tänzerinnen und beschlossen,
nach der Stadt zu gehen und den Prälaten samt allen übrigen Pfaffen
umzubringen. Als sie jedoch nach Lüttich kamen, legte sich ihre Mordlust
bald...Nach dem Wortlaut einiger Verse konnten sie niemand weinen sehen. Die
rote Farbe, besonders rotes Tuch und Schnabelschuhe, waren ihnen ein Greuel.
Daher wurde den Lütticher Schuhmachern verboten, solche Schuhe zu machen.
Sie sagten, sie müßten deswegen hochspringen und tanzen, weil es
ihnen vorkäme, als wenn sie in einem Strome von Blut ständen. Andere
meinten wieder, sie würden zum Springen genötigt, wenn der Teufel
in ihre Beine hinabstiege; kam er jedoch in den Bauch, so quälte er sie
entsetzlich. Bei ihren rasenden Reihentänzen gaben sie sich die Hand
und ermunterten einander: frisch! frischkes! Diesen Ausruf und andere ausgestoßene
Wörter und Töne hielt man dann für die Namen von allerhand
Teufeln..." Viele tanzen sich in der Wut zu Tode oder reiteln einander
mit Stöcken, die sie im Gürtel stecken haben. Durch Beschwörungen
werden etwa 3000 Tanzteufel ausgetrieben, und weil dazu das Johannesevangelium
dient, wird ihr Tanz auch "Tanz des Heiligen Johannes" genannt.
In Köln tanzen sie nachts, wobei über 100 tanzende Jungfrauen schwanger
werden. Nach 16 Monaten nimmt die Geschichte ein schimpfliches Ende. Da man
schrieb 1374, des Donnerstags vor Fastnacht, da war eine große Flut
auf Erden und große Not von Wassers wegen, so daß der Rhein und
die Lahn mehr als sechsundzwanzig Fuß hoch über ihr rechtes Gestade
in die Höhe gingen. Die Flut kam von einem großen Schnee, der gefallen
war; er schmolz und verging sehr schnell. Es war der größte Schnee,
der in hundert Jahren vorher gefallen sein mochte. Und die Flut währte
mehr denn fünf Tage und Nächte und nahm zu und ab. Es war große
Betrübnis bei den Leuten und das Geflügel in den Häusern, Hähne
und Hühner, sangen auch betrüblich. Die Lahn vor Limburg warf in
den Gärten alles um und um, auch manchen Rahmen mit Gewand, und führte
die Obermühle am Steiger hinweg; auch führte sie hinweg die Walkmühle
und die Lohmühle und die Brücke zu Diez, die hölzern war. Das
trieb alles fort. Es war auch schon eine Flut zuvor auf den zwölften
Tag nach Weihnachten gewesen. Jene Flut kam dieser nicht gleich, da diese
größer war. Da man schrieb 1374, zu Mittsommer, da erhob sich ein
wunderlich Ding auf Erden und sonderlich in deutschem Lande am Rhein und an
der Mosel. Die Leute hoben an zu tanzen und zu rasen und standen je zwei gegen
einen und tanzten einen halben Tag auf einer Stelle. Beim Tanzen fielen sie
gar oft auf die Erde nieder und ließen sich mit Füßen auf
ihren Leib treten; sie nahmen an, daß sie davon genesen wären.
Sie liefen von einer Stadt und von einer Kirche zur anderen und hoben Geld
von den Leuten, wo es ihnen gegeben wurde. Und es waren ihrer so viele, daß
man in der Stadt Köln mehr denn fünfhundert Tänzer fand. Und
man fand, daß es Betrug und Ketzerei war, und um Geldes willen geschah,
damit ein Teil von ihnen, Frauen und Männer, in Unkeuschheit leben und
sie vollbringen konnten. Und fand man, daß zu Köln mehr denn hundert
Frauen und Dienstmädchen, die keinen Ehemann hatten, bei der Tanzerei
alle wurden Kinder tragend. Wenn sie tanzten, so banden und knebelten sie
sich um den Leib hart zu, um schlanker zu erscheinen. Dazu sagten einige Meister,
sonderlich die guten Ärzte, daß ein Teil tanze, weil sie von hitziger
Natur waren und aus anderen bresthaften Ursachen. Deren aber waren wenige,
denen so ge schah. Die Meister der Heiligen Schrift beschworen einen Teil
der Tänzer und meinten, daß sie vom bösen Feind besessen wären.
So nahm es ein betrügerisches Ende. Und es währte wohl sechzehn
Wochen oder ungefähr so lange in diesem Lande. Die vorhergenannten Tänzer,
Männer sowohl wie Frauen, taten auch so, als ob sie kein rotes Gewand
sehen könnten. Es war aber alles Betrügerei und, wie mich dünkt,
eine Vorbotschaft des Antichrists gewesen. Zu dieser Zeit sang man und pfiff
dies Lied:
"Geläutert rein und säuberlich, Weiß
ich ein Weib gar minniglich, Die ist
in ihrer Zucht bewahrt. Ich wollte,
daß sie's wüßte, Die Reine, zart."
Da man schrieb 1374, da ward Herr Friedrich von Saarwerden, Domherr zu Köln,
ein Erzbischof allda zu Köln. Der regierte das Stift zu Köln gar
herrlich und mußte sich sehr viel mit den Westfalen herumbeißen,
ehe er mit ihnen sein Durchkommen hatte. Auch war er groß und wohlgestaltet
für einen Fürsten. Er hielt herrlich Hof und Haus nach fürstlichem
Stande. Unter demselben Bischof geschah es im vierten Jahre seines Bischoftums,
daß auf den heiligen Christtag in seiner Gegenwart auf dem Saal zu Godesberg
der Burggraf von Rheineck einen Freien erstach, einen ehrbaren, tapferen Ritter;
der hieß Herr Rulemann von Sinzig. Der Burggraf ward gefangen und ward
von ihm gerichtet und sein Haupt abgeschlagen. In diesen Zeiten war der ehrwürdige
Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof von Trier, Verweser des Stiftes zu Mainz
und Köln, bis sie zur rechten Besetzung kamen. Damals sang und pfiff
man:
"Wie möcht es mir wohl sein
In Reue?
Es grünet in dem Herzen mein
Wie auf der Aue.
Daran gedenke,
Mein Lieb, und nicht enwenke."
Da man schrieb 1374, da war ein Graf zu Solms, der hieß Johann. Und
es geschah, daß er wohl mit hundert Pferden vor Friedberg kam und das
Vieh zu Hauf trieb. Die von Friedberg jagten ihn bis nach Butzbach vor das
Schloß, und waren den Feinden zu stark. Und in dem Durcheinander ritt
aus Butzbach ein Edelknecht, der war selbdritt. Sie waren unbewaffnet und
wollten nachsehen, was auf dem Felde vorginge. Da geschah es, daß die
von Friedberg den edlen Knecht erschlugen. Da war zu Butzbach ein großer
Rumor und ein Geschrei; sie zogen zu Felde mit dem erwähnten Grafen zu
Solms, stritten mit denen von Friedberg, erschlugen ihrer wohl acht und fingen
ihrer mehr denn zweihundert. Diese gaben zu guter Freundschaft mehr denn sechstausend
Gulden, und das verdankten sie dem Kaiser, der da hieß Karl, König
zu Böhmen. In dieser Zeit, als die von Friedberg gefangen lagen, erhob
sich Junker Dietrich, Herr zu Runkel, mit unseren Landsleuten an der Lahn,
von Nassau, von Isenburg, von Grenzau, von Westerburg, von Molsberg und anderen
Schlössern um Limburg, mit wohl hundert Lanzen guten reisigen Volkes,
Rittern und Knechten, gingen die von Friedberg an und suchten sie zu schädigen.
Doch wurde dieser Zug gemeldet, so daß die Burgmänner von Friedberg
kamen, dem Raube folgten, sie niederwarfen und der Landsleute mehr denn siebzig
Mann fingen. Etzliche blieben auch tot. Der genannte Junker Dietrich aber
wurde selbdritt mit zwei Hauptleuten gefangen. Für alle gab man als Schatzung
zehntausend Gulden, und das war ein gnädiges Lösegeld. In demselben
Jahr zwischen St. Michaelis- und St. Lubentiustag verbrannten die von Limburg
die Talsiedlung zu Ellar. Da verbrannte ein Knecht in dem Feuer, der von Dehrn
her gelaufen war und sie gewarnt hatte. Die Limburger erschlugen einen Mann,
und eine Frau ward erschossen, und sie fingen dazu vier Mann. Und das taten
sie um zweier willen, die ihre Feinde waren und da aus- und einritten. Von
beiden hieß einer Krae und der andere hieß Busse. Diese beiden
wurden noch in dem selben Jahre von anderen gehängt, die ihnen Feind
waren, und das taten die von Elkerhausen. In demselben Jahre, da waren die
von Reifenberg Feinde Junker Philipps, Herren zu Falkenstein. Der wurde der
Stumme von Falkenstein genannt; nicht weil er ein Stummer war beim Reden,
sondern ein Stummer beim Werken. Die von Reiffenberg erstiegen und gewannen
Königstein jenseits der Höhe, fingen ihn mit vier seiner Kinder
und führten sie auf ihr eigenes Schloß gen Reifenberg. Dort starb
derselbe Junker Philipp binnen acht Tagen, denn er war zu Königstein
sehr gefallen und wäre gern geflohen, als das Haus erstiegen ward. Die
Kinder gaben denen von Reifenberg dafür, daß sie frei wurden und
ihr Haus Königstein wieder ihnen gehörte, zehntausend Gulden und
den Helfern fünfhundert Gulden. Von diesen Kindern wurde einer ein Bischof
zu Trier, wie man dies hernach beschrieben findet; sein Name war Werner. Da
man schrieb 1374, da ward Adolf, des Grafen Adolf von Nassau Sohn, Bischof
zu Speyer, ein von dem Kapitel erwählter Bischof zu Mainz. Er nahm alle
Schlösser in dem Lande und Bistum zu Mainz und hatte sie in seiner Gewalt.
Der Papst Gregor XI. aber gab das Bistum zu Mainz Herrn Ludwig, eines Markgrafen
von Meissen Sohn, Bischof zu Bamberg. Und die zwei Bischöfe lagerten
sich gegenüber, um sich mit dem Schwerte zu bekriegen. Der von Nassau
wollte dem Markgrafen von Meissen nicht weichen und zog an sich den Herzog
Otto von Braunschweig, den Grafen von Waldeck, einen Grafen von Schwarzburg,
Graf Johann von Nassau, Herrn zu Dillenburg, den Grafen von Ziegenhain, einen
Herrn zu Eppstein und einen Grafen von Katzenelnbogen. Diese selbst und dazu
mancher andere, Grafen und Herren, zogen miteinander in die Stadt Erfurt und
hatten mehr denn sechzehnhundert Ritter und Knechte ohne der Erfurter große
Macht. Sie lagerten allda und unterstanden sich, die Markgrafen von Meissen
zu überwältigen und sein Land zu gewinnen. Und da boten die Markgrafen
von Meissen mit ihren Freunden ein Heer auf und kamen vor Erfurt mit sechstausend
Rittern und Knechten auserlesenen Volkes ohne andere Bürger, die sie
da hatten. Sie lagerten sich um Erfurt und fügten ihnen großen
Schaden zu; sie zerhieben ihre Weingärten und bedrängten sie gar
sehr. Und da sie vierzehn Tage und Nächte vor Erfurt gelegen hatten,
da kam der römische Kaiser Karl IV., König von Böhmen, und
sein Sohn Wenzeslaus mit vielem Volk, Rittern und Knechten, und legten sich
auch vor Erfurt mit den Markgrafen von Meissen und lagen allda ganze acht
Wochen nach einander mit großen Ehren und großer Gewalt. Sie hätten
gern gestritten mit den Herren und mit der Stadt Erfurt, doch gelang es ihnen
nicht. Denn was zu Erfurt drinnen war von Herren, Rittern und Knechten, das
ritt bei Nacht zwischen zwei Tagen größtenteils alles von dannen
und ließen den Markgrafen und den Kaiser allda liegen. So behielt der
genannte Bischof Adolf das Bistum zu Mainz gänzlich mit allen Schlössern,
Ländern und Leuten mit rechter Gewalt wider den Papst, den Kaiser und
alle Markgrafen von Meissen, ließ sie alle ihr Bestes suchen und regierte
das Stift zu Mainz als ein kühner, energischer Fürst in trefflicher
Weise und vollführte er das, was der Metriker in der Schule sagt: "Audaces
fortuna iuvat non omnibus horis". Das heißt: Das Glück hilft
den kühnen Leuten nicht zu aller Zeit, das laß dir gedeuten! Da
man schrieb 1374 Jahr auf den Montag nach unseres Herrn Leichnams Tage, das
war der fünfte Tag in dem Monat, den man lateinisch Junius nennet, da
hielten Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, und Junker Johann,
Herr zu Limburg, ein strenges Gericht zu Limburg auf dem Berge in eigener
Person ab. Das Gericht sollte sein über einen Schöffen zu Limburg
namens Johann von Nauheim. Und die genannten Herren hatten zu Beisitzern am
Gerichte Herrn Friedrich von Saarwerden, Erzbischof zu Köln, Johann Grafen
von Sayn, Reinhard Herrn zu Westerburg, Dietrich Herrn zu Runkel, und viele
andere Ritter und Knechte. Das Gericht ging in der Form und Weise an, wie
hernach geschrieben steht. Da stand ein Ritter mit Namen Herr Dietrich Walpode
auf und fragte die Schöffen zu Limburg im Aufrag der Herren, daß
sie auf ihren Eid sagten und offenbarten, wofür sie ihre Herren hielten,
und was ihre Herrschaft, ihre Freiheit und ihr Recht wäre zu Limburg.
Da gingen die Schöffen hinaus und hielten eine Beratung und kamen wieder
und taten ihren Spruch. Das Wort führte Johann Boppe, Schöffe zu
Limburg, gar würdig und sprach mit Festigkeit im Namen der Schöffen
von Anbeginn des Gerichts bis zuletzt und sprach also: "Wir bekennen,
daß unser Herr von Trier unser Herr durch Kauf ist nach dem Wortlaut
und Ausweis solcher Briefe, die darüber gegeben und besiegelt sind mit
Vorbehalt der Vorzeigung auch solcher Briefe und Gegenbriefe, die auch die
Bürger und die Stadt von Limburg von dem Stifte und unserem Herrn von
Trier und seinen Vorgängern wiederum und dagegen haben". Weiter
sprach er: „Wir bekennen und halten unseren Junker von Limburg für
unseren rechten geborenen Herrn, der zur Herrschaft von seinen Eltern, unseren
seligen Herren, geboren ist, wie daß die Herrschaft und Herrlichkeit
an ihn durch Erbschaft überkommen und gelangt ist von seinem Vater und
Herrn Gerlach, seinem Bruder, unseren seligen Herren". Zum anderen Male
stand der vorher genannte Ritter auf und fragte die Schöffen im Auttrage
der Herren und ermahnte sie gar ernstlich und auf den Eid, daß sie erzählten
und sagten von Punkt zu Punkt und von Stück zu Stück, was der Herren
Herrlichkeit, Herrschaft, Freiheit und Recht wäre, und was man ihnen
hier zu Limburg an der Herrschaft zugestände, ohne daß ihre Herrschaft
und Freiheit einen Verlust erlitte. Da gingen die Schöffen abermals hinaus
und berieten sich und kamen wieder und der genannte Johann Boppe sprach: "Wir
erklären für Recht, daß das Gericht zu Limburg unseren Herren
gehört über Hals und Haupt; doch daß die Herren keinen Bürger
von Limburg nicht greifen, noch in irgend einer Weise anrühren sollen,
die Schöffen hätten denn darüber zuvor geurteilt. Weiter gestehen
wir den Herren die höchste Wette zu, das sind zehn Mark Limburger Währung,
und der ganzen Stadt Limburg ein Fuder Frenzwein, sowie einem jeglichen Schöffen
eine Mark weniger vier Pfennige. Zum anderen gestehen wir den Herren die mindeste
Wette zu, das sind dreißig Schilling Pfennige, und einem jeglichen Schöffen
zehn Pfennig; und wir erkennen als Recht, daß man keinen Bürger
zu Limburg pfänden noch ergreifen soll einer Geldbuße wegen, man
habe denn zu zweimal vierzehn Tagen über die Geldbuße vorher gerichtet
und über die kleine Geldbuße zu dreimal vierzehn Tagen. Auch soll
man keinen Bürger zu Limburg antasten oder vor Gericht ziehen, der jemand
geschlagen oder gestochen hätte, solange der Geschlagene noch den Atem
in seinem Leibe hat. Dies alles ist in jeder Weise althergebracht und allzeit
getreulich und festgehalten worden." Wiederum fragte der genannte Ritter
im Auftrage der Herren, wenn einer eine Gewalt begehe zu Limburg, ob dann
ein Amtmann der Herren ihn ergreifen und in Haft halten könne bis zur
Entscheidung der Schöffen, damit er nicht vorher flüchtig werde.
Da gingen die Schöffen hinaus und kamen wieder, und der vorgenannte Johann
Boppe antwortete für sich und die Schöffen und sprach: "Wir
erklären für Recht, so bald einem Amtmann eine Gewalttat geklagt
wird, so soll er im Auftrag der Herren ein Gericht bescheiden und soll die
Schöffen auch versammeln und die Klage eröffnen, so wie die Sache
geschehen und erfolgt ist. Nachdem dann die Klage erbracht worden ist, sollen
sich die Schöffen beraten und überlegen und sollen dann sagen und
für Recht erklären, was nach ihrer Ansicht Recht sei. Und werde
es ihnen nicht von den Schöffen angewiesen, so sollen die Herren oder
auch die Amtleute keinen Bürger ergreifen noch irgendwie anrühren".
Zum andern Mal fragte der vorher genannte Ritter im Auftrag der Herren, wenn
man einen verdächtige, daß er eine Gewalttat getan und begangen
hätte, was er den Herren schuldig wäre. Deshalb gingen die Schöffen
abermals hinaus und berieten sich und kamen wieder; und es antwortete der
vorher genannte Johann Boppe im Namen der Schöffen und sprach: "Liebe
Herren, wir, die Schöffen zu Limburg, erkennen und sprechen noch kein
Urteil über einen nur gedachten Fall." Und mehr sagte er nicht.
Liebe Freunde, da diese Fragen und Antworten, wie sie hier beschrieben sind,
und noch viel mehr der Reden, die hier nicht alle geschrieben stehen, geschehen
und mit Würde und Weisheit beantwortet worden waren, da standen die beiden
vorher genannten Fürsten von Trier und von Köln, die Grafen, Herren,
Ritter und Knechte auf und verwunderten sich über die große Vorsichtigkeit
und einer sah den andern an, als ob sie sollten sprechen: "Der Has' ist
uns entgangen, den wir wähnten zu haben gefangen." Und sie erwiesen
den Schöffen große Ehre, lobten ihre Weisheit und gingen von dannen.
Daran gedenket. Ihr Jungen und Ihr Alten, Daß Ihr mit Weisheit möget
behalten Euren Leib, Gut und Ehre, Das ist Euren Kindern gute Märe. Bittet
Gott für den Schreiber Tilemann, der diese Urteile sofort zur Notiz nahm
zur Ehre und Wohlfahrt der Stadt zu Limburg! Dies sind die Schöffen,
die zu der Zeit waren, als dies vorgenannte Gericht zu Limburg war: Johann
Boppe, Johann von Nauheim, Helwig von Holzhausen, Markwart Borgenit, Otto
Knappe, Kunze Schultheiß, Johann Mulich, Heinrich Wiße, Kunz Priol,
Kuno auf der Schoppen und der alte Johann Sibolt. In dieser Zeit, fünf
oder sechs Jahre zuvor, da lebte am Main ein Mönch des Barfüßer-Ordens,
der war von den Leuten ausgewiesen und war nicht rein. Der machte die besten
Lieder und Reigen in der Welt, in Reim und Melodie, so daß ihm niemand
am Rheinstrome oder in diesen Landen gleichkam. Und was er sang, das sangen
die Leute alle gern, und alle Meister, Pfeifer und andere Spielleute führten
den Sang und die Gedichte mit sich. So sang er dies Lied:
"Im Leben bin ich ausgezählet, Man weist
mich Armen vor die Türe, Untreue ich nun
spüre Zu allen Zeiten."
Ferner sang er:
"Mai, Mai, Mai,
Deine wonnigliche Zeit,
Jedem Freude gibt,
nicht mir.
Was meinet das?"
"Die Untreue hat mit mir gespielt" usw.
Der Lieder und Widergesänge machte er gar viele, und war das alles gut
zu hören." [Limburger Chronik]
In Köln werden die Höchstlöhne für Dachdecker, Zimmerleute
und Steinmetze festgelegt. Einige von diesen versuchen in der Folgezeit, sich
unerlaubt zu bereichern, indem sie für die Lehrlinge einfach Gesellenlöhne
berechnen. In Butzbach gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden)
über die Existenz einer Schützengesellschaft. Venedig richtet für
(pestverdächtige) Neuankömmlinge eine dreißigtägige Isolation
(trentana) ein - eine erste Quarantäneverordnung.
9. Oktober: Karl IV. erteilt der Stadt Reutlingen das Privileg, daß
Prozesse gegen ihre Bürger künftig nur noch vor dem Reutlinger Stadtschultheißen
angestrengt werden können. In Venedig wird den Banken der Warenhandel
untersagt. Venedig organisiert Konvois nach Brügge.
Und 1375: Hungersnot in Florenz. Die französischen Legaten des Papstes,
die ohnehin nicht sehr beliebt sind, untersagen den Export von Getreide aus
den Kirchenstaaten.
1375
Tod Boccaccios (62). Der Lübecker Hansetag schließt Braunschweig
aus der Hanse aus. John Gower klagt: "Auf dieser Welt wird alles zusehends
schlimmer. Schäfer und Kuhhirten verlangen für ihre Mühe mehr,
als der Vogt in früheren Tagen für sich selber forderte...Die Armen
und das niedere Volk wollen besser essen als ihre Herren. Und mehr noch, sie
stecken in schönen Kleidern, die in allen Farben leuchten." Es verstirbt
die Nonne Langmann aus Engelthal. Sie hat aufgrund von Visionen behauptet,
Christus hätte durch ihe Bitten einmal 4000, andere Male 10000, 20000
und 30000 Seelen aus dem Fegefeuer befreit. Seit diesem Jahr hat Hamburg eine
"Tollkiste" (Irrenhaus). Aus der Hamburger Gerberordnung: "Welk
knecht der dre jahr gedeet heft in dem ampte, lüstet et em tho wandernde,
dat shal he kündigen den werkmeistern." Die Gesellenwanderung wird
erst in diesem Jahrhundert prägend für die Gesellenzeit. Wanderpflicht
wird erst Mitte des 15. Jhs. relevant. In dem Jahre 1375, da war ein besonders
trockener und heißer Sommer, so daß es mehr denn zwölf Wochen
nicht regnete. Und in dem Jahr ward das Korn und die Früchte so gut,
wie man vierzehn Jahre vorher nicht gesehen hatte. Zu Limburg in der Ernte
galt das Malter unter der Sichel einen Gulden und danach zehn Schilling Pfennige.
Auch der Wein ward gar gut in dieser Zeit und es wäre gar viel geworden,
aber die Sonne hatte ihn verbrannt und verheert Die Maß des besten Weines
galt zu Limburg acht alte Heller, und das währte fünf Jahre nacheinander.
In diesem selben Jahre zu Herbst vor St. Michels-Tag, da kam eine große
Gesellschaft von Lombarden vor Metz. Die lagerten sich in dem Lande an der
Mosel und verwüsteten das Land, so daß die von Metz handelten mit
ihnen um mehr denn zwanzigtausend Gulden, daß sie in Frieden verblieben
und daß auch ihre Weingärten unbeschädigt blieben. Da zogen
sie in das Bistum Trier. Des ward gewahr der genannte ehrwürdige Herr,
Herr Kuno, Erzbischof zu Trier, sammelte ein großes Heer und wollte
mit ihnen streiten. Da flohen sie wieder hinweg und kamen vor Straßburg
und in das ganze Land ringsum im Elsaß länger als zwei Monate mit
ganzer Gewalt und verdarben das Land jämmerlich. Sie wurden auf mehr
denn zwanzigtausend gewappnete Männer geschätzt, ohne die Schützen
und anderen Leute und Frauen. Da versammelten sich die Fürsten, nämlich
der Herzog von Österreich, die Herzöge von Bayerland und Herr Adolf,
Bischof zu Speyer, erwählter Erzbischof zu Mainz, und dazu die Grafen
und Herren, so daß sie genug Leute zum Streiten hatten. Aber die zu
Straßburg und die anderen Städte hatten kein Vertrauen zu den Herren
und wollten nicht zu Felde. Jedoch die Gesellschaft zog sich zurück und
floh ins Welschland. Als sie aber gewahr wurden, daß die Fürsten
und die Herren fortgeritten und geschieden waren, da kam die vorher genannte
Gesellschaft wiederum ins Elsaß. Da taten sich die Schweizer zusammen,
zogen gegen sie, verbrannten ihrer in einem Hofe und erschlugen ihrer dazu
so viele, daß mehr denn zweitausend tot blieben. Und damit wurden sie
aus diesen Landen gejagt." [Limburger Chronik]
Bis 1384: In den Ausgaben des Rats von Bern tauchen häufig Beihilfen
für Ziegeldächer auf.
1376
Gründung des Schwäbischen Städtebundes gegen Graf Eberhard
den Greiner von Württemberg: Ulm, Konstanz, Überlingen, Ravensburg,
Lindau, St. Gallen, Wangen, Buchhorn, Reutlingen, Rottweil, Memmingen, Biberach,
Isny und Leutkirch. Die Bundesstädte werden geächtet. Nach einem
mißlungenen Handwerkeraufstand in Hamburg wird die gesamte Bürgerschaft
neu in Eid genommen: Von 1175 registermäßig erfaßten Personen
sind 178 selbständige Fernkaufleute (84 Flandernfahrer, 35 Englandfahrer,
40 Lübeckfahrer, 19 Gewandschneider); dazu kommen 21 Krämer und
10 Höker. 457 sind Brauer, darunter 126 Exportbrauer nach Amsterdam und
55 Exportbrauer nach Friesland. Der Rest (43,3%) entfällt auf das sonstige
Handwerk (ohne Brauer). In Frankfurt läßt der Rat für Altstadt
und Sachsenhausen keine neuen Backhäuser und Schmieden mehr zu. Bei den
Schmieden geht es nicht nur um Brandverhütung, sondern auch um Lärmbelästigung.
Das Stadtrecht von Pettau sieht Strafen für jene Bäcker vor, die
den Markt nicht beliefert haben oder kein Brot im Backofen haben, bei denen
jedoch der Stadtrichter Mehl findet. Der "Überleger" (Pflasterer)
Magister Johannes erhält für das Pflastern von Straßen 162
Pfund Pfennig und für das Ausbessern von bestehenden Pflasterstraßen
124 Pfund Pfennig. Die Pfründeninhaber des Heiliggeistspitals in Ulm
können seit diesem Jahr jährlich eine zwanzigtägige Badekur
antreten. Papst Gregor XI. kehrt nach Rom zurück.
1377
In Basel wird das Kartenspiel verboten. In Frankfurt betreut der Stadtarzt
auch die Spitäler. Aus der Frankfurter Metzgerordnung: "Item ein
knecht, der nit eins metzelers son zu Franckefurt noch von Franckefurt burtig
ist, nymmet der eins metzelers dochter zu der heiligen ee, der sal ein redelichen
besiegelten brieff brengen von dem rade oder gerichte, dar er her burtig ist,
das er von frommen erbern vater und muter und elich geborn und nit eins scheffers
sone sij, so ferre yne wissentlich sij ungeverlich und er selbs auch einen
erbern lumont habe." Eine Ausgrenzung der Schäfer als unehrlich
und damit handwerksuntüchtig erfolgt im 14. Jahrhundert nur vereinzelt.
In 15. Jahrhundert werden solche Fälle häufiger, obwohl es möglich
ist, mit Erfolgsaussicht bei der Obrigkeit dagegen zu klagen. Die Diffamierung
der Schäfer gründet sich darin, daß sie an Orten, wo es keinen
Schinder gibt, die verrufene Abdeckertätigkeit ausüben, obwohl dies
auch im Namen der Obrigkeit geschieht. In Nürnberg wird der Lueg-ins-Land
errichtet, ein sehr hoher Turm, welcher dazu dienen soll, den Burggrafensitz
im Osten der Stadt zu übberwachen. (Dieser Burggrafensitz ist zu unterscheiden
von der Reichsburg im Westen der Stadt.) In Korbach gibt es indirekte Hinweise
(Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft.
Tübingen hat eine Gelehrtenschule. Ibn Battuta (73) stirbt. Der "Marco
Polo der Araber" hat in ingesamt 27 Reisejahren etwa 120000 km zurückgelegt.
Er ist länger und weiter unterwegs gewesen als Marco Polo. In England
werden Kopfsteuerlisten angelegt. Hier wird über 14 Jahre eine Gesamtbevölkerung
von 1361478 Einzelpersonen über 14 Jahre verzeichnet. Da es seit 1348
mehrere Pestwellen gegeben hat, nehmen einige an, diese Zahl entspräche
der Hälfte der Bevölkerungszahl vor der Pest. Die Bevölkerung
unter 14 dürfte zwischen 35 und 45% betragen, der Anteil der Steuerausfälle
20 bis 25% (R. Bartlett 1993). Im Rahmen dieser Werte ergibt sich eine Bevölkerungszahl
von knapp vier Millionen bis maximal 6,5 Millionen für England. daraus
wiederum ergibt sich ein Bevölkerungswachstum (für England) seit
dem 11. Jh. (Domesday Book) von minimal 0,2% und maximal 0,68% pro Jahr. (Zum
Vergleich heute: 1. Welt 0,8%, 3. Welt 2,5%) Beginn des Süddeutschen
Städtekrieges (bis 1389). Die Städte besiegen Karl IV. bei Ulm.
Die Reutlinger unternehmen einen Raubzug ins Uracher Tal, um Proviant für
die Stadt zu erbeuten (darunter "300 haupt vichs"), was Graf Ulrich
von Württemberg zum Anlaß gibt, ihnen den Rückweg abzuschneiden
bzw. ihr Eingreifen in den Städtekrieg zu verhindern. Der Graf wird vor
den Toren der Stadt von den Reutlingern vernichtend geschlagen und kann mit
Mühe und Not in die nahegelegene Burg Achalm (seit 1262 württembergisch
und ständige Bedrohung für Reutlingen) entkommen. In Ragusa werden
(pestverdächtige) Neuankömmlinge für einen Monat isoliert (vgl.
Venedig 1374).
Bis 1392: In Nürnberg ist Meister Heinrich als einer der beiden ersten
besoldeten Apotheker nachgewiesen. Sein Jahressold beträgt acht Pfund
Heller.
Bis 1397: Rigoroses Vorgehen des Nürnberger Rats bei der Durchsetzung
der Kleiderordnung. Es werden gegen Patrizier Geldstrafen zwischen fünf
Pfund Haller bis drei Gulden wegen zu schweren Gürteln und Silberketten,
seidenen Wämsern, zu weiten Ärmeln oder einem Mantel mit eingenähtem
Seidenfutter verhängt. Die Stadtrechnungen bis 1397 lassen erkennen,
daß daß selbst angesehene Patrizier hohe Geldbußen wegen
Übertretung der Kleiderordnung zahlen müssen.
1378
In Basel werden Schneeballschlachten verboten (noch oft bis 1656). Beschreibung
eines Kegelspiels nach einer französischen Urkunde: "Mehrere Gesellen
der Stadt Serry taten sich zu einem freundschaftlichen longues quilles-Spiel
zusammen, bei denen man auseiner stattlichen Entfernung mit ungefähr
einer Elle langen Stöcken nach den Kegeln werfen muß." Großes
Schisma der Kirche: Ein Teil der Kardinäle wählt den Erzbischof
von Bari zum Papst, der als Urban VI. (bis 1389) in Rom bleibt. Die anderen
wählen den Kardinal Robert von Genf, der als Klemens VII. nach Avignon
geht. Urban wird anerkannt im Reich, in Flandern, dem größten Teil
Italiens, England, Ungarn, Polen, Dänemark, Schweden und Norwegen. Zu
Klemens halten Frankreich, Savoyen, Schottland, einzelne deutsche Gebiete,
Neapel, Sizilien, Sardinien, später auch die spanischen Königreiche.
20. Juni: Aufstand der Wollarbeiter und anderer Tagelöhner in Florenz.
Nach dem Sturm auf die Adelspaläste halten sie eine Sitzung ab und fordern
höhrere Löhne, eine eigene Zunft, Mitbestimmung am Stadtregiment,
Befreiung von der Gerichtsgewalt. Steyr wird von der Jurisdiktion des Burggrafen
befreit. Karl IV. hat in seiner Kanzlei erstmals ein breites deutschsprachiges
Urkundenwesen entfaltet, wozu hier ein Beispiel vom 24. Juni stehen soll,
welches am Ende des Mainzer Bistumsstreits einzuordnen ist: "Karl von
gotes gnaden Romischer keyser zu allen zeiten merer des reichs und kunig zu
Beheim (.) Erwirdiger Adolph, bischoff zu Spyre. Wir haben furmals empfolhen
und gebeten den hochgeboren Ruprecht den elter pfalczgraven bey Reyne, des
heiligen reichs oberisten trukczessen und herczogen in Beyern, unsern lieben
swager und fursten, daz her von unsern und des reichs wegen losen wolle die
dorffer uff der ebyn, die czenten zu Reichartshusen und die kunigslewte, wo
die gesessin sint, die dorczu gehorent, die in pfandisweyse von dem reiche
stehen dem styffte zu Mentze. Nu ist uns furkomen, daz du die mit beten und
andern sachen beswerest und auch daz sie von deinen wegen und fur dich beschedigt
und angegriffen werden. Und wann wir die lewte und guter zu der losungen dem
reiche unvorterbit haben wollen, heissen wir dich bey unsern und des reichs
hulden und wollen daz also gestalt habin, daz du schaffest, understehest und
gentzlichen bestellest, daz die egenanten guter und lewte umbeschedigt furbas
bleibin. Tetest du des nicht, so sol sie der egenant unsir swagir herzog Ruprecht
von unsern und des reichs wegenschutzen und schirmen. Gebin zu Prage an sante
Johanns tag des tawffers unsirer reiche in dem tzweyunddreyssigsten und des
keysertums in dem vierundzwentzigsten jaren. de manto. dni. imperis. Nicol.
Camericen. prepositus." Abschiebung von Geisteskranken: Eine "Unsinnige"
zu Nürnberg wird, nachdem sie einige Zeit im Lochgefängnis zugebracht
hat, mit Pelz und Schuhwerk versorgt und dann aus der Stadt abgeschoben.
31. August: In Florenz wird der Aufstand der Wollarbeiter (Ciompi) von der
Bürgermiliz niedergeschlagen. Man treibt sie zur Arbeit zurück.
In Köln fordert der Rat die Kannengießer auf, Flaschen und Kannen
wie vorgeschrieben eichen zu lassen, bei einer Strafe von sechs Schilling
Pfennig pro Stück. In Nürnberg stirbt Meister Bertold, einer der
beiden ersten nachgewiesenen besoldeten Apotheker. Sein Jahressold hat 16
Pfund Heller betragen. Pest in Thüringen und Hessen, später in Schwaben.
Kaiser Karl IV. (62) stirbt; sein Sohn Wenzel (17) wird König. "Diser
Wentzlaw was seinem vater in allen dingen vngleich. Er suchet wollvstbarkeit
vnd fluhe sorg vnd arbeit. vnd was des weins geflißner vnd giriger dann
zu versorgknus des reichs. vnd verzeret alle zeit seiner tag in müßigkeit
vnd flaischgirigkeit." [Schedelsche Chronik, 1493]
1378/1379: In Wien heißen die Kloakenreiniger offziziell "purgatores
privete", im Volksmund jedoch "Könige der Nacht" oder
"Kotkönige".
1379
In St. Gallen wird das Kartenspiel verboten. Papst Clemens VII. gestattet
Erfurt die Errichtung einer Universität. In Vicenza wird an Pfingsten
ein Feuerwerk veranstaltet: Eine an einer Schnur befestigte und mit einer
Rakete versehene (offenbar künstliche) Taube fährt vom Bischofspalast
zur Schaubühne eines Mysterienspiels hinab. Ob dieses Wunders sollen
sich die Zuschauer zu Boden geworfen und angeblich in fremden Zungen geredet
haben. Gründung des Wendischen Münzvereins durch die Städte
Lübeck, Hamburg und Wismar. Da man schrieb 1379, in dieser Zeit ging
an, daß man das heilige Blut besuchte zu Wilsnack in dem Lande Sachsen.
Und es geschahen dort besonders viel große Zeichen und Wunder, was man
anderswo alles beschrieben findet. (...) In dieser Zeit wurde Neuenahr bei
Sinzig am Rhein erobert und zerstört. Das tat Herr Friedrich von Saarwerden,
Erzbischof zu Köln. Da man schrieb 1379 Jahr, da lag Herr Kuno, Erzbischof
zu Trier, vor Hattstein mit Hilfe der Städte Mainz, Frankfurt und Limburg.
Und der genannte Herr Kuno gewann es binnen vierzehn Tagen, so daß die
Burg sich ergab und in seine Hand überging; und ist sie zu ewigen Tages
des vorhergenannten Stiftes Untertasse, sein offen Haus. In dieser Zeit sang
man und pfiff dies Lied:
"Die Fährte ich zurück jetzt jage, Das
prüfe ich Jäger an der Spur. Hoho! sie
ist vor mir, Die ich so lang' erwartet habe."
Da man schrieb 1379, da war eine Gesellschaft von Rittern und Knechten in
dem Lande zu Hessen und an der oberen Lahn; und der waren mehr denn zweihundert.
Die hießen die Gesellen von dem Horne, also nannte man sie die Hörner.
Die hielten zusammen und erzürnten sehr ihre Nachbarn. Die Gesellschaft
währte bis in das dritte Jahr; da nahm sie ein Ende. In dieser Zeit,
da ging das Studium zu Heidelberg an bei Herzog Ruprecht von Bayern, Pfalzgrafen
bei Rhein." [Limburger Chronik]
In England verbietet ein Erlaß den Pastetenbäckern, sich bei den
Köchen adliger Häuser mit Innereien von Kapaunen, Hühnern oder
Gänsen einzudecken, damit keine verdorbenen Pasteten verkauft werden.
1380
Ein Handwerkeraufstand in Lübeck wird gütlich beigelegt. Braunschweig
muß durch einen Sühnevertrag die 1374 Vertriebenen wieder aufnehmen
und entschädigen. Heinrich III. von Brandis, der Bischof von Konstanz
(1370 - 1380) erläßt eine ausführliche Judenordnung mit gehässigen
Bestimmungen, um möglichst jeden Kontakt mit den Christen zu unterbinden.
In Nürnberg wird das Kartenspiel verboten. Es entsteht der erste größere
Hochofen. St. Stephan zu Wien hat einen Türmer, welcher stündlich
die Glocke schlägt. Da man schrieb 1380 Jahr im Hartmonde ward zu Limburg
an der Lahn ein Kind geboren, das hatte vier Arme und vier Beine und eine
Platte auf seinem Haupte und starb alsbald. Und bekannten sich dazu Vater
und Mutter. Und da man schrieb das Datum, wie oben steht, da war eine große
Gesellschaft am Rhein von Grafen, Herren, Rittern und Knechten; die nannten
sich die brüllenden Löwen, und dabei war auch der von Württemberg
und der schwäbischen Ritter und Knechte viele. Sie waren Feinde der Stadt
Frankfurt und zogen vor sie und zwangen die Stadt dazu, mehr denn sechsundzwanzig
Gefangene ledig und los zu sagen und ohne einen Heller und Pfennig herauszugeben.
Die Löwen waren von Kelwin und währten nicht lange. In dieser Zeit
war ein Maler zu Köln, der hieß Wilhelm. Er war der beste Maler
in deutschen Landen, so ward er geachtet von den Meistern, denn er malte jeden
Menschen so, als würde er leben. In dieser selben Zeit war in Westfalen
in dem Stifte zu Paderborn und in derselben Gegend ringsherum auch eine Gesellschaft
von Rittern und Knechten; die hießen die Falkener. Das waren Ritter
und Knechte. Die Gesellschaft nahm ein Ende binnen drei Jahren. In dieser
selben Zeit, da schlug Landgraf Hermann zu Hessen eine Burg auf dem Wedelberg
bei dem Städtchen Naumburg auf, eine Meile von Wolfhagen. Die Burg ward
binnen zwei Jahren wieder abgebrochen, und das geschah ohne Nötigung
und ward freundschaftlich ausgemacht. Auf demselben Berge Wedelberg hatte
hundert Jahre zuvor schon eine Burg gelegen. Sechzehn Jahre später ward
noch eine Burg auf demselben Berg aufgeschlagen, wie hernach geschrieben steht.Zu
derselben Zeit, da sang man und pfiff dies Lied:
"Die Sehnsucht will mich nicht verlassen
Nacht und Tag, zu keiner Zeit."
In dieser Zeit ward der Schnitt der Kleider so verwandelt, daß, wer
heuer ein Meister des Schnittes war, der ward über ein Jahr ein Knecht,
wie man dies hernach beschrieben findet. Da man schrieb das Jahr 1380, da
schlossen die rheinischen Städte, von Frankfurt an bis nach Mainz zu
und bis ins Schwabenland, in gleicher Weise überall Freundschaft, machten
einen Bund und verbanden sich eidlich miteinander. Sie gewannen Diener für
sich, jegliche Stadt nach Gebühr und nach ihrem Vermögen und besoldeten
sie; und sie wurden geschätzt auf zweitausend Lanzen reitender Leute.
Und es ging ihnen in den ersten fünf Jahren gar wohl, so daß sie
die Oberhand hatten; sie gewannen Burgen und Land und bedrängten ihre
Landesfürsten über die Maßen und dazu die Grafen, Herren,
Ritter und Knechte, so daß sie diese beherrschten und überwältigten.
Einige Städte unterstanden sich, die Pfaffen, Stifte und Klöster
und geistliche Leute sehr zu bedrängen. Von diesen heischten sie Steuern
und Geld von ihren geistlichen Gaben und Benefizien für ihre Söldner
und unterstanden sich, zu viel zu fordern. Da kamen sie in die Klemme und
es entstand eine Zweiung und eine Feindschaft zwischen Herzog Ruprecht von
Bayern, Pfalzgrafen bei Rhein, und dem Bunde, und alle Herzöge von Bayern
und viele andere Fürsten und der Herr von Württemberg wurden alle
Feinde des Bundes und setzten ihm hart zu, wie man hernach beschrieben findet.
Da man schrieb 1380 auf St. Bonifatius-Abend, da hatte die Stadt zu Limburg
gar große Fehde. Die Feinde kamen, mit mehr denn dreihundert Lanzen,
Ritter und Knechte, die beste Ritterschaft, die die untere und obere Lahn
hatte, und fielen des Morgens, da die Sonne aufging, in die Vorstadt jenseits
der Brücke und verbrannten mehr denn zwanzig Häuser und Scheuern.
Und die Limburger traten ihnen entgegen und taten heftige Gegenwehr mit Werfen
und Schießen und wehrten den Feinden, so daß sie nicht Macht hatten,
weiter zu brennen; anders hätten sie die Vorstadt völlig verbrannt
und geplündert. Und von den Feinden blieb einer tot und zwei wurden gefangen,
und der Limburger wurden auch zwei gefangen. Und dies alles geschah deshalb:
Der Limburger Söldner einer erstach den Edelknecht Dietrich von Staffel.
Dadurch kamen die von Limburg in Bedrängnis. Dazu wurden sie gebracht
von den Rittern vom Stein, von Langenau, von Kramberg und anderen Freunden
des Ritters. In derselben Zeit, im Winter, da zogen die rheinischen und einige
schwäbischen Bundesherren vor Burgsolms, das zwischen Braunfels und Wetzlar
liegt. Sie lagen einen Monat davor und brachen es bis zum Grunde ab. Auch
Hattstein ward genommen von Bischof Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier,
und von den Reichsstädten hier zu Lande. In diesen Jahren, da fing es
an, daß Herren, Ritter und Knechte kurze Haare und Krullen trugen, über
den Ohren abgeschnitten, gleich den Konversenbrüdern. Und da taten das
auch alle Bürger und die gewöhnlichen Leute und danach alle Bauern.
In dieser Zeit war das dritte Sterben, in dem Maße, wie die ersten Sterben
waren; doch war es mäßiger. In dieser Zeit ward die Burg Greifenstein
bei dem Städtchen Herborn aufgeschlagen von Graf Ruprecht, Grafen zu
Nassau, und Johann, Grafen zu Solms. Sie taten dies gegen Graf Johann zu Nassau,
dem Herborn gehörte. Vor hundert Jahren hatte schon eine Burg dort gelegen,
die auch Greifenstein hieß und gebrochen worden war. In dieser selben
Zeit, da geschah eine Sache zu Limburg, wie man sie zu Limburg nie gesehen
oder gehört hatte, soweit jemandem eindenklich war. Es fand eine vierfache
Trauung und Ehe statt, und das war so. Es war ein edler Mann, der hieß
Heinrich von Staffel, und der hatte drei junge Söhne. Und es war in dieser
Zeit eine Bürgerin zu Limburg, die war eine Witwe, eines Schöffen
Tochter, der Johann Boppe hieß. Sie hieß Grete und hatte drei
junge Töchter. Und griffen die acht zusammen zu der heiligen Ehe, so
daß Heinrich Grete kaufte und die drei Knaben, die Brüder, zu gleicher
Zeit die drei Schwestern kauften. Die genannten Eheleute wurden alle binnen
kurzer Zeit von Todes wegen geschieden, ohne Leibeserben, ohne das jüngste
Paar, das am Leben verblieb." [Limburger Chronik]
In Böhmen ist von einer "großen Pest" die Rede; in Prag
sollen angeblich 1100 an einem Tag gestorben sein; die Studenten sollen aus
der Stadt geflüchtet sein. König Wenzel erhebt Graf Wilhelm von
Jülich-Berg zum Herzog.
Ca.: Erste Zunftordnung der Tuchmacher von Dresden. Diese bilden dort die
größte Handwerkerzunft.
Ca.: Nach der Limburger Chronik wird "der snet von den kleidern vurwandelt:
wer huwer ein meister was von dem snede, der wart ober ein jar ein knecht."
Der sprunghafte Wandel der Kleiderschnitte bringt so manchen Schneider an
den Bettelstab.
1380/1381: Pest in Österreich inklusive Wien.
Bald nach 1380 setzt in Regensburg eine Produktion von Markenbarchent ein.
Diese Baumwollprodukte haben als Gütezeichen Messer und Rad und sind
auf den Umschlagplätzen in Prag, Wien und Frankfurt konkurrenzfähig.
1381
In Köln wird die Verwendung von Hopfen zum Bierbrauen verboten (!). Hintergrund
dafür ist die traditionelle Verwendung von Grut anstatt Hopfens, einer
Kräutermischung, die im Gegensatz zum Hopfen mit Abgaben belegt ist.
Der Konstanzer Rat verbietet in den zwölf Tagen nach Weihnachten den
Tanz. Wer in dieser Zeit einem Spielmann das Instrument wegnimmt, soll straffrei
bleiben. Glücksspielverbot in Göttingen. Der städtische Ziegelhof
von Hildesheim verkauft Ziegel auch in die Dörfer. In Nürnberg wird
ein Trittwebstuhl erwähnt. In Marseille läßt sich ein Notar
von einem jungen Kaufmann, der sich nach Alexandria einschiffen will, unterschreiben,
daß dieser weder während seiner Reise noch acht Tage lang nach
seiner Rückkehr (bis er abgerechnet hat?) Spielkarten anrühren darf.
Regensburg tritt dem Schwäbischen Städtebund bei. In Speyer entsteht
der Rheinische Städtebund: Mainz, Straßburg, Worms, Speyer, Frankfurt,
Hagenau, Weißenburg, Pfeddersheim, Schlettstadt und Oberrehnheim. Organisatorischer
Vorort ist Speyer. (Möglicherweise ist er auch schon kurz vorher gegründet
worden.) Der Rheinische Städtebund vereinigt sich mit dem Schwäbischen
zum Süddeutschen Städtebund. In England erscheint ein Kochbuch:
"Ancient Cookery", eine Zusammenfassung bereits bekannter Rezepte
und hauptsächlich für Fürstenhöfe bestimmt.
Ende Mai: Bauernaufstand in England, beginnend in den südöstlichen
Grafschaften. Die Bauern werden von großen Teilen der Städter unterstützt
und in ihren Reihen finden sich auch viele reiche Bauern. Eine ihrer Hauptforderungen
ist die Abschaffung der Leibeigenschaft. Sie sollen geschrieben haben: "Wir
sind Menschen, nach Christi Ebenbild erschaffen, aber man behandelt uns wie
wilde Tiere." [nach Froissart]
13. Juni: Die aufständischen Bauern werden in London eingelassen und
ermorden dort u.a. den Lordkanzler und den Erzbischof von Canterbury. Nach
anfänglichen Verhandlungen werden sie vertrieben.
Ende Juni: Der englische Bauernaufstand ist im wesentlichen niedergeschlagen;
dennoch wird die Auflösung der Leibeigenschaft in England dadurch beschleunigt.
Karl VI. von Frankreich versucht, für Paris einen regelmäßigen
Straßenreinigungsbetrieb einzuführen, der später durch Sondersteuern
finanziert wird. Es stirbt der flämische Mystiker Jan van Ruysbroeck
(Ruusbroec).
1382
Mehrere niederdeutsche Städte gründen den Sächsischen Städtebund.
Wetzlar, Friedberg und Gelnhausen treten dem Rheinischen Städtebund bei.
In Flandern und Burgund wird das Kartenspiel verboten. In Nürnberg verpflichtet
eine Satzung des Rates die Nachbarschaft zur Duldung der Geruchs- und Lärmbelästigung
während der Räumungsarbeiten der Kloaken (die normalerweise nachts
stattfinden). Heinrich von Pottendorf d. Ä. gründet in Wien das
Hieronymuskloster als Zuflucht und Wohnstätte für Dirnen. Seit diesem
Jahr sind in Wien "Scharlachrennen" belegt. Es sind Pferderennen,
deren Sieger ein Stück Scharlachtuch im Wert von etwa 35 Pfund Pfennig
erhält. In London versucht eine Frau, mit Hilfe eines Stücks Pergament,
auf welches ein Gebet geschrieben ist, Heilungen vorzunehmen. Zuvor hat jemand
versucht, verdorbenes Wolfsfleisch als potentes Medikament anzupreisen. In
beiden Fällen legen die Behörden großen Wert auf die Feststellung,
daß die beiden dafür Angeklagten weder wirkliche Ärzte noch
Chirurgen seien. Ihr Vergehen besteht also nicht in der Anwendung unerlaubter
Heilmethoden, sondern in Amtsanmaßung. Beim flandrischen Aufstand gegen
Frankreich befindet sich im Heer Philipps van Artevelde zur Verteidigung von
Oudenaarde "eine riesige Bombarde, die Steinkugeln von unglaublichem
Gewicht verschossen, und wenn sie losging, machte diese Bombarde einen solchen
Lärm, daß alle Teufel der Hölle sich dort zu versammeln schienen."
[Froissart]
26. August: Moskau wird von den Mongolen niedergebrannt.
1382/1383: Entstehung einer altjiddischen Sammelhandschrift (in hebräischer
Schrift), enthaltend neben drei Legenden, einer Josephsgeschichte und einer
Löwenfabel das anonyme Epos "Ducus Horant" (entstanden um 1300).
Die Handschrift wurde im Archiv der Synagoge von Fustat bei Kairo gefunden.
Ca. 1382 bis 1390: Englische Bibelübersetzung.
1383
Frauenüberschuß in Frankfurt: auf 1000 Männer kommen 1100
Frauen. In Nottuln gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden)
über die Existenz einer Schützengesellschaft. Der Mailänder
Fabrikant Pietro Tanzio erwirbt für 100 Gulden Silber die fünf Markenzeichen
des renommierten Pietro di Preda. Die meisten deutschen und englischen Studenten
verlassen die Universität Paris, welche Papst Clemens unterstützt
und gehen teilweise nach Wien. Henry Despenser, der Bischof von Norwich veranstaltet
einen "Kreuzzug" zur Unterstützung der flandrischen Städte
gegen ihren "schismatischen" Grafen. Dieses Unternehmen artet in
einen reinen Plünderungszug aus. Gegen den Süddeutschen Städtebund
organisieren sich zahlreiche Territorialfürsten im Nürnberger Herrenbund.
Seit 1383 macht der Herzog von Berg durch Reliquienankäufe aus benachbarten
Orten St. Lambertus zu Düsseldorf zur Wallfahrtsstätte. Papst Bonifatius
IX. hilft dabei mit Ablässen.
1384
Selz tritt dem Rheinischen Städtebund bei. In Lübeck kommt es unter
Führung des Hinrich Paternostermaker (aus angesehener Familie, wirtschaftlich
erfolglos, von persönlichen Motiven geleitet und mit einer Clique aus
vor allem Knochenhauern eng verbunden) zu einer Verschwörung, welche
blutig niedergeschlagen wird. Die Frankfurter Frühjahrsmesse wird eigenmächtig
um zwei Wochen verlängert, weil Frost, Treibeis und Hochwasser die Reisewege
der Kaufleute stark erschweren. Für die nächsten zehn Jahre reicht
die Frühjahrsmesse - sehr zum Ärger der Kirche - bis in die Karwoche
hinein. Herzog Albrecht III. von Österreich räumt den "büßenden
Weibern" (den bekehrten Dirnen) das Recht ein, sich zu verheiraten, auch
mit einem Handwerker, ohne daß diesem in der Zunft daraus Nachteile
erwachsen sollen. In Aragon ist eine "Isabel, ministrera de la senyora
reyna" (Spielfrau der Königin) angestellt. Marseille richtet für
(pestverdächtige) Neuankömmlinge eine Absonderung von 40 Tagen ("Quarantäne")
ein. Eine Ferntrauung: Enguerrand VII. von Coucy "vollzieht" in
Mailand die Ehe zwischen dem Sohn des Herzogs von Anjou und Lucia Visconti.
Geert (Gerhard) de Groote stiftet die Fraterherren (alias Brüder vom
gemeinsamen Leben). Entstehung des Rigaer Erbebuches. Im Süddeutschen
Städtekrieg wirkt die Heidelberger Stallung wie ein Waffenstillstand.
Es ist der machtpolitische Höhepunkt der von den Fürsten implizit
anerkannten Städtebünde. Es stirbt John Wiclif.
1385
Vor 1385 hat Köln bereits eine Schlaguhr. Der Süddeutsche Städtebund
verbündet sich mit den Eidgenossen. Der Erzbischof von Mainz ernennt
einen Spielmann namens Brachte zum "künige fahrender lüte"
des Erzbistums. Am französischen Hofe gibt es neunen angestellte Spielleute
(sechs für Blas- und drei für Saiteninstrumente). Der Konstanzer
Rat untersagt in der Weihnachtszeit (den 12 Tagen nach Weihnachten), Spielleute
und fahrende Fräulein in die Häuser und in die zünftigen Trinkstuben
zu bitten. Die Vitalienbrüder beginnen, zunächst in mecklenburgischen
Diensten, Nord- und Ostsee unsicher zu machen. Von den Höfen des oberbayerischen
Klosters Tegernsee im Amt Gevild auf der Münchener Ebene liegen 17 wüst
und 14 sind zu Ödrecht verliehen. (Höhepunkt der Wüstungen
und Tiefpunkt der Einnahmen in diesem Amt) Ödrecht ist ein eigenes Recht,
das sich zur erneuten Besetzung von Hufen gebildet hat, die wegen pestbedingter
Bevölkerungsverluste wüst (verlassen) liegen (speziell in Oberbayern).
Insgesamt verschlechtert sich die Einkommenssituation der Grundherren. Zur
Neubesetzung wüster Hufen und Bauernstellen müssen beträchtliche
Zugeständnisse und Erleichterungen gemacht werden und wegen des Bevölkerungsschwunds
sind die Getreidepreise in den Keller gefallen. (Daher auch der hohe Fleischverbrauch
in spätmittelalterlichen Städten) Gleichzeitig steigen die Löhne.
[Diese allgemeine Entwicklung steht nur deshalb an dieser Stelle, weil es
gerade ein Beispiel gibt!]
In Aachen wird Magister Nicolaus zum Stadtarzt bestellt. Er hat auch das Sondersiechenhospital
(Leprösenhaus) zu überwachen. In Hameln wird verfügt, daß
innerhalb eines Jahres feuergefährdete Häuser bei Strafe von einer
Mark Silber abzubrechen sind. Da man schrieb 1385, da zog Adolf von Nassau,
Erzbischof zu Mainz, Herzog Otto von Braunschweig und die Markgrafen von Meissen
gegen Landgraf Hermann von Hessen. Sie hatten mehr denn vierundzwanzighundert
Ritter und Knechte, ohne die Leute zu Fuß und ohne die Schützen,
und lagen einen Monat in dem Lande Hessen vor Kassel und vor Immenhausen,
das sie verbrannten und gewannen. Allda verbrannten darin und verdarben mehr
denn hundert Menschen, Freund wie Feind, und die blieben meist in den Kellern
und Häusern, weil die Feinde Geld und Gut suchten und gar sehr plünderten.
Dabei überfiel sie das Feuer, daß sie umkamen. Und zwar kamen von
den Städtern an siebzig und von den Feinden an dreißig um, so daß
es an hundert Menschen waren. Die Steuerburg ward bei Elkerhausen aufgeschlagen.
Das tat Landgraf Hermann von Hessen, Graf Ruprecht von Nassau und Junker Johann,
Herr zu Limburg. Und über ein Jahr danach ward diese Burg erobert und
verbrannt." [Limburger Chronik]
Nachdem der Rhein sein Flußbett verlagert hat, wird die Zollstätte
Griethausen (gehörend den Herren von Kleve) nach Beek bei Xanten verlegt.
Gründung der Universität Heidelberg. In der Schlacht von Aljubarrota
verfügt Kastilien über 16 Bombarden, dennoch gewinnen die Portugiesen
- ganz ohne Feuerwaffen.
Ca.: Spannungen zwischen Markgräfin Catharina von Meißen und ihrem
Adel werden in einem Parteilied deutlich: "Von Meissen frawe Katerein
/ ich horte in den zwei landen dein / Doringen und Franken / kein bedermann
dir danken. / (...?) / Werts hundert jar und einen tag / im land nicht frede
werden mag / Nim dich ein ander weise an, / volge dem rat der bederman, /
davon die land in freden stan." Mit dem "rat der bedermann"
will der Adel, stets nach Regierungskontrolle bestrebt, seine Interessen als
diejenigen des Landes bzw. des gemeinen Mannes hinstellen. In Lübeck
beauftragen Ratsherren des Lesemeister des dortigen Franziskanerklosters St.
Katharinen, Detmar mit der Abfassung einer Stadtchronik. Detmar verbindet
die Stadtchronistik mit den Traditionen der Weltchronistik; er schreibt auch,
um seine Leser, "maan unde wiven" zu unterhalten. In München
entstehen die ersten Bauten der Residenz.
1385/1386
Der rheinische Münzverein wird (endgültig) gegründet. Köln,
Mainz, Trier und die Pfalz bringen den Rheinischen Goldgulden heraus.
Bis 1390: In dieser Zeit entsteht, wahrscheinlich im Elsaß, ein gotischer
Spielteppich, der etliche derbe Späße zeigt, z.B. das "Schinkenklopfen"
oder "Füßeln" in Anwesenheit einer gekrönten Dame.
1386
Neue Verfassung in Braunschweig; insgesamt ist die Machtbeteiligung von Kaufleuten
und Handwerken (je nach Stadtviertel verschieden) etwa ausgeglichen. Der Rat
von Frankfurt versucht, die Schmiedewerkstätten aus der Altstadt zu entfernen.
Dabei geht es nicht nur um Brandverhütung, sondern auch um Lärmbelästigung.
Ein Tierkampf in Lübeck: In einem abgezäunten Raum müssen zwölf
Blinde mit Knüppeln ein Schwein totschlagen. Dabei treffen sie sich natürlich
auch gegenseitig, und als mehrere schon ohnmächtig am Boden liegen, wird
dem Schwein ein Glöckchen um den Hals gehängt. In der Küche
des französischen Königs arbeiten 73 Personen. Diese Zahl hat sich
innerhalb eines Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Ein Zweikampf zwischem dem
Engländer Pierre de Courtenay und dem Franzosen Guy de la Tremoïlle,
der erweisen soll, ob die Engländer oder die Franzosen überlegen
seien, wird von den Regenten Burgund und Berry im letzten Moment verhindert.
Bei Sempach besiegt der Schweizer Gewalthaufe in offener Feldschlacht das
Heer der Habsburger: Ende Juni bricht Leopold III. von Österreich mit
4000 Mann auf (Adel und Stadttruppen von Aargau und Breisgau plus Söldner
aus Burgund, Tirol und Mailand), um Luzern einzunehmen. Bei Sempach sperren
ihm 2000 Eidgenossen unter dem habsburgischen Ministerialen und ehemaligen
Stadtschultheißen von Luzern, Peter von Gundolfingen, die Gotthardstraße.
Die Österreicher stehen in drei Treffen, vorne abgesessene Reiter, während
die Schweizer einen Keil bilden. Den Durchbruch bringen Schweizer Vorstöße
an den Flanken und der Schmied Winkelried, welcher im Zentrum ein Bündel
feindlicher Spieße mit den Armen umgreift und auf sich zieht, damit
eine Lücke in der Front entsteht. Die zweite Reihe der Österreicher
steigt ab, unterliegt aber, während das dritte Treffen flieht. Leopold,
600 Ritter und mehrere hundert weitere Österreicher bleiben auf dem Feld.
Die habsburgische Vormacht in den vorderen Landen und das Rittertum im Aargau
sind beendet. Belagerung einer Burg: "Also zogetent die von Strosburg
mit dem von Liechtenberg für Löwenstein die burg vnd sturmetent
die vnd undergrubent den berg vnd den veils, do die burg uffe stunt gar siere,
das sich die innern entsossent. Dovon gobent sü die burge uf vnd lies
man sü enweg gon. Do zerbrach man die burg ze grunde abe, als dervor
was gelegen uf vier wuchen. Do wart uf XIIII tusend gulden verzert, vnd verlonet
den grebern vnd werglüten." [Jakob von Königshofen, Elsässische
Chronik]
Justiz gegen Tiere, leider ohne Ortsangabe: Eine Sau, die einem Kind das Gesicht
zerfleischt hat, wird zum Tode verurteilt. Man hängt sie an den Hinterbeinen
auf, nachdem man ihr den Rüssel zerstört und stattdessen eine menschliche
Maske aufgebunden hat. Dazu hat man ihr einen Rock, Hosen und weiße
Handschuhe angezogen. Dieses Ereignis ist in einem Fresko der Dreifaltigkeitskirche
von Falaise festgehalten. (Vielleicht hat es sich dort zugetragen). Zwei Jahre
darauf zogen die vorher genannten Herren wiederum gegen den Landgrafen und
gewannen den Niedenstein, der sich ergab. Und sie verbrannten Gudensberg und
eroberten Rotenburg und Melsungen an der Fulda, die sich alle in ihre Hand
gaben. In dieser Zeit erstarb die goldene Grafschaft Diez ohne Manneserben.
Der edle Graf Gerhard hinterließ zwei Töchter. Die älteste
kaufte den Junker Adolf, des Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Dillenburg,
Sohn, der ein Graf zu Diez ward. Also kam die Grafschaft von Diez an einen
Grafen von Nassau. Die andere Tochter von Diez kaufte einen Herrn von Wildenburg
in Westfalen." [Limburger Chronik] "Kaufen" bedeutet hier "heiraten"
(vgl. 1336), hier ausdrücklich durch die Frauen. In diesen Zeiten war
ein Minderbruder, ein Barfüsser von Brabant, mit Namen Jacobus. Der maßte
sich an, ein Weihbischof zu sein und hatte falsche Briefe darüber und
war kein Bischof. Er fuhr weit und breit im Trierer und Mainzer Bistum umher
und hatte mehr denn dreitausend geweiht und ordiniert, Akoluten, Subdiakone,
Diakone und Priester. Die mußten sich alle anderweit von neuem weihen
lassen. Die nannte man alle Jakobiten nach dem genannten Schalk Jakob. Diesen
Jakob achte ich böser denn Judas, der Christum, Gottes Sohn, verkaufte
und verriet. Denn die Verräterei durch Judas war eine Salbung und eine
Erlösung des Menschengeschlechts. Die vorgenannte Verräterei war
ein Verderbnis und eine Verstörung der Christenheit, da er Laien Messe
singen und lesen ließ, die, wie man glaubte, Priester seien, und doch
keine Priester waren. Denn wenn man wähnte, daß sie unseres Herrn
Leichnam aufhöben, so hoben sie ein Simulacrum auf, und man rief und
betete einen Abgott an. Davon kam viel Unheils, daß ich nicht alles
beschreiben kann. Auch sollst du wissen seine Gestalt und Physiognomie, da
ich ihn oft gesehen habe. Er war ein ranker Mann von ebener Länge, braun
unter den Augen, mit einem länglichen Antlitz, mit einer langen, scharfen,
spitzen Nase, und seine Wangen waren einigermaßen rötelfarbig,
und er richtete seinen Leib und sein Haupt auf und nieder in großer
Hoffart. Es nahm mit ihm ein böses Ende, denn er wurde in diesen Sachen
ergriffen. Und darum geschah ihm sein Recht." [Limburger Chronik]
Einsetzen der Aufzeichnungen der Runtinger in Regensburg.
1387
In Heidelberg wird den Studenten vergeblich der Besuch der Fechtschule verboten.
Die Juden werden aus Straßburg ausgewiesen. Normandie: "Die Bewohner
der Dörfer Vulguessin le Normand und Forest de Lyon hätten beschlossen,
sich jedes Jahr am Dienstag vor Aschermittwoch am Abteiportal der Notre Dame
de Mortever zu einem Fußballspiel zu treffen". Schützenfest
in Magdeburg. Erster Preis beim Bogenschießen: eine Jungfrau. (Wie das
allerdings zu verstehen ist, bleibt ohne genaue Quellenanalyse höchst
unklar. Man hüte sich also vor Spekulation - wie moralisch beladen oder
unterhaltsam es auch sein mag!) Auf der anderen Stadtseite findet gleichzeitig
ein Turnier statt. Friedrich, der Göttweiger Hofmeister in Wien führt
eine Beschwerde gegen Wilhelm den Gürtler, daß von dessen Abtritt
manchmal der Unflat durch die Mauer dringe und sich in allen Räumen des
Göttweigerhofes übler Geruch verbreite. In Lüneburg gibt es
indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz
einer Schützengesellschaft. In der Oberpfalz gibt es 97 Eisenhütten.
Hier schließen sich die Hammermeister (erneut) zu einer Hammereinung
zusammen (Details dazu siehe unter 1346). Eine Hammereinung wirkt ähnlich
wie eine Zunftordnung. In Dinkelsbühl werden die Zünfte zur Beteiligung
am Stadtregiment zugelassen. Da man schrieb 1387, da waren gute Jahre. Da
kaufte man am Rhein ein gut Fuder Weines für acht Gulden und für
sechs Gulden und für vier Gulden; und redlich guten Wein, den jeder gute
Mann bei der Tafel trinken mochte, ein Fuder für drei Gulden und etzliche
für zwei Gulden. Bischof Adolf von Mainz kaufte hundert Fuder Weines
für hundert Gulden, und gab er die Fässer zu den Weinen. In dieser
Zeit ward ein Studium zu Köln, das war privilegiert." [Limburger
Chronik]
Der Herzog von Burgund sammelt im Hafen von Sluis eine Flotte für eine
Invasion Englands, die niemals stattfinden wird. Stattdessen werden die Schiffe
durch den Maler Melchior Broederlam üppig ausgeschmückt. Die Adligen
wetteifern, wer mit dem prächtigsten Schiff nach England fährt und
Froissart berichtet, die Maler hätten eine gute Zeit; sie können
fordern, was sie wollen und man kann ihrer nicht genug finden. Allein Guy
de la Trémouïlle wendet 2000 Pfund auf: "Man konnte, um es
hübscher zu machen, nichts ersinnen noch erdenken, was der Herr von Trémouïlle
in seinen Schiffen nicht hätte machen lassen. Und alles das bezahlten
die armen Leute in ganz Frankreich." Es heißt, viele hätten
sogar die Masten mit Blattgold vergoldet. Grippeepidemie in Vicenza und möglicherweise
auch in Deutschland. Es stirbt der später seliggesprochene Philipp von
Aix-en-Provence, ein Stigmatisierter, d.h. einer, bei dem sich sie Wundmale
Christi am Körper manifestieren (wie auch immer hervorgerufen). Es ist
einer der wenigen stigmatisierten Männer, überwiegend sind davon
Frauen betroffen. Sigismund (ung. Zsigmond) von Luxemburg (19) wird König
von Ungarn.
März: Der von Absetzung bedrohte König Wenzel schließt ein
gegenseitiges Beistandsabkommen mit dem Süddeutschen Städtebund.
Der durch die Mergentheimer Stallung verlängerte Frieden im Städtekrieg
wird dadurch belastet.
17. Februar: Mit der Gründung des Bistums Wilna wird Litauen offiziell
christlich.
Ca.: Chaucers "Canterbury Tales".
1388
In Wien werden die als Kloaken dienenden Rinnsale (mörungen) eingewölbt
und zu Kanälen umgestaltet, deren Erhaltung erhebliche Kosten verursacht
(wie z.B. 1436, 1444 und 1455). Straßburg baut eine Rheinbrücke
(die zweite Jochbrücke über den Rhein). Zu Nürnberg erhalten
die verarmten Bürger des "Reichen Almosen" pro Kopf und Tag
677 Gramm Brot. Richard II. von England erläßt: Diener und Arbeiter
müssen Pfeil und Bogen bei sich haben, in deren Handhabung sie sich sonn-
und feiertags üben sollen. Zugleich haben sie sich jeder Art des Ballspiels,
Eisenringwerfens, Kugelstoßens, Kegelns und anderweitiger ungebührlicher
Spiele zu enthalten." In Florenz werden die Dirnen gesetzlich verpflichtet,
auf der Straße Handschuhe und auf dem Kopf Glöckchen zu tragen,
"so daß das Zeichen ihrer Schande sich Auge und Ohr mitteile".
In Hildesheim beschließen die Knochenhauer, außer Schäfern
und Müllern auch Leineweber und ihre Nachkommen vom Eintritt in ihre
Zunft auszuschließen. Der Verruf dieser Berufsgruppen ist noch nicht
allgemein verbreitet (und auch später regional sehr verschieden) und
die Obrigkeit greift bereits früh zu ihren Gunsten ein. Es sind besonders
die Zünfte, die solche Verrufe propagieren, um sich abzuschließen.
Seit dem 14. Jahrhundert werden besonders die Leineweber zunehmend für
unehrenhaft erklärt. Diese Phänomene gehören aber in ihrer
Masse ins 16. und besonders ins 17. Jahrhundert. Das englische Parlament verbietet
vergeblich, die Themse und andere Flüsse zu verunreinigen. Eine englische
Verordnung macht für diejenigen Jungen und Mädchen unter zwölf
Jahren, die regelmäßig als Fuhrleute oder hinter dem Pflug arbeiten,
diese Tätigkeit auch für die Folgezeit verbindlich. Als der Herzog
von Lothringen feindlich gegen Rottweil vorrückt, hat "graf Rudolff
von Hohenberg gehaissen und empfohlen allen sinen armen luten in sinen dörfern
und in siner gebiete, daz su endecken [das Dach abtragen], ir stuben abbrechen
und daz ir flöhen snelleclichen und unverzogenlich". Der Abbau von
Häusern bezieht sich auf die Methode des Ständerbohlenbaus, einer
reinen Holzbauweise, bei der Außen- und Trennwände aus stehend
oder liegend eingenuteten Hölzern (vorwiegend aus Nadelholz) bestehen.
Kleinere Häuser können dabei einfach abgebrochen und transportiert
werden. In Tübingen werden die Stadtrechte aufgezeichnet. Universität
Köln gegründet. Von alten Kanonen: Ulrich Grünwald erbaut zu
Nürnberg die "Chriemhilde". Ihre Ladung beträgt 14 Pfund
Pulver und sie soll Steine bis 560 Pfund verschießen. Zum Transport
sind nötig: 12 Pferde (Rohr), 16 Pferde (Lafette), 5 Pferde (Haspel),
6 Pferde (Schutzschirm) und je 4 Pferde für je 3 Kugeln. Das Geschütz
soll 500 Gulden gekostet haben und auf 300 m 2 m starke Mauern durchschlagen.
Neues aus dem Süddeutschen Städtekrieg: Herzog Friedrich von Bayern
hat (wohl schon im letzten Jahr) den mit dem Schwäbischen Städtebund
verbündeten Erzbischof von Salzburg gefangengenommen, die Arrestierung
aller in seinem Herrschaftsbereich befindlichen Kaufleute und Güter verfügt
und damit den Frieden gebrochen. Im Januar beginnt daraufhin der Süddeutsche
Städtebund, gedeckt durch Exekutionsmandate des verbündeten Königs
Wenzel den Kampf gegen die Wittelsbacher. Vermittlungsversuche (im Mai) scheitern.
23. August: Graf Eberhard von Württemberg besiegt das schwäbische
Städteheer bei Döffingen (südwestlich von Stuttgart). An Stelle
von gemeinsamen Aktionen des Städtebundes treten Einzelkämpfe.
6. November: Graf Rupprecht II. von Kurpfalz besiegt das rheinische Städteheer
bei Pfeddersheim (bei Worms). Zahlreiche Städte schließen nun Separatabkommen
mit den gegnerischen Landesfürsten.
Ca.: In Konstanz erhält ein Venezianer vom Färber Albrecht Eppli
fünf Gulden als Honorar, "darumb daz er in gelert hat, drig varwan
verwen" (drei Farbtöne herzustellen). Im Färberhandwerk werden
gerne welsche Fachleute herangezogen.
1389
Der Gewürzhändler Ulman Stromer aus einem angesehenen Nürnberger
Kaufmannsgeschlecht gründet die Geismühle bei Nürnberg - die
erste sicher bezeugte Papiermühle Deutschlands. Dazu läßt
er erfahrene "Papierer" aus Italien kommen. Es wird - leider fehlt
die Ortsangabe, doch spricht einiges wegen weiterer einschlägiger Berichte
für Frankreich - ein Pferd wegen Mordes zum Tode verurteilt. In diesem
Jahr soll ein Sarazene namens Hayl die ersten Spielkarten nach Italien (Viterbo)
gebracht haben. Da man schrieb 1389 in der Karwoche vor Ostern, da wurden
die Juden zu Prag in Böhmen erschlagen und ermordet von der Stadt und
von den gemeinen Bürgern daselbst, so daß beinahe an hundert Familien
der Juden tot blieben. Das kam dadurch, daß ein Priester das heilige
Sakrament trug und einen Christenmenschen nicht fern von der Judengasse versehen
sollte. Da ward von einem Juden ein kleines Steinchen auf die Monstranz geworfen.
Das sagen die Christen. Da entstand ein Gerufe und ein Geschrei über
die Juden, daß sie schmählich tot blieben. In demselben Jahre ward
zu Boppard am Rhein ein Kind geboren, das waren zwei Menschen über dem
Nabel und unten ein Mensch. Es ist binnen einem Jahre gestorben. In diesen
Zeiten gingen Frauen, Jungfrauen und Männer, Adlige und Nichtadlige,
mit Tapparden, die sie in der Mitte gegürtet hatten. Die Gürtel
nannte man Dusinge. Die Männer trugen sie lang und kurz, wie sie wollten,
und machten daran lange, große, weite Stulpen, zum Teil bis auf die
Erde. Du aber, junger Mann, der erst nach hundert Jahren geboren werden soll,
du sollst wissen, daß diese gegenwältige Welt diese Kleidung und
Kleiderart nicht angenommen hat aus einfachem Sinn, noch aus Sattheit, sondern
daß sie diesen Schnitt und diese Kleider aus großer Hoffart erfunden
und gemacht hat. Gleichwohl findet man, daß diese Kleidung vor vierhundert
Jahren auch von ähnlicher Art gewesen ist, wie man in den alten Stiftern
und Kirchen siehet, in denen man Steine -und Bilder mit solcher Kleidung findet.
Auch trugen die Ritter, Knechte und Bürger lange Schecken und Scheckenröcke
hinten und neben geschlitzt, mit großen, weiten Ärmeln. Die Rüschen
an den Ärmeln waren eine halbe Elle lang und länger; sie hingen
den Leuten über die Hände; wenn man wollte, so schlug man sie auf.
Die Hundskogeln trugen Ritter und Knechte, Bürger und reisige Leute,
Brüste und glattes Beingewand zum Stürmen und Streiten, aber keine
Tarschen noch Schilde, so daß man unter hundert gewappneten Rittern
und Knechten nicht eine Tarsche noch einen Schild fand. Ferner trugen die
Männer Ärmel an Wämsen, an Jacken und an anderer Kleidung,
und diese hatten Stulpen beinahe bis auf die Erde, und wer die allerlängsten
trug, der war der Mann. Die Frauen aber trugen Böhmische Kogeln, die
damals in diesen Landen aufkamen. Die Kogeln stülpte eine Frau über
ihr Haupt; sie standen ihnen vorn in die Höhe über dem Haupte, wie
man die Heiligen malt mit dem Diadem. Da man schrieb 1389, da stritten die
Herzöge von Bayern, besonders Herr Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, und
Herzog Ruprecht, sein Vetter, mit denen von Mainz und ihren Bundesgenossen
vom Rhein und warfen den Bund nieder bei Bockenheim. Sie erschlugen und fingen
deren an vierhundert. Fünfzig der Troßbuben warfen sie in den Kalkofen
und verbrannten sie zu Pulver. Das geschah ihnen deshalb, weil sie zu Fuße
liefen und Kirchen und Klausen schändeten. Es widerfuhr ihnen dieselbe
Schmach als Wiedervergeltung. In demselben Jahr auf St. Bonifatius-Tag, da
waren die von Frankfurt ausgezogen, ihrer mehr denn fünfzehnhundert wohl
berittener Leute mit Sturmhauben, Harnischen und Beingewand. Vor Kronberg
kamen sie an die Feinde. Die Feinde waren von Kronberg und hatten wohl hundert
Ritter und Knechte und dazu die vorher genannte Talsiedlung zu Kronberg. Und
die Frankfurter erlitten eine Niederlage, so daß an hundert erschlagen
und ihrer mehr denn sechshundert gefangen wurden. So schlug der kleine Haufen
den großen nieder. Das war kein Wunder; denn der große Haufe floh
und der kleine stritt. Die Frankfurter aber gaben mehr denn siebzigtausend
Gulden für ihre Gefangenen. In demselben Jahre erlitten die schwäbischen
Städte, die in dem Bunde waren, auch eine Niederlage und verloren den
Streit zu ihrem großen Schaden. Mehr denn dreihundert blieben tot oder
wurden gefangen, und der junge von Württemberg blieb tot auf der anderen
Seite, denn er war wider den Bund. So war der Bund umgeworfen wie ein Bund
Stroh. Und soll man wissen, daß diese vorher genannten Städte den
genannten Bund mit großer Weisheit und Herrlichkeit begründet haben,
zum Nutzen und zur Wohlfahrt der Städte und des Landes. Er nahm aber
ein böses Ende. Darum lobe ich nicht und schelte auch nicht. Denn wo
das Ende bös ist, da ist der Ursprung nicht zu loben, wie der Meister
spricht: "Principium lauda, ubi consequitur bona cauda". Das heißt:
Lobe den Anbeginn, das ist mein Rat, wenn die Sache ein gut Ende hat. Zu dieser
Zeit, da ward zu Mainz ein Unglaube offenbar, der mehr denn hundert Jahre
oder länger heimlich gewährt hatte. Der Unglaube und die Sekte waren
so, daß man Maria und andere Heiligen nicht anrufen sollte, da sie für
niemand bäten. Sie hielten auch dafür, daß es zwei Wege gäbe
und nicht einen, so daß, wenn ein Mensch gestorben wäre, er sofort
entweder in das Himmelreich oder in die Hölle fahre. Auch glaubten die,
die zu ihrer Sekte gehörten, daß ein purer Laie ebenso gut konsekrieren
könne wie ein Pfaffe. Ebenso hielten sie dafür, daß der Papst
oder der Bischof keinen Ablaß geben könnten. Schließlich
meinten sie, daß das Gebet, Almosengeben, Messehören, Fasten, das
helfe alles nicht den Seelen, für die man es täte. Da man schrieb
1389, da zog ein König von Frankreich in deutsche Lande gegen einen Herzog
von Jülich und gegen den Herzog von Geldern und lag einen Monat in dem
Lande des Herzogs von Jülich. Und die zwei Herzöge gaben sich in
die Hand des genannten Königs und suchten Gnade, und ein Erzbischof von
Köln, mit Namen Friedrich von Saarwerden, von dem vorher geschrieben
steht, ermittelte mit ganzem Ernst und mit Fleiß zwischen dem König
und den genannten Herzögen und arbeitete gar sehr. Der genannte König
hatte mehr denn hunderttausend reisiger Pferde, so daß man sein Volk
schätzte auf mehr denn sechzehntausend Ritter und Knechte, ausgenommen
die Schützen, die er hatte. Und lag der König in eigener Person
zu Felde mit großer Gewalt, mit solcher Pracht und Herrschermacht, wie
es bisher nimmer in deutschen Landen gesehen ward. Er führte mit sich
Münzer, die ihm alle Tage Gulden schlugen. Jedoch verlor er manchen Mann,
der ihm abgefangen und erschlagen wurde in deutschem Lande. Derselbe König
von Frankreich ward drei Jahre danach rasend wie ein Hund. Danach starb der
ehrwürdige Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier. Da ward gewählt
Herr Werner von Falkenstein zum Erzbischof zu Trier. Er verfeindete sich mit
der Stadt Oberwesel, zog vor sie und schlug ein Haus auf zu Niederberg und
lag da vor Wesel mehr denn ein ganzes Jahr. Er hieb die Weingärten ab
und tat ihnen großen, verderblichen Schaden mit den großen Büchsen.
Mancher Mensch in der Stadt wurde durch die Büchsen getötet. Auch
vor der Stadt gab es manche Gefechte und Scharmützel, und es geschah
einmal, daß derer von Wesel mehr denn zwanzig Mann tot auf der Walstatt
blieben." [Limburger Chronik]
Januar: Die Schneidergilde von Lincoln erstattet an die Königskanzlei
in Westminster Bericht über ihre Entstehung, Verfassung und Vermögenslage,
wie es König Richard II. von England im November zuvor gefordert hat:
"Die Gilde wurde im Jahr des Herrn 1328 gegründet. Alle Brüder
und Schwestern sollen am Fronleichnamsfest mit der Prozession gehen. Niemand
soll als Vollmitglied in die Gilde eintreten, bis er für seinen Eintritt
ein Viertel Gerste entrichtet hat; es muß zwischen Michaeli (29. 9.)
und Weihnachten entrichtet werden. Und wenn es dann noch nicht entrichtet
ist, soll er den Preis für das beste Malz bezahlen, wie es auf dem Johannismarkt
(am 27. 12.) in Lincoln verkauft wurde. Und jeder soll zwölf Pfennig
für die Kannen zahlen. Wenn einer von der Gilde in Armut fällt -
was Gott verhüten möge - und nicht die Mittel zum Lebensunterhalt
hat, soll er jede Woche, solange er lebt, aus dem Gildenvermögen sieben
Pfennig bekommen; davon muß er auch die Zahlungen bestreiten, die an
die Gilde fällig werden. Wenn jemand innerhalb der Stadt stirbt, ohne
die Mittel für das Begräbnis zu hinterlassen, wird die Gilde die
Mittel je nach Rang des Verstorbenen bereitstellen. Wenn jemand eine Pilgerfahrt
zum Heiligen Land nach Jerusalem zu machen wünscht, soll ihm jeder von
den Brüdern und Schwestern einen Pfennig geben, und wenn nach Santiago
oder Rom, einen halben Pfennig. Und sie sollen mit ihm bis vor die Tore der
Stadt Lincoln gehen, und bei seiner Rückkehr sollen sie ihn abholen und
mit ihm zu seiner Pfarrkirche gehen. Wenn ein Bruder oder eine Schwester außerhalb
der Stadt, auf Pilgerfahrt oder sonstwo stirbt und die Brüder von seinem
Tod sichere Nachricht haben, sollen sie für seine Seele dasselbe tun,
wie wenn er in seiner eigenen Pfarrei gestorben wäre. Wenn einer von
der Gilde stirbt, soll er, je nach seinen Mitteln, der Gilde fünf Schilling
oder elf Pfennig oder wieviel er will vermachen. Jeder von den Brüdern
und Schwestern soll beim Eintritt in die Gilde dem Kaplan dasselbe wie die
anderen zahlen. In jedem Jahr sollen vier Morgensprachen gehalten werden,
um Maßnahmen für die Wohlfahrt der Gilde zu treffen, und jeder,
der seiner Einladung nicht nachkommt, soll zwei Pfund Wachs zahlen. Wenn irgendein
Meister der Gilde irgend jemanden bei sich als Lehrling aufnimmt, damit er
die Arbeit des Schneiderhandwerks erlernt, soll der Lehrling an die Gilde
zwei Schilling zahlen, oder sein Meister für ihn; sonst soll der Meister
seine Mitgliedschaft verlieren. Wenn zwischen irgendwelchen Brüdern oder
Schwestern der Gilde irgendein Zank oder Streit ausbricht - was Gott verhüten
möge -, sollen die Brüder und Schwestern nach dem Rat des Vorstehers
und der Verwalter ihr Bestes tun, um zwischen den Parteien Frieden zu schließen,
vorausgesetzt, daß der Fall von der Art ist, daß er ohne Bruch
des Gesetzes auf diese Weise beigelegt werden kann. Und jeder, der sich dem
Urteil der Brüder nicht fügt, soll seine Mitgliedschaft verlieren,
wenn er sich nicht innerhalb von drei Tagen eines Besseren besinnt, und dann
soll er einen Stein Wachs zahlen, falls es ihm nicht erlassen wird. An Festtagen
sollen die Brüder und Schwestern mit ihren Gebeten drei Töpfe und
sechs Kannen haben, und das Bier in den Töpfen soll den Armen, die es
am meisten brauchen, gegeben werden. Nach dem Fest soll eine Messe gelesen
und ein Opfer für die Seelen der Verstorbenen gegeben werden. Beim Tod
von Brüdern oder Schwestern sollen bis zum Begräbnis vier Wachskerzen
rund um die Leiche gestellt werden, und die üblichen Gottesdienste und
Opfer sollen folgen. Wenn irgendein Meister vom Handwerk irgendeinen Jungen
oder Näher eines anderen Meisters behält, einen Tag, nachdem er
erfahren hat, daß der Junge zu Unrecht seinen Meister verlassen hat
und daß sie sich nicht auf freundliche und vernünftige Weise getrennt
haben, soll er einen Stein Wachs zahlen. Wenn irgendein Meister vom Handwerk
irgendeinen Jungen als Näher verwendet, soll dieser Näher sechs
Pfennig zahlen, oder sein Meister für ihn. Jeder von den Brüdern
und Schwestern der Gilde soll jedes Jahr einen Pfennig als milde Spende geben,
wenn der Dekan der Gilde es verlangt; und er soll an der Stelle gegeben werden,
wo es der Geber für besonders nötig hält, zusammen mit einem
Krug Bier aus dem Biervorrat der Gilde. Amtsträger, die gewählt
sind und ihr Amt nicht übernehmen, sollen Geldstrafen zahlen. Dessen
zum Zeugnis und auf besonderes Verlangen der Gilde wird hierzu das Siegel
des katholischen Dekanats Lincoln gesetzt. (Auf französisch:) Geschrieben
zu Lincoln in sehr großer Eile. Hier endet die Gildenrolle der Schneider
von Lincoln. (Von anderer Hand:) Die Brüder haben keinen Grundbesitz
oder Hausbesitz, weder unveräußerlichen noch sonstigen, und kein
Gildenvermögen, nur was sie dafür brauchen, das Dargestellte auszuführen;
sie halten auch keinerlei Feste ab außer den vorgenannten, die dazu
dienen, Liebe und Mildtätigkeit untereinander zu pflegen." In einer
Salzburger Urkunde wird ein Koch erwähnt: "meister Chunrat, koch
zu S. Peter". Im Landfrieden zu Eger endet der Süddeutsche Städtekrieg.
Es endet die selbständige Politik der Reichsstädte für etwa
ein Jahrhundert. Der Schwäbische Städtebund löst sich auf;
die Städte treten nach und nach dem Egerer Landfrieden bei. Nur die Bodenseestädte
halten noch ein engeres Bündnis bei. Im Laufe dieses Krieges sollen 1200
Dörfer zerstört worden sein. In Xanten wird erstmals mit Bau einer
Stadtmauer begonnen. Es stirbt der persische Dichter und Korandeuter Hafis
(Schemseddin Muhammed, 69). Über Toleranz in Spanien: Es stirbt König
Peter der Grausame von Kastilien. Seine Grabinschrift ist auf lateinisch,
hebräisch und arabisch verfaßt. (Vgl. 1252; wieso heißt er
dann "der Grausame"?)
15. Juni: Türkischer Sieg über die Serben auf dem Amselfeld.
Bis 1395: Der Seeräuberbund der Vitalienbrüder (oder Likendeeler
= "Gleichmacher") versorgt das belagerte Stockholm mit Lebensmitteln
(Vitalien).
Bis 1497: Für diesen Zeitraum sind für Frankfurt 15 Ärztinnen,
darunter auch Chirurginnen nachgewiesen.
1390
In Worms bilden die fahrenden Schüler für kurze Zeit eine Bruderschaft.
Die Bengeler, eine Freischar, deren Zeichen silberne Prügel sind, verheert
das Paderborner Land. Sie bedrängen Bischof Ruprecht hart und verhöhnen
die Paderborner. Der Bischof überfällt sie und nimmt ihrer 70 oder
100 samt ihrem Anführer Friedrich von Pathberg gefangen. Sie verweigern
jedoch den Treueeid und es gibt eine weitere Fehde, während der die Fürsten
Pathberg belagern. Nach dem Tode von Bischof Ruprecht läßt der
Widerstand gegen die Bengeler nach. In Nürnberg existiert eine Papiermühle.
Papier wird aus Lumpen hergestellt. In Frankfurt gibt es eine behördliche
Feuerbeschau, weil die Dächer überwiegend mit Stroh und Schindeln
gedeckt sind. In Hamburg, wo die Stadt die Anlage und Instandhaltung der Brunnen
besorgt, wird ein städtischer Beamter für die Kontrolle der Laufbrunnen
eingesetzt. In Essen gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden)
über die Existenz einer Schützengesellschaft. Im preußischen
Deutschordensgebiet, wo eine ruinöse Wirtschaftskrise herrscht, taucht
erstmals die Bestimmung auf, daß ein Bauer seinen Hof erst dann verlassen
darf, wenn er alle Zinsrückstände bezahlt und für seinen Hof
einen Ersatzmann gefunden hat. Da man schrieb 1390, da schlug Graf Philipp
zu Nassau, Herr zu Merenberg, ein Haus auf und eine Burg auf der Eisenschmiede
bei Braunfels. Die Burg ward geheißen Philippstein nach dem Herrn. Und
derselbe Philipp hatte auch die Grafschaft von Saarbrücken, die war ihm
angefallen von seiner Mutter, die die Tochter eines Grafen von Saarbrücken
war. Dieser Philipp regierte hier und dort im welschen Lande. Er kaufte eine
Gräfin von Spanheim; da fiel ihm durch seine Frau auch ein gutes Land
zu. In dem oben genannten Jahr in dem Herbste, da war an der Lahn soviel Wein
gewachsen, als es jemanden gedenken konnte. Ein gutes Fuder Frenzwein galt
zu Nassau und in der Gegend acht Gulden oder so ungefähr. In demselben
vorher genannten Jahr erschlug Herr Konrad Spiegel von dem Desenberg, ein
Ritter in Westfalen, einen Grafen von Schwarzburg vor Liebenau in Hessen;
es geschah das mit Verräterei. In demselben vorher genannten Jahr verbrannte
die Stadt Grünberg in Hessen ganz und gar durch Feuer, das von selbst
entstand. Zwanzig Jahre vorher war sie auch von eigenem Feuer verbrannt. In
derselben Zeit war ein Bischof zu Speyer, der war von Wiesbaden, eines Bürgers
Sohn. Dem half Herzog Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, sich zu behaupten, denn
er war sein Schreiber gewesen; anders würde er es nicht erhalten haben.
Er regierte sein vorher genanntes Stift bescheiden und wohl. In dieser Zeit
war eine Königin von Dänemark, eine Witwe, Feindin des Königs
von Schweden, und sie führten einen gar großen Krieg. Dadurch entstand
große Teuerung in diesen Landen von gesalzenen Fischen, so daß
eine Tonne Heringe gut und gern neun schwere Gulden galt. Und in demselben
Kriege fing die vorher genannte Königin von Dänemark den erwähnten
König von Schweden und schatzte ihm ab mehr denn sechzigtausend Mark
Silber. Darauf ward der genannte Krieg gesühnt." [Limburger Chronik]
In diesem Jahr wird wieder ein Jubeljahr begangen, und zwar nachträglich
für das Jahr 1383 (33 Jahre nach dem letzten Jubeljahr 1350).
1391
Studium für Reiche: Der Kölner Bankier Hermann van Goch läßt
seinen Sohn in Wien studieren - mit einer angemessenen Summe Geldes versehen.
Zusätzlich schickt er ihm später noch fünf Wechselbriefe über
273 ungarische Gulden, dazu noch Tuch und zwei Mützen. Da man schrieb
1391, da war ein Bischof von Paderborn, der war eines Herzogs von Berg Sohn
und regierte das Stift zu Paderborn gar herrlich in großen Ehren und
beschützte und beschirmte die Straßen und gab Rittern und Knechten
Hengste, Pferde und Gut und tat besonders auch armen Leuten etwas zu gut.
Deshalb wurde eine Gesellschaft gemacht wider ihn aus der Ritterschaft in
Hessen und in Westfalen. Diese hießen die Dengler und führten Knüppel
mit sich. Sie setzten dem Bischof zu und bekriegten ihn und das Stift wider
alles Recht. Dann glückte es dem genannten Bischof binnen einem Jahr,
daß er niederwarf an hundert Ritter und Knechte der Klöppeler,
die allerbesten, die unter ihnen waren. Er fing den von Padberg, einen Teil
der Spiegel von Desenberg, der von Falkenberg, die von Hettingshausen und
die Wolf von dem Schartenberg in dem Lande zu Hessen. Und wollten diese frei
werden, so mußten sie geben als Lösegeld an dreißigtausend
Gulden von Florenz an vollwertigem Gelde. So verging die genannte Gesellschaft
der Klöppeler. In demselben Jahre nahmen die von Padberg auf der Straße,
nicht fern von ihnen in Westfalen, vierzig Fuhrwerke, Karren und Wagen, mit
allem Vorrat weg, der darauf war von Fischen, von Leder und von anderem Vorrat,
der von der See in diese Lande kam. Deshalb zog der vorher genannte Bischof
mit anderen Fürsten, besonders dem Landgrafen Hermann von Hessen und
mit Herzog Otto von Braunschweig, vor Padberg; sie nahmen das Städtchen
und verheerten das Land. Doch die Häuser zu Padberg konnten sie nicht
gewinnen. Drei Jahre darauf starb der Bischof von Paderborn. Er war ein gar
junger Mann und hatte herrlich regiert. Er wurde sehr bejammert und beklagt,
denn er hatte eine glückliche Hand in allem, was er angriff. An seiner
Stelle wurde ein anderer Bischof gekoren, der war von Hoya. Dieser regierte
auch und hätte es gern dem ersten gleich getan, wenn er es vermocht hätte.
Im Jahre als man schrieb 1391, da war ein Bischof von Köln Feind des
Grafen von der Mark. Der Bischof hieß Friedrich und war von Saarwerden,
von dem schon die Rede war, und der Graf von der Mark hieß Engelbrecht.
Der Krieg war hart und groß und weit. Denn der Bichof von Trier stand
dem Bischof von Köln bei mit Rittern, Knechten und Städten. Sodann
halfen ihm die Bischöfe von Westfalen, der Bischof von Münster und
von Osnabrück. Der genannte Graf Engelbrecht war jedoch so hochgemut
und hatte so viele Freunde, und hatte einen Monat vorher dem Bischof von Köln
entbieten lassen, daß er ihn mit Gewalt in seinem Lande überfallen
und überwältigen wolle. Deshalb bestellte der Bischof seine Streitmacht,
so daß er mehr denn sechshundert Ritter und Knechte hatte. Und dazu
hatte er sein Land und seine Städte, so daß man die Bürger
schätzte auf fünfzehn tausend wohl gewappneter Männer. Graf
Engelbrecht kam und brachte mit sich einen Herzog von Lüneburg, der ist
ein Sachse, und dazu Ritterschaft aus der Grafschaft Holstein und Westfalen,
so daß sein Volk von Rittern und Knechten auf mehr denn vierzehn hundert
Lanzen, Ritter und Knechte, geschätzt wurde und zweihundert Schützen
dazu. Er zog über den Rhein in den Bonngau und lag darin mit rechter
Gewalt zu Felde zehn Tage und zehn Nächte. Sie verwüsteten, verbrannten
und unterwarfen, was darin war, bis an die Stadt Bonn. Es war das ein gar
feindlich Lager, und sie schlugen der Kölnischen vor Brühl mehr
als dreißig tot. Und der Bischof verwahrte sein Schloß wie ein
weiser Fürst und stritt nicht. Deshalb wurde viel über ihn geredet.
Der genannte Graf Engelbrecht behielt das Feld mit großen Ehren. Ein
Jahr danach starb Engelbrecht auf seinem Bette ohne Leibeserben und die Grafschaft
ward ... (hier ist eine Lücke im Text; zu ergänzen ist: Engelbrechts
Brüdern Adolf von Kleve und Dietrich von der Mark.) Da man schrieb 1391,
da war Wenzeslaus, römischer König und König zu Böhmen,
sehr ungnädig gegen alle Juden in deutschen Landen, und das war darum,
weil die Juden ihm nicht seinen Tribut und seinen Jahrzins gaben. Sein jährlicher
Zins beträgt von jedem Juden, der über dreizehn Jahre alt und männlich
ist, alle Jahre einen Gulden. Er schrieb und gebot den Fürsten, Grafen,
Herren und auch den Städten, daß man den Juden, die bei ihnen ansässig
wären, keinen Wucher von einer Schuld geben sollte. Hätte ihnen
jemand aber Wucher gegeben, so sollte er diesen von dem Hauptgelde abziehen.
Welcher Jude das nicht wolle, dem sollte man überhaupt nichts geben.
Als das ausgeführt wurde, bekamen die Juden wenig und geringes Geld und
gaben ihre Schuldbriefe sehr betrübt zurück, so daß sie größtenteils
verarmten; und mancher Ritter und Knecht und Bürger am Rhein, an der
Mosel und anderswo wurden wohlhabend und blieben in großem Wohlstand.
So mußten die Juden dem römischen Kaiser und König seinen
jährlichen Zins und seinen Tribut geben alle Zeit zu ewigen Tagen. So
wurden die Juden unterwiesen, daß ein römischer König und
Kaiser ihr Herr ist, wie man in der Passion liest, daß die Juden riefen:
"Regem non habemus nisi Cesarem", das heißt: Wir haben keinen
König mehr, nur den Kaiser bei unsrer Ehr. Du sollst wissen, daß
ich von dem König keine gute Mär zu geben weiß, wie du es
später auch geschrieben findest. In demselben vorgenannten Jahre hielt
Landgraf Hermann zu Hessen ein Gericht in der Stadt Kassel ab. Und er ließ
neun der Allerreichsten und Mächtigsten ihr Haupt abschlagen und einen
Teil von ihnen vierteilen und an vier Enden ausstellen. Er zieh sie, daß
sie ihn seinen Feinden verraten hätten; das ging von den Feinden aus,
nachdem sie sich mit dem Landgrafen ausgesöhnt hatten. In demselben vorgenannten
Jahre verbrannte Linz am Rhein durch von selbst entstandenes Feuer bis auf
ein Drittel der Stadt." [Limburger Chronik]
In Stralsund kommt es zu einem Aufstand der Gewerke und der Opposition gegen
das selbstherrliche Regiment von Bürgermeister Bertram Wulflam. Die Aufständischen
unter Führung von Karsten Sarnow schaffen die Ratsverfassung ab, aber
die Hanse erzwingt bald die Rücknahme der Reformen und Sarnow wird 1393
hingerichtet. Beginn von Judenverfolgungen in Spanien.
Bis 1398: Der Stecknitzkanal zwischen Elbe und Trave wird gebaut.
1392
Die Vitalienbrüder plündern Wisby. München hat kaum 10000 Einwohner.
In diesem Jahr werden dort die Andechser Reliquien gezeigt, wozu an einem
Tag bis zu 40000 Pilger in die Stadt strömen. Man zählt sie einfach,
indem man für jeden die Tore passierenden Fremden eine Erbse in einen
Topf wirft. Grund für diesen Auflauf ist, daß letztes Jahr (11.
Juli) Papst Clemens VII. für das Zeigen dieser Reliquien einen Ablaß
gewährt hat, der aber nur wirkt, wenn man sieben Tage in der Stadt bleibt.
"Es war alles nur umb das gelt zu tuen." (Burkhard Zink aus Augsburg)
In Hildesheim gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über
die Existenz einer Schützengesellschaft. Da man schrieb 1392, da war
der römische König und König zu Böhmen, Wenzeslaus genannt,
den Straßburgern Feind und seine Heeresmacht zog vor Straßburg;
er hatte mehr denn zweitausend Lanzen, Ritter und Knechte. Sie lagen mehr
denn einen ganzen Monat davor und verwüsteten, verbrannten und nahmen
alles, was zur Stadt gehörte. Und die von Straßburg hatten die
Stadt wohl bestellt. Türme, Tore und Mauern. Und darüber hatten
sie an zwanzig-tausend Mann, wohlgewappneter und kampfbereiter Leute. Dennoch
blieben sie in der Stadt und kamen nicht heraus. In diesem Jahr vertrieben
die von Straßburg ihren Bischof, sie bezichtigten ihn, daß er
den Angriff und den Zug gegen sie gemacht hätte. Darauf wurde er ein
Bischof zu Utrecht in den Niederlanden. Die Straßburger waren auch in
des Reiches Acht durch den vorher genannten König. Das kostete sie mehr
denn dreißigtausend Gulden. Da man schrieb 1392, da war Wein genug an
den Stöcken; und es kam ein großer Reif und Frost auf St. Matthaus
des Evangelisten Tag in dem Herbste, und zwischen diesem Tag bis auf nächsten
St. Michaels, des heiligen Erzengels Tag, erfror der Wein und die Trauben
an den Stöcken am Rhein, an der Lahn, an der Mosel und überall in
deutschem Lande, so daß man die Trauben mit großen Stößeln
zerstoßen mußte; so hart waren sie. Und die Weine wurden so sauer,
daß sie wie Saft von Holzäpfeln schmeckten. Der Wein hieß
Ratzemann, und die Quart kostete kaum drei Heller. Und in dem anderen Jahr
war guter Wein, und die Quart kostete zwei Engelse. Der Sommer war so heiß,
daß der Rhein und alle anderen fließenden Wasser so klein waren,
wie man es binnen vierzig Jahren vorher nie mochte sehen. Und im nächsten
Winter datauf fiel ein so großer Schnee um St. Katharinen Messe, wie
er binnen zwanzig Jahren in diesen Landen nie mochte gefallen sein, so daß
viele Leute, die über Land wandern mußten, im Schnee umkamen und
erst aufgefunden wurden, als der Schnee verging. In dieser Zeit warf der Herr
von Hainsberg den jungen Herzog von Jülich und den jungen Grafen von
Sayn mit mehr denn dreißig Rittern und Knechten im Felde nieder. Dies
war der Kriegszug des genannten Grafen." [Limburger Chronik]
Erster namentlich bekannter Spielkartenmaler: Gringonneur. Daß er -
für Karl VI. von Frankreich - die Spielkarten erfunden hat, trifft nicht
zu. Bei Karl VI. von Frankreich stellt sich erstmals Geistesgestörtheit
ein.
1393
Der Pfalzgraf ernennt den "Wernhir pfifer von Alzei unser recht hofgesinde
in allem unserm lande...ubir alle varnde lute zu künge." Dies ist
ein weiteres von oben eingesetztes territoriales Königreich fahrender
Leute, das keinen Bestand hat (wie auch schon das Mainzer Vorbild von 1385).
Da man schrieb 1393, da wurden die von Mastricht an der Mass niedergeworfen.
Das tat ein Graf von Mors mit Namen Friedrich. Dieser war ihr Feind und hatte
alles in allem an fünfhundert Lanzen, Ritter und Knechte. Er berannte
die Stadt mit einem Teil seiner Leute (die anderen hielt er im Hinterhalt)
und warf sie so schmählich nieder, daß mehr als dritthalb hundert
Bürger erschlagen und dreihundert gefangen wurden. Es starben auch viele
in dem Gefängnis, denn sie lagen mehr als ein Jahr gefangen, und gaben
zweiunddreißig tausend Gulden. Damit ward eine vollständige Sühne.
In demselben vorher genannten Jahre, da zogen das Reich und der Bischof von
Mainz, die Stadt Mainz und die von Frankfurt vor Hattstein. Sie lagen acht
Tage davor und zogen wieder davon. Und die Städte hatten große
Büchsen, von denen eine sieben oder acht Zentner schwer schoß.
Damals kamen die großen Büchsen auf, wie man sie auf Erden bisher
nicht von solcher Größe und Schwere gesehen hatte. In dieser Zeit
waren zwei edle Grafen von Katzenelnbogen; deren einer hieß Eberhard.
Dieser hatte große ritterliche Taten getan und war in großen Kämpfen
in diesen Landen und über Meer im Heiligen Lande gewesen. Er hatte Schwalbach
über der Aar erbaut, und zwar länger als dreißig Jahre vor
dieser Zeit. Der andere war Diether geheißen. Seine Mutter war eine
geborene von Limburg. Dieser war seinen Feinden ein gar strenger Herr, da
er sie mit viel Volk, Rittern und Knechten, allzeit bedrängte. Es war
stets sein Grundsatz, seine Feinde zu überwältigen. Man nannte ihn
Birbe. Die zwei genannten Grafen gaben ihre Kinder zu der heiligen Ehe zusammen.
Graf Eberhard gab seine Tochter Graf Diethers Sohn, namens Johann, damit die
Grafschaft wieder zusammen käme. Derselbe Graf Diether war ein Verwalter
des Landes Luxemburg auf Geheiß des römischen Königs Wenzeslaus,
König zu Böhmen, vom Jahre 1395 nach Christi Geburt an. Daher war
der Graf von Saint Pol Feind des vorhergenannten Landes Luxemburg und zog
in das Land mit mehr als zwölfhundert Lanzen, Rittern und Knechten und
hatte dazu an hundert Schützen. Und deshalb warb der vorhergenannte Diether
in diesen Landen und hatte mehr denn zweitausend Lanzen, Ritter und Knechte.
Und wo der Graf von Saint Pol mit seinen Leuten lag, da hatten sie sich eingegraben.
Als nun Graf Diether eines Morgens mit ihm streiten wollte, da ritten die
Welschen des Morgens weg und ließen ihre Pfeifer die Nacht hindurch
pfeifen und ließen ihre Fackeln brennen, so daß man wähnte,
sie wären noch alle da. Als Graf Diether sich zum Streite stellte, da
waren sie alle entflohen. Die Burg Walrabenstein erbaute ein Graf von Nassau
in derselben vorher genannten Zeit. Der hieß Walram. Er starb jung und
hatte Westerburg inne. Nach ihm regierte sein Sohn. Da man schrieb 1393, da
entstand zu Köln eine Zweiung zwischen den Schöffen und dem Gemeinderat.
Das kam dadurch, daß es dem Rat dünkte, als ob die Schöffen
mehr dem Bischot von Köln beistünden und Hilfe leisteten als der
Gemeinde zu Köln. Und fortan behielt die Gemeinde zu Köln ihren
Willen. Sie vertrieben den edlen Vogt von Köln und fingen einen Teil
ihrer Schöffen und legten die Gefangenen auf ihre Türme. Die anderen
flohen aus dem Lande und wurden vertrieben. In dieser Zeit hatten die von
Köln Sorge, daß der Bischof mit Namen Friedrich von Saarwerden
zu Deutz gegen Köln eine Burg erbauen würde. Und die Kölner
fuhren in der Palmnacht über den Rhein und erbauten außerhalb des
Münsters und Klosters, in dem Mönche vom Orden des heiligen Benedikt
saßen, eine Burg. Die nannten sie Palmenstein, da sie zu Palmarum in
Angriff genommen ward. In demselben Jahr wurde der edle Vogt von Köln
Feind der Stadt Köln. Man wurde im Felde handgemein und hatten einen
Kampf. Der Vogt behauptete das Feld und schlug von den Kölnern gute reisige
Leute tot auf der Walstatt und fing derer von Köln mehr denn sechzig.
Das alles ward gesühnt binnen einem Jahre. Für die Gefangenen wurden
mehr denn zwanzigtausend Gulden gegeben. Und die Schöffen von Köln,
die von der Gemeinde gefangen lagen und vertrieben waren, die wurden frei
und kamen wieder nach Köln." [Limburger Chronik]
In Florenz warnt Morelli die Jugend: "Spielt keine Hasardspiele und meidet
die Würfel! Wählt lieber die euch geziemenden Knöchelchen (Astralagos)
und naibis (Spielkarten)." Judenverbrennungen in Rothenburg. Anklage:
Brunnenvergiftung". Ein Tuchmacher aus Wörd (Wörth?), der seiner
Mutter Gewalt angetan und sie dann erwürgt hat, wird in Öl gesotten.
Bern erhält seine erste Wasserleitung. In Xanten wird nach starken Kriegzerstörungen
der Hauptbau der Stadtbefestigung, das Klever Tor im obersten Geschoß
und im Dach wiederhergestellt. Es ist eines der wenigen im Rheinland erhaltenen
Doppeltore. Der Hauptbau hat vier Stockwerke. In München gibt es indirekte
Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft.
In Frankreich entscheidet eine königliche Verordnung, daß es "für
einen Adligen nicht standesgemäß sei, eine Weinstube zu betreiben."
Verbannung der Juden aus Frankreich.
1394
Meister Marquart von Köln wird der erste Apotheker von Regensburg mit
fester Besoldung. Er ist von 1383 bis 1386 als gelehrter Arzt am Hofe Herzog
Albrechts III. von Österreich tätig gewesen. Endgültige Vertreibung
der Juden aus Frankreich mit Ausnahme von Provence, Dauphiné und Avignon.
Die Geißler sind wieder da: Es entsteht die Bruderschaft der Weißen
Büßer (vielleicht im Dauphiné), die weiße Kutten und
Kapuzen tragen (ähnlich dem KuKluxKlan). Auf dem Rücken ist ein
Stück herausgeschnitten zum Behufe des Geißelns. Sie finden in
Italien großen Zulauf (außer zunächst in Genua, später
auch dort). Allein in Padua entstehen sechs solcher Gesellschaften. Beim Reichstag
in Frankfurt sollen über 800 Dirnen anwesend sein. Abschiebung von Geisteskranken:
Die "thörichte Dorothea", die bisher im Nürnberger Lochgefängnis
(unter dem Rathaus gelegen hat, wird mit dem Fuhrwerk nach Wien gebracht.
Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Da man schrieb 1394,
auf den Sonntag nach dem achtzehnten Tage, war zu Wetzlar an der Lahn eine
große Zweiung in der Stadt. Das kam so: Einer, mit Namen Haberkorn,
zog die Zünfte der Gemeinde an sich, machte Anschläge und wollte
diese durchführen und erzwingen gegen den Rat und gegen die Ehre. Und
sie rotteten sich zusammen vor der Burg vor der Kirche; der Rat behielt die
Oberhand, und man schlug den Haberkorn mit fünf anderen vor der Kirche
auf dem Kirchhof tot. Die Gemeinde gab nach und suchte Gnade beim Rat. Und
es söhnten sich von der Stunde an der Rat und die Gemeinde aus. In dieser
selben Zeit und in dem vorher genannten Jahr, da hatte Bischof Werner von
Trier, von Geburt Herr von Falkenstein, einen großen Krieg mit dem Herrn
von Aremberg, der länger als ein Jahr währte. Bischof Werner gewann
die Burg Welschenhausen bei der Eifel und brach sie ab bis auf den Grund.
In demselben Jahr wurde Bischot Werner eine Burg Oer abgenommen, die daselbst
gelegen war. Die Burg war sein Pfand für eine Summe Geldes und es zogen
alsbald seine Freunde davor, gewannen sie mit dem ersten Sturm und fingen
auf ihr den von Welschenhausen und zwölf andere. In diesem Jahr und in
der vorher genannten Zeit war gar saurer Wein gewachsen, weil der Frost den
Wein an den Stöcken überfiel, ehe er reif wurde. Der vorher genannte
Bischof Werner kaufte hundert Fuder dieses Weins an der Mosel mit den Fässern
zu vierhundert Gulden, also das Fuder zu vier Gulden. Diese wurden so lauter
auf der Hefe, daß man sie vor Weihnachten aus den Gläsern trank.
In demselben vorher genannten Jahre, da nahmen der Ablaß und die Romfahrt
ihren Anfang zu Düsseldorf, das im Niederland liegt und dem Herzog von
Berg gehört. Das war von Bonifatius IX. Gnaden, des Papstes zu Rom. In
derselben Zeit wurde daselbst ein Kanonikat neu gestiftet; das kam von dem
großen Zulauf, der da war. Dieselbe Gnade und Gunst ging auch zu Köln
an und währte ein ganzes Jahr. In dieser vorhergenannten Zeit wurde ein
Kind geboren zu Niederbrechen im Trierer Bistum, das war unten ein Mensch
und hatte aufwärts eine Gestalt einigermaßen einer Kröte gleich.
Das war ein Zeugnis Gottes, denn als man das Weib ansprach, daß sie
ein Kind trüge, sprach sie und antwortete darauf, sie trage eine Kröte,
und das war ihre Antwort allezeit." [Limburger Chronik]
Die Kirche St. Lambertus zu Düsseldorf wird im gotischen Stil vollendet.
Hamburg verleibt sich gewaltsam das Elbmündungsgebiet mit Schloß
und Amt Ritzebüttel (heute teil Cuxhavens) ein, nachdem die dort regierende
Familie von Lappe dem Seeräuberunwesen nicht entgegengewirkt hat. In
Göttingen gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden)
über die Existenz einer Schützengesellschaft.
1395
Die Weißen Büßer kommen nach Rom und stehlen dem Papst die
Schau. Einer ihrer Anführer gibt sich als Johannes der Täufer aus
und führt ein blutendes Kruzifix vor. Man entlarvt ihn als Juden und
sein Kruzifix als Schwindelvorrichtung (hohl) - er wird verbrannt. Ein anderer,
den sie den Propheten Elias nennen, kommt, gleichfalls mit einem Wunderkruzifix
nach Viterbo. Er wird verhaftet und allein nach Rom gebracht, wo sich auch
dieses Kruzifix als Betrug erweist und er selbst als Geistlicher, der nach
der päpstlichen Krone trachtet. Auch er wird verbrannt und sein Gefolge
macht sich davon. "Die beghart vnd die die sich mit geknöpften gaisseln
schlugen haben in teutschen land vnd in andern gegenten schwere irrung eingefüert.
davon dann hievor meldung beschehen ist. So ist auch in disem 1389. iar in
allem welschem land ein wunderliche auffwegung des volcks entstanden. also
das sie sich schier alle innerhalb dem gallischen gepirg mit weyßem
vnd leyninem klaid bis auff die füeß hinab mit einer kappen gleich
einer münchs gugel beklaideten. Darunder warn edele weiber vnd mann.
Auch fürsten, bischoff, pfaffen vnd münch allerlay orden die sich
der gleichen beklaidten. [Unbekannte Sigle] dise menschen giengen in processionweiß
ye zway vnd zway zu den nehern stetten vnd rüfften mit flehlichem geschray
nach frid vnd barmhertzigkeit. vnd solchs weret schyer drey monat. Vnder disen
warn von der statt Luca bey 3000 menschen. Vrsacher diss fürnemens was
ein briester. der was von antlitz vnd worten solcher tapfferkeit das er von
allen heilig gehalten wardt. Aber bapst Bonifacius hieß zu Viterbo nach
ime greiffen, ine zu im füeren vnd als einen irrer verprennen."
[Schedelsche Weltchronik, 1493] "180. Im Jahre 1395, auf Aschetag, starb
Herr Johann von Isenburg, Herr zu Büdingen, eines schnellen jähen
Todes zu Koblenz, wo er turniert und gestochen hatte. Er war zu seinen Lebzeiten
ein aufbrausender, gewalttätiger Mann gewesen. In dieser selben vorher
bezeichneten Zeit, da hatten die Barfüsser zu Köln ein Generalkapitel.
Da kamen aus allen Landen mehr denn dreizehnhundert Barfüsser, Minderbrüder
zusammen. Die hielten alle zum Papst zu Rom, Bonifatius IX. Von denen, die
zum Papst von Avignon, Clemens, hielten, kam keiner dorthin; es wären
ihrer sonst mehr als zweitausend zusammengekommen. In demselben vorher bezeichneten
Jahr, am achten Tag im Mai, das war auf einem Samstag, da kam ein großes
Wetter, Donner und Hagel, und tat gar großen Schaden an den Früchten
in vielen Ländern und an den Weingärten. Und in Sonderheit wurden
die Weingärten zu Oberwesel am Rhein gar sehr zerschlagen, an der Lahn
zu Kalkofen, zu Laurenburg, zu Kramberg und zu Geilnau. Der Sommer war gar
wunderlich durch große Donnerschläge und Gewitter. Und es geschah
großer Schaden in dem Jahr an Früchten, Wein und Häusern.
In den vorhergenannten Zeiten, in der Pfingstwoche, da schlug Graf Adolf zu
Diez und zu Nassau eine neue Burg auf an der Aar nicht weit von Limburg, die
heißt Ardeck. Vor mehr als vierhundert Jahren hatte auch schon eine
Burg allda gelegen, was niemanden mehr erinnerlich war, so lange war das her;
die Leute hatten es von ihren Vorfahren gehört. Man fand dort auch alte
Gräben und Reste von einer alten Burg, daß man das wohl prüfen
konnte. In demselben vorhergenannten Jahr, auf St.-Barnabas-Tag, das war am
Freitag nach unseres Herren Leichnams-Tag, war ein großes Erdbeben,
so daß die Leute sehr erschraken und geängstigt wurden. In den
selben Jahren waren große Sterben in deutschen Landen. Der großen
Pestilenzien habe ich vier gesehen und erlebt. In demselben vorher genannten
Jahre, da zogen die zwei Grafen Philipp von Nassau, Graf zu Saarbrücken,
und Graf Diether von Katzenelnbogen vor Elkerhausen, eine notfeste Burg, an
der Lahn gelegen, und schlugen dort eine andere Burg über der Lahn auf,
die Gräveneck genannt ist. Es ward dort vor zwölf Jahren auch ein
Haus erbaut, das Steuerburg hieß, wie vorher erzählt ist; das ward
verbrannt. Die genannte Burg Gräveneck ist wohl bewehrt. Und sie hatten
ihre Macht und Gewalt dort vor Elkerhausen liegen und behelligten es mit den
großen Büchsen, mit Steinschleudern und mit anderen Sachen, so
daß keine Lebensmittel dorthin kommen konnten, bis daß sie die
Burg und die Niederlassung mit rechter Gewalt im Jahre darauf auf den ersten
Juli am Abend vor Unserer Frauen Heimsuchung gewannen. Sie fingen auf ihr
sechszehn Mann, denen ihr Leben zugesichert wurde, und zerbrachen das Haus,
von dem aus dies ganze Land geschunden und ausgeraubt worden war. Über
die Zerstörung freute sich alt und jung und lobte Gott, daß das
Nest zerstört ist. Das Haus gehörte drei Brüdern. Einer hieß
Ekkehart, ein Ritter, der andere hieß Heinrich, und der dritte hieß
Konrad." [Limburger Chronik]
In Wien ist das Bordell in der Nähe des Tiefen Grabens ein herzogliches
Lehen und untersteht dem Hofmarschall. Johannes Gerson wird Kanzler der Sorbonne
zu Paris. Er wendet sich scharf gegen einen Forschungsgeist, der die Natur
in ihren letzten Geheimnissen ergründen will.
1396
Verbesserung des Wagens durch beweglichen Vorderwagen. In Köln ist eine
Geschlechterfehde zwischen den Greifen und den Freunden im Gange. Im Januar
reißen die Freunde die Macht mit Gewalt an sich. Ihre reaktionären
Maßnahmen führen zum Bündnis von Zünften und Kaufmannschaft.
Nach einem Aufstand wird ein Kompromiß gefunden, der "Verbundbrief".
Im Rat dominiert nun das kaufmännische Element, doch die alten Geschlechter
finden in der Gaffel Eisenmarkt ein Unterkommen und gewinnen so wieder an
Einfluß. Es gibt in Köln nun 22 Gaffeln (17 aus Zünften, 5
aus Kaufleuten). In Köln entsteht das "Neue Buch" des Stadtschreibers
Gerlach von Hauwe, eine Stadtchronik. Ferstigstellung von Nürnbergs erstem
leitungsgespeisten Marktbrunnen (der "Schöne Brunnen"). Bei
Arbeiten außerhalb der Stadt erhalten die Augsburger Werkleute Brot,
Fleisch, Wein und Bier. In Nürnberg gibt es sechs Wundärzte. (Seit
etwa einem Jahrhundert bereits sind "Buchmedizin" und Chirurgie
getrennt. Die Wundärzte sind im Gegensatz zu den akademischen Ärzten
handwerkliche Praktiker und oft spezialisiert). In Nördlingen gibt es
indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz
einer Schützengesellschaft. Würfelspielverbot in Mailand: "Der
Spieler wird zu einer Geldstrafe von 200 Lire sowie zur Verbannung aus Mailand
in eine mehr als 100 Meilen entfernte Gegend verurteilt. Sein Haustor wird
niedergebrannt, und ein Jahr lang darf niemand in seine Wohnung übersiedeln."
Bei Nikopol unterliegt ein Kreuzheer aus Franzosen, Deutschen, Ungarn und
Polen den Türken. Nach der Schlacht von Nikopol gerät der Knappe
Johann (Hans) Schiltberger, möglicherweise aus dem gleichnamigen bayerischen
Adelsgeschlecht stammend, in eine 31 Jahre währende türkische und
später mongolische Gefangenschaft. Diese wird er später in seinem
"Reisebuch" dokumentieren (vgl. 1427 und 1478). Glücksspielverbot
in Göttingen. Da man schrieb 1396, da war eine große Zweiung in
dem Rate zu Köln, so daß eine Partie der Vermögendsten und
Obersten die Gemeinde für sich gewannen und die andern angriffen und
ihrer vierzehn fingen und dazu einen Ritter von dem Rate, mit Namen Heinrich
von dem Stabe, und seine Knechte. Diesen schlugen sie ihr Haupt ab auf dem
Heumarkt, teilten den Ritter in vier Viertel und hängten ihn an vier
Enden vor den Toren auf. Über ein halbes Jahr danach erhob sich in Köln
abermals eine andere Zweiung, so daß sie abermals einem Ritter das Haupt
abschlugen; der hieß Herr Hilger von der Stessen; den führten sie
hinaus an den Galgen. Der Ritter war bei der ganzen Gemeinde von Köln
beliebt gewesen. Und kurze Zeit später, da war er wieder gehaßt.
Da geschah ihm also. Das sollst du wissen, weiser Mann, wenn es dir am allerbesten
geht und dein Glück aufsteigt, daß du dich dann am allermeisten
hüten sollst. Wann dein Glück am meisten ist, so ist es versetzt
in kurzer Frist. In demselben vorhergenannten Jahre, in dem Monat, den man
schreibt auf lateinisch Februarius, war eine große bedeutende Flut und
ein Wasser, so daß man zu Koblenz mit Schiffen in der St. Kastorsgasse
auf den Kornmarkt fuhr bis an die Brücke, wo man über den Graben
zu St. Florin geht. Das Wasser ging in die Kirche und das Kloster zu den Barfüssern
und durch den Kreuzgang. Und zu Limburg ging die Lahn gleich mit dem Gewölbe
an der Tränkpforte; sie war sechzehn Fuß hoch. In demselben vorhergenannten
Jahre wurde die Hindenburg, in Sachsen am Harze gelegen, ein gewaltig Raubnest,
daraus der Welt viel Schaden geschah, genommen und bis auf den Grund gebrochen.
Das taten die Fürsten, Herren und Städte von dem Landfrieden. Und
sie fingen auf der Burg der Gesellen viele und davon wurden zwanzig Mann zur
Stunde gehängt. Es verblieben auch viele auf der Burg, die verbrannten
in dem Feuer. So blieben vierundfünfzig Menschen tot, die teils gehängt
wurden, teils verbrannten. In demselben vorhergenannten Jahre, da wurden die
Herren von Mailand von Wenzeslaus, dem Römischen König und König
zu Böhmen, zu Herzögen. Sie waren bisher Herren gewesen. In diesem
vorhergenannten Jahre, binnen der vierzehn Tage nach Ostern, ward das Städtchen
Ziegenhain in Hessen eines Morgens früh, als die Wächter von der
Mauer gegangen waren, erstiegen und erobert. Und es wurde alles genommen,
was man vorrätig fand, und gar sehr geplündert. Nachdem man alles,
was da war, verbrannt hatte, zog man wieder von dannen. In demselben vorhergenannten
Jahre, in dem Rosenmonat, wurden die von Honnef, das große Dorf bei
Drachenfels, in einem Felde niedergeworfen; das tat eines Herrn von Westerburg
Sohn. Es sind ihrer mehr denn achtzig gefangen und erschlagen worden. In demselben
vorher genannten Jahr, acht Tage nach Johannis des Täufers Tag, mitten
im Sommer, da warf der Herzog von Berg den Herrn von Limburg nieder, der in
dem Lande Westfalen wohnt; der von Limburg ward gefangen mit mehr denn vierundachtzig
Rittern und Knechten; das geschah bei Wipperfürth. Da erlag die beste
Ritterschaft, die an der oberen Lahn zwischen Marburg und Wetzlar ansäßig
war, namentlich die von Hatzfeld, die von Breidenbach, die von Milchlingen,
die von Buseck und andere ihrer Genossen. In derselben Zeit ward Höchst
am Main, gelegen zwischen Mainz und Frankfurt, ein sauberes Städtchen,
das zum Stift Mainz gehört, erstiegen, genommen und völlig verbrannt.
Das taten die von Kronberg. Sie gewannen darin an reisigen gesattelten Pferden
mehr denn sechzig. Der Bischof von Mainz, mit Namen Herr Konrad, geboren von
Weinsberg, war ein Helfer Graf Philipps von Nassau und Graf Diethers von Katzenelnbogen.
Ihm stand ein Chorröcklein besser als ein Panzer. Auch soll man wissen,
daß Höchst erst vor vierzig Jahren zu einem Städtchen und
zu einer Freistatt gemacht worden ist mit Gräben, Planken und Türmen,
wie sich das gehört. In denselben vorher genannten Zeiten, da gewann
der Herzog von Geldern Schönforst, das bei Aachen liegt. Er hatte bald
zwei Monate davor gelegen und fand darauf große Schätze von Früchten,
von Wein und anderem Vorrat. In diesem vorher genannten Jahre stritten die
Heiden mit den Christen. Die Heiden waren mit großer Gewalt gegen den
König von Ungarn gezogen, der hieß Sigismund und war Kaiser Karls
des Römischen Kaisers, König zu Böhmen, Sohn. Und sie bedrängten
ihn und richteten großen Schaden an. Er gewann etzliche Kämpfe
und verlor noch mehr Kämpfe. In denselben Zeiten zogen die Christen viele
Ritter und Knechte an sich, und es gedieh im Herbst, daß die Christen
gegen die Heiden zogen vor eine Stadt in der Heidenschaft, die Schiltawe [Schiltau,
alias Nikopol] heißt. Da kamen der Heiden so viele, daß ihrer
mehr als viermal so viel waren als Christen; und blieben der Christen tot
mehr denn achtundzwanzigtausend. Der größte Teil waren Ritter und
Knechte; deren waren gar viele aus Frankreich und aus vielen anderen Ländern."
[Limburger Chronik]
Nach der Schlacht von Nikopol gewinnt der Pole Siborski die Gunst von König
Sigismund, nachdem er in voller Rüstung die Donau durchschwommen hat.
1396/1397: Es stirbt Peter Suchenwirt, der Hofpoet der Wiener Habsburger.
In seinem Gedicht "Vom Schlaf der Minne" hat er einmal geschildert,
wie es einem modebewußten Mann mit dem namen Hindenploz ("hinten
entblößt"!) bei einem Sturz ergangen ist: "Do viel er
sich über ein stein, / Daz er auf der erden lackh. / Er waz gepunden
als ein sackh / Mit riemen und mit snüren, / Er macht sich nicht berührn
/ Daz er waer aufgestanden."
1397
Auf dem großen Fürstentag zu Frankfurt werden 797 Dirnen gezählt.
In Paris wird den Bürgern verboten, an anderen Tagen als am Sonntag mit
Ball oder Kegeln zu spielen - ohne Erfolg. In Würzburg beschwert sich
der Rat, daß Anrainer auf dem alten Eiermarkt Mist auf das Pflaster
leeren. Diese hätten aber nur die Pflasterung vor ihren Häusern
bezahlt, wohingegen für die restliche Fläche um den Brunnen die
Stadt die Kosten übernommen hätte, weswegen jeder, der dort beim
Mistabladen erwischt wird, ein Pfund Pfennig zahlen muß. Berlin hat
etwa 7000 Einwohner. Pro Kopf werden hier täglich drei Pfund Fleisch
verzehrt. In Regensburg stellt der Arzt Johannes in einem Gutachten fest,
daß es mit den Apotheken der Stadt im Argen liege. In der Regensburger
Apothekenordnung wird besonders darauf hingewiesen, daß keine giftigen
Arzneien verkauft oder verschenkt werden dürfen. In Datteln und Lindau
gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz
einer Schützengesellschaft. In Hannover gibt sich die "Papegoiensellschop",
eine Gesellschaft der Armbrustschützen, eine Satzung. Es ist (nach Dortmund
- wann? - die zweite bekannte Satzung einer Schützengesellschaft in Deutschland.
In Frankreich erneuert eine königliche Ordonnanz die alten Verordnungen
von 1269 und 1347 gegen das Fluchen. Es wird mit Lippenspalten und Zungeabschneiden
gedroht, Strafen, die kaum durchführbar sind. In Bourg en Bresse wird
der Dichter Otto von Grandson im Zweikampf von seinem Ankläger, dem Ritter
Gérard d'Estavayer getötet. Otto war der Mitschuld an der Ermordung
des "roten Grafen" Amadeus VII. von Savoyen angeklagt und Estavayer
hat als Kämpe der Stände von Waadtland gefochten. Der Fall erregt
großes Aufsehen, weil hier wirklich einmal etwas stattfindet, was dem
stets nur angekündigten, aber nie durchgeführten Fürstenzweikampf
nahekommt. So man schrieb 1397 nach römischem Stil, auf den sechzehnten
Tag des Februar, genannt die Sporkel, war ein regnerisches Wetter, und besonders
auf den genannten Tag zur Vesperzeit erhob sich ein großer Sturmwind
und dazu großer Regen, großer Donner und Blitze. Das währte
die ganze Nacht bis an den Tag. Und es geschah viel Schaden von dem Winde
an Dächern und Häusern, und die Gewässer wurden groß,
so daß die Lahn bei Limburg fünfzehn Fuß hoch über ihr
gewöhnliches Bett ging. Und zu Straßburg verbrannten zur selben
Zeit mehr denn sechshundert Häuser. In demselben genannten Jahre wurden
zu Mainz zwei Bischöfe gekoren. Von diesen war der eine von Nassau, mit
Namen Johann, und der andere von Leiningen, genannt Schaffart. Der von Nassau,
Johann, behielt das Bistum ohne Widerstand. In demselben vorher genannten
Jahre verbrannten zu Koblenz mehr denn zweihundert Häuser. Das Feuer
ließ ein Ritter von Ehrenberg anlegen; dieser war ein Feind der Stadt.
In derselben Zeit verbrannte Wittlich im Stifte Trier beinahe gänzlich.
Das tat auch der vorher genannte Ritter von Ehrenberg; er bestellte, daß
es geschah. Da man schrieb 1397, in dem Mai, da kamen die Fürsten von
Deutschland nach Frankfurt und hatten einen großen Rat und Concilium
und kamen überein wegen eines Landfriedens. Sie lagen dort acht Tage
mit großem Aufwand und großer Herrlichkeit. Namentlich hatte der
Römische König und König zu Böhmen, Wenzeslaus, seine
ganze Macht dahin gesandt. Und in dieser Zeit waren zwei Bischöfe erwählt
zu Mainz, wie vorher geschrieben steht; sie hatten beide dort keine Macht.
Es war da Herr Friedrich von Saarwerden, Erzbischof zu Köln, Werner von
Falkenstein, Erzbischof zu Trier, der Bischof von Würzburg, von Bamberg,
von Speyer und viele mehr Pfaffen, Fürsten und Herren: Herzog Ruprecht
von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog Stephan, Herzog Wilhelm, Herzog Klemme
und Herzog Heinrich, Herzöge zu Bayern. Herzog Leopold von Österreich
lagerte da mit großer Herrlichkeit, so daß er ausrufen ließ,
wer da wolle essen, trinken und Futter haben für seine Pferde um Gottes
Lohn und Ehre, der solle zu seinem Hoflager kommen. Er gab alle Tage etwa
viertausend Pferden Futter. Auch Landgraf Hermann zu Hessen war da mit mehr
denn fünfhundert Pferden. Auch waren da die Markgrafen von Meissen, Markgraf
Friedrich und Markgraf Georg und hatten an zwölfhundert Pferde, ferner
Herzog Otto von Braunschweig, der Markgrat von Baden und der Burggraf von
Nürnberg, so daß der Herzöge und Fürsten da waren zwei
und dreißig. Dazu des Königs von Frankreich Rat, ferner Graf Philipp,
Graf Johann, Graf Heinrich von Nassau, Graf Eberhard, Graf Diether und Johann,
Grafen zu Katzenelnbogen, Graf Günther, Graf Heinrich und Johann zu Schwarzburg,
Graf Simon von Spanheim, Johann, Herr zu Limburg, Graf Adolf von Diez und
Graf Otto von Solms. Diese Grafen und Herren alle zu nennen, würde zu
viel, denn die Summe der Grafen und Herren belief sich höher als auf
anderthalb hundert. Und sie bestimmten einen anderen Tag wieder zu Frankfurt
auf nächsten St. Jakobstag. Auch waren allda dreizehnhundert Ritter und
dreitausendsiebenhundert Edelknechte; sodann waren dort fünfeinhalbhundert
fahrender Leute, wie Spielleute, Pfeifer, Trompeter, Sänger und fahrende
Schüler. 201. In diesem selben Jahre, in dem Mai, da warf Landgraf Hermann
von Hessen in dem Felde bei Homberg mehr denn hundert der Buchener nieder
und nahm ihnen mehr als anderthalb hundert gesattelter Hengste weg. Das geschah
in offener Fehde. In dieser selben vorher genannten Zeit, in dem vorher genannten
Mai, da stand das Korn und auch der Wein gemeinsam in Blüte. Und das
Korn verblühte in diesen Landen rasch und wurde schon im Mai reif. Man
schnitt reifes Korn für Brot um die heiligen Pfingsttage zu Boppard,
zu Koblenz und woanders an vielen Orten. Der Malter Korn blieb bei einem Gulden,
und der Wein, der beste, galt eine Quart vier Heller zu Limburg. Und eine
Quarte für drei Heller, für zwei Heller und einen Heller war auch
gut zu trinken. Das währte ein Jahr. In diesem Mai und den vorher genannten
Zeiten wurde Herr Philipp, Herr zu Falkenstein, gefreit zu einem Grafen zu
Falkenstein. Das geschah zu Frankfurt von dem Römischen König Wenzeslaus,
König zu Böhmen. In diesem vorher genannten Mai und zur vorgenannten
Zeit brannten zu Erfurt durch von selbst entstandenes Feuer mehr denn tausend
Häuser ab; an Früchten und an Waid entstand gar großer Schaden.
In demselben vorher genannten Jahre, in dem Monat, der zu Latein Junius heißt,
am zweiten Tag nach St. Bonifatiustag, war ein großer Streit vor Kleve
in Niederland. Das kam so. Der Herzog von Berg ward Feind des Grafen von der
Mark und des Grafen von Kleve und zog in das Klevische Land mit fünfhundert
Rittern und Knechten, die brannten, verwüsteten und spielten sich gar
herrisch auf. Da begegneten ihnen die vorher genannten Grafen von der Mark
und von Kleve vor der Stadt Kleve. Die hatten an vierhundert Ritter und Knechte
und dazu Bürger und ihr Landvolk, deren waren auch an vierzehnhundert
Mann. Und sie stritten gar feindlich und es blieben an vierhundert Mann tot,
teils hier, teils dort. Und die Grafen von der Mark und von Kleve behaupteten
das Feld und fingen den Herzog von Berg und den Herzog von Jülich und
dazu einen Grafen von Sayn und einen Herrn von Westerburg. So wurden Grafen
und Herren und andere Ritter und Knechte, sowie an neunhundert gewappnete
Mitreiter gefangen und an hundert Knappen. Sie nahmen ihnen mehr denn sechzehnhundert
Pferde in diesem Streite ab. Es ertranken auch beinahe sechzig Knappen, die
die Pferde von dannen führen wollten, als sie sahen, daß ihre Herren
unterlagen und das Feld verloren hatten. Auf diesen Streit sind Verse gemacht:
"Audi Montensem ducem vitiasse Clevensem
Terram cum viris miris ad prelia diris.
Quos tunc Marchenses, Clevenses dire per enses
Vincunt bellando, captando, compeditando,
Annis millenis centenis ter nonagenis
Et sex finitis septene lunie ritis."
["Hör', wie der Herzog von Berge Klevische Lande
verheerte Mit seinen wunderbaren kämpf es mutigen
Scharen. Märker und Klevische Mannen schlagen diese
alsdannen Und führen sie gefangen, mit Beinschellen
behangen, Nachdem dahingefahren tausend dreihundert
an Jahren Außerdem sechsundneunzig, im Juni den
siebten, da trifft's sich".]
In demselben vorher genannten Jahre, da ward der edle Graf von der Mark erschossen
von seinen Feinden in Westfalen vor Limburg." [Limburger Chronik]
1398
Früheste Darstellung von Schlittschuhläufern. Es geht um Lydwina
van Schiedam, die sich beim Schlittschuhlaufen die Rippen bricht, dadurch
lebenslang bettlägerig und dabei fromm wird und später seliggesprochen
wird. In Göttingen wird verboten, den Mist länger als zwei Nächte
auf der Straße liegen zu lassen. Älteste Nachricht über die
Eichelsaat. In Nürnberg gibt es (unter den Wundärzten) einen Spezialisten
für Brüche und Steinleiden. Der Wiener Bürger Konrad Rampersdorfer
läßt das Testament seines Dieners im Stadtbuch verzeichnen. Dessen
Kleidung soll für die Bezahlung von Schulden verwendet werden. Vom Rest
sind zwei fromme Stiftungen zu machen, was aber nicht viel sein kann. Weiter:
"Und hat auch an seinen lesten zeiten verholen, das er nicht anders gehabt
hab, das hab er seinen swestern zu Steyr gesant." Februar: Die französischen
Überlebenden von Nikopol erreichen Frankreich. Ihre Niederlage wird mit
Feiern und Pomp verdeckt. Ein Konzil in Paris entbindet die Gläubigen
von der Gehorsamspflicht gegenüber Papst Benedikt XIII. (Avignon); dieser
jedoch kann bald die Stimmung wenden. Der Stecknitzkanal zwischen Elbe und
Trave ist nach sieben Jahren Bauzeit vollendet. Diese erste künstliche
Wasserstraße des nördlichen Europas hat 15 Schleusen. Dieser 97
km lange Wasserweg (Luftlinie: 55 km) verbindet Lübeck über Trave,
Stecknitz, Möllner See, de nyge graven und Delvenau mit Lauenburg an
der Elbe. Die Fahrzeit beträgt zwei bis vier Wochen. Lübeck hat
für den Durchstich zur Delvenau und deren Ausbau 3000 lübische Mark
an Herzog Erich IV. von Sachsen-Lauenburg gezahlt und erhält dafür
für 17 Jahre alle Einnahmen aus dem Kanal (danach Teilung mit dem Herzog).
Die lübischen Stecknitzschiffer haben zwar faktisch das Transportmonopol
über den Kanal, sind aber von den lübischen Salzherren abhängig.
Es können den Kanal nur kleine Schiffe befahren, nicht etwa Koggen. Dadurch
wird der Salztranspoert billiger. Der Kanal ist zwar nicht bedeutend genug,
um den Transport anderer Güter über Land zwischen Hamburg und Lübeck
zum Erliegen zu bringen, dennoch ist diese Verbindung wirtschaftlich nicht
zu unterschätzen. In Basel wird die Ringmauer um alle Vorstädte
(im Bau seit 1386) fertiggestellt.
Da man schrieb 1398, da kam der Römische König Wenzeslaus, König
zu Böhmen, und die Kurfürsten und viele andere Fürsten, wie
sie vorher aufgezählt sind, nach Frankfurt, wie von ihnen vor einem Jahr
bestimmt worden war, und hatten, um der heiligen Kirche und des Römischen
Reiches und der gesamten Welt willen, einen großen weisen Rat und ein
Concilium und kamen wegen eines allgemeinen Landfriedens überein. In
demselben vorher genannten Jahre, in dem August, da zog die Frau, eine Herzogin
von Brabant, gegen den Herzog von Geldern und den Herzog zu Jülich mit
großer Gewalt und Herrschaft, da sie mehr denn viertausend Ritter und
Knechte und mehr denn hundertsechzigtausend Leute zu Fuß, wohl ausgerüstet
und gewappnet, hatte. Sie lagen in dem Lande Jülich einen ganzen Monat
und taten den Leuten und dem Lande großen Schaden.In demselben Jahre,
am zweiten Tag nach St. Bonifatius, da brannte zu großem Schaden das
Münster und Stift zu Fulda infolge eines Wetters ab. Das Münster
mit seinem Zugehör war ganz mit Blei gedeckt. Das verbrannte alles, mit
Türmen und Glocken, mit einem solchen Schaden, daß der Schaden
höher als achtzigtausend Gulden geschätzt wurde." [Limburger
Chronik] Die Limburger Chronik endet hier. [Sie ist im Rahmen dieses Textes
übrigens zu über 90% wiedergegeben worden.]
1399
In der Pfarrkirche zu Alt-Thann wird für das Rappoltsteiner Pfeiferkönigreich
ein eigener Altar gestiftet. Der Bischof von Basel steuert noch einen Ablaßbrief
bei. In Ulm verbietet der Rat die vorkragenden Obergeschosse der Häuser
(Überhänge). Dieses Verbot wird 1420 widerrufen. Glücksspielverbot
in Göttingen. In Breslau hat es in den letzten 42 Jahren 243 Totschläge
gegeben.
13. Oktober: Ein Bankett anläßlich der Krönung Heinrichs IV.
von England: 1. Gang: Weißes Fleisch vom Kapaun in Pfeffersoße,
Königsfleisch, Wildschweinkopf, Rind- und anderes Fleisch, Schwan, gemästeter
Kapaun, Fasan, Reiher, lombardische Kuchen, Stör, Hecht, eine Überraschung.
2. Gang: Wildbret in Mus, Gelee, gefülltes und scharf gewürztes
Spanferkel, Pfau, Kranich, gebratenes Wildbret, Hase, Rohrdommel, goldbraunes
Huhn, große Kuchen, gebratenes weißes Fleisch vom Kapaun, lombardische
Schnitten, eine Überraschung. 3. Gang: Weißwein aus Syrien, eingemachte
Quitten, Silberreiher, Brachvögel, Rebhühner, Tauben, Wachteln,
Schnepfen, kleine Vögel, Kaninchen, Orangen, weißes Geflügelfleisch
in Scheiben, Eier in Gelee, kleine gebratene Fische, Süßigkeiten,
kleine Pasteten, Lilientopf, eine Überraschung. [nach Austin, Two Fifteenth,
S. 57]