Zeittafel 1300 bis 1399

0-599 600-699 700-799 800-899 900-999

1000-1099 1100-1199 1200-1299 1300-1399 1400-1499 1500-1599

14. Jahrhundert
Ungefähre Einwohnerzahlen Europas nach Le Goff:
Gesamt 73 Mio.,
Frankreich 21 Mio.,
Deutschland 14 Mio.,
England 4,5 Mio. Am Anfang des 14. Jahrhunderts verbietet der Rat von Luzern folgende Aktivitäten auf dem Kirchhof: Kegeln, Kugelspiel, Stechen, Turnieren, Armbrustschießen und Steinstoßen.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts findet sich erstmals - in einer griechischen Handschrift - der Brauch, in der rechten unteren Ecke der Verso-Seite des letzten Blattes einer Lage eines Buches sogenannte Reklamanten anzubringen. Es sind dies ein oder zwei Wörter oder ein Wortteil, womit der Text auf der nächsten Seite beginnt. Dieses Praxis findet sich in vor allem westlichen Handschriften der Renaissance und später im gedruckten Buch bis ins 18. Jahrhundert.
Im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts tritt ein tiefgreifender Wandel in der Bekleidung ein: "unzüchtige" kurze und enge Röcke kommen auf, die Kopföffnungen der Kleider werden vergrößert, daß bei Männern Brust und Schultern sichtbar werden; bei den Frauen gelangen die Körperformen in einem Ausmaß zur Geltung, daß man meint, sie wären nackt. Bei den Männern erscheinen enge körperbetonte Beinlinge und enge Schuhe, z.T. Schnabelschuhe. Die Kleiderränder werden gezaddelt und ein schmaler tiefsitzender Riemen dient als Gürtel. In allen Schichten kommt die Gugel auf, seit dem 12. Jh. eine eher zum Mantel gehörige Zwecktracht. Zu dieser Zeit kommt auch die Mode auf, die Gugel mit dem Gesichtsloch nach unten auf den Kopf zu legen, wobei Kragen und Kapuze lose an den Seiten herunterhängen. Die Ärmel werden sehr vielfältig und können aus verschiedenen Stoffen gefertigt oder mit Silberplättchen verziert sein. Die Männer lassen sich lange Bärte wachsen und tragen wie die Frauen langes, mit Brenneisen gekräuseltes Haar. Daran ist zu erkennen, daß der traditionelle Ordnungsgedanke in Frage gestellt wird und ein neues Persönlichkeitsbewußtsein aufkommt. Die Beförderung zum Ritter geschieht mittlerweile durch den Ritterschlag (früher durch die Schwertleite). In Florenz besucht jedes zweite Kind die Schule. Die Stadt Köln legt bei den Weiden einen Schöpfbrunnen für die durchziehenden Aachenpilger an. Die Gefäße werden dabei mit Ketten vor Diebstahl gesichert. In den 1340er Jahren wird in Münster (Westfalen) eine große Zahl kostbarer Gewandschließen als Schatz vergraben. In Europa tauchen die ersten Sanduhren auf. Ihre Herkunft ist nicht geklärt.
Seit Mitte des 14. Jahrhunderts werden im Handwerk arbeitsrechtliche Regelungen getroffen, Lehrzeit, Arbeitszeit, Lohn und Anzahl der Lehrlinge und Gesellen festgelegt. Im niedersächsischen Raum entstehen aus den ursprünglichen Bauernhäusern die Kübbungshäuser. Die städtische Prostitution weitet sich erheblich aus, vielleicht im Zusammenhang mit der zunehmenden Abriegelung der Zünfte und der daraus folgenden Vermehrung der ledigen Handwerker. Nach den Stadtrechnungen von Hildesheim wird dort gerne Kirschwein getrunken, auch im Rat, und man bewirtet den Bischof und den Herzog von Lüneburg damit.
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wandern deutsche Waffen- und Rüstungsschmiede in Frankreich ein, weil ihre Dienste dort geschätzt werden.
Im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts erwirbt Hamburg, das jetzt etwa 7500 Einwohner hat, nacheinander die Ortschaften Moorburg, Hammerbrook, Horn, Billhorn, Boizenwerder, Hamm, Ochsenwerder, Moorwerder, Billwerder, Finkenwerder, Altenwerder, Kattwyk und Griesenwerder, ferner Eimsbüttel, langenhorn, Klein-Borstel, Fuhlsbüttel, Ellbek und Borgfelde.
Ende des 14. Jhs. ist es üblich, ritterliche Söldner bereits in Friedenszeiten zu verpflichten und ihnen "Wartgeld" zu zahlen. Diese Wartgeldempfänger sind oft die Anführer von lockeren Soldgesellschaften.
Seit dem späten 14. Jahrhundert gibt es auch in Städten (Bern, Nürnberg und Wien) Metschenken und Metsieder.
Im ausgehenden 14. Jahrhundert erobern die Schellen als typisch deutsche Modeerscheinung, ausgehend von Gürtel, viele andere Stellen der Kleidung (z.B. gewandsaum oder Ärmel).
Seit Ende des 14. Jahrhunderts findet bei den Frauen der deutschen Bürger die Hörnerhaube Verbreitung. Diese Haube umhüllt zwei seitlich über den Ohren hochgesteckte Haarkegel.

1300
Der bayerische Landfrieden verfügt, daß wer einen Spielmann halten will, ihn auch versorgen soll. Diese Bestimmung bleibt wirkungslos, weil ein Gutteil der Besoldung der Spielleute aus Geschenken besteht (Verpflichtung zur "milte"), auch wenn sie patronisiert werden. Aus dem Passauer Stadtrecht: "Wer farund volk, das gut für er nimbt, schilt oder slecht, der ist dem richter nichts darumbe schuldich." Papst Bonifaz VIII. verkündet erstmals ein Heiliges Jahr und einen Jubelablaß, eine "volle Vergebung der Sünden". Es ist vorgesehen, alle 100 Jahre ein Jubeljahr zu begehen (in Wahrheit wird es öfter geschehen). Amsterdam erhält Stadtrechte. Bankrott der Riccardi in Lucca. König Wenzel II. von Böhmen läßt aus dem Silber des Erzgebirges erstmals den Prager oder Böhmischen Groschen (zu zwölf Parvi) prägen. In der Grafschaft Holland gilt ab jetzt der Jahresanfang zu Ostern. Daneben haben Geldern und Friesland stets den 25. Dezember, Delft den 25. März als Jahresanfang.
Ca.: Die Reutlinger Friedensordnung wird niedergeschrieben; sie enthält für Reutlingen erstmals eine allgemeingültige Ordnung für das Zusammenleben der Bürger.
Ca.: Anbau von Maulbeerbäumen zwecks Seidenraupenzucht in Modena nachgewiesen. Als Ersatz für die teuer und rar gewordene englische Wolle erscheint, besonders in Italien, die Wolle der spanischen Merinoschafe auf dem Markt.
Ca.: Frankreich verfügt über 13 Millionen Hektar Wald - eine Million Hektar weniger als heute.
Ca.: Berliner Kaufleute handeln in Hamburg "Berliner Roggen" und "Wagenschott" (Eichenbretter) gegen Tuche aus Gent.
Ca.: Das Heiliggeisthospital zu Zürich geht von der Spitalbrüderschaft in städtische Verwaltung über.
Ca.: Wahrscheinlich in England erscheinen die "Gesta Romanorum", eine bald in ganz Europa verbreitete Sammlung lateinischer Kurzgeschichten.
Ca.: Das Verlagssystem dringt in das Nürnberger Metallgewerbe ein.
Ca.: Die Slawen sind mittlerweile etwa bis auf die Reichsgrenze von 1937 zurückgedrängt oder überlagert.
Ca.: Ende des Bevölkerungswachstums.
Ca.: Um diese Zeit dürfte es im Reich die größte Zahl gleichzeitig bestehender Burgen gegeben haben, wobei die geschätzten Gesamtzahlen (also nicht unbedingt für die Zeit um 1300) weit auseinandergehen: 10000 bis 25000, bei Tillmann (1960) werden ca. 14500 namentlich genannt, Krahe (1992) schätzt max. 17500, davon ca. 13000 gleichzeitig.
Ca.: Einführung von Fensterglas (auch auf Burgen). Glas ist zunächst noch so teuer, daß man erst nur kleine Ausschnitte der Fensterläden verglasen kann, vielleicht anstelle von Pergament oder Horn. Es kommt in Deutschland zu dieser Zeit auch die Glasmalerei auf.
Ca.: Ein Kettenhemd ist vier Kühe wert. (Das scheint billig!)
Ca.: In der Bildkunst taucht der Nierendolch auf; ebenso kommt der Scheibendolch auf (vielleicht schon vorher).
Ca.: Wohl um diese Zeit kommt die Sitte auf, im Obergeschoß des (städtischen) Hauses zur Straße hin abzusondern, die sog. Stube, zum täglichen Aufenthalt bestimmt und mit einer Heizung versehen. Diese Stuben sind anfangs noch spärlich möbliert.
Ca.: In einer Beschreibung des Elsaß fällt einem Dominikaner das Verschwinden des Waldes auf: "Es gab damals im Elsaß viele Wälder, welche das Land unfruchtbar machten. (...?) Gießbäche und Flüsse waren damals nicht so groß wie jetzt, weil die Wurzeln der Bäume die Feuchtigkeit von Schnee und Regen längere Zeit in den Bergen zurückhielten."
Ca.: Seidenherstellung in Augsburg und Ulm. Das Zentrum der Seidenherstellung ist Lucca. In Modena ist Seidenraupenzucht bezeugt.
Ca.: In Deutschland (in den Grenzen von 1937) existieren etwa 170000 Siedlungen. Davon werden in 200 Jahren 40000 wieder verschwunden sein.
Ca.: In der Picardie besitzen ein Drittel der Bauern weniger als 0,2 Hektar Land.
Ca.: Die Bauern in Brandenburg entrichten etwas über 20% des Ertrags an Getreide an den Grundherrn.
Ca.: Beginn der "Großen Heidelberger Liederhandschrift" (Codex Manesse), vollendet - mit Zusätzen - bis 1340.
Ca.: Es entsteht die Versdichtung "Ritter von Staufenberg", enthaltend ein Beispiel für adlige Bildungsschwerpunkte: "Bretspiles kunde er ouch vil, und mager leie seitenspil, daz tete in dicke froelich wesen; er kunde ouch schriben unde lesen, daz lert er in sînen jungen tagen, birsen, beizen unde jagen, daz kunde wol der ritter guot."
Ca.: Aus Nürnberger Polizeiordnungen: "Es sol auch nieman kainen wein machen mit alûn (Alaun), mit glas, mit kalcke, mit gebrantem wein", weil die Gefahr bestehe, "daz ieman an dem leibe geschaden müge".
Ca.: Ab jetzt etwa wird der Teufel in der Kunst mit Fledermausflügeln dargestellt.

1301
Die verarmten Tübinger Pfalzgrafen verpfänden die Stadt Tübingen an das von ihnen gegründete Kloster Bebenhausen. Zwar kann Pfalzgraf Gottfried die Stadt im nächsten Jahr wieder auslösen, doch folgen bald weitere Verpfändungen. Dante flieht aus Florenz; als Gegner der päpstlichen Partei wird er dort nächstes Jahr in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Bankrott der Mozzi in Florenz.

1302
Gründung des mittelrheinischen Städtebundes: Koblenz, Boppard, Oberwesel, Andernach und Bonn (später auch Köln). Eine Dortmunder Urkunde erwähnt Steinkohlenbergbau: Im Ruhrtal existiert ein kleiner Tagebau, wo Kohlenflöze an die Oberfläche treten. Im ältesten Satzungsbuch von Nürnberg erscheinen Bestimmungen zum Schutze des Fischbachs (der im Vergleich zur Pegnitz nur wenig Wasser führt): Niemand darf sein "privat" oder "heimliches Gemach" (Klo) direkt in den Fischbach leiten; Bader sollen keinen Unflat hineingießen, Lederer keine Häute darin waschen, Kleider dürfen nicht darin gewaschen werden, damit die beiden Mühlen nicht Schaden erleiden. Die Rheinbrücke von Basel wird beschädigt. In Nürnberg werden Neubürgerlisten angelegt. Schlechte Ernte im Languedoc. In der "Sporenschlacht" von Courtray (Kortryk) unterliegt ein Ritterheer flandrischen bürgerlichen Fußtruppen (bei denen aber auch Adlige abgesessen kämpfen). Das Fußvolk beginnt ab hier seine bisherige Rolle als verachtete Hilfswaffe zu verlieren. Die Schlacht hat ihren Namen aus der Beute: 700 vergoldete Rittersporen. Papst Bonifaz VIII. beansprucht in der Bulle "Unam sanctam" noch einmal die volle päpstliche Oberhoheit über den "Staat". König Philipp IV. von Frankreich beruft die Stände, um gegen diese Ansprüche Verwahrung einzulegen.

1303
Die Bremer Zollordnung rechnet mit beträchtlichem Holzimport. Bischof Benno von Seitz weilt zwecks Einweihung der Stadtkirche in Weißenfels. Der Magistrat tischt ihm sogleich tüchtig auf, und die Speisekarte ist erhalten: Eiersuppe mit Safran, Pefferkörnern und Honig; Hirse; Gemüse; Schaffleisch mit Zwiebeln; Brathuhn mit Zwetschgen; Stockfisch mit Öl und Rosinen; Bleie in Öl gebacken; gesottener Aal mit Pfeffer; gerösteter Bückling mit Leipziger Senf; gesottene Fische, sauer zubereitet; gebackene Barbe; kleine Vögel in Schmalz gebraten mit Rettich; Schweinskeule mit Gurken ("korcken"); gelbes Schweinefleisch (mit Safran); Eierkuchen mit Honig und Weinbeeren; gebratener Hering; kleine Fische mit Rosinen; kalte Bleie vom Vortag; gebratene Gans mit roten Rüben; gesalzener Hecht mit Petersilie; Salat mit Eiern; Gallert (Galreide) mit Mandeln. Die Stadt Tübingen verwendet erstmals ein Siegel, das nicht mehr den regierenden Grafen, sondern die Bürger nennt ("Sigillum civium de Tuwingen"). 5. Mai: In Paris wird der bekannte Musiker l'Escurel wegen sittlicher Vergehen hingerichtet. Er ist Kleriker. Universität Rom gegründet. Die Ostsee friert zu. Schlechte Ernte im Languedoc. Papst Bonifaz stirbt zu Anagni.

1304
Erfurt hat eine mechanische Räderuhr. (Angeblich die erste sichere Erwähnung einer solchen) König Philipp der Schöne von Frankreich verbietet das Turnier. Derselbe erhebt auf dem Schlachtfeld von Mons-en-Pévile einen Metzger, der sich im Kampf ausgezeichnet hat, in den Adelsstand. Einsetzen des „Handlungsbuches" der Holzschuher in Nürnberg. In den Statuten der ländlichen Gemeinde von Cerea im Veroneser Flachland werden bestimmte Baumarten unter Schutz gestellt (wie auch noch andernorts in Norditalien). Es werden genannt: Linde, Eiche, Esche und Ulme. Die großen Lindenwälder, die einst charakteristisch für die Niederungen gewesen waren, verschwinden fast völlig. In Zürich stirbt der Patrizier Rüdiger Manesse, der wahrscheinlich mit mehreren Anghörigen anderer Adelsgeschlechter aus Zürich und Umgebung zu den Auftraggeber der "Großen Heidelberger Liederhandschrift" (Codex Manesse) gehört. Dieses nicht exakt zu datierende Werk sei an dieser Stelle beschrieben: Diese Handschrift enthält 140 Autoren von der Mitte des 12. Jhs. bis ins erste Drittel des 14. Jhs. Die Niederschrift dürfte sich über einen längeren Zeitraum seit Beginn des 14. Jhs. vollzogen haben. Vermutlich ist der Züricher Autor Johannes Hadlaub mit der Redaktion betraut oder an ihr beteiligt. Die heutige Popularität dieser Handschrift rührt von den ganzseitigen Miniaturen her, mit denen 137 der Autorencorpora versehen sind. Es handelt sich um typisierte Bilder (nicht individuelle Porträts!) mit offenen oder verdeckten Bezügen zu Namen oder Liedinhalten. "Keine andere weltliche Handschrift des deutschen Mittelalters versucht in solchem Maße mit der Prachtentfaltung geistlicher Handschriften zu konkurrieren." [T. Cramer 1990] Ältestes erhaltenes Siegel von Steyr. Schlechte Ernte im Languedoc. Die Stadt Sterzing in Tirol erhält das ausschließliche Gastungsmonopol im gesamten Raum zwischen Brenner, Mittewald und dem Jaufen.

1305
Das Kremser Stadtrecht verbietet den Fremden, mit gespannter Armbrust oder Bogen die Stadt zu betreten. Die Sehne muß vor dem Stadttor gelöst werden. Es ist auch bei Strafe von zehn Pfund oder Verlust einer Hand verboten, ein "langes mezzer, daz ein stechmezzer haizzet, in der hosen oder in dem schuhe oder anderswa" verborgen zu tragen. Das Würzburger Landgericht erklärt, "das kein varen man, der gut für ere nympt, nicht gezeuge sey in keiner sache, nach nymant seins rechten gehelffe." Das Wiener Stadtrecht verbietet den "freien Töchtern" die Heirat. In Steyr wird eine Gemein der Ritter erwähnt, eine Art Rat aus ehemaligen Burgmannen und Kaufleuten mit vollem Bürgerrecht. König Philipp IV. von Frankreich bezeichtigt den Templerorden ketzerischer Geheimlehren und unsittlicher Bräuche. Im Bistum Genf wird der Jahresanfang zum 25. Dezember festgelegt (bis 1575). Zuvor fand er dort an Ostern statt. Ähnlich ist es im Bistum Sitten. Beginn des ältesten Stettiner Stadtbuches, das bis 1352 reicht. Hier werden etwa 40 organisierte Handwerke genannt, die aber meist nur für den lokalen Markt und teilweise für Handel und Schiffahrt der Stadt produzieren. Hier sind vor allem die Böttcher zu nennen, die Fässer für den Heringstransport von Schonen herstellen. Eine Urkunde aus Brügge erwähnt Ausgaben für Turniere zu "groote vastenavonde". Es ist die erste Erwähnung von Fastnacht im flandrisch-niederländischen Raum. Die Stadt Brügge hat seit Oktober 1284 wiederholt Geld im Gesamtwert von 460000 Pfund aufgenommen. Schlechte Ernte im Languedoc.
Ca.: Tod von Adenet Le Roi, dem "König der Spielleute" (geb. ca. 1240); er hat u.a. als Bearbeitung älterer Chansons den Roman "Bertha mit den großen Füßen" (Berthe as grans piés) verfaßt.

1306
Bischof Friedrich von Straßburg verbietet Geistlichen, Kleidung an Spielleute zu verschenken (auf Diözesansynoden 1310 und 1341 oder 1345 erneuert). Wie zum Lohne für solche Äußerungen ereilt ihn in diesem Jahre der Tod. Vertreibung der Juden aus Frankreich. In Bologna wird das "ludus graticulorium" verboten, ein Spiel, bei dem sich zwei gegnerische Parteien einander mit rohen Eiern bewerfen. Seit diesem Jahr wird in Siena jährlich am Ambrosiustag ein Pferderennen veranstaltet. Es findet in den Straßen statt. Es gibt übers Jahr zahlreiche Pferderennen in der Toskana; diejenigen von Siena sind die bekanntesten. Es ist eine Maschine zum Drahtziehen bekannt (wozu man sich freilich genauere Angaben wünscht...). In Bologna seziert der Anatom Mondino di Luzzi Leichen. Zweite Erwähnung von Brillen, und zwar in einer Predigt von Giordano di Rivakto: "Es sind noch keine zwanzig Jahre her, daß man die Kunst entdeckt hat, Augengläser zu verfertigen, eine der vortrefflichsten und notwendigsten Künste, die die Welt kennt. (...) Ich habe den Mann gesehen, der sie als erster erfunden und gemacht hat, und ich habe mit ihm gesprochen." Es stirbt Heinrich von Klingenberg, der Bischof von Konstanz, welcher wahrscheinlich die "Weingartner Liederhandschrift" in Auftrag gegeben hat. In Brüssel erheben sich die Zünfte gegen die Herrschaft der Patrizier. Sie herrschen aber nur bis 1306 (wo sie in der Schlacht von Vilvoorde unterliegen). Im Winter 1306/1307 friert die Ostsee erneut zu.

1307
Berlin und Cölln werden vereinigt; es wird eine Stadtmauer errichtet. Sagenhafter Rütlischwur der drei Schweizer Urkantone gegen Habsburg-Wilhelm Tell ist hier angesiedelt, jedoch nicht historisch. Edward I. von England verbietet den Gebrauch von Steinkohle, aber ohne Erfolg, weil in London Holzmangel herrscht. Beispiel für die Bauweise von Burgen: Altbodman, vor zwölf Jahren noch als "die newe burg" bezeichnet, wird durch Blitzschlag und Brand völlig zerstört. In Frankreich wird der Templerorden verfolgt und zerschlagen. Die Templer werden verhaftet, viele werden umgebracht. Man wirft ihnen Teufelsverehrung (des Götzen Baphomet), homosexuelle Unzucht und antikirchliche Propaganda vor. Bankrott der Franzesi in Florenz.

1307/1308
Die Universität Lissabon wird nach Coimbra verlegt.

1308
Mittelmärkischer Städtebund unter Führung Berlins. Auf dem Kirchplatz von Kranenburg (am Niederrhein) wird ein Baum gespalten und darin das "Wundertätige Kranenburger Kreuz" entdeckt. Es soll 1280 ein Hirte eine Hostie der Osterkommunion, die er nicht schlucken konnte, in diesen Baum gespuckt haben. Kranenburg wird nun zum Wallfahrtsort. In Venedig gestattet der Senat erstmals, daß eine Leiche seziert werden darf. In Florenz wird der streitbare halbfeudale Adel von der Staatsmacht ausgeschlossen. Karl Robert von Anjou wird König von Ungarn. Er ist nämlich ein Enkel Königin Marias von Neapel, welche wiederum von König Béla IV. von Ungarn abstammt. Er wird unterstützt vom Papst, oberitalienischen Bankiers, den Johannitern und einigen oberungarischen Städten und leitet militärische und wirtschaftliche Reformen ein: Festlegung der Regalien, königliche Hoheitsrechte an Steuern und Handelszöllen sowie ein Edelmetallmonopol. In diesem Jahr werden die ersten ungarischen Goldmünzen (nach florentinischem Vorbild) geprägt. In dieser Zeit steht Ungarn in der Goldproduktion an erster Stelle in Europa. In Ungarn beginnt man Goldmünzen zu prägen. Es stirbt der Scholastiker Duns Scotus (ca. 38). Es stirbt König Albrecht I. (53). Heinrich VII. (34) wird König.

1309
Papst Clemens V., ein französischer Kardinal und früher Bischof von Bordeaux, tritt sein Amt nicht in Rom, sondern in Avignon an. Man sagt, er habe in der Herzogin von Perigord eine französische Konkubine. In Avignon blüht nun die Simonie (Ämterkauf). Er verhängt den Kirchenbann gegen Venedig und ruft sogar zum Kreuzzug gegen diese Republik auf. Aus diesem Jahre stammt das erste erhaltene Stadtsiegel von Dresden. Der Hochmeister des Deutschen Ritterordens verlegt seinen Sitz von Venedig nach Marienburg; die Johanniter verlegen ihren Sitz von Zypern nach Rhodos (bis 1530). Ein Aufstand in Wien scheitert; Ende der Oligarchie der Ritterbürtigen. Universität von Orleans gegründet. Bei den Dominikanern wird die Philosophie des Thomas von Aquin zur offiziellen Lehre - wegen ihrer Anlehnung an Aristoteles teilweise heftig umstritten. 6. Januar: Heinrich VII. von Luxemburg wird zum deutschen König gekrönt.
Bis 1317: Hungersnot (aber wo?).

1309/1318
Österreichische Reimchronik. Hier wird u.a. eine Vielzahl von Weinen genannt: "Muglaere und reinval, kriechisch wîn und Terran, Muscatel und Vindeplan, wîn von Ciper ouch dâ lac, claret unde schafernac, von Genû und Malvasîn; diu zweier hande wîn daz houbet machent râz; Pinol und wîn von Arrâz, diu wîn sint gar stark, und wîn von Ancôn der mark, den wil man für den besten hân, Ecke unde Tribiân; wîn von Wippach und Patznaer man dê sach und ander wîn genuoc."
Bis 1323/25: Bernard Gui verfaßt die "Practica (officii) inquisitionis haereticae pravitatis", ein Handbuch der Inquisition. Es bezieht sich vor allem auf die Situation in Südfrankreich. Hier wird das Bild von eloquenten, mit allen Wassern gewaschenen Ketzern gezeichnet, die den Inquisitor hinters Licht führen wollen und für jede ketzerische Richtung werden eigene Abschwörungsformeln formuliert. Gui ist zwischen 1307 und 1324 (mit Unterbrechungen) Inquisitor von Toulose.

1310
Johann von Luxemburg wird zum böhmischen König gewählt. Er hat sich oft am französischen Hof aufgehalten und verhilft in Prag der neuen französischen Mode zum Durchbruch. Erste Erwähnung einer Sägemühle in Deutschland (Kirchheim/Teck). In Trier gestattet eine Synode den Klerikern das Würfelspiel, aber nur zur Erholung und nicht um Gewinn. In Lübeck wird ein "Meister des Pflasters" genannt, ein Hinweis für die Pflasterung von Straßen. Sintflutartige Regenfälle im Languedoc führen zu einer Hungersnot. In Köln wird der Jahresanfang (seit 1220 am Karsamstag) wieder auf den 25. Dezember gelegt.
1310/1314: Östlich von Krems befindet sich nahe der Antonikirche ein Sondersiechenhaus (Leprosorium).
Bis 1320: In dieser Zeit wird in Diessenhofen ein Haus gebaut, in welchem sich ein Wandgemälde befindet, das das Werfen eines scheibenförmigen Gegenstandes (Diskus) zeigt.

1311
Hallstatt erhält Marktrecht. Der König von Frankreich verbietet das Turnier. Zu einem Turnier in Rostock kommen "6400" Ritter. [Wie üblich ist bei Zahlenangaben Vorsicht geboten!]
Rottweil verbündet sich erstmals mit Villingen. Göttingen hat vor der Stadt ein Leprosenhaus. Dort besteht eine besondere Badestube, in der viermal jährlich ein "Schaubad" abgehalten wird, bei dem durch vier vereidigte Personen und zwei Angehörige des Rats der Gesundheitszustand der Kranken untersucht wird. In Steyr werden Ketzer hingerichtet, wahrscheinlich Waldenser. Es stirbt Arnold von Villanova (alias Arnoldo Bachuone), gewesener Arzt, Laientheologe und Alchemist. Seine ärztliche Tätigkeit basierte auf einer astrologischen Medizin, die weitgehend auf arabische Anregungen zurückging. Danach werde alles durch subtile astrologische Kräfte beeinflußt und mittels Kenntnis selbiger können Talismane zu Heilzwecken verwendet werden. Utrecht führt (wieder?) den Jahresanfang zum 25. Dezember ein. Auch in Osnabrück geht man etwa gleichzeitig zu diesem Termin über (vorher war hier der Jahresanfang am 25. März).

1311/1312
Konzil von Vienne: Erstmals werden bei der hohen Geistlichkeit Stimmen nach einer Kirchenreform laut. Das Konzil verbietet auch bei Welt- und Ordenspriestern den beliebten kurzen Rock mit Zaddelwerk am Saum, weil dadurch das Untergewand sichtbar werde. Außerdem wird verboten, perforiertes rot oder grün gefärbtes Schuhwerk zu tragen. Dort wird übrigens auch das Fronleichnamsfest eingeführt, wodurch die Monstranz ein beliebter Gegenstand des Kunsthandwerks wird. Papst Clemens V. befiehlt vergeblich, den zum Tode Verurteilten wenigstens die Beichte zu gewähren, weil diese zu jener Zeit in Frankreich und England den Delinquenten verweigert wird (in Frankreich bis 1397).
Bis 1316: Bernard Gui verfaßt die Universalgeschichte "Flores chronicorum". Das Werk ist in 48 Handschriften überliefert.

1312
Konzil von Vienne: Papst Clemens V. hebt den Templerorden wegen Ketzerei und Nutzlosigkeit auf. Das reiche Vermögen des Ordens fällt in Frankreich meist an die Krone; in Portugal erbt es der Christusorden, im übrigen Abendland die Hospitaliter. Der König von Frankreich verbietet erneut das Turnier - kein Effekt. Seit der Antike werden erstmals wieder die Kanarischen Inseln – durch die Genueser - entdeckt. Dante wird aus Florenz verbannt, weil er gegen den Papst opponiert hat. Der Orden der Beginen wird verboten. Es werden immer noch hölzerne Kirchen gebaut: Rostock verpflichtet sich, in Warnemünde eine Holzkirche wiederaufzubauen. München hat einen besoldeten Arzt. Zweite Erwähnung (nach Augsburg 1276) eines professionellen Henkers - in Braunschweig und etwa gleichzeitig auch in Lübeck. In Braunschweig wird hier erstmals der Begriff "Scharfrichter" erwähnt, als Bezeichnung für denjenigen, der mit dem Schwert richtet. Der Graf von Geldern verleiht den Herren von Krickenbeck Stadtrechte. Krickenbeck (am Niederrhein) bleibt jedoch für Jahrhunderte ein herrschaftliches Anwesen und entwickelt sich nicht zur Stadt. England: Piers Gaveston, ein Emporkömmling und Freund des unfähigen Königs Edward II. wird umgebracht, weil er dummerweise gewagt hat, den führenden Baronen Spitznamen zu geben. Bankrott der Frescobaldi in Florenz. Heinrich VII. (38) wird zum Kaiser gekrönt (bis 1313).
Ca.: In den "Voeux du paon" des Jacques de Longuyon tauchen erstmals die "Neun Tapferen" ("les neuf preux") auf, neun Helden: drei Heiden, drei Juden und drei Christen (Hektor, Cäsar, Alexander, Josua, David, Judas Makkabäus, Artus, Karl der Große und Gottfried von Bouillon). Später werden ihnen noch neun Frauengestalten zugesellt.

1313
Es stirbt Arnold von Villeneuve, der angeblich den Branntwein erfunden hat. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die Destillation schon im 12. Jahrhundertentdeckt worden ist, und zwar in Italien. Der Branntwein wird jedoch noch lange lediglich als alchimistisches Elixier oder als Heilmittel Verwendung finden. Nach einer Überlieferung aus Schonen (Schweden) soll ein Komet die Heringe vertrieben haben. Nach einem großen Brand in Zürich ordnet der Rat an, daß künftig die Gebäude aus Stein gemauert werden sollen: "Und wer wider buwen wolt, der muost eines gadems hoch muren sin hus". Münster führt als Jahresanfang den 1. Januar ein. Hungersnot im Languedoc. Kaiser Heinrich VII. (39) stirbt.
Ca.: England exportiert jährlich etwa 30000 Sack Wolle und 5000 Stück Tuch. Die Tuchproduktion in Ypern hat sich seit 1309 fast verneunfacht.
Nach 1313 stirbt Hugo von Trimberg. In seinem "Renner" wurde erstmals das deutsche Wort "Bibel" erwähnt.

1314
Die Synode von Orleans verbietet den Klerikern den Tanz. Erste Erwähnung der sog. Hamelner Schlagden: Die Schiffe auf der Weser werden zum Umladen gezwungen und müssen ihre Waren in der Stadt zum Verkauf anbieten (Stapelrecht, d.h. Vorkaufsrecht). Zweite Erwähnung einer Sägemühle in Deutschland (Pfaffenweiler bei Villingen). Rottweil hat elf Zünfte.
März: Jacques de Molay, letzter Großmeister des Templerordens und Geoffroi de Charnay, Großpräzeptor der Normandie, werden im Rahmen der Templerverfolgungen bei lebendigem Leibe geröstet. (Letztes beurkundetes Ereignis in der Geschichte der Templer) Einen Monat später stirbt Papst Clemens V. an der Ruhr. König Philipp IV. von Frankreich stirbt (Ursache ungeklärt) - "Der Fluch der Templer".
Mai: Johann von Würzburg vollendet seinen Roman "Wilhelm von Österreich". Es ist das einzig bekannte Werk dieses Autors, dem der Esslinger Bürger Dieprecht mit seiner Bibliothek literarische Hilfe geleistet hat. Alpenpässe: Ausbau des Weges in der Eisackschlucht am Brenner. Ludwig IV. der Bayer, Sohn Herzog Ludwigs II. des Strengen von Oberbayern (22) wird König. München wird dadurch quasi Residenzstadt des Reiches.
1314/1315: In Zürich werden die Bewohner aufgefordert, den auf die Straße geschafften Mist im Sommer bis zum dritten Tag und im Winter bis zum achten Tag wegzuschaffen.
Bis 1320/32: Nürnberger Kleiderordnung: Der Wert von silbernen Gürteln, Taschen und Messern wird begrenzt; Spangen, Ringe oder Knöpfe an den Ärmeln werden beschränkt; völlig verboten werden perforierte ("zerhauwen") Schuhe, gezaddelte Säume und Ärmel sowie das Aufnähen von Silberplättchen und Seide.
Ca.: Beschwerden gegen rauchende Kohlenherde in England.

1315
Seit diesem Jahr finden in Venedig alljährlich am St. Paulstag Bootsrennen statt. Antwerpen wird Mitglied der Hanse. Schlacht von Morgarten: Etwa 4000 Schweizer Bauern (aus Schwyz, Uri und Unterwalden) besiegen ein Ritterheer Herzog Leopolds von Österreich, weil sie geschickt das Gelände ausnutzen und Hellebarden einsetzen (diese werden bei Johannes von Winterthur erstmalig beschrieben). Der Papst verdammt den Bettelorden der Fraticelli als Ketzer. In Venedig erscheint erstmals die coccha, eine mediterrane Nachahmung der Kogge. König Edward II. von England verfügt: "Durch die empörend und ausschweifende Vielfalt von Fleisch und Gerichten, welche die großen Männer des Königreichs in ihren Schlössern auftischten, und dadurch, daß Personen niederen Standes ihr Beispiel nachahmten, über das hinaus, was ihr Rang erforderte und ihre Mittel erlaubten, sind viele große Übel auf das Königreich gekommen, die Gesundheit der Untertanen des Königs wurde angeschlagen, ihr Vermögen verbraucht, sie selbst versanken in Armut. deshalb ... befiehlt der König: Daß die großen Männer des Königreichs nur zwei Gänge mit Fleischgerichten an ihrem Tisch servieren dürfen, und jeder Gang darf nur aus zwei Sorten Fleisch bestehen." Die höheren Ränge dürfen freilich als Ausnahme in einem Zwischengang noch eine fünfte Sorte Fleisch essen, damit sie nicht gar zu sehr leiden müssen.
Bis 1317: Schwere Hungersnot in weiten Teilen Europas nach unaufhörlichen Regenfällen (in Südfrankreich bis 1318). Dazu wütet die Ruhr. Flandern wird in dieser Zeit durch unternehmungslustige florentinische Kaufleute von Sizilien aus mit Getreide versorgt.
1317/1330 bis 1360: Aus dem Nürnberger Satzungsbuch III/C: "Unde nieman sol dehainen unflat in haven oder in anderen dingen nicht an die straze werfen."

1316
Neuer Papst (in Avignon) wird Johannes XXII. Er hebt das Turnierverbot auf. Die Kleiderkosten seines Gefolges sollen pro Jahr 7000 bis 8000 Goldflorin betragen haben. Einmal soll er 40 Kleidungsstücke aus Goldbrokat zum persönlichen Gebrauch in Damaskus eingekauft haben, was 1276 Goldflorin kostet. In Rottweil sitzen im 80köpfigen Großen Rat auch die Zünfte. In Basel übernimmt die Stadt die Betreuung der Brunnen. Der Anatom Mondino di Luzzi verfaßt eine maßgebliche Anatomie, welche das scholastische Denken sprengt. Das Gewerbeverzeichnis von Florenz verzeichnet über 70 Tätigkeiten, obwohl nur 21 kaufmännische und handwerkliche Vereinigungen als Zünfte anerkannt sind. Erwähnt werden auch Ausrufer verlorener Gegenstände. König Ludwig X. von Frankreich stirbt. Er hat insgesamt sechs Spielleute unter Vertrag gehabt (Instrumentalisten und Sänger). Neuer König wird Philipp V. der Lange (bis 1322). Eine Zauberin beschuldigt im Verhör die Schwiegermutter Philipps V., Mahaute von Artois, diese habe eine magische Beschwörung angeordnet, um eine Versöhnung zwischen dem König und ihrer Tochter zu bewirken. Es wird sogar behauptet, sie hätte Ludwig X. vergiftet, um Philipp zur Königswürde zu verhelfen. König Philipp von Frankreich läßt anläßlich des Weihnachtsfestes zwei neue Roben schneidern. Eine Robe ist eine Garnitur von bis zu sieben Kleidungsstücken, von denen vier gleichzeitig getragen werden. Hier nun werden sieben Stücke gemacht: Eine houce, ein Mantel, ein ärmelloser surcot (Obergewand), zwei surcots mit Ärmeln und zwei Gugeln. Dafür werden insgesamt 1598 Fehpelze verarbeitet. Allein für einen halbkreisförmigen Mantel werden 300 Felle benötigt. Bei einer Hungersnot sollen in Erfurt angeblich "7985" Menschen gestorben sein - eine phantastische Zahl. Im nordafrikanischen Bougie wird Ramon Lull (über 80) beim Versuch, Moslems zu bekehren gesteinigt. Verwicklungen des Lehnswesens: Das Lehen Achaia geht nach der Vergiftung Ludwigs von Burgund an dessen Bruder Odo von Burgund, der sein Erbe für 40000 Pfund an Philipp von Tarent verkauft, welcher als Despot der Romania nun auch Fürst von Achaia wird - also sein eigener Vasall.

1317
Vor 1317 entsteht das "Gesundheitsregiment" Konrads von Eichstätt. Graf Willem III. von Holland übernimmt Amsterdam von den Bischöfen von Utrecht. Die Dekretale "Execrabilis" verbietet vergeblich die Pfründenhäufung von Klerikern. Ein Mandat des Bischofs von Straßburg befiehlt dem Klerus bei Strafe des Bannes, sich der grünen, gelben und roten Schuhe zu enthalten. Die Feuerlöschordnung von Meran schreibt u.a. vor, Feuerhaken und Äxte zum Abreißen der Häuser bereitzuhalten - demnach kann es sich dabei kaum um Steinhäuser gehandelt haben. König Heinrich von Böhmen gibt unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses den Anstoß zur Gründung einer Apotheke in Bozen. Der Bischof von Cahors wird hingerichtet, weil er mit einem angeblich jüdischen Magier und einigen anderen zwielichtigen Figuren ein Komplott zur Ermordung des Papstes geschmiedet haben soll. In Mainz wird auf dem Brand ein Kaufhaus errichtet. Es dient wohl nicht nur dem Handel, sondern auch als städtisches Fest- und Tanzhaus.
Portugal: Der Genuese Micer Manuel Pessagno, der mit 20 Spezialisten für Galeerenbau in portugiesische Dienste getreten ist, erhält von König Dinis den gerade erst neu eingeführten Titel Admiral.

1318
27. Februar: Papst Johannes XXII. schreibt in einem Brief: "Sie (die Götzendiener) besitzen Bücher über Magie. Sie verwenden häufig Spiegel oder Figuren, die ihren abscheulichen Riten geweiht sind. (...?) Manchmal schließen sie Dämonen in einen Spiegel ein, um sie zu befragen."
März: Der Florentiner Geldwechsler Lippo di Fede del Sega hat seit Juni des Vorjahres 2300 Silberflorins gehortet, um damit zu spekulieren; er verkauft sein Silber an die Münzstätte, wenn diese vorübergehend keines hat. Die Stadt München übernimmt die Kosten für einen Brunnen neben der Fleischerbank. In Heilbronn ist ein Stadtbrunnen auch gewerblicher Nutzung zugänglich. Anfang des 14. Jahrhunderts übernehmen die Städte zunehmend Kostenbeteiligung und Verantwortung für jene Brunnen, die überwiegend gewerblich benutzt werden. Die erste Zunft von Prag bilden die Schneider der Altstadt. Linn (bei Krefeld) wird als Stadt erwähnt. Der Ort Büderich erhält als Hauptzollstätte der Grafen von Kleve die Stadtrechte. In Marseille werden vier Fraticelli als Ketzer verbrannt. Es stirbt zu Mainz Heinrich von Meißen (58), genannt Frauenlob.

1319
In Nürnberg werden 34 Kuppler und Falschspieler namhaft gemacht. Die Kleiderordnung von Zürich verpflichtet die Dirnen, eine rote Kapuze zu tragen. (Ebenso in Bern) Der Rat von Nürnberg verweist 34 "ruffiane" (Hurenwirte) mitsamt ihren Dirnen der Stadt. Dies ist allerdings eine Ausnahme, welche sich im Achtbuch der Stadt nicht wiederholen wird. In Pietro Viscontes Seekarte der Erde ist jetzt nicht mehr der Osten, sondern der Norden oben. Bei der Belagerung des englischen Berwick sollen kleine Kanonen eingesetzt worden sein.

1320
Zu Augsburg gibt es eine öffentliche Großmangel für Wäsche mit Göpel-oder Tretradantrieb. Wasserradantrieb für Eisenhammer in der Lausitz. Ältestes bekanntes deutsches Handelsbuch in Konstanz. Von Paris aus ziehen die Pastorellen durch Aquitanien. Es sind Gruppen von etwa fünfzehnjährigen Hirtenkindern, welche, barfuß und ärmlich mit gehißtem Kreuzbanner marschieren und sich nach dem Heiligen Land einschiffen wollen. In Aquitanien wollen sie gewaltsam Juden taufen, "um die Gunst des Volkes zu gewinnen" (Bernard Gui). Wer sich wehrt, wird ausgeraubt oder ermordet. Zwar schreitet in Carcassonne die Obrigkeit ein, um die Juden als "Diener des Königs" zu schützen (wohl nicht ganz uneigennützig, wie sich wenige Monate später zeigen wird), doch billigen viele diese Gewalttaten. Gerade in Carcassonne jedoch beschweren sich bald die Konsuln über Mißbräuche und Ausschreitungen: Juden betrieben neben Wucher auch noch Zuhälterei und Vergewaltigungen, mißbrauchten Hostien etc. und sollten daher vertrieben werden. Die Aussätzigen würden ihre Krankheit "durch Gift, todbringende und zauberkräftige Mittel" absichtlich verbreiten und gehörten daher interniert und an ihrer Vermehrung gehindert. Der Dominikaner Bernard Gui gibt eine aktuelle Liste der Werke des Thomas von Aquin heraus.
Ca.: Es stirbt der angesehene Mediziner Bernard Gordon. Wie viele seiner Zeitgenossen hat er geglaubt, man könne epileptische Anfälle dadurch verhindern, daß man die Namen der heiligen drei Könige auf einem Pergament mit sich trage.
Ca.: In Deutschland gibt es etwa 400, größtenteils befestigte Städte.
Ca.: In der Tuchweberei kommt das Kettenanscheren auf Holzrahmen auf. Seit diesem Jahr werden in Stralsund Stadtbücher (libri memoriales) geführt.

1321
Tod Dantes. Kurz zuvor hat er noch die "Divina Commedia" vollendet. Aufkommen der Mörsermühle. Bochum wird zur Stadt erhoben. Universität Florenz gegründet. Monte Cassino wird Bistum. Hamburg tritt der Hanse bei. Die Stadt dient als Nordseehafen für Lübeck. Das Wort "Zeitung" ("Reiseerlebnis") ist bezeugt. Der Katharinenhof (ein Hospital) zu Hildesheim hat 30 Insassen. 16. April (Karfreitag): Im Perigord kommen erste Gerüchte über eine Vergiftung des Wassers auf. Es folgen Festnahmen und Verbrennungen, bald in ganz Aquitanien. Opfer sind Aussätzige und Juden. Nach der Chronik des Klosters St. Etienne von Condom (abgefaßt 1336) werden in diesem Jahr die Aussätzigen "vernichtet". In ganz Frankreich werden zu dieser Zeit Leprakranke wegen angeblicher Giftmischerei verbrannt. Man wirft ihnen auch vor, sie wollten die Gesunden umbringen bzw. mit Lepra infizieren und die Herrschaft übernehmen. Am 21. Juni erläßt König Philipp V. der Lange zu Poitiers ein Edikt gegen die überlebenden Aussätzigen: Wer gestanden hat, soll verbrannt werden, wobei schwangere Frauen erst nach Geburt und Abstillen ins Feuer kommen sollen. Wer von ihnen nicht gesteht, soll abgesondert werden, Männer und Frauen wiederum getrennt. Ihre Güter werden eingezogen. Jegliches gerichtliche Vorgehen gegen sie wird der Krone anheimgestellt. Letztere beiden Maßnahmen werden im August wieder eingeschränkt. In Toulouse wird Guillaume Belibaste verbrannt, der letzte "Vollkommene" der Katharer. Montpellier verwehrt den Spielleuten, insbesondere den jüdischen Lezim oder Klezmorim den Eintritt in die Stadt.
Ca.: Der Araber Levi ben Gerson erwähnt die Lochkamera (Camera obscura) als Hilfsmittel zur Sonnenbeobachtung.

1322
Papst Johannes XXII. verbietet wegen der Gefahr der Verweltlichung den mehrstimmigen Kontrapunkt in der Kirchenmusik. In einer plötzlichen Kehrtwende vertreibt er die Juden, die er bisher gegen die Pastorellen in Schutz genommen hat, aus seinem Gebiet. König Karl der Schöne von Frankreich bestätigt die Absonderung der Aussätzigen. Dies ist das erste massive Internierungsprogramm in Europa. Bisher haben sie Leprösen in hospizartigen offenen Einrichtungen gelebt, nun werden sie auf Lebenszeit interniert. Die Reichsstadt Eger wird an den König von Böhmen verpfändet - und nie wieder ausgelöst. In Straßburg gibt es einen städtischen Pflastermeister. In Aachen werden alle sieben Jahre die Reliquien gezeigt. Wegen des großen Andrangs wird die Zeremonie (die es seit etwa 1238 gibt) ins Freie verlegt. In Pisa ist der Geldwert in den letzten 56 Jahren um zwei Drittel gesunken. In Paris muß sich eine gewisse Jacoba wegen ärztlicher Tätigkeit vor Gericht verantworten. Ihre Verteidigungsrede ist gleichzeitig ein Kommentar zur Verantwortung des Arztes. In diesem Jahr entsteht die Satzung der St.-Sebastianus-Handbogengilde zu Gent, die erste bekannte Satzung einer Schützengesellschaft.

1323
In Pisa werden zu Himmelfahrt ein Ruderbootsrennen und ein Pferderennen ausgeschrieben. Die Gewinner erhalten einen Ballen Samt, ein Pferd und weitere Haustiere, die Verlierer einen Zwiebelkranz. In Paris gibt es eine Torsteuer (Octroi). Es wird der erste mit hydraulischen Blasebälgen versehene Schmelzofen erwähnt. Die Ostsee friert zu. Man kann von Dänemark und Deutschland zu Fuß nach Schweden gehen. Der Rat von Zürich bestimmt, daß im Heiliggeisthospital, das offenbar Bettler angezogen hat, nur "arme lüte, so krank und siech an ir libe sint, dass sy das Almusen nit gesuchen mügen" aufgenommen werden dürfen. Amsterdam wird Zollstation für das aus Hamburg importierte Bier. Daraus entwickelt sich bald ein reger Handel mit den Hansestädten. Papst Johannes XXII. erklärt die Auffassung von der irdischen Besitzlosigkeit Christi (Ideal der Franziskaner) für ketzerisch. Frühjahr oder Sommer: König Karl IV. vertreibt die Juden aus Frankreich. Grippeepidemie in Italien. Die Grippe heißt "Influenza" vom gedachten Einfluß der Gestirne auf den Krankheitsverlauf. 18. Juli: Thomas von Aquin wird feierlich heiliggesprochen. Winter, bis 1328: Bauernaufstand in Flandern. Die Unruhen beginnen in Brügge und richten sich gegen die Übergriffe adliger Gerichtsherren, welche Steuern willkürlich einsetzen und ungesetzliche Gerichtsgebühren einziehen. Der Aufstand breitet sich ohne Widerstand aus; mehrere Burgen werden geplündert und zerstört. Die Städte - außer Gent - schließen sich an.

1324
In Siena finden trotz mehrfacher Verbote immer noch Kampfspiele statt: Ein solches Spiel artet in eine wüste Schlägerei aus und nicht einmal die Stadtpolizei kann die Parteien trennen, bis schließlich der Bischof an der Spitze einer Prozession Frieden stiftet. Zurück bleiben vier Tote und mehrere ausgebrannte Läden. Erneut werden Kampfspiele - vergeblich - verboten. Ein anonymer katalanischer Koch, der schon am englischen Königshof gekocht hat, verfaßt das "Libre de Sent Sovi", ein Kochbuch. Die Rezepte ähneln denen der Antike, außer daß nun auch Zimt, Nelken und Muskat verwendet werden. Im Unterschied zum allgemeinen Gebrauch dickt der Katalane seine Saucen mit rohem Eigelb (neben Brot und gemörserten Mandeln) statt mit gekochtem und dann püriertem. Es gibt hier übrigens auch eine Sauce für ein Bärengericht, ferner halbgegrilltes Geflügel in süßsaurer gewürzter Mandelsauce und "weiße Sauce" aus Mandeln, Ingwer und Hühnerbrust. Ludwig der Bayer leiht sich Geld von einem Juden aus Rottweil. Die Goldschmiede von Prag bilden eine Zunft, die zweite der Stadt. In Metz wird erstmalig (?) in einer Schlacht ein Pulvergeschütz abgefeuert. Marco Polo stirbt. William von Ockham, ein nominalistischer Scholastiker, nach dessen Lehre der "Staat" von der Kirche unabhängig sein soll, wird zum Papst nach Avignon geladen, flieht aber nach München, wo er verbleibt. Gegen seine Exkommunikation antwortet er mit einer Streitschrift, in der er dem Papst 70 Irrtümer und sieben Ketzereien vorwirft. Marsilius von Padua behauptet in seinem Werk "Defensor Pacis" die Souveränität des "Staates". Der Papst antwortet mit Exkommunikation. Der Bischof von Lugo erhält die Vollmacht, für über 500 illegitime Kleriker (von unehelicher Geburt bzw. Kinder von Klerikern) Dispens zu erteilen. Diese hohe Zahl ist eine Ausnahme, da normalerweise die Dispens auf 20 Personen beschränkt ist.

1324/ /1325
In Augsburg finden sich in den Stadtrechnungen Ausgaben für das Verlegen eines Pflasters.

1325
Die Mauren setzen bei Baza Feuerwaffen ein. Berlin wird wegen Ermordung des Propstes von Bernau gebannt. In Köln sind 70 Häuser und Hofstätten im Besitz von Juden. In Florenz nehmen Mädchen an Wettläufen teil. In Böhmen beginnt man Goldmünzen zu prägen. Bau der Tuchhalle in Gent.
14. Juni: Ibn Battuta (21) aus Tanger bricht zu einer Pilgerfahrt nach Mekka und Medina auf. Diese Reise wird ihn bis Indien und China führen und es werden 24 Jahre vergehen, bis der "Marco Polo der Araber" nach Marokko zurückkehren wird.
Ca.: Erfindung des Ribaud (Pot de fer), einer Feuerwaffe, die dreikantige Bolzen verfeuert. (?)
Ca.: Metz hat 25000 Einwohner.
Ca.: Erfindung des Orgelpedals.

1326
In Wien bricht im Hause eines Bäckers in der Wallnerstraße ein Brand aus, der bald zwei Drittel der Stadt erfaßt. Innsbruck erhält das Privileg zur Errichtung einer Apotheke und eines Arztpostens. Als Amtssprengel wird den beiden Apotheken zu Innsbruck und Bozen das ganze Inntal zugewiesen; außerdem erhalten sie Steuerfreiheit. Die notwendigen Waren dürfen zollfrei eingeführt werden, müssen aber beim Apotheker Jakob von Volano in Bozen bezogen werden. Eine englische Handschrift enthält eine Miniatur, auf der bei einer Belagerung mittels eines Flugdrachens ein Geschoß über einer Burg abgeworfen wird. Der Engländer Walter de Milimete verfaßt eine Schrift namens "De Nobilitatibus Sapientiis et Prudenciis Regum", gewidmet König Edward III. von England, worin ein Krieger abgebildet ist, der eine Lunte an das Zündloch einer flaschenförmigen Feuerwaffe hält, aus deren Hals als Geschoß ein großer Pfeil ragt. In England gibt es Brillen für Gelehrte, Adlige und Geistliche. (Starre Bügel gibt es erst im 18. Jh.) Paris erhält ein Waisenhaus. Bei einem Aufruhr in London wird der Bischof geköpft und seine Leiche nackt auf die Straße geworfen. In Florenz werden Metallgeschütze hergestellt, welche Kugeln aus Schmiedeeisen verschießen können. Bankrott der Scali in Florenz.
4. August: Iwan I. Kalita legt in Moskau den Grundstein der ersten Steinkirche. Schwere Verschuldung zwingt Erzbischof Friedrich III. von Salzburg zur Erhebung einer ersten allgemeinen Steuer. Der Anatom Mondino di Luzzi stirbt.

1327
Es stirbt der Mystiker Meister Eckart. Zusammenschluß von Mainz, Worms, Speyer, Straßburg, Basel, Freiburg/Br., Zürich, Bern, Solothurn, Konstanz, Überlingen, Lindau und Ravensburg unter sich sowie mit den Landleuten von Uri, Unterwalden und Schwyz, dann mit den Grafen von Kyrburg und von Montfort sowie mit dem Bischof von Konstanz zu einem Bund zur Wahrung des Landfriedens. Großer Brand in München. Ein Großteil der Stadt brennt ab. Wien hat ein primitives Kanalsystem von Abflußbächen zur Donau, die wegen geringer Wasserführung Kloakencharakter haben. Seit diesem Jahr werden sie "Möhrung" (Schmutzbach) genannt. Auf der Piazza Grande zu Modena wird ein Stein aufgestellt, der die zulässige Höchstlänge der Schleppe der Frauenkleider - eine Elle - angibt. Avignon hat 43 italienische Bankhäuser. In England gibt es 120 bis 130 Walkmühlen.

1328
In einem Rechtsbuch wird der gerichtliche Zweikampf als Gottesurteil verboten, was sich aber erst langsam durchsetzt. Eine anonyme französische Chronik, die in diesem Jahr schließt, berichtet über die angebliche Giftverschwörung der Aussätzigen. Aber: "Es hieß, die Juden seien bei diesem Verbrechen die Spießgesellen der Aussätzigen gewesen, und deswegen wurden viele von ihnen zusammen mit den Aussätzigen verbrannt. Das niedere Volk hielt selbst Gericht, ohne erst einen Vogt oder Amtmann zu rufen. Sie sperrten die Leute mitsamt ihrem Vieh und Hausrat in ihre Behausungen und steckten diese in Brand." Diese Version steht aber fast allein; etliche andere Chroniken (anonyme Fortsetzung von Guillaume de Nangis und von Girard de Frachet, Johann von St. Viktor, Chronik von St. Denis, Jean d'Outremeuse, Genealogia comitum Flandriae) verweisen auf ein Geständnis, das Jean Larcheveque, der Herr von Parthenay, dem König Philipp V. hat zukommen lassen, wonach einer der Oberen der Aussätzigen von einem Juden mit Geld bestochen worden sei und von ihm Gift erhalten habe, um es in Quellen und Brunnen zu schütten. Das "glaubwürdigste" der Gerüchte macht den König von Granada als eigentlichen Hintermann dafür verantwortlich, der seinerseits die Juden bestochen haben soll, um die Christen zu verderben. Die vom Teufel gelenkten Aussätzigen hätten dann vier Konzilien abgehalten, um ihre Pläne zu schmieden. Einige gefälschte Briefe sollen diese Vorwürfe, insbesondere gegen die Juden, "beweisen". Die flandrischen Bauern unterliegen einem französischen Ritterheer, welches der Graf von Flandern herbeigeholt hat. Damit ist der dortige Aufstand beendet. Im Rechtsbuch des Fürsprechers Ruprecht von Freising stehen etliche arbeitsrechtliche Bestimmungen: "Wer Dienstboten dingt, es sei Magd oder Knecht, für eine Weile oder für Jahre, was er ihnen gelobt, das muß er ihnen geben. Und läßt er sich deswegen verklagen, so verliert er die Frevelbuße gegenüber dem Richter, das sind 72 Pfennige." In Frankfurt tritt erstmals die Bezeichnung "bornfeger" auf, d.h. es finden dort regelmäßige Brunnenreinigungen statt. In Paris tun sich einige Spielleute zusammen, um ein Spital (St. Julian, Schutzheiliger der Spitäler, und St. Genesius, ein Märtyrer der Spielleute) zu stiften. Anschließend baut man noch eine Kirche an, deren Fassade den Hl. Genesius in Spielmannskleidung zeigt, die Fiedel streichend und von musizierenden Engeln umgeben. Am französischen Königshof gibt es neben der eigentlichen Küche noch die paneterie, die für die Brotversorgung zuständig ist (hier arbeiten 21 Personen), die échansonnerie für die Weinversorgung (33 Personen) und die fruiterie für die Obstversorgung (14 Personen). Die Harnischmacher von Prag bilden eine Zunft. Ludwig der Bayer (46) wird zum Kaiser gekrönt. Die Reichskleinodien werden bis 1350 in München aufbewahrt.
Bis 1423: Dülken (am Niederrhein) ist Münzstätte der Herren von Jülich.

1329
Erster bekannter Streik in Deutschland: In Breslau streiken die Gürtlergesellen ein Jahr lang. In einer Zollordnung werden für die Frankfurter Messe folgende Waren aufgezählt: Pferde, Schlachtvieh, Fleisch, Butter, Schmierfett, Unschlitt (Talg), Rheinfisch, Bolchen, Heringe, Bücklinge, Lorbeer und andere Gewürze, Eisen verschiedener Art, Blei und Zinn in Klumpen, Glas und Trinkbecher, Kreide, Galmei (Zinkerz), Weinstein, Pech, Schleifstein, Flachs (rauh oder gehechelt), Hanf, Werg, Garn, Wolle, Leinwand, Weinfässer und Leinwandballen. Petrus von Zittau berichtet über Böhmen: "Man sieht sehr oft kurze und enge Kleider mit einem am Ellbogen herabhängendem Fleck, der wie ein Eselsohr umherfliegt und manchmal bis zur Erde reicht." Während einer Erzstiftsfehde werden in Mainz drei Kirchen zerstört. Die Stadt ist deshalb über 100 Jahre lang rechtlich zur Sühnezahlung verpflichtet. Bau des Moskauer Kreml - aus Holz. Mißernte im Languedoc. Juden, Aussätzige und Zauberer werden beschuldigt. Bernard Gui vollendet seinen Heiligenspiegel, eine vierteilige Darstellung der französischen Heiligen.

1329/1335
In Nürnberg wird die Verwendung von leicht brennbarem Material zum Dachdecken verboten.

1330
In Tournai kommen Vertreter von 31 Spielmannsgenossenschaften zusammen, jeweils angeführt von einem Oberhaupt ("rex"). Chroniken sprechen von einem Fest der 31 Könige. In Villach wird der Bleiberg aufgetan. Älteste Darstellung eines Geschützes (in England).
28. April: Ludwig der Bayer gewährt Frankfurt eine zweite Messe in der Frühjahrs- oder Fastenzeit, zwecks Verkauf der Winterprodukte (etwa Wein und Wolle). Diese Messe kann sich nur schwer etablieren, da sie vom vierten bis zum zweiten Sonntag vor Ostern stattfindet und dadurch manchmal schon in den Februar fällt. König Alfons XI. von Kastilien gründet einen Ritterorden, dessen Mitglieder sich zum Verzicht auf Knoblauch und Zwiebeln verpflichten müssen. Wer nach Knoblauch riecht, muß sich für einen Monat dem Hofe fernhalten. In Göttingen wird unter Strafe gestellt, Aas und Kadaver auf die Straße zu werfen. Satzung der St.-Sebastianus-Bogenschützengesellschaft zu Dünkirchen, die vielleicht zweite bekannte Satzung einer Schützengesellschaft (vgl. 1322 in Gent). In Elbing wird ein "Liber civitatis" (Stadtbuch) geführt.
Seit 1330 versucht Philipp VI. von Frankreich, den Geldumlauf zu regeln. Ein Erlaß erinnert daran, daß vertragliche Abmachungen nur in Rechnungsgeld (monnaie de compte) beglichen werden dürfen: "Arglistige Leute haben sich bemüht, in mehrerer Hinsicht Unsere Erlasse zu umgehen, besonders bezüglich der Handelsgeschäfte, Verträge und Darlehen in Golddenaren und in Gros Tournois, zu Unserem Schaden und zum Schaden Unseres Volkes, was Uns sehr mißfällt. Wir verbieten, daß einer sich erdreiste, mit Golddenaren oder Gros Tournois zu handeln, Verträge abzuschließen oder Darlehen zu nehmen, außer in Sous und Livres der Währung, die Wir jetzt prägen lassen." In Wirklichkeit werden die Preise in Gros oder Écus festgelegt, vor allem aber in Florins (relativ stabile goldwährung), während das offizielle System auf dem alten Denar beruht (zurückgehend auf das Silbergeld der Karolingerzeit).
Einwohnerzahl von Florenz (nach Villani): 90000.
Ca.: Großer Drehkran mit Tretantrieb in Lüneburg.
Ca.: In der Männerkleidung ist der Rock zu dieser Zeit noch etwa wadenlang, was sich bald ändern wird.
Ca. 1330/1345: Johann von Viktring lehrt in seinem "Liber certarum historiarum": "Und wie Seneca sagt: Wenn du dir alles unterwerfen willst, unterwirf dich zuerst der Vernunft; kannst du dich selbst beherrschen, so wirst du viele beherrschen." [Ed. F. Schneider 1909 S. 302]

1331
In Prag beginnt man, die Straßen zu pflastern. Angeblich sollen in diesem Jahr in Prag italienische Kriegsgefangene Schornsteine kehren, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies würde darauf hinweisen, daß es in Italien bereits üblich ist, regelmäßig verrußte Schornsteine zu reinigen. In Worms ist eine Genossenschaft fahrender Schüler nachweisbar. In Florenz findet seit diesem Jahr gleichzeitig mit dem alle fünf Jahre stattfindenden Pferderennen auch ein Rennen für die Plebejer statt. Es findet am ersten Sonntag nach dem 11. Juni statt und ist von den Tuchfärbern initiiert worden. Der erste Preis ist ein Ballen ungefärbtes Tuch und die Rennpferde bilden jene ausgemergelten Klepper, mit denen das Tuch in die Färberei geliefert wird. Die Teilnehmer schlagen während dieses Corso de' Tintori zur Erheiterung der Zuschauer erbarmungslos aufeinander und auf die Gäule der Konkurrenten ein.
Januar: In Westminster weigern sich die Maurer, "am Montag oder Dienstag zu arbeiten, weil ihnen seit Weihnachten kein Lohn ausbezahlt worden ist und sie befürchten, dessen, was ihnen gebührt, verlustig zu gehen." Nachdem sie ausgezahlt worden sind, erscheinen sie am Mittwoch wieder zur Arbeit. Mainz wird als "freie Stadt des Reiches" bezeichnet, obwohl rechtlich der Erzbischof Herr von Gericht, Markt, Zoll und Münze ist. Die Burg von Cividale wird von Büchsen und Feuerwaffen beschossen.
Moskau: Ein Brand zerstört den hölzernen Kreml.
Die Mauren setzen bei Alicante Feuerwaffen ein.
30. Dezember: Es stirbt Bernard Gui (ca. 70).

1332
Nürnberg läßt sich von Ludwig dem Bayern eine Gesamtbestätigung seiner Zollfreiheiten (in 69 Städten) geben. Die Straßburger Zünfte erlangen Sitz im Rat. Die Mainzer Zünfte erlangen im Rat Gleichberechtigung mit den patrizischen Geschlechtern. Der spätere Kaiser Karl IV., in Frankreich erzogen, erhält dort den Ritterschlag. Er wird diese Form der Rittererhebung, welche in Frankreich bereits im 13. Jh. üblich war, später im Reich einführen. Die Rosenart Rosa Centifolia kommt aus Persien nach Europa. (Nach anderen Angaben soll sie aber erst 1596 in Holland aufgetaucht sein, aber das muß sich nicht unbedingt widersprechen.) Die Kaufleute von Gent sehen sich genötigt, auf eigene Kosten die Straße nach Senlis zu reparieren, um die Beförderung ihrer Waren nach Paris zu beschleunigen.
Winter: Hunger im Languedoc läßt die Armen rohes Gras essen. Es stirbt Philipp von Tarent, Despot von Romanien (in Griechenland), der dem Odo von Burgund das Lehen Achaia für 40000 Pfund abgekauft hat. Dadurch wurde Philipp auch Fürst von Achaia und damit sein eigener Lehnsherr.

1333
Erster öffentlicher botanischer Garten in Venedig. Bau der gedeckten hölzernen Kapellbrücke über die Reuß in Luzern. Petrarca weilt derzeit in Köln. Am Johannistage wird er von Freunden an den Rhein geführt, wo man ihm ein herrliches Schauspiel verpricht: "In diesem Versprechen wurde ich auch nicht enttäuscht, denn das ganze Ufer war mit einem großen, herrlichen Kreis von Frauen bedeckt, über deren Schönheit, Gestalt und Pracht ich staunte. Ich stand auf einem etwas höheren Orte..., die Frauen, eine eifriger als die andere, zum Teil mit wohlriechenden Kräutern geschmückt, wuschen...die weißen Hände und Arme in der Flut und sprachen dabei irgendwelche Formeln in unverständlicher Rede. Da ich mich wunderte, erhielt ich zur Antwort, das sei ein sehr alter Aberglaube, besonders bei den Frauen, daß sie meinten, durch Baden an diesem Tage alles Unglück für das kommende Jahr abzuwaschen und das Glück rein hervorleuchten zu lassen, weswegen sie dieses segensreiche Bad nie unterließen." Ein etwas unklar überlieferter Aufstand der Tuchmacher in Breslau führt zu drei Enthauptungen und, je nach Quelle, zu sechs Verbrennungen oder Stadtverweisen. Spätere Quellen machen Steuererhöhungen dafür verantwortlich. [Heiduk S. 37, Anm. 66]
1333/1350: Entstehung des Stadtrechts von Feldkirch in Vorarlberg. Hier sind mehrere feuerpolizeiliche Bestimmungen enthalten: Nach dem Läuten der "Schmiedglocke" soll weder ein Kupferschmied noch ein Hufschmied oder ein anderer Schmied Feuer in der Esse haben, bei einer Buße von fünf Schilling Pfennig an die Stadt und für den Knecht, der das Feuer entdeckt hat, ein Schilling Pfennig zu entrichten. Weder in den Kachelöfen noch in den Backöfen ohne Ofeneisen darf noch Feuer brennen - bei schweren Strafen. Es wird weiterhin bei Strafe verboten, Unrat in den Stadtbach zu gießen oder zu werfen. Jede Verunreinigung wie Sperrmüll, Sand oder Steine, die zu Boden sinken, müssen vom Verursacher wieder entfernt werden. Die Gerber und Schuhmacher dürfen Häute und Felle nur an bestimmter Stelle in den Bach hängen und müssen dort auch die "abschabung" ins Wasser schütten. Lüttich führt als Jahresanfang den 25. Dezember ein.
Bis 1438: Das Wiener Areal Hafnersteig 11 - Laurenzerberg 5 - Schwedenplatz 5, Standort zweier Häuser für Hafner, befindet sich in dieser Zeit nacheinander im Besitz von zehn Personen - Beispiel für Mobilität in der Stadt.

1334
Der Dominikaner Venturinus von Bergamo veranstaltet eine Bußfahrt nach Rom, an der 10000 Lombarden - in besonderer Kleidung - teilnehmen sollen. Dies soll auch eine Geißelfahrt gewesen sein. Die erste Nachricht von der Verwendung von Büchsen bei einer Belagerung (zumindest für Deutschland) betrifft die Belagerung von Meersburg durch Kaiser Ludwig den Bayern 1334: "Es was och allda etlicher maister, der sant uss schütz uss ainer büchs, die ainen schutzlichen und herten don und klapf hette mit em ussgang des schutz, also das vil menschen bayderlai geschlächt in gehör des schutz unter den beliegern als halbtod und onmächtig vilent uff das ertrich." (Chronik von Dacher, aus Ruppert: Das alte Konstanz, 1891, S. 43.) In Aachen ist der erste Marktbrunnen belegt. Er wird 1620 wegen Baufälligkeit abgerissen werden. In Aachen sind geplasterte Straßen nachgewiesen (wie schon 1265). In Bremen werden im Chor des Doms die Reliquien der Heiligen Cosmas und Damian wiederaufgefunden. Solche Reliquien üben eine überregionale Anziehungskraft aus und bringen der Stadt wirtschaftliche Vorteile. In England wird seit diesem Jahr der Nobel, eine Goldmünze von 7,7 Gramm im Wert von 6 Shilling 8 Pence herausgegeben. Landgraf Heinrich II. von Hessen läßt eine Handschrift des "Willehalm" Wolframs von Eschenbach anfertigen und illustrieren. Bei diesem Exemplar reichen die Fingerspuren der Benutzer nur so weit wie die Bilder des unvollendeten Miniaturenzyklus, d.h. man hat nur die Bilder betrachtet, nicht aber den Text gelesen und wohl noch weniger vorgetragen.

1334/1335
Die Stadt Aachen legt für die Anfertigung von Brandeimern zumFeuerlöschen 32 Mark 7 Schilling aus.

1335
In Zürich verbietet der Rat den Fang von Vögeln, insbesondere von Wachteln, weil diese Mücken und Würmer vertilgen. Ein Klostergut im Artois erreicht für Weizen einen Ernteertrag von 1:15 - ein sehr hoher Wert. Eine Chronik erwähnt für S. Gottardo in Mailand eine Schlaguhr. Diese zeigt erstmals Stunden von gleicher Länge (mit Glockenschlag) an. "was für alle Menschen sehr nützlich ist". Es sind nämlich die mittelalterlichen Stunden je nach Jahreszeit verschieden lang. Wer in Göttingen Mist, Stroh oder Dung liegen läßt, hat mit einer empfindlichen Geldbuße zu rechnen. In Berlin wird der Aufwand von Hochzeitsfeiern beschränkt: Es dürfen höchstens fünf Gänge und 40 Vorlegschüsseln aufgetragen werden. Nach der Limburger Chronik gehen Herren, Ritter unf Knechte noch "alle in langen kleidern, eine grose spanne nedewenig iren knien", d.h. es werden noch lange Gewänder getragen, allerdings bereits aufgeschürzt ("das sie sich ofschorzeten"). Erste Erwähnung eines öffentlichen Bades in der Altstadt von Prag. Die Bürger von Tübingen übernehmen 3000 Pfund Heller Schulden vom Tübinger Pfalzgrafen, wofür sie auf neun Jahre alle Einnahmen der Stadtherren erhalten. Karl I. von Ungarn schließt in Visegrád ein Handelsabkommen mit Böhmen und Polen zwecks Ausschaltung Wiens im Ostwesthandel. Zum wichtigsten Umschlagplatz von Ungarn steigt nun Buda auf.

1336
26. April: Petrarca besteigt den Mont Ventoux (1912 m), einzig aus dem Grunde, "die ungewöhnliche Höhe dieses Flecks Erde durch Augenschein kennenzulernen". In einer Fehde gegen Berthold von Bucheneck setzt die Stadt Straßburg einen Fahnenwagen (carroccio) ein welcher das große Banner der Stadt (Maria mit Kind auf goldenem Grund) trägt. Es ist eine der letzten Erwähnungen von großen Bannern auf Wagen. Die Kontingente der Zünfte erscheinen unter ihren eigenen Bannern. In diesem Jahr setzt die Limburger Chronik des Tilman Elhen von Wolfhagen ein, welche bis 1398 reicht. Sie wird hier öfter zitiert werden, da sie eine ergiebige kulturhistorische Quelle darstellt. "Da man zählet nach Christi geburt tausend dreihundert und sechs und dreißig Jahr auf das Fest Simons und Judä, da war der große Wind. Er tat großen Schaden und warf große Häuser, Schuppen und Türme um und fällte große Bäume in den Wäldern." [Limburger Chronik 1] "2. ln derselben Zeit versorgte der hochgeborene Fürst, Landgraf Heinrich zu Hessen, die Burg Eberstein, gelegen in Sachsen, mit Lebensmitteln. Er hatte bei sich seiner Freunde Ritter und Knechte, mehr denn sechszehn hundert gekrönter Helme, und schlug aus dem Felde mit Macht alle Herzöge von Sachsen und setzte seinen Willen durch. Sie stürmten vor Einbeck und lagen neun Tage im Lande Sachsen. Dieser Landgraf Heinrich war genannt mit Beinamen der eiserne Heinrich und war ein Urenkel der seligen Frau, der heiligen Elisabeth. Seine Mutter war eines Grafen Tochter von Ravensberg aus Westfalen; er hatte eines Markgrafen Tochter von Meißen, und die hatte einen Sohn, der hieß Landgraf Otto, ein gar edler Fürst, wie nachher geschrieben steht, und hatte auch zwei Töchter. Die eine kaufte ein Herzog von Braunschweig, die andere ein König von Krakau. Später hatte dieser König andere Frauen lieber als sie, so daß sie sich nicht mit ihm vertragen mochte, und kam wieder heim zu ihrem Vater nach Kassel. Dort verlebte sie noch etliche Jahre, bis daß sie starb. Dieser Landgraf Heinrich verbesserte gar sehr sein Land mit Land und mit Leuten und richtete auf die Herrschaft von Treffurt, dazu Spangenberg gehört, und andere Schlösser, Leute, Wälder und Gerichte. Diese Herrschaft ist mehr wert als dreimal hunderttausend Gulden. Und hatte er auch die Ritterschaft lieb, darum diente sie ihm auch, wenn er ihrer bedurfte. Und schirmte er damit sein Land mit großer Weisheit. Auch kaufte er die Grafschaft von Ziegenberg mit allem Zubehör, gelegen an der Werra, und kaufte auch die Herrschaft von Romrod, bei Alsfeld gelegen. Er hatte einen Bruder, der hieß Landgraf Ludwig. Der führte Krieg mit ihm um das Land Hessen und kaufte ein Weib, das war eines Grafen Tochter von Spanheim, damit dieser ihm helfe. Während der Zweiung starb er und hinterließ zwei Söhne. Der eine hieß Hermann; der ward ein gewaltiger Landgraf zu Hessen; doch ward es ihm gar sauer gemacht, eh er dazu kam, wie du auch hernach geschrieben findest. Der andere Bruder kam zum Bischof von Magdeburg, seinem Vetter, der wollte ihn zu einem Bischof an seiner Statt machen. Da wurde dieser Landgraf vergiftet." [Limburger Chronik 2] Diese Passage aus der Limburger Chronik soll beispielhaft als Streiflicht aus dem Adel dienen. Auffällig ist dabei, daß Frauen "gekauft" werden. Dies darf nicht zu dem Trugschlusse verleiten, daß etwa Frauen als Ware gegolten hätten (noch dazu Adlige!). Es ist vielmehr ein Synonym für "heiraten", anspielend auf die Kosten, denn an anderer Stelle ist vom "Kauf" von Männern durch Frauen die Rede! Im weiteren Verlauf sei die Chronik hier gekürzt, weil es nicht darum geht, die Lokalgeschichte des hessischen Adels darzustellen. "5. Item in diser zit stunt Limpurg di stat unde di burger in gar großen eren unde selicheit von luden unde von richtome, want alle gaßen und alen waren vol lude unde gudes, unde worden si geachtet, wanne si zu felde zogen, me dan an zwei dusent burger wol bereiter lude mit panzer unde harnasche unde was darzu gehort, unde zu ostern di Godes licham entphingen, di worden geachtet me dan an echte dusent menschen. Nu saltu wißen, weme aiso vil lude sint befolen zu regiren geistlichen oder werntlichen, der darf wol guder sinne unde redelicheit, als da sprichet Aristoteles in dem ersten buche Piliticorum: "Habentes rationem et intellectum utentes, naturaliter aliorum domini fiunt et rectores". Daz saltu also vurstan: Welcher man suchet redelicheit unde ez gebruchen kan, der ist andere lude zu regiren sunder man. Item der stift des guden herren sente Georgen daselbes stunt in großen eren unde herlicheit, also daz he ein recht inkomen hatte von rechter rente unde gulde bi hondert unde zwenzich gulden geldes. Dan der vurgenante stift auch geregirt wart von canonichen, di waren hieiger lude unde ritterskinde." [Limburger Chronik 5] Diese Passage bezieht sich auf die Zeit bis etwa 1340 und soll nur ein Beispiel sein, ohne irgendwelche Besonderheiten Limburgs herauszustellen. Der Bauernaufstand der Armlender wird zum Anlaß genommen, Judenpogrome durchzuführen. Der Dauphin Humbert II. de Viennois legt in einem Erlaß die Speisenfolge für seinen Hofstaat präzise fest. Dabei erhalten in einem Sonntagsmenü (coena) der Dauphin und die Dauphine: je zwei Pasteten, gefüllt jeweils mit einem großen Huhn und zwei Hähnchen; die Barone und hohen Ritter: je eine dieser Pasteten; die niederen Ritter: eine Pastete für ihrer zwei; Schildknappen, Kaplane und niedere Geistliche: je ein Viertelhuhn oder ein halbes Hähnchen und eine Achtelscheibe Schweinefleisch aus der Keule in je einer Pastete für zwei Personen. Das subalteren Personal, das im "tinel", einer Art Gesindestube ißt, bekommt kein Geflügel, sondern pro zwei Personen eine Pastete mit einer Zwölftelscheibe Schweinfleisch aus der Keule. Geflügel gilt als "feiner" und weniger nahrhaft und ist daher dem "untätigen" Adel vorbehalten. Weiterhin haben beim Montagsessen nur der Dauphin und seine Gattin Anrecht auf ein Zwischengericht (hier: Kapaun), während die anderen Gäste sich mit zwei Gerichten begnügen müssen. Der Straßburger Autor Philipp Colin fordert für die Abfassung des "Niuwen Parzefal" ein Honorar von 200 Pfund. Dafür bekäme man in Straßburg drei bis vier Häuser. Dies ist die einzige exakte Angabe für die Kosten eines Romans aus dem deutschen Mittelalter. Es sind aus dem ganzen 14. Jahrhundert nur noch drei von Adligen in Auftrag gegebene Romane überliefert - gegenüber etwa 50 aus dem 13. Jh. Nach 1336 tritt für etwa 100 Jahre eine Pause in der Geschichte des deutschen höfischen Romans ein. Offenbar hat der Adel in dieser Zeit nicht die Mittel dafür bzw. andere Interessen.

1337
Die Synode von Köln spricht sich gegen Kleider aus, die aus verschiedenen Farben und Figuren zusammengesetzt, schachbrettartig gemustert oder gestreift sind, aus Seidenstoffen und anderen Geweben bestehen oder Ärmel von anderer Farbe aufweisen. In Tübingen wird eine Badstube erwähnt. Ludwig IV. verleiht der Stadt Reutlingen das privilegium fori, mit dem die Stadt wesentliche Teile der Gerichtsbarkeit erhält. Es erscheint das "Schachzabelbuch" des Armeleut-Priesters Konrad von Ammenhausen aus Stein am Rhein, eine Ständesatire. 3. Juni: Der Moskauer Kreml brennt erneut ab (Teile der Stadt gleich mit). Tod Giottos. Philipp VI. von Frankreich erklärt Aquitanien für beschlagnahmt, worauf Edward III. von England sich "rechtmäßiger König von Frankreich" nennt und den Krieg vorbereitet. Er verbietet in England bei Todesstrafe jeden Sport außer dem Bogenschießen und erläßt denjenigen Handwerkern die Schulden, welche Bogen und Pfeile herstellen. Beginn des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich (mit Unterbrechungen bis 1453). Beispiel für die Aufgebote französischer Städte: Rouen stellt 200 Mann, Nimes 95 Reisige, Narbonne 150 Bogenschützen. Die französischen Bogenschützen spielen im ganzen 14. Jh. keine bedeutende Rolle, wahrscheinlich deshalb, weil die Ritter sich - aus Herablassung - nicht mit ihnen abstimmen.
1337/1338: Der englische König gibt für seine "Great Wardrobe" bereits kurze Kleidung in Auftrag.
Bis 1344: In Oxford erfolgt die erste regelmäßige Wetterbeobachtung, allerdings noch ohne Messungen. Es wird dadurch entdeckt, daß man herannahendes Regenwetter daran erkennen kann, daß die Kirchenglocken auf weitere Entfernung hörbar sind.

1338
Der Rat von Freiburg i. Br. erläßt, daß niemand ein Schauspiel aufführen dürfe, in welchem die Juden verunglimpft werden würden. Es hat nämlich hier kurz zuvor, ausgelöst durch ein Passionsspiel, Judenverfolgungen gegeben, die von einem gewissen König Armleder angeführt worden sind.
31. Oktober: Papst Benedikt XII. sendet eine Bulle an den Erzbischof von Toulouse, weil sich die Aussätzigen der Region an ihn gewandt haben, um die Rückgabe ihrer konfiszierten weltlichen Güter zu erwirken. Der Papst fordert den Bischof auf, dies zu tun, da die Leprösen laut richterlichem Urteil für "harmlos und unschuldig" an denen ihnen angelasteten Untaten seien. Offenbar hat man ihnen ihre Güter aber dann doch nicht zurückerstattet. Florenz hat 90000 Einwohner und sechs kaufmännische Bildungsschulen mit 1000 bis 1200 Schülern. Universität Pisa gegründet. Boccaccios "Filostrato" erscheint. England verbietet die Ausfuhr von Wolle. Erste Folterung in der "Fragstatt" zu Regensburg erwähnt. Markgraf Friedrich II. von Meißen läßt in Nachahmung des Böhmischen Groschen (seit 1300) den Meißner Groschen prägen. Diese Münze wird in Franken und Norddeutschland "Schilling" genannt. Im abgelegenen Aitterwanch (Tirol) wird ein Wildbad gebaut – eine frühe Erwähnung, denn Wildbäder kommen erst im 15. Jh. in Mode. Zwei "Kirchenrektoren" verbünden sich mit zwei Rittern und "einer großen Menge Landvolk" gegen den Bischof von Konstanz. Einige aus dessen Gefolge werden verwundet und er selbst ins Gefängnis geworfen.
Bis 1360: Aus dem Nürnberger Ärzte- und Apothekereid: Arme und Reiche sollen ohne Unterschied mit Arzneien versorgt werde. Ohne Vorwissen des Arztes darf kein Austausch ("quid pro quo") erfolgen und die Preise sollen mäßig sein. Ärzte müssen alle Krankheiten betreuen, sollen ein bescheidenes Honorar fordern und dürfen keine Arzneien herstellen. Die Berufe Arzt und Apotheker sollen getrennt sein.

1339
Erneute Erwähnung einer Genossenschaft fahrender Schüler in Worms. Eine Kleiderordnung in Köln schreibt den "gemeinen frawen" vor, rote Schleier zu tragen, damit "man si kente vor andern frawen". Universität von Grenoble gegründet.
22. Februar: Der Rat von Venedig verbietet (im Karneval) das nächtliche Herumtreiben unter Masken. Die Metzger von Prag bilden eine Zunft. König Johann von Böhmen tritt den königlichen Erlös aus dem Weinzoll an die Stadt Prag ab, damit weitere Straßen gepflastert werden können. Das Amt des Dogen von Genua wird erblich. Der profranzösische Graf von Flandern, Ludwig von Nevers, muß nach Frankreich fliehen. Flandern gerät unter die Kontrolle des ehrgeizigen Kaufmanns Jakob von Artevelde, des Anführers der Aufständischen, die den Grafen geschlagen und vertrieben haben. Er verschreibt sich der Sache der flämischen Textilproduzenten, die ein Bündnis mit England anstreben. Britischer Staatsbankrott. Edward hat den Krieg durch Kredite finanziert, besonders bei den florentinischen Bankiers Bardi und Peruzzi.

1340
In der ältesten erhaltenen Stadtrechnung von Lüneburg sind "figellatores civitatis" bezeugt (fest angestellte Musikanten). Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes: Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Löbau und Kamenz. Ihr wichtigstes Gewerbe ist die Tuchmacherei. Der Bund ist gegen den Niederadel gerichtet. Altes Rathaus in Nürnberg fertiggestellt. Lübeck erhält als erste Stadt im Reich das Privileg, goldene Münzen zu prägen. Auch Frankfurt wird (auch jetzt schon?) dieses Privileg zuteil. Auszug aus den Göttinger Statuten: "Van den husen to deckende. Vortme we eyn nyge hus buwet, de scal dar enne hert up slan eder scal oth decken mit teygele eder mit scheverstene; des dakes scal de stat den verden del bekostechen. Ouch mach de rad in jowelkem burschoppe beden jo des jares eyn hus to deckende mit teygele eder mit scheverstene eder mit eyme herde." (Förderung von Steinbauten; städt. Zuschuß von 25% auf Ziegel- oder Schieferdächer) In Göttingen wird der Bauabstand zwischen Koben (Ställen) und auch Kloaken zum Nachbarn reglementiert. Dabei werden überirdische und unterirdische Kloaken erwähnt. Die Bauweise der oberirdischen Kloaken ist nicht bekannt; die unterirdischen bestehen aus einem gemauerten Schacht (rund oder eckig) mit einem hölzernen Überbau und zum Teil mehreren Sitzlöchern. Holzbauten haben einen Zwischenraum zum Haus, während Steinbauten direkt ans Haus angebaut sind. In geringem Umfang landen in den Kloaken auch Haushaltsabfälle und Werkstattreste. Stadtrecht von München: "Ain frau, die zu margt stet und diu chauft und verchauft, die hat ellew (alle) recht, die ir wirt (Gemahl) hat." Das Wiener Stadtrecht verbietet den "freien Töchtern" die Heirat. Die Rheinbrücke von Basel wird beschädigt. In Italien wird die angeblich erste Papiermühle auf dem europäischen Festland eingerichtet. Die Müller von Prag bilden eine Zunft. Der Rat von Prag erteilt einem gewissen Heinrich Nithart den Auftrag, ein Jahr lang die Straßenreinigung zu übernehmen. Alfons XI. von Kastilien stiftet nach dem Sieg über die Mauren bei Salado ein Kloster in Guadalupe, an einem Ort, an welchem im frühen 14. Jahrhundert ein Hirte ein angeblich vom heiligen Lukas geschaffenes schwarzes Madonnenbild gefunden haben will. Bei Sluis (Sluys) kommt es zur Seeschlacht zwischen Engländern und Franzosen. Die Engländer verfügen über 147 Schiffe unter Edward III. selbst, während die Franzosen über 190 verfügen. Beide Flotten bilden je drei Einheiten, aber während die Engländer beweglich bleiben, schließen die Franzosen ihre Schiffe zu drei schwimmenden Plattformen zusammen. Zwei von drei englischen Schiffen sind mit Langbogenschützen bewaffnet, die die Schlacht entscheiden, indem sie die Franzosen unter Deck treiben und mit breiten Pfeilspitzen deren Takelage zerschießen. Die Franzosen verlieren sieben Achtel ihrer Schiffe und drei Viertel ihrer Mannschaften. Das Gefecht soll acht Stunden gedauert haben. Zunächst wagt es niemand, Philipp VI. den Schlachtausgang zu berichten, nur sein Hofnarr soll gerufen haben: "Oh, diese englischen Feiglinge! Was für Feiglinge die Engländer doch sind!" - "Sie sind nicht über Bord gesprungen wie unsere tapferen Landsleute!" Es heißt, die Fische hätten soviel französisches Blut getrunken, daß sie französisch gesprochen hätten, hätte Gott ihnen die Gabe der Rede verliehen. Edward kann jedoch aus Mangel an Landtruppen diesen Sieg nicht ausnutzen. Er schließt jedoch einen Vertrag mit dem flandrischen Anführer Jakob van Artevelde, um ein Sprungbrett zum Kontinent zu haben. John of Reading stellt fest, England sei in der Kleidermode jedoch dem französischen Einfluß unterlegen.
Ca.: Ein Thüringer, dem das Mainzer Domkapitel Geld schuldet, droht damit, er wolle das Siegel des Domkapitels auf der Schuldurkunde zu Wachskerzen für eine Henkershochzeit einschmelzen lassen, was den Domherren zur Schmach gereichen soll.
Ca.: In Nürnberg werden überall dort, wo es das Gelände zuläßt, erste steingedeckte Dollen (gewölbte Kanäle) angelegt, um darin das gesammelte Abwasser in die Pegnitz zu leiten.
Ca.: Vollendung der "Großen Heidelberger Liederhandschrift" (Codex Manesse).
Nach 1340 gibt es in England keine Feudalarmee mehr. Neben ausländischen Söldnern stehen alle Soldaten unter Vertrag und dienen unter Berufsoffizieren. Etwa 10000 Geißler gehen im Raum Cremona umher. Anstifterin soll ein schönes Mädchen gewesen sein, in dem man bald die Bettgenossin eines berüchtigten Mönches entdeckt. Beide sollen verbrannt werden, aber die Herren von Gonzaga befreien sie.
1340 oder 1341: Lübeck erhält das Recht, bis zu einem bestimmten Wert Silbermünzen und - als erste deutsche Stadt - auch Goldmünzen zu prägen.
Ca., bis 1430: Die kennzeichnende Form des Schleiers in der Frauentracht ist in Deutschland der meist aus Seide oder Leinen gefertigte Kruseler, so genannt, weil mindestens seine das Gesicht rahmende Kante mit mehreren gekrausten Rüschen besetzt ist.
Ca.: Schätzungen für die Bevölkerung Europas:
Gesamt: 53,9 Mio;
Iberische Halbinsel: 9 Mio;
Frankreich: 6 Mio;
Italien: 9,3 Mio;
Britische Inseln: 5 Mio;
Deutschland und Skandinavien: 11,6 Mio. [J. C. Russel, Bevölkerung. In: Lexikon des Mittelalters 2, 1983, Sp. 14]
Ca.: Ausbruch der Pest am zentralasiatischen Balchaschsee, besonders unter den Christen, welche dadurch in dieser Gegend ihre Bedeutung verlieren Entweder sind sie urbaner bzw. seßhafter als Andersgläubige oder einfach nur durch Grabinschriften besser dokumentiert. Die Pest breitet sich nun aus (Die gleiche übrigens wie im 7. und 8. Jh.).
1340/1350: Entstehung eines Medaillons (heute im Kunstgewerbemuseum Berlin-Charlottenburg), welches folgende Aufschrift zeigt: Auf der Vorderseite Maria mit vier Engeln, Spruchbänder: "FROU SANTT MARIA ICH BIT DICH DURCH DER ENGEL GESANG HILF DES DICH DER RITTER BIT UND ER MANT"; auf der Rückseite Christus thronend und umgeben von drei Evangelistensymbolen, Spruchbänder: "HER GOT DURCH DIN TOT HILF DISSEM RITTER US ANGST UND US ALLER NOT".

1341
Vor 1341 entsteht eine französische Variante des Fuchs-Romans (Roman de Renard le Contrefait); in diesem entrüstet sich der Autor über das in Freudenhäusern übliche Würfel-, Karten- und Brettspiel – eine frühe Erwähnung des Kartenspiels. In Köln wird erstmals ein Karnevalsumzug erwähnt. Aus der Ordnung der Regensburger Bäckerzunft: In der Zech (zünftische Zusammenkunft) soll man "sweigen vnd zühticleich darinn sitzzen vnd chain man sol nicht reden in der zech vnd hat er icht zu reden, so sol er der zechmaister ainen nemen, der im sein sach red an seiner stat. Teet er dez nicht, so muos er ainen vyerdung wachs ze wandel geben... Auch sein wir ze rat worden vnd vberain chomen, welhi fraw ain witib ist, Sie sey ains pekchenknehtz witib oder sunst ains vnsers pruders witib, die vnser pruoderschafft haben wil, die soll all Cottemper [alle Vierteljahr] geben in die pruoderschafft drey Regensburger pfennig vnd sol darinn erscheinen. Vnd ob dew selb fraw einen man nimmet, der in vnserer pruoderschafft nicht ist, vnd ob der selb vnser prüder werden wil, so sol man in ze pruoder nemen vnd sol die pruoderschafft chauffen nach der zechmaister vnd der prüder rat... Wir sein auch vber ain chomen mit gemainem rat, welher pruoder in vnserr pruoderschafft chinder hat, die zuo iren tagen vnd iaren chomen sind, die weil dew selben chind in seinem prot sind, so ist man in der pruoderschafft schuldig. Wirt ez aber verheirat oder chömpt es aus seinem prot, So ist man im der pruoderschafft nicht mehr schuldig, Ez gewinn si dann." Kleve erhält eine Stadtmauer. In Rom wird Petrarca zum Dichterkönig gekrönt.

1342
In Florenz übernimmt Walter de Brienne die Macht. Nach Giovanni Villani (Cronica 12) soll durch ihn, bzw. seine französische Leibgarde die französische Mode nach Florenz gekommen sein. Der Erzbischof von Canterbury beklagt, daß sich der Klerus wie die Laien kleidet, mit rot und grün karierten Mänteln, eng anliegend und mit besonders weiten Ärmeln mit Pelz- und Seidenbesatz, mit Hüten und Stolas "von erstaunlicher Länge", mit spitzen und geflochtenen Schuhen und juwelenbesetzten Gürteln mit goldenen Taschen. Sie mißachten die Tonsur, tragen Bärte und lange Haare, "zum tiefen Entsetzen des Volkes". Einige halten sich Narren, Hunde und Falken, einige reisen mit Ehrengarde im Land umher. Vogt und Rat von Schaffhausen verordnen, daß Schindeldächer mit Nägeln und nicht mit Steinen befestigt werden müssen. Brand in Limburg (an der Lahn): "Item da man schreip dusend druhondert unde zwei unde virzich jar uf sente Bonifacien dag da vurbrante di stat binahe halber." [Limburger Chronik 6] In München wird die Verwendung von leicht brennbarem Material zum Dachdecken verboten. In Göttingen gewährt der Rat für ein neues Ziegeldach den vierten Teil der Kosten als Zuschuß. In Würzburg läßt der Rat ein "neues Eisen" anfertigen, d.h. ein Model aus Eisen für die Form und Größe der Ziegel. Wer kleinere Ziegel herstellt, muß eine Buße von einem Schilling Pfennig pro 100 Ziegel zahlen. Die erste Apotheke von Wien befindet sich "under den goltsmiden an dem ekke, gegen sant Stephans freithof über".
Februar: Die steinerne Judithsbrücke in Prag wird durch Eisgang irreparabel beschädigt. Man behilft sich nun eine Zeitlang mit einer provisorischen Holzkonstruktion, die in die Obhut der Ritter vom Kreuz mit dem roten Stern gegeben wird, welche einen Brückenzoll erheben, der für einen Neubau verwendet werden soll. Die Pfalzgrafen Götz und Wilhelm von Tübingen verkaufen ihren gesamten Besitz, darunter auch die Stadt Tübingen, an Graf Ulrich III. von Württemberg. England und Frankreich schließen einen Waffenstillstand, wodurch der Hundertjährige Krieg unterbrochen wird. Die Mauren setzen bei Algeciras Feuerwaffen ein.

1343
Seit 1321 hat es in Forez sieben Hungersnöte gegeben. Nach Cola di Rienzo soll sich in Rom vor 1343 die Kleidung plötzlich verändert haben. Erste Darstellung des Bottichstechens. Bei diesem Spiel sitzt der Spieler auf einem Wägelchen oder Schlitten und wird unter einem wassergefüllten Gefäß hindurchgezogen, welches auf einem dicken Brett steht. Dabei muß er mit einem Stab genau ein Bohrloch im Brett treffen, sonst fällt das Gefäß um und durchnäßt ihn. In Florenz kontrollieren städtische Beamte die Kleidertruhen in den Häusern und legen Verzeichnisse an: Fast alle Damen besitzen Kleider aus verbotenen Stoffen. Die Stadt Nürnberg verbietet ihren Bürgern, Schellen zu tragen. In Dortmund werden Haus- und Hofbesitzer zum Anbau von Laubbäumen verpflichtet, wobei Wildlinge ausgegraben und an gewünschte Stellen gesetzt werden. Beispiel für Heiratszwang in einem Weistum der Propstei Weitenau: "Der Probst soll jedem 18-20jährigen Gotteshausmann gebieten, ein Weib zu nehmen, bei Strafe von einem Pfund Pfennig. Der Probst soll jedem 14jährigen Gotteshausmädchen gebieten, einen Mann zu nehmen, bei Strafe von einem Pfund Pfennig. Witwen und Witwer, die vom Gotteshaus belehnt sind, kann der Probst zwingen, sich wiederzuverheiraten." Die ist ein für mittelalterliche Verhältnisse ungewöhnlich niedriges Heiratsalter (im Gegensatz zu einer populären Auffassung). Die Rheinbrücke von Basel wird beschädigt. Limburg erhält einen Stadtgraben: "6. ...Item darnach ober ein jar oder darbi da wart der nuwer grabe ußwendig Limpurg an Castelle von Mentzer porten an bit an di lane beleidet unde von dem edilin herren Gerlache herren zu Limpurg vurgenant unde gemachet in ein festunge der vurgenanten stat Limpurg. 7. Item in der selben zit da wart ein krig mit der stat zu Limpurg unde dem edilin greben zu Ditze [Dietz], unde enhatten doch kein vede mit ime. Dan di stat zu Limpurg einen gefangen hatten, der was ein hantwerksman, und furten den zu Limpurg. Da folgete der selbe grebe nach mit sinen frunden unde griffen die von Limpurg an unde si wider an in. Da wart he wunt unde reit heim unde starp. ... 8. Item da man schreip dusent druhondert unde vir unde virzich jar des sondages nach pingesten da wart di herschaft unde stat zu Limpurg halp vursast [versetzt] bischofe Baldewine erzebischofe zu Trier unde dem stifte daselbes umbe eine somen geldes nach ußwisunge der bribe di darober gegeben sint. 9. Item in der selben zit unde jare uf sente Jacobes dag des heiligen apostelen gelegen in dem erne da was große flut unde waßer uf erden, daz großer unsegelicher jamer unde schaide geschah von der flut. Unde hatte nit sere geregent oder waßer gafallen zu der zit, also daz ez von wunderlicher godesgewalt was unde quam, daz di waßer also groß waren. Auch mit namen zu Limpurg, da ging di Lane bit ober di Schoppen, daz man mit nachen allenthalben darober fur. Unde ist dit di erste waßerflut die den alden luden indenklich ist." [Limburger Chronik]
Im Dortmunder Forst wird eine Eichenpflanzung zerstört - dort ist demnach aufgeforstet worden. In Goslar führt der Augenarzt Meister Jan Operationen durch.
12. Dezember: Ludwig der Bayer unterzeichnet eine Urkunde mit der ersten schriftlich fixierten Verfassung der Stadt Reutlingen. Der Rat der Stadt besteht danach aus zwölf Richtern und den jährlich neu gewählten acht Zunftmeistern. König Robert von Neapel (bzw. Anjou), ein glühender Anhänger des Papstes, stirbt. Es heißt von ihm, unter seiner Herrschaft hätten quasi paradiesische Zustände geherrscht und man hätte unbewaffnet durch Apulien und Kalabrien reisen können, nur mit einem Knüppel, um sich der Hunde zu erwehren. Die byzantinische Kaiserin Anna muß die Kronjuwelen an die Venezianer verpfänden.

1344
Erdbeben in Lissabon und Konstantinopel.

1345
In Florenz gehen die Banken der Bardi und Peruzzi bankrott, die König Edward III. von England 900000 bzw. 600000 Florin geliehen und nicht zurückbekommen haben. Weitere Florentiner Banken, evl. auch in anderen Städten werden in Mitleidenschaft gezogen, doch bleibt das Bankwesen an sich intakt. In Florenz verschwindet fast das ganze Silbergeld vom Markt.
Juli: Jakob van Artevelde wird gestürzt: Er hat mit seiner Finanzierung des englischen Königs das flämische Ehrgefühl verletzt und vorgeschlagen, daß Edward, der Prince of Wales (der spätere Schwarze Prinz), den ältesten Sohn des Grafen von Flandern, Ludwig von Male, als Erben und Regenten von Flandern ersetzen soll. Zudem hat der Papst auf Druck Philipps VI. die flämischen Städte exkommuniziert. Außerdem wird Artevelde verdächtigt, Gelder unterschlagen zu haben. Eine erzürnte Menge folgt ihm zu seinem Haus und verlangt Rechenschaft über alle flandrischen Gelder. Er verspricht dies für den nächsten Tag und will durch den Hintereingang fliehen, aber ein Mob aus 400 Menschen bricht die Tür auf und erschlägt ihn. Flensburg wird befestigt. In Stettin werden zwei Bürgermeister erwähnt, die auch im Stadtrat sitzen. In Steyr werden Juden erwähnt (offenbar erstmals). Ein Hostienwunder läßt Amsterdam zum Wallfahrtsort werden. In zwei Jahren wird dafür eigens eine Kapelle gebaut werden.

1346
Baubeginn des dritten Mauerrings von Nürnberg. Die Hammermeister (Inhaber von Hammerwerken für Eisen) der Oberpfalz bilden eine Hammereinung. Hier werden verbindliche Absprachen über Preise und Qualitätsnormen, Arbeitsbedingungen und Löhne sowie die Kennzeichnung von Produkten treffen. In der Oberpfalz liegt die Organisation des Bergbaus ausschließlich (außerhalb: überwiegend) in den Händen der führenden Bürgerkreise. Die Hammerwerke, welche Roheisen in Form von Schienen oder Stäben (Halbfertigfabrikate) erzeugen liegen nahe den Lagerstätten und an Wasserläufen (wegen Wasserkraftbetrieb der Hämmer). Die wirtschaftliche Basis bilden oft Grundherrschaften der Hammermeister (Hammergüter), welche dem lokalen Adel oder den reichsstädtischen Patriziern (etwa von Nürnberg) gehören, und vielfach steigen die Hammermeister in diese Schicht auf. Diese Leute sind häufig auch im Eisenhandel und im Transportgewerbe tätig.
10. August: Aragon schickt eine Expedition zur Umschiffung Afrikas aus. Jaime Ferrer aus Mallorca verläßt mit der 'Uxor' Barcelona und gelangt vermutlich bis zur Mündung des Senegal. Von einer Rückkehr ist nichts bekannt. Bei Crécy unterliegen die französischen Ritter den englischen Langbogenschützen. Hier werden auch erstmals in einer größeren Schlacht Kanonen erwähnt [die aber keinerlei Einfluß auf den Verlauf der Schlacht haben, wie verschiedentlich kolportiert wurde, sondern lediglich die Pferde der französischen Ritter für eine Weile erschrecken]. Die englischen Langbogenschützen erhalten hier für lange Zeit den Ruf einer Wunderwaffe, während der bisherige Ruhm der genuesischen Armbrustschützen (die von den französischen Rittern der eigenen Seite z.T. achtlos niedergeritten worden sind) sinkt. Frankfurt hat eine Malerin.

1347
Kaffa (heute Feodosia auf der Krim), in Besitz Genuas, wird im Frühjahr (wie öfters) vom Tatarenkhan Djam Bek belagert, in dessen Heer die Pest ausbricht. Bevor er abzieht, läßt er noch einige Pestleichen über die Mauern werfen, die prompt ihre Wirkung tun. Sommer: Die Pest erreicht Konstantinopel. Ende September: Die Pest erreicht Messina.
Oktober: Pest auf Sizilien und in der Basilikata. Hungersnot in Paris und Florenz. Antwerpen hat 5000 Einwohner. Das Stadtrecht von München stellt jenen eine finanzielle Unterstützung in Aussicht, die ihre Häuser mit Ziegeln zu decken beabsichtigen. Speyer: "Wir, der Stadtrat von Speyer, erfuhren, daß während des in unserer Stadt vor sich gehenden verwerflichen Würfelspiels Unser Herr durch arge, unziemliche Flüche gelästert wird, weshalb wir beschlossen, auf dem Gebiet unserer Stadt und deren Umgebung ausnahmslos jedermann das Würfelspiel zu verbieten." Bei Zuwiderhandlung droht Geldbuße. In Nürnberg werden vier "Aufmacherinnen" und ein Gastwirt wegen Kuppelei befristet aus der Stadt gewiesen. "10. Da man schrieb 1347, da wurden die von Koblenz jämmerlich erschlagen und niedergeworfen bei Grenzau, und blieben ihrer tot 172 Mann, und wurden ihrer viele gefangen. Und das tat Reinhart, Herr zu Westerburg. Dieser Reinhart war ein edler Ritter von Leib, von Sinn und von Gestalt. Er ritt oft im Gefolge Kaiser Ludwigs, sang und machte dieses Lied:

"Wenn ich durch sie den Hals zerbräche,
Wer rächte mir den Schaden dann?
So hätt' ich niemand, der mich räche;
Ich bin ein ungefreund'ter Mann!

Drum, so muß ich selber warten,
Wie es mir gelegen sei.
Ich hab nicht Trostes von der Zarten,
Sie ist in ihrem Herzen frei.

Will sie mich nicht, die werte Reine,
Wohlan, so muß ich Urlaub han.
Denn ihre Gnade acht ich kleine,
Sieh, das laß ich sie vetstahn."

Als der vorgenannte Kaiser Ludwig das Lied gehört hatte, tadelte er den Herrn von Westerburg und sagte, er wolle es der Frauen halber gebessert haben. Da nahm sich der Herr von Westerburg eine kurze Zeit und sagte, er wolle es für die Frauen besser machen und sang das Lied :

"In Jammers Not ich ganz verstoßen bin
Durch ein Weib so minniglich" usw.

Da sprach Kaiser Ludwig: "Westerburg, du hast es uns nun wieder gebessert"." [Limburger Chronik 10]
Kaiser Ludwig der Bayer (65) stirbt. "12. In dieser Zeit, etwa ein Jahr danach, wurden zwei Römische Könige gekürt und erwählt von den Kurfürsten. Eine Partei wollte haben des blinden König Johanns Sohn von Böhmen, von dem auch vorher geschrieben steht; die andere Partei wollte haben einen Grafen von Schwarzburg aus dem Thüringerland, namens Günther. Und kurz nach der Wahl, als man nach der Gewohnheit des heiligen Reiches sollte vor Frankfurt lagern, da ward König Günther vergiftet, daß er starb. Das tat ein Arzt, der war genannt Freidank, und dem sollte dafür das Bistum Speyer versprochen sein, wie überall verlautete. Doch mußte dieser Freidank denselben Trank antrinken, den er dem König geben woute, darin das Gift war. Und er starb mit dem König. Der König Günther aber hätte der Lehre folgen sollen, wie sie der weise Cato seinem Sohn gab: "Consilium arcanum tacito committe sodali. Corporis auxilium medico committe fideli." Das lautet also: Du sollst deinem verschwiegenen Gefährten den geheimen Plan sagen und deinem getreuen Arzt die Nöte deines Körpers klagen. Und König Johanns Sohn von Böhmen, genannt Karl IV., blieb Römischer König und ward richtiger Kaiser. Dieser Karl war weise und sehr gelehrt, so daß er die Disputationen der Magister zu Prag besuchte und sich darin gut zu finden verstand. Er hatte einen Meister, der ihn zur Schule führte; dem schlug er ein Auge aus, um ihn zu strafen. Das machte er wieder gut und machte ihn zum Erzbischof von Prag, später zum Kardinal. Karl regierte und herrschte wie ein Löwe mehr denn dreißig Jahre, wie denn seine Taten in den nachfolgenden Jahren hernach geschrieben stehen. 13. Nun sollst du wissen, alles was hernach nach dem Datum unseres Herrn Jesu Christi, nämlich 1347, bis daß man schreiben wird das Jahr 1402, das ist alles zu meinen Tagen geschehen, und habe ich das mit der Hilfe Gottes wohl gesehen und gehört von meinen Kindestagen an bis heute und was ich jung vernahm und gesehen habe, soweit es erwähnenswert ist, das habe ich von der Zeit, daß ich dreißig Jahre alt war, hernach alles geschrieben." [Limburger Chronik 12 - 13]
Neuer König wird Karl IV. (bzw. 1346) Erster Seeversicherungsvertrag in Italien. Die Engländer erobern Calais. Sie müssen Verstärkung und Nachschub aus England holen, wo die Beschlagnahme von Getreide und Vieh wirtschaftliche Härten erzeugt und die Übernahme von Handelsschiffen den Wollexport ruiniert und das Steueraufkommen senkt. In Frankreich wird eine Verordnung gegen das Fluchen erlassen. Der byzantinische Kaiser ist so verarmt, daß er seine Hochzeit mit Tongeschirr feiern muß. Es werden die Jahreseinküfte der genuesischen Kolonie in Galata als siebenmal so hoch wie diejenigen Konstantinopels eingeschätzt.

1348
Januar: Erdbeben in ganz Europa, von Griechenland bis Deutschland.
Januar: Die Beulenpest erreicht Tunis. Gleichzeitig wütet sie in Rom und Florenz. Juni bis August verbreitet sie sich in Burgund, der Normandie, Paris, Bordeaux, Südengland, der Schweiz und Ungarn. In Barcelona bricht sie aus und wird erst in 306 Jahren dort endgültig verschwinden; in dieser Zeit herrscht während 49 Jahren Pest in Barcelona; bis zum nächsten Jahr sinkt die Bevölkerungszahl von 240000 auf 27000.
14. April: In Toulon, wo bereits die Pest herrscht, wird das Judenghetto gestürmt und geplündert und etwa 40 Juden im Schlaf ermordet. Die Verantwortlichen werden drei Jahre später begnadigt. Ähnliche Vorfälle finden bis Mai in Hyeres, Riez, Digne, Manosque und Forcalquier statt.
17. April: Datierung eines Antwortschreibens aus Narbonne auf eine nicht mehr erhaltene Anfrage aus dem von der Pest noch nicht betroffenen katalonischen Gerona, was denn die Ursachen dieser Krankheit seien (zit. n. C. Ginzburg, Hexensabbath): "Seit der Fastenzeit hatte die Pest in Narbonne, Carcassonne, Grasse und den umliegenden Ortschaften gewütet und ungefähr ein Viertel ihrer Einwohner hingerafft. In Narbonne und an anderen Orten hatte man Arme und Bettler unterschiedlicher Herkunft festgenommen, da sie Pulver bei sich trugen, das sie in Wasserstellen, Speisen, Häuser und Kirchen streuten, um den Tod zu verbreiten. Einige hatten freiwillig gestanden, einige unter Folter. Sie hatten erklärt, das Pulver zusammen mit Geld von Personen erhalten zu haben, deren Namen sie nicht kannten: Dies hatte den Verdacht erweckt, die Anstifter seien Feinde des Königreiches Frankreich. In Narbonne hatte man vier geständige Schuldige mit glühenden Zangen gezwickt, gevierteilt, verstümmelt und schließlich verbrannt. In Carcassonne waren fünf davon hingerichtet worden, in Grasse zwei; viele waren festgenommen worden. Einige Gelehrte - so hieß es weiter im Brief - seien der Ansicht, die Pest habe natürliche Ursachen, nämlich die derzeitige Konjunktion der beiden regierenden Planeten; sie jedoch glaubten, daß Planeten und Pulver gleichermaßen die Pest verursacht hätten. Der Brief schloß mit dem Hinweis, daß die Krankheit ansteckend sei: Diener, Gesinde und Verwandte des Opfers stürben in der Regel binnen drei oder vier Tagen."
27. April: Ein Anonymus aus Avignon berichtet, bei einigen "Elenden" sei Pulver gefunden worden. Weil sie dieses angeblich in die Wasserstellen gestreut hätten, seien sie zum Tode verurteilt worden. Weitere Verbrennungen fänden derzeit statt. Ob dies zu Recht geschehe, wisse Gott allein. Es finden sich die gleichen Mechanismen wie schon 1321.
16. Mai: In La Baume werden alle Juden umgebracht.
17. Mai: In Barcelona artet ein banaler Streit um die Bestattung eines Pestopfers in ein Massaker unter den Juden aus. Ähnliches findet in den nächsten Monaten in weiteren Städten Kataloniens statt.
Juli: Die Pest erreicht Trient, von wo aus sie sich nach Kärnten und zum Inntal hin ausbreitet.
6. Juli: Papst Clemens VI. erläßt eine Bulle, nach welcher die Pest ein Produkt aus Sternkonstellation und göttlicher Rache ist. Juden sind danach nicht verantwortlich.
Juni/August: Pest in Bordeaux, Lyon, Paris, Burgund und Normandie. Von dort erreicht sie Südengland. Als die Schotten davon erfahren, stellen sie ein Invasionsheer zusammen "und lachten über ihre Feinde" - was ihnen im kommenden Jahr vergehen wird.
16. Oktober: In einer weiteren Bulle wendet sich Papst Clemens VI. gegen den Vorwurf, die Juden hätten die Pest erzeugt. Zum einen sterben sie selbst daran und zum anderen bricht die Pest auch dort aus, wo es keine Juden gibt.
Oktober: Philipp VI. von Frankreich bittet die medizinische Fakultät der Universität von Paris um einen Bericht über die Pest. Diese macht eine Dreierkonstellation aus Saturn, Jupiter und Mars am 20. März 1345 verantwortlich, die in 40 Grad zu Aquarius stehen. Dies wird als offizielle Begründung anerkannt und vielfach zitiert. In Freiburg im Breisgau werden (angeblich alle) Juden verbrannt; ähnliches geschieht in anderen rheinischen Städten, in Straßburg angeblich 2000.
1. November: Verseuchte Schiffe, denen das Anlaufen Genuas verweigert worden ist, erreichen Marseille. Kurz darauf sterben der Bischof und alle Domherren, während vollgeladene, aber menschenleere Geisterschiffe vor dem Hafen treiben.
Als die Pest Oberdeutschland (und die Schweiz) erreicht (bis 1349?), werden die Juden der Brunnenvergiftung bezichtigt und in Konstanz, Zürich, Winterhur, Schaffhausen, Diessenhofen, Saulgau, St. Gallen und Überlingen verbrannt. Nach unverbürgten Angaben soll es im Hegau eine eigene Judenstadt zwischen Eigeltingen und Honstetten gegeben haben, die in diesem Jahr im Rahmen der allgemeinen Judenverfolgungen zerstört worden sein soll. Ihre Einwohner sollen ermordet worden sein. Damit ist eine Vorburg der Tudoburg gemeint. In Prag entsteht die Korporation der Maler und Schildermaler, anfangs im Charakter einer religiös-karitativen Bruderschaft, die später immer mehr Zunftcharakter annimmt. "Hewschrecken vnd gewürme an zal vom auffgang bis zum nidergang wie ein dicker wolck den himel vberziehende haben diser zeit alle krewter vnd frucht der erden verösigt. vnnd nach zerstörung vnd gestanck derselben ein grawsame pestilentz geursacht." [Schedelsche Chronik, 1493] Gründung der Universität Prag. Aufkommen der Waidmühle. In Frankfurt sind von der Stadt fest angestellte Pfeifer bezeugt. Handwerkeraufstand in Nürnberg. In Köln wird der Fleischverkauf nach Gewicht eingeführt. Düsseldorf fällt durch Erbschaft an die Grafschaft Jülich.

1349
1. Januar: Die Pest erreicht Pisa.
25. Januar: Über Ragusa hat die Pest Venedig erreicht. Erneuter Ausbruch der Pest in Paris. Sie verbreitet sich in Picardie, Flandern und Niederlanden, ebenso in England, Schottland, Irland und Norwegen. In Paris sterben täglich 800, insgesamt 50000. Nürnberg und Würzburg bleiben von dieser Pestwelle verschont. In England sterben angeblich sogar die Schafe an der Pest, was aber auch bedeuten kann, daß gleichzeitig noch Viehseuchen grassieren, denn Tiere sind für die Pest nicht besonders anfällig (laut Beobachtungen aus Indien um 1900). Der englische König gibt eine Verordnung heraus, nach der jeder für den Lohn von 1347 zu arbeiten hat. Bestraft werden Lohnforderungen, Arbeitsverweigerung, Arbeitsplatzwechsel und sogar höhere Lohnzahlungen. (1351 erneuert) In Paris streiken die Gerbergesellen für höhere Löhne. In zahlreichen deutschen Städten fallen die Juden Pogromen zum Opfer (z.B. Mainz, Rottweil, Dresden...). In Köln werden die Juden für 23 Jahre aus der Stadt verbannt. In Aachen werden aus Angst vor der Pest die Reliquien außerhalb des üblichen Siebenjahreszyklus hervorgeholt und den gewaltigen Pilgermassen gezeigt. Karl IV. erläßt der Stadt Gelnhausen die Judenschulden (wahrscheinlich noch einigen anderen...). Karl IV. gestattet der Nürnberger Metzgerzunft, angeblich für die Nichtbeteiligung an einem Aufstand das "Schönbartlaufen" als Fastnachtsumzug. Seit dem Frühjahr ziehen größere oder kleinere Scharen von Geißlern umher. Sie legitimieren sich mit einem "Himmelsbrief", müssen sich zweimal täglich geißeln (Geißeln mit eisernen Stacheln), dürfen nicht mit Frauen sprechen und singen einen Gesang, der Lais (Leis, Leich) genannt wird. Sie werden bald übermütig: zwei Predigermönche widersprechen ihnen, worauf einer davon mit Steinen totgeworfen wird. "Das Volk trat in solcher Menge in ihre Brüderschaften, daß es den Papst und den König und die Geistlichkeit verdroß. Da schrieb der römische König Karl dem Papste, daß er etwas in der Sache tun solle, sonst würden die Geißler die ganze Welt verkehren; denn sie maßten sich große Heiligkeit an und gaben vor, es geschähen durch sie große Zeichen. Zu Straßburg trug man ein totes Kind um ihren Ring, aber es gelang ihnen nicht, dasselbe lebendig zu machen. Die Geißelfahrt dauerte ein halbes Jahr, während welcher Zeit jede Woche einige Scharen Geißler kamen. Darauf machten sich auch die Frauen auf und zogen über Land und geißelten sich. Hierauf zogen auch die Knaben und Kinder über Land in der Geißelfahrt. Endlich wollten die Stadtbürger sie nicht mehr mit Glockengeläut empfangen, und man war ihrer so müde, daß man aufhörte, sie nach Hause einzuladen. Man fing an, davon zu sprechen, daß sie mit Betrug umgingen, und daß der Brief, den sie predigten, erdichtet sei. Zuletzt verbot der Papst ihre Fahrt und gebot allen Bischöfen, daß sie in ihren Bistümern die Geißler abtun und verbieten sollten. Auch in Straßburg gebot man, daß kein Geißler mehr hereinkommen sollte; und wer Lust hätte, sich zu geißeln, solle sich im Verborgenen in seinem Hause geißeln, so viel als er wollte. Also nahm die Geißelfahrt in einem halben Jahr ein Ende, die, wie sie sagten, 34 Jahre dauern sollte...Und so lange die Geißelfahrt währte, so lange dauerte auch die Pest, und als jene aufhörte, ließ auch das Sterben nach." [Jakob von Königshoven, Elsässische und Straßburger Chronik]
20. Oktober: In einer Bulle verdammt Papst Clemens die Geißler. Darin wird auch erwähnt, daß die Geißler Juden umgebracht hätten. "14. Item da man schreip dusent druhundert und in dem nune unde virzigesten jare da quam ein groß sterben in Dusche lande, daz ist genant daz große erste sterben. Unde storben si an den drusen, unde wen daz aneging, der starp an dem dretten dage in der maße. Unde storben die lude in den großen steden zu Menze, zu Collen unde also meistlichen alle dage me dan hondert menschen oder in der maße, unde in den kleinen steden als Limpurg storben alle dage zwenzig oder vir unde zwenzig oder drißig, also in der wise. Daz werte in etzlichen stat oder lande me dan dru virtel jares oder ein jar. Unde storben zu Limpurg me dan vir unde zwenzig hondert menschen, ußgenommen kinde. 15. Da das Volk den großen Jammer von Sterbenden sah, der auf Erden war, da überkam die Leute allgemein eine große Reue über ihre Sünden, und sie suchten Pönitentien und taten das nach eigenem Willen; sie nahmen den Papst und die Kirche nicht zu Hilfe und zu Rat, was eine große Torheit war und große Versäumnisse und Verdammnisse ihren Seelen brachte. Und kamen die Männer zu Hauf in den Städten und auf dem Lande und gingen mit den Geißeln zu hundert, zweihundert, dreihundert oder in dem Maße. Ihr Leben war so, daß jeder Trupp dreißig Tage mit den Geißeln von einer Stadt zur anderen zog und Kreuze und Fahnen wie in der Kirche mitführte, auch Kerzen und Fackeln. Und wenn sie vor eine Stadt kamen, dann gingen sie in einer Prozession zwei und zwei beieinander bis in die Kirche. Sie hatten Hüte auf, an denen vorn rote Kreuze waren, und ein jeder führte seine Geißel mit sich, die vor ihm hing. Und sie sangen ihre Leisen : "Ist diese Bittefahrt so hehr! Christ fuhr selber nach Jerusalem Und führte ein Kreuz in seiner Hand. Nun helfe uns der Heiland!" Der Leis entstand damals, und man singt ihn noch heute, wenn man die Heiligen fragt. Sie hatten ihre Vorsänger, zwei oder drei, und sangen ihnen nach. Und wenn sie in die Kirchen kamen, so machten sie diese zu und taten ihre Kleider aus bis auf die Unterkleider; von ihren Lenden bis auf ihre Enkel trugen sie Kleider aus leinenem Tuch. Sie gingen um den Kirchhof zwei und zwei beieinander in einer Prozession, wie man pflegt um die Kirche zu gehen, und sangen. Und ein jeglicher schlug sich selbst mit seiner Geißel, und sie ließen die Geißeln zu beiden Seiten über die Achsel gehen, daß ihnen das Blut über die Enkel floß. Sie trugen Kreuze, Kerzen und Fahnen vor sich und ihr Sang war also, wenn sie umzogen: "Tretet herzu, wer büßen wolle, So fliehen wir die heiße Hölle. Lucifer ist ein böser Geselle; Wen der hat, Mit Pech er ihn labt." Das ging noch weiter. Und in dem Finale des Liedes sangen sie: "Jesus ward gelabt mit Gallen, Drum wir am Kreuze niederfallen." So knieten sie alle nieder und schlugen kreuzweis mit ausgereckten Armen und Händen auf die Erde und lagen allda. Und sie hatten unter sich etwas sehr Törichtes und Verderbliches ausgemacht und wähnten, es wäre gut: Nämlich, wenn sie niedergefallen waren, wer da unter ihnen war, der seine Ehe gebrochen hatte, der legte sich auf die Seite, damit man sehen sollte, daß er ein Ehebrecher wäre. Und wer einen Mord begangen hatte, es wäre heimlich oder öffentlich, der wendete sich um und legte sich auf seinen Rücken. Wer meineidig war, der streckte zwei Finger neben dem Daumen in die Höhe, damit man sähe, daß er ein meineidiger Schalk wäre, und so fort. Wie wohl daß Ritter, Knechte, Bürger und Bauern alle in einem einfältigen Sinne mit den Geißeln gingen, so verloren sie doch allesamt ihren frommen Sinn, weil sie sich ohne Erlaubnis der heiligen Kirche selbst die Buße auferlegten und sich selber zu Schalken und Bösewichtern machten. Denn wenn man einen in seinem Verkehr und in seiner Kundschaft für einen ehrbaren, biederen Mann gehalten hatte, der machte sich selbst zu einem Schalk, so daß er nicht mehr auf Erden zu Ehre und Seligkeit taugte. Und mancher von ihnen ward verderbt und gehängt in Westfalen und anderswo, und wurden des Landes verwiesen von dem Rate, darinnen sie gesessen hatten, wie sich das gehört, in Westfalen und anderswo. Und wenn diese Geißelbrüder aus den Städten gingen und ihre Buße getan hatten, so zogen sie aus mit ihren Kreuzen, Fahnen und Kerzen in ihren Prozessionen und ließen sich ihre Leisen vorsingen und sangen sie nach. Der Gesang aber war also: "O Herre Vater Jesu Christ, Da du ein Herr alleine bist, Der uns die Sünde kann vergeben, Gib uns Frist zum besseren Leben, Daß wir beweinen deinen Tod! Wir klagen dir, Herr, unsre Not." Das ging noch weiter. Auch sangen sie einen anderen Leis, der war also: "Es erging sich unsere Fraue, kyrieleison, Des Morgens in dem Taue, alleluia. Gelobet sei Maria! Da begegnete ihr ein Junge, kyrieleison, Sein Bart war ihm entsprungen, alleluia. Gelobet sei Maria." usw. Du sollst wissen, daß diese Gesänge alle gemacht und gedichtet wurden während der Geißelfahrt, und es war der Leisen keine vorher gehört worden. Auch hatten die Geißler die Sitte, daß sie kein Weib ansprachen während der Geißlerfahrt. Also gingen sie um wie Toren und wußten nicht, wie das enden sollte. Spricht doch der Metriker: "Quicquid agis, prudenter agas et respice finem", das bedeutet: Was du angehst, das sollst du in Weisheit werken und sollst das Ende davon merken. Und wenn die Geißler so niedergefallen waren, wie oben geschrieben steht, so lagen sie auf der Erde, bis man wohl mochte fünf Vaterunser gesprochen haben. Dann kamen zwei, die sie zu Meistern erkoren hatten, und gaben einem jeden einen Streich mit der Geißel und sagten: "Steh auf, daß dir Gott all deine Sünden vergebe." So richteten sie sich auf ihre Knie auf. Die Meister und die Sänger sangen ihnen vor: "Jetzt recket aufwärts eure Hände, Daß Gott das große Sterben wende; Jetzt recket aufwärts eure Arme, Daß Gott sich über uns erbarme." Und dann reckten sie alle ihre Arme kreuzweis auf und jeder schlug sich vor seine Brust drei oder vier Schläge und sie huben alle an zu singen: "Nun schlaget euch sehr Zu Christi Ehr! Durch Gott laßt die Hoffahrt fahren, So will sich Gott über uns erbarmen." Dann standen sie auf und gingen wieder umher und schlugen sich mit den Geißeln, daß man Jammer an ihrem Leibe sah. Wenn das geschehen war, dann gingen die ehrbaren Leute heran und luden die Geiß ler in ihr Heim, einer vier oder fünf, der andere sechs oder sieben, und taten ihnen gütlich über Nacht. Auf den Morgen gingen sie wieder hinweg in einer Prozession mit ihren Kreuzen in eine andere Stadt. Das laß dir ein Spiegel sein und sage das deinen Kindern, wenn mehr Not geschehe auf Erden in diesen hundert Jahren oder später, daß sie sich davor hüten, solche Dinge anzugeben ohne den Rat der heiligen Kirche, wie Aristoteles, der heidnische Meister, sagt in dem Buche, das da heißt "Regimen principum": "Facta praeterita certa dant documenta tuturorum", das besagt; Die Werke, die jetzt gegenwärtig sind geschehen, sollen dir hernach sichere Lehre geben. 16. In diesen Jahren war eine gute Zeit für Früchte und für Wein. [Limburger Chronik 14 - 16]
Die geißler werden (u.a.) auch aus Dresden vertrieben.
Bis 1351: Die Pest überzieht Deutschland. Insgesamt stirbt etwa ein Drittel der Bevölkerung, besonders in den Städten. Ganz verschont bleiben Süd-Oberschlesien, Westböhmen, Erzgebirge, Böhmerwald und die küstennahen Niederungen. Es erscheint Konrad von Megenbergs "Buch der Natur". An englischen Schulen wird Englisch die offizielle Sprache.

1349/1350
In Aachen wird das ausgedehnte Röhrennetz, welches die Brunnen speist "verbessert": Die Eichenholzröhren (die immer wieder erneuert werden müssen), werden teilweise durch Bleiröhren ersetzt. Altendresen, der kern von neustadt (bei Dresden) wird erstmals erwähnt.

1350
In Mölln stirbt Till Eulenspiegel. Zu diesem Jahr berichtet Hermann Botes Weltchronik (von 1480): "Pestilencien was sere ghruwelik over de ghansen werlde...To Brunswick sterff dat Bervotenkloster, de moneke al ut...Do sulvest sterff Ulenspeygel to Mollen." Papst Clemens schreibt ein neues Jubeljahr aus, in dem jeder nach Gefallen Ablaß erhalten könne. "17. Nach dem Sommer, in dem die Geißler umgegangen waren, ging das Jubiläumsjahr zu Weihnachten an. Dieses nannte man das goldene Jahr. Und die Leute liefen nach Rom, auch die, die mit Geißeln gegangen waren; und wenn sie von Rom zurückkamen, waren sie zum Teil böser, als sie vorher gewesen waren. 18. In diesem Jubiläumsjahr, da das Sterben aufhörte, da wurden die Juden allgemein in diesen deutschen Landen erschlagen und verbrannt. Das taten die Fürsten, Grafen, Herren und Städte, ohne den Herzog von Österreich, der behielt seine Juden. Und gab man den Juden Schuld, daß sie die Christenmenschen vergiftet hätten, weshalb sie so zahlreich gestorben waren. Da ward ihr Fluch wahr, den sie selbst auf den heiligen Karfreitag getan hatten, wie man in der Passion liest: "Sanguis eius super nos et super filios nostros". Das bedeutet: Sein Blut gehe über uns und über unsere Kinder. (...) 20. Item in der selben zit und manich jar darvor da waren die wapen also, als hernach geschreben stet. Ein iglich gut man, fursten, greben, herren, ritter unde knechte di waren gewapent in platen, unde auch die burger, mit ihren wapenrocken darober, zu stormen unde zu striden, mit schoißen unde lipisen, daz zu der platen höret, mit iren gekroneten helmen, darunder hatten si ire kleine ponthuben. Unde furte man in ire Schilde und ire tartschen na unde gleven, unde di gekroneten helme fürte man uf eime kloben. Unde furten si an iren beinen strichhosen unde darober große wide lersen. Auch furten si beingewant, das waren roren von leder gemachet als armeleder von sarocken gestippet unde isern bockele vur den knien. Sa worden di reisige lude geachtet an hondert oder zweihondert gekroneter helme. 21. Item di kleidunge von den luden in Duschem lande was also getan. Di alden lude, mit namen di manne, drugen wide unde lange kleider unde enhatten nit kneufe an den, sunder an den armen hatten si dri kneufe, vir oder funf. Di arme waren bescheidelichen wit. Unde die selbe rocke waren umb di brost oben gerunziret unde gefrenziret unde waren vornen ufgeslitzet bit an sinen gortel. Unde die jungen manne drugen korze kleider, di waren abegesneden uf den lenden unde gerunziret unde gevalden, mit engen armen. Die kogeln waren groß. Darnach zuhandes drugen si rocke mit vir und zwenzig oder drißig geren unde lange heuken, die waren gekneufet vorn nider bit uf di fuße, unde stumpe schuwe. Item etzliche trogen kogeln, di hatten vornen einen lappen unde binden einen lappen, di wanten eime iglichen an sinen knien; di lappen waren vursneden unde gezadelt. Daz hatte manich ja geweret. Item di herren, ritter unde knechte, wanne daz si hobeten, so hatten si lange lappen an iren armen bit uf di erden, gefudert mit kleinespalde oder mit bunte, als den herren unde rittern zugehort. Item die frauwen gingen gekleidet zu hoben unde zu dornzen mit parkleidern unde darunder rocke mit engen armen, unde daz oberste kleit hiß ein sorkeit unde was bi den siten bineben unden ufgeslitzet unde das gefudert mit bunte zu winter oder mit zinde zu somer, darnach ez zemelich eime iglichen wibe was. Auch trugen di frauwen, die burgersen in den steden gar zemeliche heuken, di nante man feien, unde was daz kleine gespens von distelsait, krus unde enge bi ein gefalden, mit eime saume binach einer spannen breit; der koste einer 9 gulden oder 10. 22. Item in der selben zit sang man ein nuwe lit in Duschen landen, daz was gar gemeine zu pifen unde zu trompen unde zu aller freude:
"Wißet, wer den sinen i vurkois
und ane alle scholt getruwen frunt vurlois,
der wirt vil gerne sigelois.
Getruwen frunt den ensal niman laßen,
want man vurgelden daz nit entkan."
Daz lit gelichet sich der schritt in Moralibus, als da sprichet Aristoteles in dem nunden buche Ethicorum: "Amicus est cosolativus amico visione et sermone," daz vurstant also: Ein frunt sal simef runde trostlich sin unde dun daz mit rede unde gesichte schin. 23. Man sang nach diesem auch ein schönes Lied von Frauenzucht, in Sonderheit auf ein Weib zu Straßburg, das hieß die schone Agnes und war aller Ehren wert; es trifft aber auch auf alle guten Weiber zu. Dies Lied ging also an: "Eines reinen guten Weibes Angesicht Und fraueliche Zucht dabei, Sind wahrlich eine Lust zu schauen. Zu guten Frauen hab' ich Pflicht, Weil sie sind allen Makels frei." usw. 24. Zur selben Zeit ward Falkenstein, eine Burg im Lande Hessen, erbaut, eine Meile Weges von Fritzlar. Das tat eine Ritterschaft, die hieß die Hunde, ganz nahe bei Niedenstein. 25. Nicht lange danach sang man ein Lied, gut in Weise und in Worten, durch ganz Deutschland, das so ging: "Ach reines Weib von guter Art Gedenk an alle Stetigkeit, Daß man auch nie von dir gesagt, Was edlen Frauen übel ansteht. Daran sollst Du gedenken Und sollst nicht von mir wanken, Dieweil daß ich das Leben hab. Noch zwingt zu klagen mich die Not Über die liebste Fraue mein, Daß ihr zartes Mündlein rot Will mir ungnädig sein. Sie will mich zu Grund verderben, Untrost will sie mir vererben, Dazu weiß ich keinen Rat." usw. 26. Da man schrieb nach Christi Geburt das Jahr 1350, in der Zeit war ein Erzbischof zu Mainz, der hieß mit Beinamen Busemann. Er war von Virneburg geboren und hieß deshalb Busemann, weil er gern trank. Er war ein Feind des hochgeborenen Fürsten Landgrafen Heinrich, Landgrafen zu Hessen, der war ein Urenkel St. Elisabeths, der heiligen Frau, wie das oben geschrieben steht. Der Krieg hatte manche Zeit und manches Jahr gewährt, so daß sie manche Kämpfe, Raufereien und Scharmützel hatten. Und es zog der vorgenannte Landgraf Heinrich mit großer Macht vor eine Burg, die hieß Haldersen und lag bei Geismar; und er lag lange davor. Und die darinnen waren, gaben die Burg auf unter der Bedingung, daß, käme der Bischof und das Stift von Mainz binnen eines Monats und beschütze sie, sie frei sein sollten von der Übergabe.Und da der Monat um war und der Bischof nicht kam, da war der Landgraf mit viel Volk da, mit dem Herzog von Braunschweig und dem Markgrafen von Meissen, und würde gekämpft haben, wenn der Bischof gekommen wäre. Und er nahm das Schloß ein und brach es ab bis auf den Grund. Bald danach kam der zuvor erwähnte Bischof mit großer Heeresmacht gen Fritzlar und zog bis Gudensberg und wollte das ganze Land schädigen bis nach Kassel. Da kamen die Landgräflichen dem Bischöfe bis Gudensberg entgegen und stritten einen großen Streit. Da fing der Landgraf einen Herrn von Virneburg, einen Herrn von Daun und viele andere Ritter und Knechte vom Rheine und aus anderen Ländern, und viele Leute blieben auf beiden Seiten tot. Der Landgraf aber behauptete das Feld mit großen Ehren. 27. Item darnach oder ein jar da dit sterben, dise geiselerfart, romerfart unde judenslacht, als vur geschreben stet, ein ende hatte, da hup di werlt wider an zu leben unde frolich zu sind, unde machten die menner nuwe kleidunge. Di rocke waren unde ane geren [Keilstücke an der Hüfte] unde waren auch nit abgesneden umb die lenden unde waren also enge, daz ein man nit darinne geschriden konnte, unde waren die rocke ein spanne nahe ober di knien. Darnach machten si di rocke also korz, ein spanne ober dem gortel. Auch trugen si heucken [Mäntel], di waren alumb ront unde ganz, daz hiss man glocken; di waren wit, lang unde auch korz. Item da gingen auch die langen snebel an den schuwen an, und die frauwen drugen wide heubtfinster, also daz man ire broste binach halbe sach. 28. In der selben Zeit verschwanden die Platten in diesen Landen, und die reisigen Leute, Herren, Ritter und Knechte trugen alle Jacken, Panzer und Hauben. Man schätzte die berittenen Leute mit Sturmhauben auf hundert oder zweihundert Mann. Der Schnitt und die Form der Jacken war von bescheidener Länge, die Ärmel waren einmal eine oder zwei Handspannen lang von der Achsel aus, ein andermal waren es bloß Löcher, durch die man die Arme steckte. Hinten hatten sie seidene Quasten herunterhängen. Das war Prunksucht. Die Unterwämse hatten enge Ärmel, und in dem Gelenk waren sie benäht und zusammengeheftet mit Stücken vom Panzer; das nannte man Mauseisen. 29. In dieser Zeit starb der obengenannte Bischof Busemann von Mainz, und an seine Stelle kam Gerlach von Nassau, der war ein Enkel König Adolfs von Nassau, von dem oben geschrieben steht. Und da ward der Krieg mit dem Landgrafen gesühnet, denn der Landgraf Heinrich hatte dem Bischof Gerlach sehr geholfen und war ihm beigestanden gegen Bischof Busemann." [Limburger Chronik]
Die inzwischen verbotenen Geißlerbrüderschaften wirken nun im Verborgenen, besonders in der Diözese Köln. In Rostock werden zwei Geistliche unter dem Vorwand des Giftmischens (d.h. des Pestverursachens) unter dem Galgen lebendig begraben. Ein Hostienwunder läßt Boxtel zum Wallfahrtsort werden. In Frankreich steigt der Weizenpreis um das Vierfache.
Ca.: Aufkommen der Gugel. In der Männerkleidung ist der Rock inzwischen so kurz geworden, daß er die Knie nicht mehr bedeckt. Ab jetzt etwa wächst die im im 13. Jh. gegebene leichte Spitzform der Schuhe, besonders in der Männermode, zu ausprägten Fortsätzen (Schnabelschuhe). Dies wird zu extremen Formen führen: einmal werden Fürsten und Prinzen zweieinhalb Fuß, gewöhnlichen Leuten immerhin ein halber Fuß (etwa 15 cm) zugewiesen. Solche Schnäbel müssen mit Baumwolle ausgestopft oder hochgebogen werden; es können auch hölzerne Unterschuhe (Trippen) in gleicher Länge getragen werden, die außerdem noch den Straßenschmutz abhalten. (An den Trippen kann man auch sehen, daß der Fußgänger und nicht mehr der Reiter die Mode bestimmt.)
Ca.: Entstehung der anonymen Rezeptsammlung "Daz buoch von guoter spise" in Würzburg. Diese Pergamenthandschrift mit 96 Rezepten kann noch nicht als Kochbuch bezeichnet werden, da der Schreiber mangels Sachkenntnis wohl nicht der Verfasser ist. Es finden sich darin Rezepte für mehrere Süßspeisen, Hirschleber, gebratenes Hirn, Haselhühner und Ferkel, daneben eine Anleitung zur Herstellung von Met. Im gleichen Jahr entsteht auch eine französische Rezeptsammlung "Le Grand Cuisinier de toute Cuisine".
Ca.: Aus dieser Zeit stammt die älteste erhaltene deutsche Türmeruhr (aus Würzburg). Türmer- oder Turmwächteruhren haben kein eigenes Schlagwerk, sondern mahnen den Türmer durch ein Weckzeichen, alle Stunde die Stundenzahl auf der Glocke anzuschlagen.
Ca.: In Stuttgart befindet sich vor dem Tunzhofer Tor ein Sondersiechenhaus, das der Aufnahme von Kranken mit ekelerregenden und ansteckenden Krankheiten dient. Die oft erwähnten Heilungen von Leprakranken sind damit zu erklären, daß alle Menschen mit Hautkrankheiten in Sondersiechenhäuser gesteckt werden und nach Abklingen von Ekzemen, Krätze etc. dann an wundersame Heilungen geglaubt wird.
Ca.: In Regensburg wird den Spielleuten das Tragen von Waffen oder Rüstungen verboten.
Ca.: "In einem Zeitraum von drei Jahrhunderten - von 1050 bis 1350 - wurden in Frankreich mehrere Millionen Tonnen Steine für den Bau von 80 Kathedralen, 500 großen Kirchen und einigen zehntausend Pfarrkirchen gehauen. Das bedeutet, daß im Frankreich jener drei Jahrhunderte mehr Steine hin- und hergekarrt wurden als zu irgendeiner Zeit im alten Ägypten..." [Jean Gimpel 1980]
Ca.: In den meisten Diözesen Deutschlands wird die Bedanische Indiktion zur Jahreszählung von der Römischen Indiktion abgelöst (Erläuterung der Indiktion: siehe 832) Bei der Römischen Indiktion wechseln die Jahre am 25. Dezember oder am 1. Januar. An der Bedanischen Indiktion (deren Jahre zum 24. September wechseln) wird in Osnabrück, Gnesen und Mailand weiter festgehalten. (In Köln soll es einen stilus Coloniensis mit Wechsel zum 1. Oktober gegeben haben, was aber nicht recht erwiesen ist. Auch Siena hat eine eigene Indiktion mit Wechsel am 8. September.)
1350/1351: Mit den Helmen der Türme wird zu Lübeck die Marienkirche vollendet, die unter dem Patronat der Stadt steht und die an Größe und Wirkung im Stadtbild den ebenfalls existierenden Dom übertrifft. Hier ist dem Bürgertum die Vollendung einer Großkirche gelungen, was die Bischöfe von Köln, Straßburg und Regensburg zu dieser Zeit nicht geschafft haben.
Nach 1350: Es kommt ein glockenförmiger Mantel auf, genannt Heuke. Bei den Männern wird er auf der rechten Schulter geschlossen, bei den Frauen wird er bevorzugt ohne Verschluß und über den Kopf gebreitet getragen. Die Frauenmode verzichtet gerne ganz auf den Mantel.
1350/1376: Nach den Satzungen von Feldkirch wird der Verkauf von finnigem Fleisch mit einer Strafe von zwei Pfund Pfennig belegt.

1351
Erstmals erwähnt wird Wasserkraft für das Ziehen von Stahldraht. In England setzen die Grundherren im Parliament das "Statute of Labourers" durch, das ein Angebot an billigen Arbeitskräften durch Festsetzung der Löhne auf das Niveau vor der Pestzeit sichern soll. Alle tauglichen Männer unter 60 Jahren mit keinem sichtbaren Vermögen für den Unterhalt können zur Arbeit herangetogen werden. Jährliche Lohnsätze werden für jeden Typ der Landarbeiter und tägliche Lohnsätze für verschiedene Arbeiten des Baugewerbes festgesetzt. Arbeiter, die den Winter in einem bestimmten Dorf verbringen, sollen den Sommer nicht in ein anderes Dorf ziehen. Die Preise der erzeugten Waren werden auf die Höhe vor der Pest festgesetzt und die Preise von Lebensmitteln sollen angemessen sein. Bestimmte Rechtsbevollmächtigte sorgen in jeder Grafschaft bis 1359 für die Durchführung des Status, später sorgen "Justices of the Peace" dafür, was einigen Widerstand hervorruft (und später einige Richter das Leben kosten wird; vgl. 1381). In der Bretagne findet der "Kampf der Dreißig" statt: Der pro-französische Bretone Robert de Beaumanoir fordert seinen pro-englischen Landsmann Bramborough zum Zweikampf heraus. Beider Gefolgsleute wollen teilnehmen, so daß ein Treffen von je 30 Rittern anberaumt wird. Es wird mit Schwertern, Bärenspießen, Äxten und Dolchen gefochten, bis vier auf französischer und zwei auf englischer Seite erschlagen sind und eine Pause gemacht wird. Der blutende Beaumanoir verlangt nach einem Getränk, worauf sein Gegner antwortet: "Trink dein Blut, Beaumanoir, und dein Durst wird vergehen!" Darauf geht der Kampf weiter, bis kein Überlebender mehr unverwundet ist und die französische Seite die Oberhand gewonnen hat. Bramborough und acht seiner Mitstreiter fallen, der Rest gerät in Gefangenschaft. Dieses Gefecht wird gefeiert und idealisiert und auf dem Schlachtfeld ein Denkmal errichtet. Froissart schränkt aber ein: "Einige betrachteten ihn [den Kampf] als Tapferkeit, andere als Ausschreitung und große Vermessenheit." Auf englischer Seite ist der beste Mann ein gewisser Crokart gewesen, dessen Biographie hier kurz angerissen sein soll: Dieser, ehemals Knecht der Herren von Arkel, hat ein Vermögen von etwa 60000 Kronen angehäuft und einen Stall mit 30 Pferden besessen. Er hatte sich einen Ruf großer Tapferkeit erworben, so daß der König von Frankreich ihm Ritterschaft und eine vornehme Heirat versprochen hatte. Er ist nach Holland zurückgekommen und hat dort großen Staat gehalten, aber die holländischen Herren haben noch gewußt, wer er war und ihn absichtlich übersehen. So ist er nach England zurückgekehrt. König Johann II. der Gute von Frankreich gründet den Orden der "Chevaliers Nostre Dame de la Noble Maison", nach seinem Abzeichen auch der Sternenorden genannt. Im "Edlen Haus" zu Saint Ouen (bei Saint Denis) haben sie eine "table d'onneur", an der bei Feierlichkeiten die drei tapfersten Prinzen, die drei tapfersten Bannerherren (bannerets) und die drei tapfersten Ritter (bachelers) Platz nehmen müssen. (Huizinga nennt diesen und zahlreiche ähnliche Orden des 14. und 15. Jhs "vornehme Klubs".) Die Ritter dieses Ordens müssen schwören, niemals weiter zu fliehen als vier Morgen Landes, sonst haben sie zu sterben oder sich zu ergeben, was (nach Froissart) später etwa 90 Rittern das Leben kosten wird.

1352
Die erste Welle der Pest ebbt ab. In diesem Jahr sind als letzte Städte betroffen: Oxford, Danzig, Moskau, Kiew und (zum zweiten Mal) Nowgorod. Die Bäcker von Mainz, Worms, Speyer, Oppenheim, Frankfurt, Bingen, Bacharach und Boppard treffen eine Übereinkunft, die verhindern soll, daß ein Geselle, der in einer dieser Städte von seinem Meister vor die Tür gesetzt wurde, in einer anderen Unterkommen und Arbeit findet. Auch wenn die Ehefrau eines Bäckergesellen dann noch "zu Markte sitzet" und Mehl und Gries feilhält, soll kein Meister in den acht Städten diesen Gesellen beschäftigen. Die Tiroler Landesordnung gebietet, daß alle Bauern auf ihren Höfen und Gütern bleiben sollen und nicht ohne Zustimmung ihres Herrn wegziehen dürfen. Weggezogene Bauern dürfen zurückgefordert werden und müssen widrigenfalls 50 Pfund bezahlen. Markgraf Ludwig von Brandenburg bestätigt als Landesfürst von Tirol eine Landesordnung, in welcher u.a. den Bauern und Handwerkern das Würfelspiel ohne Geld erlaubt wird. In Basel werden Pflasterarbeiten durchgeführt, die aus privater Initiative gestiftet werden. Ein kurzlebiger Ritterorden: König Johann der Gute von Frankreich stiftet am 6. Januar den Sternorden (Ordenstracht: rot-weiß) mit nominell 500 Mitgliedern. Im gleichen Jahr fallen fast 100 Ritter des Ordens in der Schlacht von Mauron, weil sie getreu den Statuten auf dem Schlachtfeld ausharren, statt zu fliehen. Dies bedeutet faktisch das Ende des Ordens.
Bis 1354: Das Straßburger Münster erhält eine prächtige Schlaguhr - allerdings noch ohne Schlagwerk. Sie verfügt (evl. später) über bewegliche Figuren wie etwa einen krähenden Hahn. Eine solche Uhr soll das Prestige einer Stadt erhöhen.
Bis 1364: Irgendwann in dieser Zeit erhält Dülken von Herzog Wilhelm I. von Jülich Stadtrechte. In Marrakesch bricht Ibn Battuta zu seiner Reise durch Afrika auf.

1353
Der Rat von Zittau erfindet eine originelle Methode, den Frauen das Tragen der Gugel zu verleiden, indem "des züchtigers und henkers mägde" die Auflage bekommen, "kögelen zu tragen". Boccaccios "Decamerone" erscheint. Danach sind Teigwaren in Italien wohl bereits allgemein üblich: "In einer Gegend namens Bengodi, wo man die Weinstöcke mit Wurst festbindet, gibt es einen Berg aus geriebenem Parmesankäse, auf dem Männer den ganzen Tag lang arbeiten und Spaghetti und Ravioli machen, die sie in Kapaunensauce essen." [Es sei daran erinnert, daß die Tomate noch nicht zu diesem Ensemble gehört, da selbige bekanntlich aus Amerika stammt.]
29. Juli: Der Große Rat von Venedig unterstützt seine griechischen Kolonien mit neuen (schlechten) Münzen: "Zum Wohl und Nutzen der Kommune und unserer Ländereien Coron und Modon, des Negropont und Kretas wird verordnet, hier Turnosen mit 8 Unzen Kupfer und 1 Unze Silber, 80 Turnosen auf eine Gewichtsmark zu prägen, ferner eine möglichst große Menge dieses Geldes in besagte Ländereien zu schicken und den Beamten aufzutragen, sie angemessen auszugeben und alles zu tun, um sie in Umlauf zu bringen. Ferner soll dieses Geld zu 3 Denaren den Turnosen gezählt werden, und die Form und Prägung soll so sein, wie es der Signoria gut zu sein scheint."

1354
In München ist eine Augenärztin bezeugt. Eine Göttinger Kleiderordnung macht das Tragen von kostbarer Kleidung oder Schmuck von der Steuerleistung der Männer abhängig. Allen Frauen, die mehr Geschmeide tragen, als erlaubt ist, die silberne Gürtel oder pelzgefütterte Mäntel besitzen wird die Haltung von Pferden für die Stadt auferlegt. Es wird weiterhin das Glücksspiel untersagt. Der Wiener Rat erlaubt den Verkauf von Waldglas, welches, aus Venedig eingeführt, nur auf dem Hohen Markt feilgeboten werden darf. Die Wiener Augustiner erhalten die Erlaubnis, ihr heimliches Gemach (Klo) in einem an der Ringmauer zu erbauenden Turm unterzubringen. Erzbischof Ortolf von Salzburg schließt mit dem Domkapitel und der Abtei St. Peter einen Vertrag, welcher ihm zusichert, eine Wasserleitung in Röhren durch den Mönchsbergstollen an seinen Hof bauen zu dürfen. Eine frühe Erwähnung des Kochgewerbes: In Graz werden "Maister Ott der Choch" und "Hainrich der Choch pey dem Weyer" erwähnt. Februar: Karl IV., ein eifriger Reliquiensammler, der dabei weder Tränen, Zwang noch Diebstahl scheut, schneidet aus dem Trierer Domschatz ein Drittel von dem Kreuzesholz ab, das Kaiserin Helena an ihren angeblichen Geburtsort an die Mosel übertragen hat. Karl IV. entführt aus Aquileia die letzten zwei Lagen der vom Evangelisten Markus angeblich persönlich dem hl. Hermagoras übergebenen Handschrift des Markusevangeliums. Was sonst noch geschah: "36. In dieser Zeit da erschlug der Sohn eines Herrn von Itter, das da stößt an das Land Hessen, seinen Vetter, damit die Herrschaft zu Itter ihm zufallen möchte. Wegen dieses großen Mordes und dieser Bosheit zogen die zwei Fürsten Herr Gerlach, Erzbischof zu Mainz, geboren von Nassau, und Landgraf Heinrich, Landgraf zu Hessen, und Graf Otto von Waldeck vor das Schloß Itter und vor andere Schlösser des Landes Itter und eroberten die Schlösser, das Land und die Leute und teilten sie unter sich und behielten die Herrschaft von Itter für ewige Tage." [Limburger Chronik] Dahlen (heute Rheindahlen bei Mönchengladbach) erhält Stadtrechte.

1355
Lehrgeld für Bäckerlehrlinge in Frankfurt: "Auch wer unsir hantwerk lernin wil, der gibet eynen virdung phennig und zwey pfund wazses (Wachs)" "37. Da man schrieb 1355, da ward Kirberg in der Grafschaft Diez zu einer Stadt gemacht. Das tat der vorerwähnte Graf Gerhart von Diez. Er brach die Kirche ab (!) und erbaute an dieser Stätte die Burg, die Kirburg genannt ward. Dieser Graf Gerhart hatte einen Krieg und eine Fehde mit dem vorher genannten Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Merenburg. Ihm mußte der Graf von Diez das oben genannte Schloß gleich halb geben. Damit wurde der Streit gesühnt, die Burg aber gehört noch seinen Erben bis auf diesen Tag. Der vorgenannte Gerhart war ein Ritter gar schön von Gestalt. Er hatte das schönste Weib, das es in allen diesen Landen gab, die war von Westerburg, Herrn Reinhards Tochter, von dem hiervor geschrieben steht. (...) 39. In dieser Zeit und auch einige Zeit vorher war ein Herzog zu Baiern namens Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, der herrlichste und hochgesinnteste Fürst, der in deutschen Landen sein mochte. Unter allen Fürsten, Grafen und Herren fand man seinesgleichen nicht in diesen Landen an Macht und großer Herrlichkeit, sei es mit Hoffesten und Turnieren, sei es auf Fahrt, zu Spiel oder zu Ernst. Er tat dies bis an sein Ende, von dem du hernach noch hören sollst. Zur selben Zeit, als das geschah, was du hernach beschrieben findest, und bei aller seiner Herrlichkeit fand man die Tugend an ihm, daß er die Geistlichkeit, Stifte, Kirchen und Klöster beschützte und beschirmte. Witwen und Waisen tat er desgleichen. Dazu hatte er die Ritterschaft lieb und scheute dabei keine Kosten. Und vergleiche ich seine Macht und sein Wohltun mit dem, was Salomo sagt: "Ubi plures sunt opes, pures sunt, qui cosumunt eas". Das bedeutet so viel als: Wer viel Güter besitzt, der muß viel Verzehrer haben. 40. In dieser selben Zeit und Jahren, da waren die größten Grafschaften in dem Lande zu Westfalen ohne rechte Leibeserben ausgestorben. Die eine war die Grafschaft Lohn, die kam an den Grafen von Berg, der darauf ein Herzog geworden ist. Die andere Grafschaft hieß Ravensberg. Die dritte Grafschaft hieß die Grafschaft von Arnsberg, die hatte der letzte Graf aus eigenem Willen an das Stift zu Köln gegeben. Im Dom zu Köln liegt er begraben. 41. Zu diesen Zeiten sang man dies Lied:
"Ach Gott, daß ich sie meiden muß,
Die ich zur Freude hart erkoren,
Das tut mir wahrlich allzu weh.
Möcht' mir noch werden ein freundlicher Gruß,
Den ich so lange hab entbehrt." [Limburger Chronik]
Karl IV. (39) wird zum Kaiser gekrönt. Auf dem Weg zur Krönung nach Aachen sind die Straßen durch Pilger völlig überfüllt, weil dort (wie alle sieben Jahre) die Reliquien gezeigt werden. Er muß bis zum Ende der Zeremonie in Bonn warten. (Ein früher Verkehrsstau) Seine Residenz ist Prag. Er läßt an dem zu den Reichsinsignien gehörenden Zeremonialschwert einen Knauf mit dem Reichsadler und dem böhmischen Löwen anbringen. Otto der Fröhliche gründet in Wien den Orden vom Fürspann.
Ca.: Phlipp von Leyden verfaßt den Fürstenspiegel "De cura reipublicae". Hier wird u.a. der Gewässerschutz erwähnt, indem der Autor daran Anstoß nimmt, daß Färbereiabwässer in öffentliche Gewässer eingeleitet werden, weil solches die Gesundheit beeinträchtige und die Nahrung der Fische vergiftet werde.

1356
"42. Im Jahre nach Christi Geburt 1356, da waren große Erdbeben. Es gab deren viele und sie kamen oft wieder, heute und morgen, danach auch mehr, hier und da, und währte das mehr denn ein Vierteljahr. Besonders auf St. Lucas-Tag, des heiligen Evangelisten, war das Erdbeben so groß, daß Basel am Rhein, die herrliche Stadt, so bewegt ward, daß sie beinahe ganz zusammen fiel. Und es gab manche Burgen und Türme in diesem Lande, die alle umfielen. Auch verblieben zu Basel viele Leute tot, die unter den Häusern erschlagen und erdrückt wurden. 43. In dieser Zeit sang man das Taglied von der heiligen Passion, das neu war und das ein Ritter gemacht hatte:
"O starker Gott,
All unsre Not
Befehlen wir, Herr, in dein Gebot,
Laß uns den Tag mit Gnaden überscheinen!
Die Namen drei,
Die stehn uns bei
In allen Nöten, wo man sei,
Die Nägel drei, der Speer und auch die Krone."
44. In diesem selben Jahr erhob sich großer Jammer, und es kam das zweite große Sterben, so daß die Leute an allen Enden in deutschen Landen starben in großen Haufen an derselben Seuche, wie sie gestorben in dem ersten Sterben. Und wo sie nicht hinkam in diesem Jahre, dahin kam sie im nächsten Jahr und ging überall um. Auch das Korn und die Früchte galten gutes Geld, da sie in manchem Lande spärlich und kümmerlich standen, sonderlich in Hessen, in Westfalen und daherum und anderswo. Auch der Wein war nur für viel Geld zu haben. Unter anderem kostete ein Quart Elsässer Wein zu Limburg fünf Englische und der Landwein sowie der Rheinwein einen Schilling Pfennige. 45. In diesem Jahr ward Neu-Langenau, gelegen zwischen Nassau und Weinähr auf einem Berge an der Lahn, zerstört. Das tat Bischof Boemund, Erzbischof zu Trier. Die Burg war erst kürzlich erbaut worden." [Limburger Chronik]
"In dem Jahr des Herrn 1356 ist zu Wirtzburg und daselbst herum im Land zu Franken eine heftige Pestilenz angefallen, die sehr viel Leut hinweggenommen hat." [Chronik des Würzburger Magisters Lorenz Fries] In Frankfurt bestimmt der Rat, daß niemand "mit den würffeln grysen, schancze slahen odir paryren" darf. Andere Spielen dürfen bei Tag und Nacht nur bis zu einem Höchstbetrag von zwei Schilling alter Heller erfolgen. In einigen französischen Städten bricht die Pest erneut aus (bis 1670 jährlich an wechselnden Orten). Auch Franken und möglicherweise weite Teile Böhmens werden von dieser zweiten Pestwelle heimgesucht. In Frankreich wird ein "lusus pilae cum palma" (Ballspiel mit der Handfläche) erwähnt, ein Vorläufer des Tennis, wozu im Laufe des Jahrhunderts wahrscheinlich unter italienischem Einfluß zunehmend Schläger Verwendung finden. Erdbeben im Rheingraben. Pest in Speyer. Darauf erläßt der Rat, der "die Pest als Zorn Gottes zur Bestrafung der sündigen Menschheit" interpretiert, eine Kleiderordnung: Keine Frau soll einen "sleyger, genannt kruseler, dragen, der me habe umbe gewunden, danne vier fach, also daz die selben vach alle, an den flocken daran, von der stirnen uber sich uf, nit hoeher sint oder sin soellent danne eins twerch vingers hoch". Diese spezielle Forderung richtet sich gegen vielfach (bis über zwanzigfach) gefältelte Schleier (je üppiger die Fältelung, desto bedeutender die Trägerin), wie sie in der zweiten Hälfte des 14. Jhs. üblich sind (etwa in Ulm oder Ravensburg). Und noch mehr: Es "sol ouch dehein schuochmecher hie zuo Spire der selben gesnebelten schuohe oder lederhosen niht me machen deheinre personen, vrouwen oder mannen, die hie zuo Spire wonent, sie sint burger oder niht, oder wer sie sint." daraus ist einerseits ersichtlich, daß eine Kleiderordnung einen Handwerkszweig (hier die Schuhmacher) schwer treffen kann (denn man bedenke, daß diese Ordnung nur für Speyer gilt!), andererseits werden hier "Lederhosen" erwähnt, was immer damit gemeint ist. Die Behauptung, lederne Beinkleidung (speziell in Form von Hosen) sei im Mittelalter nicht üblich gewesen, wird dadurch zumindest eingeschränkt. Mehr aus der Speyerer Kleiderordnung: "es sol ouch deheine vrouwe oder jungvrouwe deheinen mannes mantel dragen noch deheinen zersnitzelten kugelhuot (gezaddelte Gugel)". Im selben Jahr geschieht in Frankfurt genau das Gegenteil: Hier kapituliert der Rat vor der Flut der modischen Neuerungen und überläßt die Regelung der Kleiderfrage kurzerhand dem menschlichen Gewissen. Übrigens ist das Wort "Mode" dem Mittelalter noch unbekannt - es kommt erst im 16. Jh. auf. Ein Teil von Rothenburg ob der Tauber wird durch ein Erdbeben zerstört. Die wohlhabende Stadt kann sich einen Wiederaufbau in einheitlichem und harmonischem Stil leisten. Beispiel für die Zahl der Arbeitstage von Handwerkern: Nach Rechnungen wird in Xanten in 49 Wochen an 250 Tagen gearbeitet. Durch die sehr zahlreichen Feiertage ergibt sich im Durchschnitt praktisch eine Fünftagewoche. (Vgl. 1495) Es entsteht das Breslauer Landrecht, dem Sachsenspiegel nachgebildet. Darin findet sich z.B. für Kirchendiebstahl im härtesten Fall die Strafe der Räderung, doch gibt es keine Belege dafür, daß sie vollstreckt wurde. Die Goldene Bulle. Sieben Kurfürsten haben das Recht zur Königswahl: Die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen-Wittenberg und der Markgraf von Brandenburg. Hier wird (in Artikel XXIV) auch die Folter erwähnt; sie scheint etwa zu dieser Zeit stärker in Übung gekommen zu sein. Den Kurfürsten wird die völlige Münzhoheit verbrieft (also auch für Goldmünzen). Münzverruf in Frankreich: "Der Golddenar mit dem Lamm, den man in der Vergangenheit geprägt hat und heute noch prägt, wird in Zukunft zu 30 Sous tournois das Stück gerechnet und nicht mehr. Die weißen Denare, die zu 8 Deniers tournois das Stück rechneten und noch rechnen, werden in Zukunft als Zahlungsmittel für 3 Deniers tournois und nicht mehr ausgegeben und angenommen." Der Denier à l'agnel (Agnel, Mouton) hat damit seit seiner Ausgabe vor zwei Jahren 20% Wert verloren.
1356/1357: Durch ein Erdbeben stürzen in Straßburg die Schornsteinköpfe mit mehrteiligem Gefach und die Hausgiebel ein. Fortan wird verfügt, diese abzubrechen und nicht wieder zu errichten.
Bis 1361: Die Frauenkirche in Nürnberg erhält eine Uhr.
1356/1362: Konrad von Megenberg verfaßt die "Ökonomik".

1357
Eine Kleiderordnung in Zürich verbietet: kronenförmigen Kopfputz ("kron schappel") aus Seide, Silber, Gold oder Edelsteinen, eng anliegende Kleider, die geknöpft oder genestelt werden, Gold-, Silber- oder Edelsteinapplikationen an Gewändern, zweigeteilte ("mi-parti") oder gestreifte Hosen. Der Männerrock muß bis ans Knie reichen und die Kapuze darf diesen an Länge nicht übertreffen. Dies gilt für "reich oder arm". Ein Gürtel darf höchstens fünf Pfund Pfennig wert sein. Zaddeltracht ist verboten. Die Geldstrafe beträgt zehn Schilling Pfennig. Kaiser Karl IV. wiederholt nochmals ausdrücklich, daß die Frankfurter Frühjahrsmesse die gleichen Rechte und Privilegien habe wie die Herbstmesse. Klimatische Gründe behindern die Entwicklung dieser Messe (siehe 1330). In Frankfurt hebt der Rat die Strafen für Glücksspiel wieder auf, mit der Begründung "dan yeder menczsche gedencke, daz he sich gein god und die wernt also halde, daz es gode lobelich und behegelich sii und inne selbir nurczlich." Um Dresden werden Förster angewiesen, in der Heide Laubholzsamen auszustreuen. In Brüssel wird mit dem Bau eines zweiten Mauerrings begonnen. "47. Da man schrieb 1357, da wurden die von Warburg in Westfalen, zwei gute Städte in dem Stifte zu Paderborn, niedergeworfen. Das tat die Ritterschaft von Hatzfeld. Es wurden an hundert Mann gefangen und an vierzig Mann blieben tot. Die Gefangenen wurden losgekauft für 4000 Mark Silber. 48. Zu dieser Zeit sang man und pfiff in allen diesen Landen dies Lied:
"Mancher wähnt, daß niemand besser sei als er,
Dieweil das ihm gelingt.
Dem will ich wünschen, daß ihm nimmer Heil gescheh,
Und will das fröhlich singen.
Kehr dich an sein Kläffen nicht,
Das bitt ich dich: die Treue
Ist an ihm klein,
Sie ist bei ihm nur äußerlich." [Limburger Chronik]
Edward III. von England sieht im höllischen Gestank der Themse große Gefahren für die Bevölkerung. Es stirbt Bartolus de Saxoferrato, einer der bedeutendsten italienischen Kommentatoren des römischen (bzw. justinianischen) Rechts. Sein Schüler und Nachfolger ist Baldus de Ubaldis (bis 1400).
Ca.: Der Luzerner Rat straft sechs Kleriker, die allen Warnungen zum Trotz den sagenumrankten Pilatus-See untersuchen wollten.

1358
Bund "van der düdeschen hanse"; allgemeiner Zusammenschluß zur Sicherung von Handelsvorteilen: Stapelrecht eigener Waren; Stapelzwang für fremde Kaufleute (Warenvorlage) u.a. Privilegien. Von 13 Meißener Domherren können fünf nicht unterschreiben, d.h. sie sind des Schreibens unkundig. Ende Mai: Bauernaufstand ("Jacquerie") in Frankreich, beginnend im Beauvais und bald auf die Picardie übergreifend. Ursachen sind hohe Steuerforderungen, große Verwüstungen durch den Hundertjährigen Krieg und Plünderungen marodierender Söldnerhaufen. Für eine Elendsrevolte verarmter Bauern erreicht die Jacquerie eine erstaunlich umfangreiche räumliche Ausdehnung. Die Bauern haben schon vorher Selbstschutzabteilungen zum Schutz vor marodierenden Söldnern gegründet. Es schließen sich ihnen aber nur wenige Städte an. Nach wenigen Monaten bricht der Aufstand zusammen. In diesem jahr kommt die Bezeichnung "freie Stadt" auf. "49. Ein Jahr darauf oder so ungefähr da wurden die von Limburg vor Merenberg niedergeworfen. Das taten die von Merenberg. Es blieben drei ehrbare Männer tot. Deren einer hieß Hartung und war ein Schulteiß und ein Schöffe zu Limburg; man hielt diesen Hartung für den klügsten Laien in allen diesen Landen. Auch wurden ihrer gefangen zehn oder zwölf." [Limburger Chronik]

1359
2. Januar: Karl IV. verspricht den schwäbischen Städten, ihre Steuern nicht mehr zu verpfänden. Im selben Jahr gewährt er den Städten Lindau (für vier Jahre) und Konstanz (für sechs Jahre) eine Steuerermäßigung um 100 Pfund Heller. Karl wird allerdings die Steuer von Lindau 1361 und 1365 dessenungeachtet an den Bischof von Chur versetzen (und später noch öfter). Stadtsteuern werden in dieser Zeit oft zur Schuldendeckung verpfändet und erreichen die kaiserliche Kasse nicht mehr. Erstmals wird für den Erfurter Stadtwald eine geregelte Schlageinteilung erwähnt. In Brüssel wird erstmals der Ommegang als Fest der Hl. Jungfrau von Sand (Sablon, Zavel) erwähnt. "50. Da man schrieb 1359 um St. Margarethen-Messe, da lag vor Villmar das Reich und Bischof Boemund von Trier mit Herren, Rittern und Knechten, mit denen von Limburg und anderen Bürgern seiner Städte, und mehr Fürsten und Herren. Und es ward genommen. Und ehe es eingenommen wurde, geschah es, daß die von Frankfurt sollten eine Nacht lang die Katzen hüten. Da kamen die Feinde heimlich in der Nacht, spickten die Katzen, steckten sie an und verbrannten sie. Von den Frankfurtern blieben fünfzig tot. Das kam von ihrer rechten Völlerei, denn Völlerei stiftet nie Gutes, wie Bernhardus sagt in seiner Epistel: "Ebrietas nihil aliud facit, nisi quod cadit in lutum". Das heißt: Dem Trunkenen gehört das zu, im Dreck zu liegen, spat und fruh. [Mit Katzen sind hier wohl Belagerungsgeräte gemeint.] 51. Zu denselben Zeiten da sang und pfiff man dies Lied:
"Gott geb ihm ein verdorben Jahr, Der mich machte zu einer Nonne
Und mir den schwarzen Mantel gab,
Den weißen Rock darunter.
Soll ich ein' Nonn' werden
Wider meinen Willen,
So will ich einem Knaben jung
Seinen Kummer stillen.
Und stillt er mir den meinen nicht,
Daran mag er vergehen."
52. Damals war ein Herr von Württemberg, der war ungehorsam gegen Kaiser Karl, den Römischen König und König zu Böhmen. Und zog der Kaiser gegen ihn mit großem Pomp und großer Heeresmacht und gewann ihm viel Land und Leute ab. Er hätte sie ihm für immer weggenommen, doch fiel der von Württemberg dem Kaiser zu Füßen und bat um seine Gnade. Da tat er es. Doch setzte der Kaiser seinen Willen in großen Ehren durch." [Limburger Chronik]

1360
Edward III. von England verbietet den Hahnenkampf (natürlich ohne Erfolg). In Lübeck brennt nach der Explosion einer Pulverstampfe das Rathaus ab. In Köln verpflichtet eine Feuerordnung die Zimmerleute, Steinmetzen, Schmiede und Dachdecker im Brandfalle mit jeweils besonderen Aufgaben Hilfe zu leisten. In Regensburg wird dem Rathaus ein Danzelhaus (Tanzsaal) angefügt. "53. Da man schrieb 1360 da ward dem obengenannten Kaiser Karl und Könige zu Böhmen ein Sohn geboren, was die ganze Christenheit erfreute; man wußte nicht, daß er später ein wunderliches Leben und Ende haben werde. Den Sohn ließ er von Prag nach Nürnberg bringen. Dort wurde er getauft und Wenzeslaus genannt. Seine Mutter war eine geborene von Schweidnitz. Zu des Kindes Taufe waren mehr denn vierzig oder fünfzig geborene Fürsten gekommen, dem Kaiser zu Gefallen und zu Diensten, jeder, wie es ihm zukam, seines Amtes wegen; dazu Grafen, Herren, Ritter und Knechte so viele, daß es unzählige waren. Sie hielten den allerherrlichsten, größten und kostbarsten Hof zu Nürnberg, der je gesehen werden sollte, mit großer Köstlichkeit, Zehrung, Kleidung und dem großartigen Benehmen der Fürsten, Grafen, Herren und Frauen, mit ritterlichen Waffen, mit Lanzenbrechen, Fechten und allem Spiel, das dazu gehört. Es ward geprüft, daß sich auf den Stechebahnen jederzeit mehr als tausend Mann mit festgebundenen gekrönten Helmen aufhielten. 54. In diesem selben Jahr verwandelten sich die Dictamina und Gedichte in den deutschen Liedern. Wenn man bisher lange Lieder mit fünf oder sechs Gesetzen gesungen hat, so machen die Meister nun Lieder, die heißen Widergesänge, mit drei Gesetzen. Auch mit den Pfeifen und dem Pfeifenspiel hat es sich gewandelt. Die Musik ist vorangekommen und ist bisher nie so gut gewesen, wie es jetzt damit angefangen ist. Denn wer vor fünf oder sechs Jahren im ganzen Lande ein guter Pfeifer genannt wurde, der taugt jetzt nicht mehr als eine Fliege. So sang man den Widersang: "Hoffen erhält mich am Leben, Trauern täte mir sehr weh." 55. In diesen Zeiten zog Landgraf Otto, des Landgrafen Heinrich von Hessen vorher genannter Sohn, mit zwölfhundert Lanzen gegen einen Abt von Fulda und lag vierzehn Tage in seinem Land und herrschte darin. 56. Item in diesen vurgenanten jaren da was der erwerdige Cone von Falkenstein, ein tumeherre in dem stifte zu Menze, vurmunder unde beschirmer des Stiftes zu Trire. Unde in der nuwe leise so buwete her Philips von Isenburg herre zu Grensauwe, der wonete zu Velmar, und machte ein nuwe burg unde slug di uf einen stein nit verre von Limpurg unde von Velmar, unde wart genant Gretenstein, want sin wip Grete hiß, unde nante die burg nach irme namen, unde wolde he ir ein gut testament alda befesten. Unde da die burg ufgeslagen was, da spiset he si unde mante daz sloß wol mit guden rittern unde knechten, die waren ferre uß des herzogen lande von Beigern palzgreben bi Rine, unde wonte wol genistet haben. Des qwam der vurgenante Cone von Falkenstein von des vurgenanten Stiftes wegen mit rittem unde knechten unde zoch mit der glocken uß mit der ganzen stat zu Limpurg, unde die hatten des dages bi echtzenhondert man wol gewapent. Da si dar qwamen vur daz huis, da lachten si sich nider unde aßen unde drunken unde stalten sich zu sturme, unde der vurgenante Cone ging selber mit den von Limpurg unde andern sinen frunden alda vigentlichen zu storme. Unde die uf dem huise worfen daz vigentlicheste werfen, daz man i solde gesehen. Unde gewonnen das huis binnen eime halben dage, unde was in dem erne, unde daden daz mit rechter gewalt ober heupt. Unde was noch den von Limpurg gar ernst darzu, sintemal daz ez in also nahe bi lag. Unde fingen uf dem huise den haubtman hern Philips mit ses unde drißig rittern unde knechten unde brachen daz huis in den grunt. Unde wart her Cone von Falkenstein gar sere geworfen, daz ime sin antlitze mit sweiße unde blude ran; unde ein jungher von Runkeln, genant Heinrich, der wart da geworfen, daz he nit lange darnach lebete. Da saitu wißen, daz dem vurgenanten hern Philips geschach, als David sprichet in dem selter: „Incidit in foveam quam fecit,,. Daz sprichet also: Eime andern hatte he eine grube gemacht unde ist selber darinne geracht. Den vurgenanten hern Conen glichen ich der dogent di da heißet Sterke, als da sprichet Aristoteles in dem dretten buche Ethicorum: „Fortitudo est agressio terribilium, ubi mors videtur imminere, ad salvandum commune bonum,,. Daz saitu vursten also: Der dogende ein heißet Sterke, di plihet stritlicher werke; daz si irlose di gemeine gut, darzu stellet si iren mut. Item nu saltu wißen, daz darnach ober hondert jar geborn solde werden, ein memoriale, daz ist ein gedechtnisse, daz vur dem huise geschah unde qwam also. Da man solde vur dem huise zu storme gen, so komet rennen ein amptman des bischofes von Trire unde sprach wider di burgermeister unde burger zu Limpurg, daz si sich stelten unde gingen darvur zu storme. Daruf antworte ime der burgermeister mit namen Johan Boppe unde sprach also: "Wir sin hir, da wir stürmen wollen; dan ir dorfet nit gedenken, daz man den graben mit uns von Limpurg alleine follen solle. Ritter und knechte sollent bi uns nider tretten. Zu den wollen wir uns mengen unde mit in glich zu storme gan unde wollen nit di lesten sin". Da der amptman unde ander ritter unde knechte di antworte gehorten, da filen si nider mit den von Limpurg unde gingen zu storme, unde niman gap dem ändern nit zuvorn in dem storme, unde stormeten als vur geschreben ist." [Limburger Chronik]
Aalen wird Freie Reichsstadt. König Ludwig von Ungarn vertreibt die Juden aus Buda (oder aus dem ganzen Land?). Im Frieden von Bretigny wird der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich unterbrochen. Die Engländer erhalten die Gascogne, Guyenne, Calais, Poitou u.a.
Ca.: In Magdeburg verfaßt der Schöffenschreiber Heinrich von Lammespringe die "Magdeburger Schöppenchronik", die von späteren Stadtschreibern fortgesetzt werden wird.
Ca.: König Karl V. von Frankreich reduziert die sechs am Hofe angestellten Spielleute um zwei. Sein Nachfolger Karl VI. wird aber wieder fünf weitere anstellen.
Ca.: Kurze wattierte Männerwämse, ausgehend von Prag, kommen in Mode.
Ca.: Als eine neue Helmform kommt die Hundsgugel auf.
1360/1361: Zweite Welle der Pest in Deutschland.
1360/1370: Bei der Darstellung religiöser Themen wird es üblich, nicht nur Büttel, Schergen und Knechte, sondern auch Vertreter des Bösen (z.B. Kain) in Mi-parti (zweifarbigen Gewändern) auftreten zu lassen. Mi-parti gilt als Zeichen gesellschaftlicher Unterordnung und Abhängigkeit. Die Farben richten sich nach den heraldischen Hauptfarben der jeweiligen Herrschaft.

1361
Es stirbt der Mystiker Johannes Tauler (ca. 61). In Hamburg findet eine Besichtigung der Bauten statt, um festzustellen, ob diese vorschriftsmäßig errichtet sind. In Luzern wird das Mindestalter für Heiraten festgelegt: "Wer der ist, der eins burgers tochter, dü under 15 iaren alt ist, old (oder) ein frouw eins burgers sun, der under 18 iaren alt ist, heimlichen oder offenlichen an ir fründen (Verwandte), und irs vogtes willen und wüssend zer e nimet, das der, ist er burger old burgerin, fünf jar an gnad von der stat sin sol." (Die Vorstellung, im Mittelalter hätte man sehr früh geheiratet, ist irrig! Männer heiraten im Schnitt mit 30,5 Jahren, Frauen mit 22,1 Jahren, und diese Werte stammen vom Hochadel, wo insgesamt früher geheiratet wird!) "58. Ein Jahr danach zog derselbe Herr Kuno von Falkenstein, Verweser des Stiftes zu Trier, mit der Stadt Limburg aus und eroberte Allendorf, eines Ritters Wohnung, bei Merenberg gelegen. Es war ein festes Haus, das er verbrannte und ganz und gar schleifte. 59. In dieser Zeit sang man überall das Lied:
"Meiden, scheiden,
Das tut wahrlich weh,
Über Maßen weh
Von einer, die ich gern anseh'.
Und doch ist's nicht unmöglich." [Limburger Chronik]
Die Frauenkirche zu Nürnberg erhält eine Kunstuhr mit beweglichen Figuren: Sieben Kurfürsten verneigen sich stündlich vor dem Kaiser.
Bis 1363: Dritte Pestwelle in vielen Teilen Europas.

1362
In der schwersten der sechs Marcelli-Sturmfluten (am St. Marcellustag am 16. Januar oder Februar) des 14. Jhs. brechen Dollart und Jadebusen auf ("de grote manndrank"). Viel bedeichtes Gebiet, besonders im niedrigen Sietland, geht verloren. Wasser dringt bis an den Rand der Geest vor, bis an die sandige Küste von Dangast bei Varel, wohin das Wasser unter natürlichen Umständen permanent nie reichen würde. Später können Randbereiche im Süden wieder eingedeicht werden, aber die komplette Abdämmung dieser Bucht gleingt nie mehr. Dies wird auch kaum versucht, weil sich das tiefe Wasser im Flaschenhals des Jadebusens als Fahrrinne für Hochseeschiffe nutzen läßt. Große Landflächen zwischen Sylt und dem Festland gehen verloren. An der gesamten Nordseeküste sollen 100000 ertrunken sein. Es sollen in einer einzigen Nacht (auf Sylt oder überall?) 30 Kirchspiele, darunter das legendäre Rungholt weggespült worden sein. Es versinkt auch der Hafenort Wendingstadt westlich von Wenningstedt und Listum im Norden (zwischen Sylt und Festland). In England wird in Gerichten und im Parlament Englisch die offizielle Sprache. ("Statute of Pleaders") Beispiel für Münzvielfalt: Der Rechenschaftsbericht des päpstlichen Schatzmeisters vermeldet 15654 Florins, 1397 Leopards, 299 Écus, 103 Moutons, 5 Royal d'Or sowie 60 Livres, 6 Sous und 2 Denare aus Silber. "Von den Florins sind 4223 Florins der Apostolischen Kammer, 3869 Florins der Sentence, 7438 starke Florins, 16 Dukaten, 5 Florins aus Genua, 31 Florins aus Aragon, 7 Florins aus Frankreich, 59 Florins mit kleinem Gewicht, 5 Florins aus Cambrai. Von den Ecus sind 271 alte Ecus mit gutem Gewicht, 1 Ecu aus England, 1 Ecu aus Bayern, 2 alte Ecus, nicht mit gutem Gewicht, 17 nachgemachte alte Ecus, 8 Ecus von Philipp." Im Schweizer Kanton Uri werden erstmals eine allgemeine Wehrpflicht und jährliche Ausrüstungsüberprüfungen erwähnt. "61. In demselben oben genannten Jahr im Herbst nach St. Michaelstag, da zog Herr Gerlach, Erzbischof zu Mainz, geborener Graf von Nassau, gegen den Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Dillenburg, mit vielen Rittern und Knechten, daß sie geschätzt wurden auf fünfhundert Mann mit Lanzen, dazu mit den Rheingauern. Die taten ihm großen Schaden. Und sie hätten ihm noch mehr Schaden zugefügt, hätten sie gut Wetter gehabt. Aber der Regen und das Wasser trieben sie von dannen. 62. In diesen Jahren vergingen die großen weiten kurzen Lersen und Stiefel. Die hatten oben rotes Leder und waren geschlitzt. Und es kamen die engen langen Stiefel mit langen Schnäbeln. Diese hatten Krappen, einen Krappen bei dem andern von der großen Zehe an bis oben hinauf; hinten hinauf waren sie genestelt bis halb in den Rücken. Da fing es auch an, daß die Männer sich hinten, vorn und neben nestelten und fest eingespannt einhergingen. Die jungen Männer trugen meist alle geknäufte Kogeln wie die Frauen. Diese Kogeln hielten sich an die dreißig Jahre, dann verschwanden sie." [Limburger Chronik]

1363
Ein Colmarer Statut bestimmt, daß keine "varende tochter" einen "rüffina" oder einen "lieben mann haben sol in der gassen" - d.h. den Dirnen werden feste Partnerschaften verboten, weil sie der Allgemeinheit gehören. Nach einem Brand in Voitsberg in der Steiermark bestimmt Herzog Rudolf IV. von Österreich: Wenn die Bürger beim Wiederaufbau der Häuser Dachziegel verwenden, sollen sie sechs Jahre Steuerfreiheit erhalten, verwenden sie für das Dach ein anderes, brennbares Material, nur vier Jahre. In Trier feiert ein Spielmann namens "Soumerdanze" Erfolge. "63. Item da man schreip von Christes geborte 1300 unde in dem dru unde seszigesten jare uf den mandag zu pingesten da wart Frederich von Hatzstein wolgeborn knecht, der ein haubtman was der stede zu Limpurg, irslagen an der Lane under dem steine, da man geit von Grifenporten in di helde. Unde daz daden die von Rifenberg; die waren figende der stede Limpurg zu der zit. Unde die herren unde stat zu Limpurg vurloren in zu male noide, dan he in nutzlich unde dinstlich was. Auch was der selbe Frederich groß unde stark, also daz he eine ame wines ufhup unde drank uß der ponten [daß er ein Ohm Wein aufhob und aus dem Spundloch trank]. 64. In derselben Zeit ward der vorher genannte Herr Kuno von Falkenstein zum Erzbischof zu Trier gewählt. 65. In diesen Jahren sandte Gott eine neue Plage auf das Erdreich, besonders in Deutschland, das waren Heuschrecken. Die kamen und flogen so dicht in der Luft und auf dem Felde, als wäre ein großer Schnee gefallen. Sie fielen in die Frucht und taten großen verderblichen Schaden und flogen dann wieder auf. Das währte von der Ernte an beinahe sechs Wochen, bis sie mit einem Reif und von der Kälte vergingen. Die Heuschrecken waren groß und eine halbe Spanne lang und länger, so etwa von dieser Größe. Diese Plage kam von großer Hoffahrt, und man kann diese Plage vergleichen mit dem, was David im Psalter sagt: "Et dedit erugini fructus eorum et labores eorum locustis". Das bedeutet: Die Raupen sollen von ihren Früchten leben, Arbeit der Leute ist den Heuschrecken gegeben. 66. In demselben Jahr galt die Quart Wein zu Limburg einen Schilling Pfennige und einen Heller und folglich auch anderswo ihr Geld. Das währte beinahe ein Jahr. 67. In diesen Zeiten sang man und pfiff dies Lied und seine Widergesänge: "Ich will in Hoffnung leben fort, Daß mir irgend Heil geschehe Von der liebsten Fraue min. Sprach sie zu mir ein freundlich Wort, So sollte die Trauer von mir fliehn." Antwortgesang: "Ich will in Hoffnung" usw. "Ihre Gunst mich zum Heil bekort, Ach Gott, daß ich sie sollte sehen!" Antwortgesang: "Ich will in Hoffnung leben" usw." [Limburger Chronik]
Ein Nürnberger Handerwerkerverzeichnis zählt 1217 Meister in 50 Berufsgruppen. Entstehung des Revaler Kämmereibuches. In Siena gibt es einen Fall von Pocken, nämlich die spätere heilige Katharina von Siena. Es scheinen im Italien des 14. Jhs. Pocken und Pest häufig gemeinsam aufzutreten, doch sind ausdrückliche Hinweise auf die Pocken zunächst selten - man spricht meist pauschal von "Pestilenz".

1364
Es erscheint Giovanni di Dondis "Astrarium", worin ausführlich das Uhrwerk und die Übersetzungsgetriebe beschrieben werden. Dondi und sein Vater Jacopo entwickeln eine Uhr, die von einem Techniker namens Antonio im Turm des Palazzo Capitano in Padua gebaut wird. Das Ziffernblatt dreht sich gegen den (heutigen) Uhrzeigersinn; demnach wird die Zeit am linken unteren Rand einer jeden Stundeneinteilung abgelesen. Augsburg hat eine Schlaguhr. In Villingen wird der Müller verpflichtet, "wenne es in der stat brünnet", bei Ertönen der Sturmglocke, das Überwasser, das gewöhnlich neben der Stadt abfließt, sofort in die Stadt zu leiten. Ein Beispiel für neues Selbstwertgefühl ist das Testament des Lübecker Kaufmanns Berthold von Rucenberg: "Von meinen Eltern habe ich nichts empfangen, weswegen ich irgend jemand verpflichtet wäre. Darauf will ich auch sterben. Denn was ich besitze, das habe ich mir von jungen Jahren an mit großer Mühe und Arbeit erworben." In Erfurt müssen "etliche jünckerlein" 49 Mark Strafe zahlen, weil sie mit kurzen Kleidern, langen Mänteln und Schnabelschuhen geprahlt haben. In Polen taucht der Jahresanfang zum 1. Januar auf. Gründung der Universität Krakau.
1364/1365: Die Schüler des Studium Papale in Trets (Provence) erhalten pro Tag 2600 Kalorien; an 302 Tagen im Jahr gibt es Gemüsesuppe, davon an 125 Tagen Kohlsuppe, ansonsten aus Spinat, dicken Bohnen, Lauch, Zwiebeln, Kichererbsen, Kürbissen, Linsen und Rüben. [nach H. Neveux in: L'Histoire de la France rurale]. Beispiel für Raubrittertum nach einem Bericht des Drosten von Meppen über einen Raubzug des Grafen Otto von Tecklenburg: Dieser raubt u.a. aus Dahlem 24 Kühe und 1005 Schafe, aus Haselünne 92 Kühe und 80 Pferde und aus Holte 111 Kühe, 50 Schweine, 15 Pferde und sonstige Wertsachen, wobei in Holte auch zwei Bauern erschlagen werden.

1365
"68. Da man schrieb 1365 im Mittsommer um St. Johannis des Täufers Messe, da war die große Gesellschaft aus Welschland vor Straßburg gezogen und lagerte sich bei Colmar und in dem Lande ringsherum und im Elsaß. Sie taten großen Schaden und lagen fast einen ganzen Monat lang in dem Lande. Und die ehrwürdigen Fürsten, Herr Kuno von Falkenstein, erwählter Erzbischof zu Trier, und Herr Gerlach, Erzbischof zu Mainz, und dazu die hochgeborenen Fürsten von Bayern und besonders Herr Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, und dazu alle die Grafen, Herren, Freie, Ritter und Knechte vom Rhein, von der Mosel, von der Lahn und vom Main und daherum rüsteten sich fast alle und zogen in großer Waffenherrlichkeit, alle wohlausgerüstet mit goldenem und silbernem Geschmeide, einer mehr als der andere, gen Elsaß. Und die Gesellen flohen aus dem Lande Tag und Nacht wieder ins Welschland. Nie hat es den Deutschen so leid getan, daß die Gesellen ihnen entflohen. Die Gesellschaft wurde geschätzt alles zusammen auf 20000 Mann, ausgenommen das Weibsvolk. Die Herren aus diesen Ländern und die Städte am Rhein, im Elsaß, aus Schwaben - die Stadt Limburg hatte allda auch einen Bürgermeister mit Söldnern mit vierundzwanzig Pferden - weit und breit hatten sie an 24000 reisiger wohlbewaffneter Leute. Das war Glanz und Waffenschein. 69. Da man schrieb 1365 wie vorher, da war das große dritte Sterben. Doch war das Sterben mäßiger als die ersten Sterben, so daß die Menschen zu zehn oder zwölf den Tag starben in Städten wie Limburg und solchen, die dem gleich sind. Da starb Herr Gerlach, Herr zu Limburg, der als erster von dem großen Zug aus dem Elsaß gekommen war, wo er die große Gesellschaft aus Welschland bekämpfen helfen wollte; es starb auch seine edle Frau Elschen drei Wochen darauf ohne Leibeserben. Dieser Herr Gerlach war mittelgroß, braun von Antlitz, scharf im Reden und Raten und hatte eine schwarze Krulle und einen schwarzen Bart, und er war schnell von Entschluß, wenn es galt, etwas zu tun. An seine Stelle trat der edle Junker Johann, sein Bruder. Der war ein Domherr zu Köln und Trier und war ein gar stattlicher Mann mit einem wohlgebauten Leib von mittlerer Größe, mit einem schönen Antlitz weiß und rot, mit gelber Krulle und Bart. Das Haar war so gelb wie Goldfäden. Er war gütig beim Sprechen und gütig beim Antworten. Er wußte wohl zu scherzen, wie auch ernst zu sein. Und wartete er beinahe zwanzig Jahre, bis er eine Frau nahm." [Limburger Chronik]
Die Pest wütet in Köln. Es stirbt der Mystiker Heinrich Seuse.

1366
Für einen unaufgeklärten Mord wird in Krakau am Ende ein Spielmann namens Kapusta ("Kohl") verantwortlich gemacht (vielleicht nur um irgendeinen Täter zu haben). Ein Jahr danach zu Halbfasten sollten die Meister des Wollenhandwerks zu Limburg mit ihrem Gewand auf die Messe nach Frankfurt fahren. Und sie wurden zwischen dem Kloster zu dem Thron und der Höhe niedergeworfen; es wurden ihnen abgenommen mehr denn dreihundert Stück Tuch und etliche wurden gefangen, etliche blieben tot. Das tat Heinrich, des Grafen Otto Sohn von Nassau, Herrn zu Dillenburg. Dieser Heinrich war ein Domherr zu Köln und hatte den Beinamen Graf Scheinleder. Die Wollenweber fuhren im Geleite des Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Merenberg. In diesem selben Jahr schlug der oben genannte Graf Johann von Nassau eine Burg auf zu Kirchberg an der Lahn unter Staufenberg. Diese Burg zerbrach Landgraf Heinrich, Landgraf zu Hessen, und fing auf ihr mehr denn zwanzig wehrhafte Männer. In demselben Jahre und ein wenig danach, da ward Linz am Rhein genommen; es ward erstiegen und geplündert bis auf den Grund. Damals sang man und pfiff dies Lied:
"Das Schachtafelspiel Ich jetzt
beginnen will" usw." [Limburger Chronik]
Gladbach (Mönchengladbach) erhält Stadtrecht. Petrarca über das Schwarzpulver: "Es war nicht genug, daß der erzürnte unsterbliche Gott vom Himmel blitzte, auch das Menschlein muß von der Erde donnern: Ihr aber unterdrückt damit freies Volk. Diese Pest war bisher noch so selten, daß sie wie ein großes Wunder betrachtet wurde, jetzt ist sie, da man bei den schlechtesten Dingen am gelehrigsten ist, so gemein wie jede andere Art von Waffen."
Ca.: Petrarca berichtet in einem Brief an Boccaccio von Spielleuten, die vom Vortrag fremder Werke leben, welche sie überall von den Verfassern durch Bitte oder Kauf zu erwerben suchen. Er selbst habe schon einige Dichtungen hergegeben, und jene seien damit reich geworden. (Ob man als Spielmann reich werden kann, sei dahingestellt!)

1367
Erstes Verbot des Kartenspiels - in Bern. Die Mainzer Chronik bemerkt, "daß die jüngeren Männer so kurze Röcke trugen, daß sie weder die Schamteile noch den Hintern bedeckten. Mußte sich jemand bücken, so sah man ihm in den Hintern. O welch unglaubliche Schande." Eine böhmische Chronik: "Etzliche trugen auch auf der Brust mit Baumwollen gefütterte und ausgefüllte Brustlätze, auf daß es ein Ansehen haben müßte, gleich als wenn der Mann so wohl gebrüstet wäre als eine Weibsperson, und pflegten auch dieselbigen falschen Brüste und Bäuche sehr einzuschnüren." In Augsburg sind die Fugger als Webermeister belegt. Etwas über ritterliche Ideologie und Kriegstaktik: Heinrich von Trastamara will sich um jeden Preis mit dem Feind in offenem Felde schlagen. Er verzichtet freiwillig auf seine günstige Stellung und verliert so die Schlacht von Navarette (Najera). Geschehen in Kastilien. Damals war eine harte Zeit und ein teures Jahr, so daß ein Malter Korn Limburger Maßes kostete fünf Pfund Heller und zwei Turnosen, und das Malter Hafer drei Pfund Heller. Arme Leute hatten große Gebrechen und Mangel. Die Quarte Wein kostete zwanzig alte Heller. Da man schrieb 1367 am Abend von St. Peter ad vincula in der Haferernte, da erstach ein Freier von Dehrn den Junker Johann, eines Grafen Sohn von Diez, auf der Burg zu Dehrn, so daß er auf der Stelle tot war. Er war ein junger Mann unter dreißig Jahren von guter Größe. Er hatte ein länglich Antlitz mit hoher Nase, schlichtes Haar mit einem langen Zopf, wie es gewöhnlich zu der Zeit war. Dieser Johann wäre ein Graf zu Diez geworden, wenn er weiter gelebt hätte. Die Grafschaft aber wurde in eine andere Hand gegeben, wie dies hernach beschrieben wird. Der Freie hieß Friedrich, ein gestrenger Ritter von fünfzig Jahren; er war als ein rechter Freier geboren von allen seinen vier Ahnen her. Er ward auf der Burg Dehrn gefangen und nach Diez geführt. Graf Gerhart, Junker Johanns Bruder, beschied ein Landgericht zu Reckenforst. Und es ward dem Freien sein Haupt abgeschlagen, und er ward zur selben Stunde zu Limburg bei den Barfüssern begraben. Drum sieh dir an, wen du schlägst, wie schon Salomo spricht: "Fremens ira nulli parcit". Das heißt: Der grimme Zorn läßt niemand Frist, wie du von Salomo beschieden bist. Nun sollst du die Physiognomie und Gestalt des Freien erfahren: Der Freie war ein vierschrötiger Mann mit einer krausen Krulle, er hatte ein in die Breite gehendes Gesicht mit einer flachen Nase. Der Freie von Dehrn hatte auch einen Bruder, der hieß Junker Kraft; der war ein Domherr zu Köln am Dom und zu St. Gereon daselbst. Er wurde später in Westfalen erschossen.Damals sang man und pfiff dies Lied:
"Verlaß mich nicht, Wie ich's
nicht tue. Ich will Dir stets
In ganzer Treue leben, Ich
hoffe, ich finde Dasselbe bei dir", etc.
In dieser Zeit war der Streit zu Sprendlingen zwischen Bingen und Kreuznach. Da blieben tot mehr denn zweihundert Mann. Den Streit verlor ein Graf von Spanheim mit Namen Walram: er wurde auch gefangen, und der Herr von Bolanden behauptete das Feld. In demselben Jahre war zwischen den zwei Unser-Frauen-Tagen das große Wetter mit Donner und Blitzen, wie man es seit langer Zeit nicht gesehen hatte. Das war eines Nachts in der Gegend von Mainz und Frankfurt. Und an Unser Frauen Münster zu Mainz verbrannte ganz, was daran war von Holzwerk, mit einem gar hohen Turme, das wurde gänzlich zerstört und es entstand großer verderblicher Schaden. Und es gab noch mehr Schaden in demselben Gebiet ringsumher im Lande. (...) Da man schrieb 1367, da waren verfeindet die edlen Grafen Johann zu Nassau, Herr zu Dillenburg, und Johann, Herr zu Westerburg. Und es begab sich, daß sie einen Zusammenstoß und ein Gefecht bei Gudendorn hatten. Johann, Herr zu Westerburg, behauptete das Feld und fing den Grafen von Nassau mit mehr denn dreißig Rittern und Knechten. Auf der nassauischen Seite blieben drei und auf der Westerburger Seite einer tot, gute, handfeste Leute. Derselbe Graf ward frei mit den Rittern und Knechten für achttausend Gulden. Und er hätte wohl mehr Geld geben müssen, hätte er nicht Freunde gehabt, die sich sehr für ihn verwendeten. Zur gleichen Zeit lebte Meister Johannes Buridanus, der zur Paris länger als vierzig Jahre das Studium geleitet hatte. Der wurde für den besten Logiker und Philosophen auf Erden in der ganzen Christenheit gehalten, und man fand nicht seines gleichen. Er schrieb Untersuchungen über Ethik, die besten, die je gemacht wurden. Diese Untersuchungen gab er als letztes Geschenk und dauerndes Testament allen Meistern und Studenten. Zur selben Zeit eroberte Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, Schnorrenberg. Damals entstand eine große Zweiung in der Stadt Wetzlar an der Lahn zwischen dem Rat und der Gemeinde. Der alte Rat ward aus der Stadt vertrieben und die Gemeinde setzte sich einen neuen Rat und regierte die Stadt nach ihrem Sinne bis ins siebte Jahr und zahlte niemanden Leibrenten. Und es hätte sich gehört, alle Jahre an fünftausend Gulden Geldes als Leibzuchtrente zu zahlen. Als dies das siebente Jahr ging, da kamen die von dem alten Rat wieder in die Stadt mit dem Vorwand, daß man sich wieder aussöhnen wollte. Darüber einigten sich die vorgenannten alten Ratsmitglieder heimlich mit Junker Johann, Graf zu Solms. Dieser war gar weltgewandt nach der neuen Art und tat vertraut mit dem alten und mit dem neuen Rate. Er kam mit wohl fünfzig Rittern und Knechten in die Stadt und ließ die von dem neuen Rate alle in ein Haus kommen und tat so, als ob er mit ihnen zum Nutzen der Stadt zu Rate gehen wollte, nahm den ganzen neuen Rat gefangen und stellte so viele seiner Diener dabei, daß sie in dem Hause bleiben mußten. Dann nahm er das Reichspanier in die Hand und trat auf den Plan und der alte Rat mit ihm. Da kam die Bürgerschaft, wohl an fünfhundert bewaffnete Männer, um dem neuen Rate zu helfen. Als sie aber sahen, daß der neue Rat, ihre Freunde, nicht dabei waren, da wurden sie entmutigt. Der vorgenannte Graf Johann aber beredete sie mit süßen Worten und besprach sie, daß sie die Waffen ablegten. Und sie wurden einträchtig mit ihm und mit dem alten Rate und legten den neuen Rat in den Turm, nahmen seinen Mitgliedern ihr Gut, schlugen dreien die Köpfe ab und warfen einen Teil der anderen ins Wasser. So ging der Graf von Sohns um mit süßen und trügerischen Reden, daß die Stadt Wetzlar seines Sinnes wurde. Sie wurden betrogen, wie man ein Gleichnis in der Schule den Kindern vorliest:
"Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps". Das heißt: Des Voglers Pfeife gar süß sang, da er tat den Vogelfang." [Limburger Chronik]
In Zittau wird ein Tuchmacher bei handhafter Tat festgenommen, als er einen Schöffen überfällt. Dem Täter wird die Mordwaffe in die Hand gebunden, bevor er vor das Gericht tritt (ein alter Rechtsbrauch). Er legt ein Geständnis ab und wird enthauptet. Dies ist ein ungewöhnlich hartes Urteil, denn das Opfer hat die Tat überlebt und ist nur am Finger verletzt worden! Grippeepidemie in Italien. Ludwig I. der Große von Ungarn gründet die Universität von Pécs (in Südungarn); es ist nach Prag, Krakau und Wien die vierte Universität in Mitteleuropa und die erste in Ungarn. In Moskau wird ein neuer Kreml errichtet, diesmal aus Stein. Papst Urban V. kehrt gegen den Willen seiner Kardinäle und gegen den Rat Karls V. von Frankreich von Avignon nach Rom zurück.
Bis 1383: In der Regierungszeit König Fernandos I. von Portugal erhält Lissabon eine neue 54 km lange Stadtmauer. Die Stadt hat etwa 60000 Einwohner. Der König führt die Beleuchtung der Stadt mit Öllämpchen ein.

1368
Im bisher aristokratisch regierten Augsburg kommt es nach einem unblutigen Aufstand zur Beteiligung der Zünfte am Stadtregiment. Von den 51 Augsburger Geschlechtern treten hier aber nur wenige einer (politischen) Zunft bei. In Augsburg hat es in den letzten 30 Jahren 172 Totschläge gegeben. In Breslau kündigen zwei Bürger ihr Bürgerrecht, weil die Kleiderordnung ihren Frauen das Tragen bestimmter Kleider verboten hat. In Würzburg gibt es einen "Herdgulden", d.h. die Existenz eines Schornsteins - ein Statussymbol - wird als Grundlage der Steuerbemessung herangezogen. In Wien werden "Überleger" erwähnt; dies sind Pflasterer, die gänzlich von der Stadt bezahlt werden. In Nürnberg erfindet Peter Stromeir die Nadelwaldsaat.

1369
In Augsburg werden in diesem Jahr 10 Personen hingerichtet. In Nordhausen werden sieben Geißler, die nicht widerrufen wollen, als Ketzer verbrannt. Karl V. von Frankreich verbietet das Kugelspiel. (Ludwig XI. wird es wieder einführen.) Im Nürnberger Reichswald erprobt Peter Stromer erstmals die künstliche Tannensaat. 12. Mai: Nowgorod brennt ab. München hat über 10000 Einwohner.

1370
Unter Beteiligung der Weber kommt es in Köln zu einem ersten Angriff auf die Geschlechterherrschaft. Von den 13 Angehörigen des Brixener Domkapitels kann kein einziger unterschreiben (d.h. überhaupt schreiben). Nach der Polizeiordnung von München wird eine Deputation von 36 Bürgern ernannt, die darauf zu achten hat, "daz man ab sol prechen alle die paw, die hie ze München unordentlich geschechen sind". Die offenbar vorübergehende Tätigkeit dieser Baudeputation beinhaltet u.a. die Beseitigung von hölzernen Lauben, Stiegen, Vordächern und zu weit vorspringenden Dachrinnen in engen Gassen. Es wird in München weiterhin verordnet: Wer den vor seine Tür oder auf die Straße geschütteten Mist oder Kehricht nicht am selben Tag entfernt, muß Strafe zahlen, nämlich der Stadt 36 Pfennig, dem Stadtrichter sieben Pfennig und dem Gerichtsdiener zwölf Pfennig. Es gibt bereits Schellen an der Kleidung als (typisch deutsche) Modeerscheinung: Auf einem Fest, das der Herzog von Braunschweig in Göttingen gibt, erscheinen viele der adligen Damen und Herren mit kostbaren Gürteln und herrlichen Gewändern, "die gingen schurr, schurr, kling, kling". Da man schrieb 1300 Jahr und in dem siebzigsten Jahr in den Fasten, da lagen die von Erfurt, die von Mühlhausen und Nordhausen und viele andere Herren, die mit zu ihnen gelobt und geschworen hatten, vor Hanstein. Die Burg liegt in Sachsen, unter Herzog Otto. Der fiel das Heer an, das aufbrach und wegzog. So jedoch konnten sie nicht davon kommen, der Herzog bekämpfte sie, schlug ihrer viele tot und nahm von den Erfurtern, Mühlhausenern und Nordhausenern so viele gefangen, daß sie als Lösegeld sechsunddreißigtausend Mark lotigen Silbers gaben. Bald darauf fingen allgemein die Tapparden an; diese trugen Männer und Frauen. Die Männer trugen auch kurze und weite Heuken, auf beiden Seiten geknöpft. Und das währte nicht lange in diesen Landen." [Limburger Chronik]
Papst Urban V. verläßt Rom wieder und kehrt nach Avignon zurück. Heinrich von Vic (Wiek) fertigt eine große Schlaguhr mit Gewichtsantrieb für den Glockenturm des Pariser Königsschlosses an. (oder bereits 1364, oder 1364 bis 1370?) In Nürnberg werden Nadeln hergestellt. Nachdem die Hanse mit Hilfe von Mecklenburg, Holstein, Jütland und Köln Waldemar IV. von Dänemark besiegt hat, wird im Frieden von Stralsund festgelegt, daß der dänische König nur mit Zustimmung der Hanse gewählt wird. In Brüssel kommt es zu Judenverfolgungen. Man wirft ihnen wieder einmal Hostienschändung vor. Pest in Lübeck und in einigen Ostseestädten sowie in Lüttich.
Ca.: Aus diese Zeit stammt ein in Lübeck (1866) gefundener Satz Schulgerät, bestehend aus Griffeln, Tintenfässern, Rechenpfennigen, löffelartigen Hölzern (Züchtigungsgeräte?) und eine Reihe von beschriebenen Wachstafeln mit einfachen Strichzeichnungen, Ergebnissen von Schreibübungen, Fragmenten lateinischer Verse und vor allem lateinische Briefe und Briefformulare (zu geschäftlichen und politischen Zwecken).
1370/1380: Eine Kleiderordnung zu Straßburg bestimmt "sunderliche, daz houptloch sol sin, daz man die brüste nit gesehen müge"; fünf Pfund Strafe drohen, "wenne die houptlöcher untz an die angonden ahsseln süllent sin" (bis zum Ansatz der Achseln reichen). Es werden auch künstliche Haarteile bekämpft: "daz ouch kein frowe sich nit me verwe (schminke), oder löcke von toten har anhencken sülle". Nach Gerüchten um Hostienschändung werden die Juden aus Brabant vertrieben.
Bis 1387: In diesem Zeitraum wird in Hamburg einmal jährlich der Zustand der Gebäude untersucht.
Bis 1512: In dieser Zeit ist das Haus Tuchlauben Nr. 19 in Wien nacheinander im Besitz von 13 Eigentümern, d.h. hier wechseln im Durchschnitt alle 10,9 Jahre die Besitzer (Beispiel für Mobilität in der Stadt).

1371
Vor 1371: In Zürich sind seidene oder leinene Schleier in der Frauentracht bezeugt, deren Kanten einen Besatz mit Schmuckborten aufweisen. In Augsburg werden in diesem Jahr 13 Personen hingerichtet. Da man schrieb 1300 und einundsiebzig Jahr, vierzehn Tage vor Fastnacht, da geschah es, daß ein Bürgermeister zu Limburg mit Namen Kunz Noide einen wegen Dieberei gefangen in den Katzenturm führen sollte. Als sie nun einen halben Steinwurf weit vom Diezer Tor auf die Mauer kamen, da sprang der Gefangene mit dem Bürgermeister von der Mauer und brach ihm dabei den Hals, daß er binnen acht Tagen starb. Der Gefangene ward zur Stunde gehängt, da er so schwer von der Mauer gefallen war, daß er nicht davon kommen konnte. Da man schrieb 1371, am Freitag nach Unser-Frauen-Tag, wo man die Würz-Kräuter weiht, waren verfeindet die zwei hochgeborenen Fürsten, der Herzog von Brabant, der Wenzeslaus hieß und Kaiser Karls Bruder und des blinden Königs Johann von Böhmen Sohn war, und der Herzog Wilhelm von Jülich. Und an dem genannten Tage hatte der Herzog von Brabant mehr denn vierundzwanzig hundert Lanzen, Ritter und Knechte, gar gute Leute, die den Herzog von Jülich daheim in seinem Lande zu schädigen, zu überwältigen und zu überreiten suchten. Als sie nun über die Maas, das Wasser im Jülicherland, kamen, da begegnete ihnen der Herzog von Jülich mit mehr denn tausend Lanzen, Grafen, Herren, Rittern und Knechten. Auf dessen Seite waren viele unserer Landesherren von der Lahn, namentlich Graf Johann von Nassau, Herr zu Dillenburg, Graf Ruprecht von Nassau, Graf Eberhard von Katzenelenbogen, der Graf von Wied und Junker Friedrich, Herr zu Runkel, und andere Herren, die ich nicht nennen kann. Und sie hoben einen gewaltigen Streit an. Als dieser Streit anhub, da kam der Herzog von Gelderland mit mehr denn sechshundert Lanzen, Rittern und Knechten den Jülichern zu Hilfe und stritt mit den Brabantern. Die Jülicher gewannen mit großen Ehren und mit Würdigkeit den Streit und fingen den Herzog von Brabant mit mehr als tausend Rittern und Knechten; und es blieben tot mehr denn achthundert Ritter und Knechte. Der Herzog von Gelderland, den man die Blume von Geldern nennt, ward in dem Streit auf der Jülicher Seite erschossen, und der Graf von St. Pol aus Welschland fiel auf der Brabanter Seite mit vielen seiner Landsleute aus Welschland. Und Johann, Erzbischof von Mainz, war ein Bruder des genannten Grafen von St. Pol, obwohl er ein Welscher war. So ward der größere Haufe Männer von dem minderen niedergeworfen; das kam von Gott, wie denn Judas Maccabaeus sagt: "Non in multitudine exercitus victoria belli est, sed de celo est". Das heißt so viel wie: Der Sieg kommt von dem Himmel hoch und nicht von der Vielzahl der Leute. In dem besagten Jahre ,da erhob sich zu Köln in der Stadt eine große Zwietracht und ein Hader zwischen dem Rate und den Meistern von dem Wollweberhandwerk. Und das kam so. Es war ein Mann als Gast nach Köln gekommen, der war von einem rechten Gericht seines Leibes und Gutes verlustig erklärt und dazu verurteilt worden, daß man ihm das Haupt sollte abschlagen. Den führte man auf das Feld zum Gerichte. Dabei standen viele, die vom Wollenhandwerk waren; sie nahmen den Mann, den das Gericht verurteilt hatte, und führten ihn mit Gewalt in die Stadt zu Köln und meinten, daß sie ihn so erlösen könnten. Sofort trat der Richter vor den Rat und führte laute Klage ob der Gewalt, die da geschehen war. Und der Rat und seine Freunde wappneten sich und bereiteten sich zum Streit und zogen gegen die Weber. Und deren war auch eine große Rotte, mehr denn sechshundert, wohl gerüstet mit aufgerichteten Panieren, und traten gegen sie an. Da behauptete der Rat das Feld mit großen Ehren. Auf der Gegenseite blieben sieben oder acht tot auf der Walstatt, die anderen flohen, obwohl ihrer zweimal mehr waren als der vom Rate. Dazu fingen sie ihrer dreiunddreißig in den nächsten vierzehn Tagen; denen schlug man ihr Haupt ab auf dem Heumarkte, so heute und morgen, wie sich das traf. Dazu vertrieben sie manchen reichen ehrbaren Mann von dem vorhergenannten Handwerke, nahmen ihm seine Habe weg und bereiteten ihnen großen Verdruß. Sie brachen ein großes Versammlungshaus ab, das einem großen Palaste glich und in dem sie zusammenkamen wegen ihrer Zunftangelegenheiten. Der Rat machte daraus eine schöne Fleischschirne, so daß die Vertreter des vorgenannten Handwerks kein Recht mehr daran hatten. So hat der Rat zu Köln seinen Willen behalten. Zur selben Zeit da fingen die westfälischen Lendengürtel an. Die waren so, daß Ritter, Knechte und reisige Leute diese Lendengürtel trugen. Sie fingen an der Brust an, wurden hinten auf dem Rücken hart zugespannt und reichten so weit, als die Jacke lang war; sie waren hart gesteppt von beinahe eines Fingers Dicke. Diese Mode kam aus Westfalenland. In derselben Zeit, zu Halbfasten, da wollten die niederländischen Kaufleute mit ihren Gewändern den Rhein herauf fahren zur Messe nach Frankfurt. Da sie von Andernach eine Meile Weges den Rhein aufwärts kamen, da kamen der Graf von Wied und Herr Salentin von Isenburg und nahmen dort den Kaufleuten Gewänder im Werte von mehr denn viertausend Gulden weg und führten sie gen Isenburg. Da erhob sich der ehrwürdige Fürst Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, mit großer Macht und Gewalt und heischte das zurück, was in seinem Gebiet und unter seinem Geleit weggenommen worden war. Doch das geschah nicht. Deshalb legte er sich in der genannten Herren Land, nahm ihnen den Engersgau ab und baute zu Engers eine Burg, die bis auf den heutigen Tag Kunenstein heißt nach seinem Namen. Er nahm ihnen auch Herschbach und Dierdorf ab und tat ihnen großen verderblichen Schaden. Den Kaufleuten ward das Weggenommene und die Gewänder wiedergegeben. So behielt Herr Kuno, der Erzbischof, mit Gewalt seinen Willen und nahm ihnen Land, Leute und die Fähre über den Rhein weg bis auf den heutigen Tag." [Limburger Chronik]
In Steyr werden die Juden im Handel beschränkt. Pest in Böhmen, Schlesien, Polen und in Moskau. Karl IV. erneuert den Landfrieden in Westfalen. Er erklärt die Femegerichte zu Landfriedensgerichten.
Ca.: Nikolaus Oresmius stellt erstmals die physikalischen Bewegungsgrößen graphisch dar.
Bis 1432: Während der Messezeiten und bei Reichstagen erlaubt der Rat von Frankfurt den "Heißen Stein", so etwas wie eine konzessionierte Spielbank, in der ausschließlich Würfelspiele stattfinden. Der "Heiße Stein" bestellt alljährlich in Speyer 10000 Würfel. Eine gleichnamige Institution existiert auch in Mainz.

1372
Karl IV. verleiht dem Erzbischof von Köln und den westfälischen Bischöfen das Recht, unter Königsbann nach Urteil der Freischöffen Landfriedensbrecher mit dem Tode durch den Strang zu strafen. Die Zollstätte von Neuß, dem Erzbischof von Köln gehörig, wird von Zons abgelöst. Besonders am Rhein hat sich der neue Goldgulden schnell verbreitet, so daß die Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und der Pfalz den Fuß des Rheinischen Goldguldens in Münzverträgen regeln. [Die Bezeichnung "Goldgulden" ist an sich ein Pleonasmus.] Der Straßburger Bürger Heinrich Blankhart soll für einen begangenen Mord nach Santjago pilgern. Es gelingt ihm, sich davon durch die Stiftung einer ewigen Messe zu Ehren des hl. Jakob in der Kirche des Straßburger Johanniterklosters loszukaufen. Die Uhr am Straßburger Münster erhält eine Schlagglocke. Wiener Maßeinheiten (nach dem Ordnungsbuch): Das Maß für Holzkohle heißt "Stübich" und entspricht 129,9 oder 133,9 Liter. Für das Kalkmaß "Potigel" existiert ein Eichgefäß. Da man schrieb 1372, da entstand eine große Gesellschaft in deutschem Lande, besonders in dem Lande zu Hessen, die hieß die Gesellschaft von den Sternen. In dieser Gesellschaft führten die Ritter goldene und die Knechte silberne Sterne. Einer der Begründer war Herzog Otto von Braunschweig, dem Göttingen und das Land darum gehört, ein Tochtersohn des Landgrafen Heinrich von Hessen, auch der Graf von Ziegenhain, Graf Johann von Nassau, Herr zu Dillenburg, der Graf von Katzeneinbogen, Herr Johann von Büdingen und weiter die Herren von Isenburg, der Herr von Hanau, der Herr von Lisberg, der Herr von Helfenstein, der Herr von Eppstein und dazu die meisten Ritter und Knechte in dem Lande zu Hessen und in der Wetterau, im Buchenland und am Rhein, in Sachsen, in Thüringen und in Westfalen, so daß man die Gesellen von den Sternen an zweitausend Ritter und Knechte schätzte, die an vierthalb hundert Schlösser hatten. Zur selben Zeit war der hochgeborene Graf Heinrich von Hessen Feind des genannten Herrn von Lisberg. Er schickte seines Bruders Sohn, Landgraf Hermann, da hin, daß er sich mit mehr denn tausend Rittern und Knechten vor den Herzberg legte und da ein Haus aufschlug. Darauf kam die Gesellschaft von dem Sterne zu Haufe, mehr denn fünfzehnhundert Ritter und Knechte, und trieben den Landgrafen fort, verbrannten ihm sein Land bis gegen Fritzlar, lagen darinnen mehr denn acht Tage und schieden wieder von dannen. Darum begannen der genannte Landgraf Heinrich und Landgraf Hermann, seines Bruders Sohn, gegen die Sterngesellen einen täglichen Krieg und gelobte Landgraf Hermann, daß er den Krieg nicht sühnen wolle bei Jahr und Tag. Er hielt das auch durch und hielt mehr denn sechshundert Lanzen von Rittern und Knechten, die er mit hohen Kosten besoldete, mehr denn Jahr und Tag zu täglichem Krieg. In dieser Zeit war der edle Ruprecht Graf zu Nassau, ein Enkel König Adolfs, Grafen zu Nassau, Helfer des hochgeborenen Fürsten, Landgrafen Heinrich von Hessen, wider die genannte Gesellschaft von dem Sterne und nahm dafür seinen Sold. Und es ereignete sich, daß ein Teil der Sterner, in Sonderheit die Grafen von Katzenelnbogen, Graf Wilhelm, Graf Eberhard und Grat Diether, die Niederlassung zu Hadamar des Nachts erstiegen, einnahmen, in der Nacht sorglos umher gingen und wähnten, es in der Hand und in ihrem Willen zu haben. Da ermannte sich die Gemeinde zu Hadamar und stellte sich zur Abwehr mit Werfen, mit Schießen und anderer großer Anstrengung, sie trieben sie kraftvoll hinaus, fingen ihrer acht in derselben Nacht; und deren drei starben, ohne den anderen großen Schaden, den sie vom Stürmen und von den Geschossen hatten." [Limburger Chronik]
Bis 1376: Papst Gregor IX. wird durch die Alberti mit über 400000 Gulden finanziert.

1373
In Augsburg werden in diesem Jahr 5 Personen hingerichtet.
Bis 1392: Guillaume Tirell, genannt "Taillevent", der ehemalige Erste Hofkoch Karls V. von Frankreich verfaßt eines der ersten Kochbücher in französischer Sprache. (Darin wird u.a. auch Hanfsamensuppe erwähnt.)

1374
Tod Petrarcas (70). In Braunschweig beendet nach längeren Unruhen ein blutiger Aufstand die Geschlechterherrschaft. Der Rat, der sich bisher selbst ergänzt hat, wird nun durch 19 Körperschaften gewählt (14 Gilden und fünf Gemeinden). Acht Ratsherren bzw. Bürgermeister werden hingerichtet, 52 vertrieben. Die Vertriebenen fliehen nach Lübeck, Hamburg und Lüneburg. In den Niederlanden, am Rhein und an der Mosel gibt es im Sommer Fälle von Tanzwut: Die Tänzer stellen sich einander gegenüber und tanzen oft einen halben Tag lang auf der Stelle. Mitten im Tanz werfen sie sich auch auf den Boden und lassen sich auf den Leib treten, wovon sie nach eigener Aussage gesund würden. Aus einer niederländischen Quelle (zit. n. Otto von Corwin, Geißler): "Am 16. Juli kam eine sonderbare Art besessener Menschen aus den oberen deutschen Ländern nach Aachen, von da nach Utrecht und endlich gegen September nach Lüttich. Halb nackend, mit Kränzen auf den Köpfen, führten diese Besessenen beider Geschlechter auf den Straßen, selbst in den Kirchen und Häusern, ohne alle Scham ihre Tänze auf, wobei sie in ihrem Gesange nie gehörte Namen des Teufels ausriefen. Nach vollendetem Tanz quälten die Teufel sie mit den heftigsten Brustschmerzen, so daß sie mit schrecklicher Stimme schrien, sie stürben, wenn man sie nicht mit Binden mitten um den Leib stark zusammenschnüre. Bis zum Oktober wuchs ihre Sekte zu vielen Tausenden an. Aus Lüttich strömten täglich neue Tänzer herbei, und zu Lüttich wurden viele, die noch an Leib und Seele gesund waren, plötzlich von den Teufeln ergriffen und verbanden sich mit den Tänzern. Kluge Leute wußten keinen anderen Grund der Entstehung dieser teuflischen Sekte anzugeben als die herrschende Unwissenheit in Glaubenssachen und in den Geboten Gottes. Viele aus dem Volke warfen aber die Schuld auf die Priester, die im Konkubinat lebten, durch die also jene Leute nicht recht getauft worden seien...In einem Flecken bei Lüttich sammelten sich um Allerheiligen eine Menge Tänzer und Tänzerinnen und beschlossen, nach der Stadt zu gehen und den Prälaten samt allen übrigen Pfaffen umzubringen. Als sie jedoch nach Lüttich kamen, legte sich ihre Mordlust bald...Nach dem Wortlaut einiger Verse konnten sie niemand weinen sehen. Die rote Farbe, besonders rotes Tuch und Schnabelschuhe, waren ihnen ein Greuel. Daher wurde den Lütticher Schuhmachern verboten, solche Schuhe zu machen. Sie sagten, sie müßten deswegen hochspringen und tanzen, weil es ihnen vorkäme, als wenn sie in einem Strome von Blut ständen. Andere meinten wieder, sie würden zum Springen genötigt, wenn der Teufel in ihre Beine hinabstiege; kam er jedoch in den Bauch, so quälte er sie entsetzlich. Bei ihren rasenden Reihentänzen gaben sie sich die Hand und ermunterten einander: frisch! frischkes! Diesen Ausruf und andere ausgestoßene Wörter und Töne hielt man dann für die Namen von allerhand Teufeln..." Viele tanzen sich in der Wut zu Tode oder reiteln einander mit Stöcken, die sie im Gürtel stecken haben. Durch Beschwörungen werden etwa 3000 Tanzteufel ausgetrieben, und weil dazu das Johannesevangelium dient, wird ihr Tanz auch "Tanz des Heiligen Johannes" genannt. In Köln tanzen sie nachts, wobei über 100 tanzende Jungfrauen schwanger werden. Nach 16 Monaten nimmt die Geschichte ein schimpfliches Ende. Da man schrieb 1374, des Donnerstags vor Fastnacht, da war eine große Flut auf Erden und große Not von Wassers wegen, so daß der Rhein und die Lahn mehr als sechsundzwanzig Fuß hoch über ihr rechtes Gestade in die Höhe gingen. Die Flut kam von einem großen Schnee, der gefallen war; er schmolz und verging sehr schnell. Es war der größte Schnee, der in hundert Jahren vorher gefallen sein mochte. Und die Flut währte mehr denn fünf Tage und Nächte und nahm zu und ab. Es war große Betrübnis bei den Leuten und das Geflügel in den Häusern, Hähne und Hühner, sangen auch betrüblich. Die Lahn vor Limburg warf in den Gärten alles um und um, auch manchen Rahmen mit Gewand, und führte die Obermühle am Steiger hinweg; auch führte sie hinweg die Walkmühle und die Lohmühle und die Brücke zu Diez, die hölzern war. Das trieb alles fort. Es war auch schon eine Flut zuvor auf den zwölften Tag nach Weihnachten gewesen. Jene Flut kam dieser nicht gleich, da diese größer war. Da man schrieb 1374, zu Mittsommer, da erhob sich ein wunderlich Ding auf Erden und sonderlich in deutschem Lande am Rhein und an der Mosel. Die Leute hoben an zu tanzen und zu rasen und standen je zwei gegen einen und tanzten einen halben Tag auf einer Stelle. Beim Tanzen fielen sie gar oft auf die Erde nieder und ließen sich mit Füßen auf ihren Leib treten; sie nahmen an, daß sie davon genesen wären. Sie liefen von einer Stadt und von einer Kirche zur anderen und hoben Geld von den Leuten, wo es ihnen gegeben wurde. Und es waren ihrer so viele, daß man in der Stadt Köln mehr denn fünfhundert Tänzer fand. Und man fand, daß es Betrug und Ketzerei war, und um Geldes willen geschah, damit ein Teil von ihnen, Frauen und Männer, in Unkeuschheit leben und sie vollbringen konnten. Und fand man, daß zu Köln mehr denn hundert Frauen und Dienstmädchen, die keinen Ehemann hatten, bei der Tanzerei alle wurden Kinder tragend. Wenn sie tanzten, so banden und knebelten sie sich um den Leib hart zu, um schlanker zu erscheinen. Dazu sagten einige Meister, sonderlich die guten Ärzte, daß ein Teil tanze, weil sie von hitziger Natur waren und aus anderen bresthaften Ursachen. Deren aber waren wenige, denen so ge schah. Die Meister der Heiligen Schrift beschworen einen Teil der Tänzer und meinten, daß sie vom bösen Feind besessen wären. So nahm es ein betrügerisches Ende. Und es währte wohl sechzehn Wochen oder ungefähr so lange in diesem Lande. Die vorhergenannten Tänzer, Männer sowohl wie Frauen, taten auch so, als ob sie kein rotes Gewand sehen könnten. Es war aber alles Betrügerei und, wie mich dünkt, eine Vorbotschaft des Antichrists gewesen. Zu dieser Zeit sang man und pfiff dies Lied:
"Geläutert rein und säuberlich, Weiß
ich ein Weib gar minniglich, Die ist
in ihrer Zucht bewahrt. Ich wollte,
daß sie's wüßte, Die Reine, zart."
Da man schrieb 1374, da ward Herr Friedrich von Saarwerden, Domherr zu Köln, ein Erzbischof allda zu Köln. Der regierte das Stift zu Köln gar herrlich und mußte sich sehr viel mit den Westfalen herumbeißen, ehe er mit ihnen sein Durchkommen hatte. Auch war er groß und wohlgestaltet für einen Fürsten. Er hielt herrlich Hof und Haus nach fürstlichem Stande. Unter demselben Bischof geschah es im vierten Jahre seines Bischoftums, daß auf den heiligen Christtag in seiner Gegenwart auf dem Saal zu Godesberg der Burggraf von Rheineck einen Freien erstach, einen ehrbaren, tapferen Ritter; der hieß Herr Rulemann von Sinzig. Der Burggraf ward gefangen und ward von ihm gerichtet und sein Haupt abgeschlagen. In diesen Zeiten war der ehrwürdige Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof von Trier, Verweser des Stiftes zu Mainz und Köln, bis sie zur rechten Besetzung kamen. Damals sang und pfiff man:
"Wie möcht es mir wohl sein
In Reue?
Es grünet in dem Herzen mein
Wie auf der Aue.
Daran gedenke,
Mein Lieb, und nicht enwenke."
Da man schrieb 1374, da war ein Graf zu Solms, der hieß Johann. Und es geschah, daß er wohl mit hundert Pferden vor Friedberg kam und das Vieh zu Hauf trieb. Die von Friedberg jagten ihn bis nach Butzbach vor das Schloß, und waren den Feinden zu stark. Und in dem Durcheinander ritt aus Butzbach ein Edelknecht, der war selbdritt. Sie waren unbewaffnet und wollten nachsehen, was auf dem Felde vorginge. Da geschah es, daß die von Friedberg den edlen Knecht erschlugen. Da war zu Butzbach ein großer Rumor und ein Geschrei; sie zogen zu Felde mit dem erwähnten Grafen zu Solms, stritten mit denen von Friedberg, erschlugen ihrer wohl acht und fingen ihrer mehr denn zweihundert. Diese gaben zu guter Freundschaft mehr denn sechstausend Gulden, und das verdankten sie dem Kaiser, der da hieß Karl, König zu Böhmen. In dieser Zeit, als die von Friedberg gefangen lagen, erhob sich Junker Dietrich, Herr zu Runkel, mit unseren Landsleuten an der Lahn, von Nassau, von Isenburg, von Grenzau, von Westerburg, von Molsberg und anderen Schlössern um Limburg, mit wohl hundert Lanzen guten reisigen Volkes, Rittern und Knechten, gingen die von Friedberg an und suchten sie zu schädigen. Doch wurde dieser Zug gemeldet, so daß die Burgmänner von Friedberg kamen, dem Raube folgten, sie niederwarfen und der Landsleute mehr denn siebzig Mann fingen. Etzliche blieben auch tot. Der genannte Junker Dietrich aber wurde selbdritt mit zwei Hauptleuten gefangen. Für alle gab man als Schatzung zehntausend Gulden, und das war ein gnädiges Lösegeld. In demselben Jahr zwischen St. Michaelis- und St. Lubentiustag verbrannten die von Limburg die Talsiedlung zu Ellar. Da verbrannte ein Knecht in dem Feuer, der von Dehrn her gelaufen war und sie gewarnt hatte. Die Limburger erschlugen einen Mann, und eine Frau ward erschossen, und sie fingen dazu vier Mann. Und das taten sie um zweier willen, die ihre Feinde waren und da aus- und einritten. Von beiden hieß einer Krae und der andere hieß Busse. Diese beiden wurden noch in dem selben Jahre von anderen gehängt, die ihnen Feind waren, und das taten die von Elkerhausen. In demselben Jahre, da waren die von Reifenberg Feinde Junker Philipps, Herren zu Falkenstein. Der wurde der Stumme von Falkenstein genannt; nicht weil er ein Stummer war beim Reden, sondern ein Stummer beim Werken. Die von Reiffenberg erstiegen und gewannen Königstein jenseits der Höhe, fingen ihn mit vier seiner Kinder und führten sie auf ihr eigenes Schloß gen Reifenberg. Dort starb derselbe Junker Philipp binnen acht Tagen, denn er war zu Königstein sehr gefallen und wäre gern geflohen, als das Haus erstiegen ward. Die Kinder gaben denen von Reifenberg dafür, daß sie frei wurden und ihr Haus Königstein wieder ihnen gehörte, zehntausend Gulden und den Helfern fünfhundert Gulden. Von diesen Kindern wurde einer ein Bischof zu Trier, wie man dies hernach beschrieben findet; sein Name war Werner. Da man schrieb 1374, da ward Adolf, des Grafen Adolf von Nassau Sohn, Bischof zu Speyer, ein von dem Kapitel erwählter Bischof zu Mainz. Er nahm alle Schlösser in dem Lande und Bistum zu Mainz und hatte sie in seiner Gewalt. Der Papst Gregor XI. aber gab das Bistum zu Mainz Herrn Ludwig, eines Markgrafen von Meissen Sohn, Bischof zu Bamberg. Und die zwei Bischöfe lagerten sich gegenüber, um sich mit dem Schwerte zu bekriegen. Der von Nassau wollte dem Markgrafen von Meissen nicht weichen und zog an sich den Herzog Otto von Braunschweig, den Grafen von Waldeck, einen Grafen von Schwarzburg, Graf Johann von Nassau, Herrn zu Dillenburg, den Grafen von Ziegenhain, einen Herrn zu Eppstein und einen Grafen von Katzenelnbogen. Diese selbst und dazu mancher andere, Grafen und Herren, zogen miteinander in die Stadt Erfurt und hatten mehr denn sechzehnhundert Ritter und Knechte ohne der Erfurter große Macht. Sie lagerten allda und unterstanden sich, die Markgrafen von Meissen zu überwältigen und sein Land zu gewinnen. Und da boten die Markgrafen von Meissen mit ihren Freunden ein Heer auf und kamen vor Erfurt mit sechstausend Rittern und Knechten auserlesenen Volkes ohne andere Bürger, die sie da hatten. Sie lagerten sich um Erfurt und fügten ihnen großen Schaden zu; sie zerhieben ihre Weingärten und bedrängten sie gar sehr. Und da sie vierzehn Tage und Nächte vor Erfurt gelegen hatten, da kam der römische Kaiser Karl IV., König von Böhmen, und sein Sohn Wenzeslaus mit vielem Volk, Rittern und Knechten, und legten sich auch vor Erfurt mit den Markgrafen von Meissen und lagen allda ganze acht Wochen nach einander mit großen Ehren und großer Gewalt. Sie hätten gern gestritten mit den Herren und mit der Stadt Erfurt, doch gelang es ihnen nicht. Denn was zu Erfurt drinnen war von Herren, Rittern und Knechten, das ritt bei Nacht zwischen zwei Tagen größtenteils alles von dannen und ließen den Markgrafen und den Kaiser allda liegen. So behielt der genannte Bischof Adolf das Bistum zu Mainz gänzlich mit allen Schlössern, Ländern und Leuten mit rechter Gewalt wider den Papst, den Kaiser und alle Markgrafen von Meissen, ließ sie alle ihr Bestes suchen und regierte das Stift zu Mainz als ein kühner, energischer Fürst in trefflicher Weise und vollführte er das, was der Metriker in der Schule sagt: "Audaces fortuna iuvat non omnibus horis". Das heißt: Das Glück hilft den kühnen Leuten nicht zu aller Zeit, das laß dir gedeuten! Da man schrieb 1374 Jahr auf den Montag nach unseres Herrn Leichnams Tage, das war der fünfte Tag in dem Monat, den man lateinisch Junius nennet, da hielten Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, und Junker Johann, Herr zu Limburg, ein strenges Gericht zu Limburg auf dem Berge in eigener Person ab. Das Gericht sollte sein über einen Schöffen zu Limburg namens Johann von Nauheim. Und die genannten Herren hatten zu Beisitzern am Gerichte Herrn Friedrich von Saarwerden, Erzbischof zu Köln, Johann Grafen von Sayn, Reinhard Herrn zu Westerburg, Dietrich Herrn zu Runkel, und viele andere Ritter und Knechte. Das Gericht ging in der Form und Weise an, wie hernach geschrieben steht. Da stand ein Ritter mit Namen Herr Dietrich Walpode auf und fragte die Schöffen zu Limburg im Aufrag der Herren, daß sie auf ihren Eid sagten und offenbarten, wofür sie ihre Herren hielten, und was ihre Herrschaft, ihre Freiheit und ihr Recht wäre zu Limburg. Da gingen die Schöffen hinaus und hielten eine Beratung und kamen wieder und taten ihren Spruch. Das Wort führte Johann Boppe, Schöffe zu Limburg, gar würdig und sprach mit Festigkeit im Namen der Schöffen von Anbeginn des Gerichts bis zuletzt und sprach also: "Wir bekennen, daß unser Herr von Trier unser Herr durch Kauf ist nach dem Wortlaut und Ausweis solcher Briefe, die darüber gegeben und besiegelt sind mit Vorbehalt der Vorzeigung auch solcher Briefe und Gegenbriefe, die auch die Bürger und die Stadt von Limburg von dem Stifte und unserem Herrn von Trier und seinen Vorgängern wiederum und dagegen haben". Weiter sprach er: „Wir bekennen und halten unseren Junker von Limburg für unseren rechten geborenen Herrn, der zur Herrschaft von seinen Eltern, unseren seligen Herren, geboren ist, wie daß die Herrschaft und Herrlichkeit an ihn durch Erbschaft überkommen und gelangt ist von seinem Vater und Herrn Gerlach, seinem Bruder, unseren seligen Herren". Zum anderen Male stand der vorher genannte Ritter auf und fragte die Schöffen im Auttrage der Herren und ermahnte sie gar ernstlich und auf den Eid, daß sie erzählten und sagten von Punkt zu Punkt und von Stück zu Stück, was der Herren Herrlichkeit, Herrschaft, Freiheit und Recht wäre, und was man ihnen hier zu Limburg an der Herrschaft zugestände, ohne daß ihre Herrschaft und Freiheit einen Verlust erlitte. Da gingen die Schöffen abermals hinaus und berieten sich und kamen wieder und der genannte Johann Boppe sprach: "Wir erklären für Recht, daß das Gericht zu Limburg unseren Herren gehört über Hals und Haupt; doch daß die Herren keinen Bürger von Limburg nicht greifen, noch in irgend einer Weise anrühren sollen, die Schöffen hätten denn darüber zuvor geurteilt. Weiter gestehen wir den Herren die höchste Wette zu, das sind zehn Mark Limburger Währung, und der ganzen Stadt Limburg ein Fuder Frenzwein, sowie einem jeglichen Schöffen eine Mark weniger vier Pfennige. Zum anderen gestehen wir den Herren die mindeste Wette zu, das sind dreißig Schilling Pfennige, und einem jeglichen Schöffen zehn Pfennig; und wir erkennen als Recht, daß man keinen Bürger zu Limburg pfänden noch ergreifen soll einer Geldbuße wegen, man habe denn zu zweimal vierzehn Tagen über die Geldbuße vorher gerichtet und über die kleine Geldbuße zu dreimal vierzehn Tagen. Auch soll man keinen Bürger zu Limburg antasten oder vor Gericht ziehen, der jemand geschlagen oder gestochen hätte, solange der Geschlagene noch den Atem in seinem Leibe hat. Dies alles ist in jeder Weise althergebracht und allzeit getreulich und festgehalten worden." Wiederum fragte der genannte Ritter im Auftrage der Herren, wenn einer eine Gewalt begehe zu Limburg, ob dann ein Amtmann der Herren ihn ergreifen und in Haft halten könne bis zur Entscheidung der Schöffen, damit er nicht vorher flüchtig werde. Da gingen die Schöffen hinaus und kamen wieder, und der vorgenannte Johann Boppe antwortete für sich und die Schöffen und sprach: "Wir erklären für Recht, so bald einem Amtmann eine Gewalttat geklagt wird, so soll er im Auftrag der Herren ein Gericht bescheiden und soll die Schöffen auch versammeln und die Klage eröffnen, so wie die Sache geschehen und erfolgt ist. Nachdem dann die Klage erbracht worden ist, sollen sich die Schöffen beraten und überlegen und sollen dann sagen und für Recht erklären, was nach ihrer Ansicht Recht sei. Und werde es ihnen nicht von den Schöffen angewiesen, so sollen die Herren oder auch die Amtleute keinen Bürger ergreifen noch irgendwie anrühren". Zum andern Mal fragte der vorher genannte Ritter im Auftrag der Herren, wenn man einen verdächtige, daß er eine Gewalttat getan und begangen hätte, was er den Herren schuldig wäre. Deshalb gingen die Schöffen abermals hinaus und berieten sich und kamen wieder; und es antwortete der vorher genannte Johann Boppe im Namen der Schöffen und sprach: "Liebe Herren, wir, die Schöffen zu Limburg, erkennen und sprechen noch kein Urteil über einen nur gedachten Fall." Und mehr sagte er nicht. Liebe Freunde, da diese Fragen und Antworten, wie sie hier beschrieben sind, und noch viel mehr der Reden, die hier nicht alle geschrieben stehen, geschehen und mit Würde und Weisheit beantwortet worden waren, da standen die beiden vorher genannten Fürsten von Trier und von Köln, die Grafen, Herren, Ritter und Knechte auf und verwunderten sich über die große Vorsichtigkeit und einer sah den andern an, als ob sie sollten sprechen: "Der Has' ist uns entgangen, den wir wähnten zu haben gefangen." Und sie erwiesen den Schöffen große Ehre, lobten ihre Weisheit und gingen von dannen. Daran gedenket. Ihr Jungen und Ihr Alten, Daß Ihr mit Weisheit möget behalten Euren Leib, Gut und Ehre, Das ist Euren Kindern gute Märe. Bittet Gott für den Schreiber Tilemann, der diese Urteile sofort zur Notiz nahm zur Ehre und Wohlfahrt der Stadt zu Limburg! Dies sind die Schöffen, die zu der Zeit waren, als dies vorgenannte Gericht zu Limburg war: Johann Boppe, Johann von Nauheim, Helwig von Holzhausen, Markwart Borgenit, Otto Knappe, Kunze Schultheiß, Johann Mulich, Heinrich Wiße, Kunz Priol, Kuno auf der Schoppen und der alte Johann Sibolt. In dieser Zeit, fünf oder sechs Jahre zuvor, da lebte am Main ein Mönch des Barfüßer-Ordens, der war von den Leuten ausgewiesen und war nicht rein. Der machte die besten Lieder und Reigen in der Welt, in Reim und Melodie, so daß ihm niemand am Rheinstrome oder in diesen Landen gleichkam. Und was er sang, das sangen die Leute alle gern, und alle Meister, Pfeifer und andere Spielleute führten den Sang und die Gedichte mit sich. So sang er dies Lied:
"Im Leben bin ich ausgezählet, Man weist
mich Armen vor die Türe, Untreue ich nun
spüre Zu allen Zeiten."
Ferner sang er:
"Mai, Mai, Mai,
Deine wonnigliche Zeit,
Jedem Freude gibt,
nicht mir.
Was meinet das?"
"Die Untreue hat mit mir gespielt" usw.
Der Lieder und Widergesänge machte er gar viele, und war das alles gut zu hören." [Limburger Chronik]
In Köln werden die Höchstlöhne für Dachdecker, Zimmerleute und Steinmetze festgelegt. Einige von diesen versuchen in der Folgezeit, sich unerlaubt zu bereichern, indem sie für die Lehrlinge einfach Gesellenlöhne berechnen. In Butzbach gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. Venedig richtet für (pestverdächtige) Neuankömmlinge eine dreißigtägige Isolation (trentana) ein - eine erste Quarantäneverordnung.
9. Oktober: Karl IV. erteilt der Stadt Reutlingen das Privileg, daß Prozesse gegen ihre Bürger künftig nur noch vor dem Reutlinger Stadtschultheißen angestrengt werden können. In Venedig wird den Banken der Warenhandel untersagt. Venedig organisiert Konvois nach Brügge.
Und 1375: Hungersnot in Florenz. Die französischen Legaten des Papstes, die ohnehin nicht sehr beliebt sind, untersagen den Export von Getreide aus den Kirchenstaaten.

1375
Tod Boccaccios (62). Der Lübecker Hansetag schließt Braunschweig aus der Hanse aus. John Gower klagt: "Auf dieser Welt wird alles zusehends schlimmer. Schäfer und Kuhhirten verlangen für ihre Mühe mehr, als der Vogt in früheren Tagen für sich selber forderte...Die Armen und das niedere Volk wollen besser essen als ihre Herren. Und mehr noch, sie stecken in schönen Kleidern, die in allen Farben leuchten." Es verstirbt die Nonne Langmann aus Engelthal. Sie hat aufgrund von Visionen behauptet, Christus hätte durch ihe Bitten einmal 4000, andere Male 10000, 20000 und 30000 Seelen aus dem Fegefeuer befreit. Seit diesem Jahr hat Hamburg eine "Tollkiste" (Irrenhaus). Aus der Hamburger Gerberordnung: "Welk knecht der dre jahr gedeet heft in dem ampte, lüstet et em tho wandernde, dat shal he kündigen den werkmeistern." Die Gesellenwanderung wird erst in diesem Jahrhundert prägend für die Gesellenzeit. Wanderpflicht wird erst Mitte des 15. Jhs. relevant. In dem Jahre 1375, da war ein besonders trockener und heißer Sommer, so daß es mehr denn zwölf Wochen nicht regnete. Und in dem Jahr ward das Korn und die Früchte so gut, wie man vierzehn Jahre vorher nicht gesehen hatte. Zu Limburg in der Ernte galt das Malter unter der Sichel einen Gulden und danach zehn Schilling Pfennige. Auch der Wein ward gar gut in dieser Zeit und es wäre gar viel geworden, aber die Sonne hatte ihn verbrannt und verheert Die Maß des besten Weines galt zu Limburg acht alte Heller, und das währte fünf Jahre nacheinander. In diesem selben Jahre zu Herbst vor St. Michels-Tag, da kam eine große Gesellschaft von Lombarden vor Metz. Die lagerten sich in dem Lande an der Mosel und verwüsteten das Land, so daß die von Metz handelten mit ihnen um mehr denn zwanzigtausend Gulden, daß sie in Frieden verblieben und daß auch ihre Weingärten unbeschädigt blieben. Da zogen sie in das Bistum Trier. Des ward gewahr der genannte ehrwürdige Herr, Herr Kuno, Erzbischof zu Trier, sammelte ein großes Heer und wollte mit ihnen streiten. Da flohen sie wieder hinweg und kamen vor Straßburg und in das ganze Land ringsum im Elsaß länger als zwei Monate mit ganzer Gewalt und verdarben das Land jämmerlich. Sie wurden auf mehr denn zwanzigtausend gewappnete Männer geschätzt, ohne die Schützen und anderen Leute und Frauen. Da versammelten sich die Fürsten, nämlich der Herzog von Österreich, die Herzöge von Bayerland und Herr Adolf, Bischof zu Speyer, erwählter Erzbischof zu Mainz, und dazu die Grafen und Herren, so daß sie genug Leute zum Streiten hatten. Aber die zu Straßburg und die anderen Städte hatten kein Vertrauen zu den Herren und wollten nicht zu Felde. Jedoch die Gesellschaft zog sich zurück und floh ins Welschland. Als sie aber gewahr wurden, daß die Fürsten und die Herren fortgeritten und geschieden waren, da kam die vorher genannte Gesellschaft wiederum ins Elsaß. Da taten sich die Schweizer zusammen, zogen gegen sie, verbrannten ihrer in einem Hofe und erschlugen ihrer dazu so viele, daß mehr denn zweitausend tot blieben. Und damit wurden sie aus diesen Landen gejagt." [Limburger Chronik]
Bis 1384: In den Ausgaben des Rats von Bern tauchen häufig Beihilfen für Ziegeldächer auf.

1376
Gründung des Schwäbischen Städtebundes gegen Graf Eberhard den Greiner von Württemberg: Ulm, Konstanz, Überlingen, Ravensburg, Lindau, St. Gallen, Wangen, Buchhorn, Reutlingen, Rottweil, Memmingen, Biberach, Isny und Leutkirch. Die Bundesstädte werden geächtet. Nach einem mißlungenen Handwerkeraufstand in Hamburg wird die gesamte Bürgerschaft neu in Eid genommen: Von 1175 registermäßig erfaßten Personen sind 178 selbständige Fernkaufleute (84 Flandernfahrer, 35 Englandfahrer, 40 Lübeckfahrer, 19 Gewandschneider); dazu kommen 21 Krämer und 10 Höker. 457 sind Brauer, darunter 126 Exportbrauer nach Amsterdam und 55 Exportbrauer nach Friesland. Der Rest (43,3%) entfällt auf das sonstige Handwerk (ohne Brauer). In Frankfurt läßt der Rat für Altstadt und Sachsenhausen keine neuen Backhäuser und Schmieden mehr zu. Bei den Schmieden geht es nicht nur um Brandverhütung, sondern auch um Lärmbelästigung. Das Stadtrecht von Pettau sieht Strafen für jene Bäcker vor, die den Markt nicht beliefert haben oder kein Brot im Backofen haben, bei denen jedoch der Stadtrichter Mehl findet. Der "Überleger" (Pflasterer) Magister Johannes erhält für das Pflastern von Straßen 162 Pfund Pfennig und für das Ausbessern von bestehenden Pflasterstraßen 124 Pfund Pfennig. Die Pfründeninhaber des Heiliggeistspitals in Ulm können seit diesem Jahr jährlich eine zwanzigtägige Badekur antreten. Papst Gregor XI. kehrt nach Rom zurück.

1377
In Basel wird das Kartenspiel verboten. In Frankfurt betreut der Stadtarzt auch die Spitäler. Aus der Frankfurter Metzgerordnung: "Item ein knecht, der nit eins metzelers son zu Franckefurt noch von Franckefurt burtig ist, nymmet der eins metzelers dochter zu der heiligen ee, der sal ein redelichen besiegelten brieff brengen von dem rade oder gerichte, dar er her burtig ist, das er von frommen erbern vater und muter und elich geborn und nit eins scheffers sone sij, so ferre yne wissentlich sij ungeverlich und er selbs auch einen erbern lumont habe." Eine Ausgrenzung der Schäfer als unehrlich und damit handwerksuntüchtig erfolgt im 14. Jahrhundert nur vereinzelt. In 15. Jahrhundert werden solche Fälle häufiger, obwohl es möglich ist, mit Erfolgsaussicht bei der Obrigkeit dagegen zu klagen. Die Diffamierung der Schäfer gründet sich darin, daß sie an Orten, wo es keinen Schinder gibt, die verrufene Abdeckertätigkeit ausüben, obwohl dies auch im Namen der Obrigkeit geschieht. In Nürnberg wird der Lueg-ins-Land errichtet, ein sehr hoher Turm, welcher dazu dienen soll, den Burggrafensitz im Osten der Stadt zu übberwachen. (Dieser Burggrafensitz ist zu unterscheiden von der Reichsburg im Westen der Stadt.) In Korbach gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. Tübingen hat eine Gelehrtenschule. Ibn Battuta (73) stirbt. Der "Marco Polo der Araber" hat in ingesamt 27 Reisejahren etwa 120000 km zurückgelegt. Er ist länger und weiter unterwegs gewesen als Marco Polo. In England werden Kopfsteuerlisten angelegt. Hier wird über 14 Jahre eine Gesamtbevölkerung von 1361478 Einzelpersonen über 14 Jahre verzeichnet. Da es seit 1348 mehrere Pestwellen gegeben hat, nehmen einige an, diese Zahl entspräche der Hälfte der Bevölkerungszahl vor der Pest. Die Bevölkerung unter 14 dürfte zwischen 35 und 45% betragen, der Anteil der Steuerausfälle 20 bis 25% (R. Bartlett 1993). Im Rahmen dieser Werte ergibt sich eine Bevölkerungszahl von knapp vier Millionen bis maximal 6,5 Millionen für England. daraus wiederum ergibt sich ein Bevölkerungswachstum (für England) seit dem 11. Jh. (Domesday Book) von minimal 0,2% und maximal 0,68% pro Jahr. (Zum Vergleich heute: 1. Welt 0,8%, 3. Welt 2,5%) Beginn des Süddeutschen Städtekrieges (bis 1389). Die Städte besiegen Karl IV. bei Ulm. Die Reutlinger unternehmen einen Raubzug ins Uracher Tal, um Proviant für die Stadt zu erbeuten (darunter "300 haupt vichs"), was Graf Ulrich von Württemberg zum Anlaß gibt, ihnen den Rückweg abzuschneiden bzw. ihr Eingreifen in den Städtekrieg zu verhindern. Der Graf wird vor den Toren der Stadt von den Reutlingern vernichtend geschlagen und kann mit Mühe und Not in die nahegelegene Burg Achalm (seit 1262 württembergisch und ständige Bedrohung für Reutlingen) entkommen. In Ragusa werden (pestverdächtige) Neuankömmlinge für einen Monat isoliert (vgl. Venedig 1374).
Bis 1392: In Nürnberg ist Meister Heinrich als einer der beiden ersten besoldeten Apotheker nachgewiesen. Sein Jahressold beträgt acht Pfund Heller.
Bis 1397: Rigoroses Vorgehen des Nürnberger Rats bei der Durchsetzung der Kleiderordnung. Es werden gegen Patrizier Geldstrafen zwischen fünf Pfund Haller bis drei Gulden wegen zu schweren Gürteln und Silberketten, seidenen Wämsern, zu weiten Ärmeln oder einem Mantel mit eingenähtem Seidenfutter verhängt. Die Stadtrechnungen bis 1397 lassen erkennen, daß daß selbst angesehene Patrizier hohe Geldbußen wegen Übertretung der Kleiderordnung zahlen müssen.

1378
In Basel werden Schneeballschlachten verboten (noch oft bis 1656). Beschreibung eines Kegelspiels nach einer französischen Urkunde: "Mehrere Gesellen der Stadt Serry taten sich zu einem freundschaftlichen longues quilles-Spiel zusammen, bei denen man auseiner stattlichen Entfernung mit ungefähr einer Elle langen Stöcken nach den Kegeln werfen muß." Großes Schisma der Kirche: Ein Teil der Kardinäle wählt den Erzbischof von Bari zum Papst, der als Urban VI. (bis 1389) in Rom bleibt. Die anderen wählen den Kardinal Robert von Genf, der als Klemens VII. nach Avignon geht. Urban wird anerkannt im Reich, in Flandern, dem größten Teil Italiens, England, Ungarn, Polen, Dänemark, Schweden und Norwegen. Zu Klemens halten Frankreich, Savoyen, Schottland, einzelne deutsche Gebiete, Neapel, Sizilien, Sardinien, später auch die spanischen Königreiche.
20. Juni: Aufstand der Wollarbeiter und anderer Tagelöhner in Florenz. Nach dem Sturm auf die Adelspaläste halten sie eine Sitzung ab und fordern höhrere Löhne, eine eigene Zunft, Mitbestimmung am Stadtregiment, Befreiung von der Gerichtsgewalt. Steyr wird von der Jurisdiktion des Burggrafen befreit. Karl IV. hat in seiner Kanzlei erstmals ein breites deutschsprachiges Urkundenwesen entfaltet, wozu hier ein Beispiel vom 24. Juni stehen soll, welches am Ende des Mainzer Bistumsstreits einzuordnen ist: "Karl von gotes gnaden Romischer keyser zu allen zeiten merer des reichs und kunig zu Beheim (.) Erwirdiger Adolph, bischoff zu Spyre. Wir haben furmals empfolhen und gebeten den hochgeboren Ruprecht den elter pfalczgraven bey Reyne, des heiligen reichs oberisten trukczessen und herczogen in Beyern, unsern lieben swager und fursten, daz her von unsern und des reichs wegen losen wolle die dorffer uff der ebyn, die czenten zu Reichartshusen und die kunigslewte, wo die gesessin sint, die dorczu gehorent, die in pfandisweyse von dem reiche stehen dem styffte zu Mentze. Nu ist uns furkomen, daz du die mit beten und andern sachen beswerest und auch daz sie von deinen wegen und fur dich beschedigt und angegriffen werden. Und wann wir die lewte und guter zu der losungen dem reiche unvorterbit haben wollen, heissen wir dich bey unsern und des reichs hulden und wollen daz also gestalt habin, daz du schaffest, understehest und gentzlichen bestellest, daz die egenanten guter und lewte umbeschedigt furbas bleibin. Tetest du des nicht, so sol sie der egenant unsir swagir herzog Ruprecht von unsern und des reichs wegenschutzen und schirmen. Gebin zu Prage an sante Johanns tag des tawffers unsirer reiche in dem tzweyunddreyssigsten und des keysertums in dem vierundzwentzigsten jaren. de manto. dni. imperis. Nicol. Camericen. prepositus." Abschiebung von Geisteskranken: Eine "Unsinnige" zu Nürnberg wird, nachdem sie einige Zeit im Lochgefängnis zugebracht hat, mit Pelz und Schuhwerk versorgt und dann aus der Stadt abgeschoben.
31. August: In Florenz wird der Aufstand der Wollarbeiter (Ciompi) von der Bürgermiliz niedergeschlagen. Man treibt sie zur Arbeit zurück. In Köln fordert der Rat die Kannengießer auf, Flaschen und Kannen wie vorgeschrieben eichen zu lassen, bei einer Strafe von sechs Schilling Pfennig pro Stück. In Nürnberg stirbt Meister Bertold, einer der beiden ersten nachgewiesenen besoldeten Apotheker. Sein Jahressold hat 16 Pfund Heller betragen. Pest in Thüringen und Hessen, später in Schwaben. Kaiser Karl IV. (62) stirbt; sein Sohn Wenzel (17) wird König. "Diser Wentzlaw was seinem vater in allen dingen vngleich. Er suchet wollvstbarkeit vnd fluhe sorg vnd arbeit. vnd was des weins geflißner vnd giriger dann zu versorgknus des reichs. vnd verzeret alle zeit seiner tag in müßigkeit vnd flaischgirigkeit." [Schedelsche Chronik, 1493]
1378/1379: In Wien heißen die Kloakenreiniger offziziell "purgatores privete", im Volksmund jedoch "Könige der Nacht" oder "Kotkönige".

1379
In St. Gallen wird das Kartenspiel verboten. Papst Clemens VII. gestattet Erfurt die Errichtung einer Universität. In Vicenza wird an Pfingsten ein Feuerwerk veranstaltet: Eine an einer Schnur befestigte und mit einer Rakete versehene (offenbar künstliche) Taube fährt vom Bischofspalast zur Schaubühne eines Mysterienspiels hinab. Ob dieses Wunders sollen sich die Zuschauer zu Boden geworfen und angeblich in fremden Zungen geredet haben. Gründung des Wendischen Münzvereins durch die Städte Lübeck, Hamburg und Wismar. Da man schrieb 1379, in dieser Zeit ging an, daß man das heilige Blut besuchte zu Wilsnack in dem Lande Sachsen. Und es geschahen dort besonders viel große Zeichen und Wunder, was man anderswo alles beschrieben findet. (...) In dieser Zeit wurde Neuenahr bei Sinzig am Rhein erobert und zerstört. Das tat Herr Friedrich von Saarwerden, Erzbischof zu Köln. Da man schrieb 1379 Jahr, da lag Herr Kuno, Erzbischof zu Trier, vor Hattstein mit Hilfe der Städte Mainz, Frankfurt und Limburg. Und der genannte Herr Kuno gewann es binnen vierzehn Tagen, so daß die Burg sich ergab und in seine Hand überging; und ist sie zu ewigen Tages des vorhergenannten Stiftes Untertasse, sein offen Haus. In dieser Zeit sang man und pfiff dies Lied:
"Die Fährte ich zurück jetzt jage, Das
prüfe ich Jäger an der Spur. Hoho! sie
ist vor mir, Die ich so lang' erwartet habe."
Da man schrieb 1379, da war eine Gesellschaft von Rittern und Knechten in dem Lande zu Hessen und an der oberen Lahn; und der waren mehr denn zweihundert. Die hießen die Gesellen von dem Horne, also nannte man sie die Hörner. Die hielten zusammen und erzürnten sehr ihre Nachbarn. Die Gesellschaft währte bis in das dritte Jahr; da nahm sie ein Ende. In dieser Zeit, da ging das Studium zu Heidelberg an bei Herzog Ruprecht von Bayern, Pfalzgrafen bei Rhein." [Limburger Chronik]
In England verbietet ein Erlaß den Pastetenbäckern, sich bei den Köchen adliger Häuser mit Innereien von Kapaunen, Hühnern oder Gänsen einzudecken, damit keine verdorbenen Pasteten verkauft werden.

1380
Ein Handwerkeraufstand in Lübeck wird gütlich beigelegt. Braunschweig muß durch einen Sühnevertrag die 1374 Vertriebenen wieder aufnehmen und entschädigen. Heinrich III. von Brandis, der Bischof von Konstanz (1370 - 1380) erläßt eine ausführliche Judenordnung mit gehässigen Bestimmungen, um möglichst jeden Kontakt mit den Christen zu unterbinden. In Nürnberg wird das Kartenspiel verboten. Es entsteht der erste größere Hochofen. St. Stephan zu Wien hat einen Türmer, welcher stündlich die Glocke schlägt. Da man schrieb 1380 Jahr im Hartmonde ward zu Limburg an der Lahn ein Kind geboren, das hatte vier Arme und vier Beine und eine Platte auf seinem Haupte und starb alsbald. Und bekannten sich dazu Vater und Mutter. Und da man schrieb das Datum, wie oben steht, da war eine große Gesellschaft am Rhein von Grafen, Herren, Rittern und Knechten; die nannten sich die brüllenden Löwen, und dabei war auch der von Württemberg und der schwäbischen Ritter und Knechte viele. Sie waren Feinde der Stadt Frankfurt und zogen vor sie und zwangen die Stadt dazu, mehr denn sechsundzwanzig Gefangene ledig und los zu sagen und ohne einen Heller und Pfennig herauszugeben. Die Löwen waren von Kelwin und währten nicht lange. In dieser Zeit war ein Maler zu Köln, der hieß Wilhelm. Er war der beste Maler in deutschen Landen, so ward er geachtet von den Meistern, denn er malte jeden Menschen so, als würde er leben. In dieser selben Zeit war in Westfalen in dem Stifte zu Paderborn und in derselben Gegend ringsherum auch eine Gesellschaft von Rittern und Knechten; die hießen die Falkener. Das waren Ritter und Knechte. Die Gesellschaft nahm ein Ende binnen drei Jahren. In dieser selben Zeit, da schlug Landgraf Hermann zu Hessen eine Burg auf dem Wedelberg bei dem Städtchen Naumburg auf, eine Meile von Wolfhagen. Die Burg ward binnen zwei Jahren wieder abgebrochen, und das geschah ohne Nötigung und ward freundschaftlich ausgemacht. Auf demselben Berge Wedelberg hatte hundert Jahre zuvor schon eine Burg gelegen. Sechzehn Jahre später ward noch eine Burg auf demselben Berg aufgeschlagen, wie hernach geschrieben steht.Zu derselben Zeit, da sang man und pfiff dies Lied:
"Die Sehnsucht will mich nicht verlassen
Nacht und Tag, zu keiner Zeit."
In dieser Zeit ward der Schnitt der Kleider so verwandelt, daß, wer heuer ein Meister des Schnittes war, der ward über ein Jahr ein Knecht, wie man dies hernach beschrieben findet. Da man schrieb das Jahr 1380, da schlossen die rheinischen Städte, von Frankfurt an bis nach Mainz zu und bis ins Schwabenland, in gleicher Weise überall Freundschaft, machten einen Bund und verbanden sich eidlich miteinander. Sie gewannen Diener für sich, jegliche Stadt nach Gebühr und nach ihrem Vermögen und besoldeten sie; und sie wurden geschätzt auf zweitausend Lanzen reitender Leute. Und es ging ihnen in den ersten fünf Jahren gar wohl, so daß sie die Oberhand hatten; sie gewannen Burgen und Land und bedrängten ihre Landesfürsten über die Maßen und dazu die Grafen, Herren, Ritter und Knechte, so daß sie diese beherrschten und überwältigten. Einige Städte unterstanden sich, die Pfaffen, Stifte und Klöster und geistliche Leute sehr zu bedrängen. Von diesen heischten sie Steuern und Geld von ihren geistlichen Gaben und Benefizien für ihre Söldner und unterstanden sich, zu viel zu fordern. Da kamen sie in die Klemme und es entstand eine Zweiung und eine Feindschaft zwischen Herzog Ruprecht von Bayern, Pfalzgrafen bei Rhein, und dem Bunde, und alle Herzöge von Bayern und viele andere Fürsten und der Herr von Württemberg wurden alle Feinde des Bundes und setzten ihm hart zu, wie man hernach beschrieben findet. Da man schrieb 1380 auf St. Bonifatius-Abend, da hatte die Stadt zu Limburg gar große Fehde. Die Feinde kamen, mit mehr denn dreihundert Lanzen, Ritter und Knechte, die beste Ritterschaft, die die untere und obere Lahn hatte, und fielen des Morgens, da die Sonne aufging, in die Vorstadt jenseits der Brücke und verbrannten mehr denn zwanzig Häuser und Scheuern. Und die Limburger traten ihnen entgegen und taten heftige Gegenwehr mit Werfen und Schießen und wehrten den Feinden, so daß sie nicht Macht hatten, weiter zu brennen; anders hätten sie die Vorstadt völlig verbrannt und geplündert. Und von den Feinden blieb einer tot und zwei wurden gefangen, und der Limburger wurden auch zwei gefangen. Und dies alles geschah deshalb: Der Limburger Söldner einer erstach den Edelknecht Dietrich von Staffel. Dadurch kamen die von Limburg in Bedrängnis. Dazu wurden sie gebracht von den Rittern vom Stein, von Langenau, von Kramberg und anderen Freunden des Ritters. In derselben Zeit, im Winter, da zogen die rheinischen und einige schwäbischen Bundesherren vor Burgsolms, das zwischen Braunfels und Wetzlar liegt. Sie lagen einen Monat davor und brachen es bis zum Grunde ab. Auch Hattstein ward genommen von Bischof Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, und von den Reichsstädten hier zu Lande. In diesen Jahren, da fing es an, daß Herren, Ritter und Knechte kurze Haare und Krullen trugen, über den Ohren abgeschnitten, gleich den Konversenbrüdern. Und da taten das auch alle Bürger und die gewöhnlichen Leute und danach alle Bauern. In dieser Zeit war das dritte Sterben, in dem Maße, wie die ersten Sterben waren; doch war es mäßiger. In dieser Zeit ward die Burg Greifenstein bei dem Städtchen Herborn aufgeschlagen von Graf Ruprecht, Grafen zu Nassau, und Johann, Grafen zu Solms. Sie taten dies gegen Graf Johann zu Nassau, dem Herborn gehörte. Vor hundert Jahren hatte schon eine Burg dort gelegen, die auch Greifenstein hieß und gebrochen worden war. In dieser selben Zeit, da geschah eine Sache zu Limburg, wie man sie zu Limburg nie gesehen oder gehört hatte, soweit jemandem eindenklich war. Es fand eine vierfache Trauung und Ehe statt, und das war so. Es war ein edler Mann, der hieß Heinrich von Staffel, und der hatte drei junge Söhne. Und es war in dieser Zeit eine Bürgerin zu Limburg, die war eine Witwe, eines Schöffen Tochter, der Johann Boppe hieß. Sie hieß Grete und hatte drei junge Töchter. Und griffen die acht zusammen zu der heiligen Ehe, so daß Heinrich Grete kaufte und die drei Knaben, die Brüder, zu gleicher Zeit die drei Schwestern kauften. Die genannten Eheleute wurden alle binnen kurzer Zeit von Todes wegen geschieden, ohne Leibeserben, ohne das jüngste Paar, das am Leben verblieb." [Limburger Chronik]
In Böhmen ist von einer "großen Pest" die Rede; in Prag sollen angeblich 1100 an einem Tag gestorben sein; die Studenten sollen aus der Stadt geflüchtet sein. König Wenzel erhebt Graf Wilhelm von Jülich-Berg zum Herzog.
Ca.: Erste Zunftordnung der Tuchmacher von Dresden. Diese bilden dort die größte Handwerkerzunft.
Ca.: Nach der Limburger Chronik wird "der snet von den kleidern vurwandelt: wer huwer ein meister was von dem snede, der wart ober ein jar ein knecht." Der sprunghafte Wandel der Kleiderschnitte bringt so manchen Schneider an den Bettelstab.
1380/1381: Pest in Österreich inklusive Wien.
Bald nach 1380 setzt in Regensburg eine Produktion von Markenbarchent ein. Diese Baumwollprodukte haben als Gütezeichen Messer und Rad und sind auf den Umschlagplätzen in Prag, Wien und Frankfurt konkurrenzfähig.

1381
In Köln wird die Verwendung von Hopfen zum Bierbrauen verboten (!). Hintergrund dafür ist die traditionelle Verwendung von Grut anstatt Hopfens, einer Kräutermischung, die im Gegensatz zum Hopfen mit Abgaben belegt ist. Der Konstanzer Rat verbietet in den zwölf Tagen nach Weihnachten den Tanz. Wer in dieser Zeit einem Spielmann das Instrument wegnimmt, soll straffrei bleiben. Glücksspielverbot in Göttingen. Der städtische Ziegelhof von Hildesheim verkauft Ziegel auch in die Dörfer. In Nürnberg wird ein Trittwebstuhl erwähnt. In Marseille läßt sich ein Notar von einem jungen Kaufmann, der sich nach Alexandria einschiffen will, unterschreiben, daß dieser weder während seiner Reise noch acht Tage lang nach seiner Rückkehr (bis er abgerechnet hat?) Spielkarten anrühren darf. Regensburg tritt dem Schwäbischen Städtebund bei. In Speyer entsteht der Rheinische Städtebund: Mainz, Straßburg, Worms, Speyer, Frankfurt, Hagenau, Weißenburg, Pfeddersheim, Schlettstadt und Oberrehnheim. Organisatorischer Vorort ist Speyer. (Möglicherweise ist er auch schon kurz vorher gegründet worden.) Der Rheinische Städtebund vereinigt sich mit dem Schwäbischen zum Süddeutschen Städtebund. In England erscheint ein Kochbuch: "Ancient Cookery", eine Zusammenfassung bereits bekannter Rezepte und hauptsächlich für Fürstenhöfe bestimmt.
Ende Mai: Bauernaufstand in England, beginnend in den südöstlichen Grafschaften. Die Bauern werden von großen Teilen der Städter unterstützt und in ihren Reihen finden sich auch viele reiche Bauern. Eine ihrer Hauptforderungen ist die Abschaffung der Leibeigenschaft. Sie sollen geschrieben haben: "Wir sind Menschen, nach Christi Ebenbild erschaffen, aber man behandelt uns wie wilde Tiere." [nach Froissart]
13. Juni: Die aufständischen Bauern werden in London eingelassen und ermorden dort u.a. den Lordkanzler und den Erzbischof von Canterbury. Nach anfänglichen Verhandlungen werden sie vertrieben.
Ende Juni: Der englische Bauernaufstand ist im wesentlichen niedergeschlagen; dennoch wird die Auflösung der Leibeigenschaft in England dadurch beschleunigt. Karl VI. von Frankreich versucht, für Paris einen regelmäßigen Straßenreinigungsbetrieb einzuführen, der später durch Sondersteuern finanziert wird. Es stirbt der flämische Mystiker Jan van Ruysbroeck (Ruusbroec).

1382
Mehrere niederdeutsche Städte gründen den Sächsischen Städtebund. Wetzlar, Friedberg und Gelnhausen treten dem Rheinischen Städtebund bei. In Flandern und Burgund wird das Kartenspiel verboten. In Nürnberg verpflichtet eine Satzung des Rates die Nachbarschaft zur Duldung der Geruchs- und Lärmbelästigung während der Räumungsarbeiten der Kloaken (die normalerweise nachts stattfinden). Heinrich von Pottendorf d. Ä. gründet in Wien das Hieronymuskloster als Zuflucht und Wohnstätte für Dirnen. Seit diesem Jahr sind in Wien "Scharlachrennen" belegt. Es sind Pferderennen, deren Sieger ein Stück Scharlachtuch im Wert von etwa 35 Pfund Pfennig erhält. In London versucht eine Frau, mit Hilfe eines Stücks Pergament, auf welches ein Gebet geschrieben ist, Heilungen vorzunehmen. Zuvor hat jemand versucht, verdorbenes Wolfsfleisch als potentes Medikament anzupreisen. In beiden Fällen legen die Behörden großen Wert auf die Feststellung, daß die beiden dafür Angeklagten weder wirkliche Ärzte noch Chirurgen seien. Ihr Vergehen besteht also nicht in der Anwendung unerlaubter Heilmethoden, sondern in Amtsanmaßung. Beim flandrischen Aufstand gegen Frankreich befindet sich im Heer Philipps van Artevelde zur Verteidigung von Oudenaarde "eine riesige Bombarde, die Steinkugeln von unglaublichem Gewicht verschossen, und wenn sie losging, machte diese Bombarde einen solchen Lärm, daß alle Teufel der Hölle sich dort zu versammeln schienen." [Froissart]
26. August: Moskau wird von den Mongolen niedergebrannt.
1382/1383: Entstehung einer altjiddischen Sammelhandschrift (in hebräischer Schrift), enthaltend neben drei Legenden, einer Josephsgeschichte und einer Löwenfabel das anonyme Epos "Ducus Horant" (entstanden um 1300). Die Handschrift wurde im Archiv der Synagoge von Fustat bei Kairo gefunden.
Ca. 1382 bis 1390: Englische Bibelübersetzung.

1383
Frauenüberschuß in Frankfurt: auf 1000 Männer kommen 1100 Frauen. In Nottuln gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. Der Mailänder Fabrikant Pietro Tanzio erwirbt für 100 Gulden Silber die fünf Markenzeichen des renommierten Pietro di Preda. Die meisten deutschen und englischen Studenten verlassen die Universität Paris, welche Papst Clemens unterstützt und gehen teilweise nach Wien. Henry Despenser, der Bischof von Norwich veranstaltet einen "Kreuzzug" zur Unterstützung der flandrischen Städte gegen ihren "schismatischen" Grafen. Dieses Unternehmen artet in einen reinen Plünderungszug aus. Gegen den Süddeutschen Städtebund organisieren sich zahlreiche Territorialfürsten im Nürnberger Herrenbund.
Seit 1383 macht der Herzog von Berg durch Reliquienankäufe aus benachbarten Orten St. Lambertus zu Düsseldorf zur Wallfahrtsstätte. Papst Bonifatius IX. hilft dabei mit Ablässen.

1384
Selz tritt dem Rheinischen Städtebund bei. In Lübeck kommt es unter Führung des Hinrich Paternostermaker (aus angesehener Familie, wirtschaftlich erfolglos, von persönlichen Motiven geleitet und mit einer Clique aus vor allem Knochenhauern eng verbunden) zu einer Verschwörung, welche blutig niedergeschlagen wird. Die Frankfurter Frühjahrsmesse wird eigenmächtig um zwei Wochen verlängert, weil Frost, Treibeis und Hochwasser die Reisewege der Kaufleute stark erschweren. Für die nächsten zehn Jahre reicht die Frühjahrsmesse - sehr zum Ärger der Kirche - bis in die Karwoche hinein. Herzog Albrecht III. von Österreich räumt den "büßenden Weibern" (den bekehrten Dirnen) das Recht ein, sich zu verheiraten, auch mit einem Handwerker, ohne daß diesem in der Zunft daraus Nachteile erwachsen sollen. In Aragon ist eine "Isabel, ministrera de la senyora reyna" (Spielfrau der Königin) angestellt. Marseille richtet für (pestverdächtige) Neuankömmlinge eine Absonderung von 40 Tagen ("Quarantäne") ein. Eine Ferntrauung: Enguerrand VII. von Coucy "vollzieht" in Mailand die Ehe zwischen dem Sohn des Herzogs von Anjou und Lucia Visconti. Geert (Gerhard) de Groote stiftet die Fraterherren (alias Brüder vom gemeinsamen Leben). Entstehung des Rigaer Erbebuches. Im Süddeutschen Städtekrieg wirkt die Heidelberger Stallung wie ein Waffenstillstand. Es ist der machtpolitische Höhepunkt der von den Fürsten implizit anerkannten Städtebünde. Es stirbt John Wiclif.

1385
Vor 1385 hat Köln bereits eine Schlaguhr. Der Süddeutsche Städtebund verbündet sich mit den Eidgenossen. Der Erzbischof von Mainz ernennt einen Spielmann namens Brachte zum "künige fahrender lüte" des Erzbistums. Am französischen Hofe gibt es neunen angestellte Spielleute (sechs für Blas- und drei für Saiteninstrumente). Der Konstanzer Rat untersagt in der Weihnachtszeit (den 12 Tagen nach Weihnachten), Spielleute und fahrende Fräulein in die Häuser und in die zünftigen Trinkstuben zu bitten. Die Vitalienbrüder beginnen, zunächst in mecklenburgischen Diensten, Nord- und Ostsee unsicher zu machen. Von den Höfen des oberbayerischen Klosters Tegernsee im Amt Gevild auf der Münchener Ebene liegen 17 wüst und 14 sind zu Ödrecht verliehen. (Höhepunkt der Wüstungen und Tiefpunkt der Einnahmen in diesem Amt) Ödrecht ist ein eigenes Recht, das sich zur erneuten Besetzung von Hufen gebildet hat, die wegen pestbedingter Bevölkerungsverluste wüst (verlassen) liegen (speziell in Oberbayern). Insgesamt verschlechtert sich die Einkommenssituation der Grundherren. Zur Neubesetzung wüster Hufen und Bauernstellen müssen beträchtliche Zugeständnisse und Erleichterungen gemacht werden und wegen des Bevölkerungsschwunds sind die Getreidepreise in den Keller gefallen. (Daher auch der hohe Fleischverbrauch in spätmittelalterlichen Städten) Gleichzeitig steigen die Löhne. [Diese allgemeine Entwicklung steht nur deshalb an dieser Stelle, weil es gerade ein Beispiel gibt!]
In Aachen wird Magister Nicolaus zum Stadtarzt bestellt. Er hat auch das Sondersiechenhospital (Leprösenhaus) zu überwachen. In Hameln wird verfügt, daß innerhalb eines Jahres feuergefährdete Häuser bei Strafe von einer Mark Silber abzubrechen sind. Da man schrieb 1385, da zog Adolf von Nassau, Erzbischof zu Mainz, Herzog Otto von Braunschweig und die Markgrafen von Meissen gegen Landgraf Hermann von Hessen. Sie hatten mehr denn vierundzwanzighundert Ritter und Knechte, ohne die Leute zu Fuß und ohne die Schützen, und lagen einen Monat in dem Lande Hessen vor Kassel und vor Immenhausen, das sie verbrannten und gewannen. Allda verbrannten darin und verdarben mehr denn hundert Menschen, Freund wie Feind, und die blieben meist in den Kellern und Häusern, weil die Feinde Geld und Gut suchten und gar sehr plünderten. Dabei überfiel sie das Feuer, daß sie umkamen. Und zwar kamen von den Städtern an siebzig und von den Feinden an dreißig um, so daß es an hundert Menschen waren. Die Steuerburg ward bei Elkerhausen aufgeschlagen. Das tat Landgraf Hermann von Hessen, Graf Ruprecht von Nassau und Junker Johann, Herr zu Limburg. Und über ein Jahr danach ward diese Burg erobert und verbrannt." [Limburger Chronik]
Nachdem der Rhein sein Flußbett verlagert hat, wird die Zollstätte Griethausen (gehörend den Herren von Kleve) nach Beek bei Xanten verlegt. Gründung der Universität Heidelberg. In der Schlacht von Aljubarrota verfügt Kastilien über 16 Bombarden, dennoch gewinnen die Portugiesen - ganz ohne Feuerwaffen.
Ca.: Spannungen zwischen Markgräfin Catharina von Meißen und ihrem Adel werden in einem Parteilied deutlich: "Von Meissen frawe Katerein / ich horte in den zwei landen dein / Doringen und Franken / kein bedermann dir danken. / (...?) / Werts hundert jar und einen tag / im land nicht frede werden mag / Nim dich ein ander weise an, / volge dem rat der bederman, / davon die land in freden stan." Mit dem "rat der bedermann" will der Adel, stets nach Regierungskontrolle bestrebt, seine Interessen als diejenigen des Landes bzw. des gemeinen Mannes hinstellen. In Lübeck beauftragen Ratsherren des Lesemeister des dortigen Franziskanerklosters St. Katharinen, Detmar mit der Abfassung einer Stadtchronik. Detmar verbindet die Stadtchronistik mit den Traditionen der Weltchronistik; er schreibt auch, um seine Leser, "maan unde wiven" zu unterhalten. In München entstehen die ersten Bauten der Residenz.

1385/1386
Der rheinische Münzverein wird (endgültig) gegründet. Köln, Mainz, Trier und die Pfalz bringen den Rheinischen Goldgulden heraus.
Bis 1390: In dieser Zeit entsteht, wahrscheinlich im Elsaß, ein gotischer Spielteppich, der etliche derbe Späße zeigt, z.B. das "Schinkenklopfen" oder "Füßeln" in Anwesenheit einer gekrönten Dame.

1386
Neue Verfassung in Braunschweig; insgesamt ist die Machtbeteiligung von Kaufleuten und Handwerken (je nach Stadtviertel verschieden) etwa ausgeglichen. Der Rat von Frankfurt versucht, die Schmiedewerkstätten aus der Altstadt zu entfernen. Dabei geht es nicht nur um Brandverhütung, sondern auch um Lärmbelästigung. Ein Tierkampf in Lübeck: In einem abgezäunten Raum müssen zwölf Blinde mit Knüppeln ein Schwein totschlagen. Dabei treffen sie sich natürlich auch gegenseitig, und als mehrere schon ohnmächtig am Boden liegen, wird dem Schwein ein Glöckchen um den Hals gehängt. In der Küche des französischen Königs arbeiten 73 Personen. Diese Zahl hat sich innerhalb eines Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Ein Zweikampf zwischem dem Engländer Pierre de Courtenay und dem Franzosen Guy de la Tremoïlle, der erweisen soll, ob die Engländer oder die Franzosen überlegen seien, wird von den Regenten Burgund und Berry im letzten Moment verhindert. Bei Sempach besiegt der Schweizer Gewalthaufe in offener Feldschlacht das Heer der Habsburger: Ende Juni bricht Leopold III. von Österreich mit 4000 Mann auf (Adel und Stadttruppen von Aargau und Breisgau plus Söldner aus Burgund, Tirol und Mailand), um Luzern einzunehmen. Bei Sempach sperren ihm 2000 Eidgenossen unter dem habsburgischen Ministerialen und ehemaligen Stadtschultheißen von Luzern, Peter von Gundolfingen, die Gotthardstraße. Die Österreicher stehen in drei Treffen, vorne abgesessene Reiter, während die Schweizer einen Keil bilden. Den Durchbruch bringen Schweizer Vorstöße an den Flanken und der Schmied Winkelried, welcher im Zentrum ein Bündel feindlicher Spieße mit den Armen umgreift und auf sich zieht, damit eine Lücke in der Front entsteht. Die zweite Reihe der Österreicher steigt ab, unterliegt aber, während das dritte Treffen flieht. Leopold, 600 Ritter und mehrere hundert weitere Österreicher bleiben auf dem Feld. Die habsburgische Vormacht in den vorderen Landen und das Rittertum im Aargau sind beendet. Belagerung einer Burg: "Also zogetent die von Strosburg mit dem von Liechtenberg für Löwenstein die burg vnd sturmetent die vnd undergrubent den berg vnd den veils, do die burg uffe stunt gar siere, das sich die innern entsossent. Dovon gobent sü die burge uf vnd lies man sü enweg gon. Do zerbrach man die burg ze grunde abe, als dervor was gelegen uf vier wuchen. Do wart uf XIIII tusend gulden verzert, vnd verlonet den grebern vnd werglüten." [Jakob von Königshofen, Elsässische Chronik]
Justiz gegen Tiere, leider ohne Ortsangabe: Eine Sau, die einem Kind das Gesicht zerfleischt hat, wird zum Tode verurteilt. Man hängt sie an den Hinterbeinen auf, nachdem man ihr den Rüssel zerstört und stattdessen eine menschliche Maske aufgebunden hat. Dazu hat man ihr einen Rock, Hosen und weiße Handschuhe angezogen. Dieses Ereignis ist in einem Fresko der Dreifaltigkeitskirche von Falaise festgehalten. (Vielleicht hat es sich dort zugetragen). Zwei Jahre darauf zogen die vorher genannten Herren wiederum gegen den Landgrafen und gewannen den Niedenstein, der sich ergab. Und sie verbrannten Gudensberg und eroberten Rotenburg und Melsungen an der Fulda, die sich alle in ihre Hand gaben. In dieser Zeit erstarb die goldene Grafschaft Diez ohne Manneserben. Der edle Graf Gerhard hinterließ zwei Töchter. Die älteste kaufte den Junker Adolf, des Grafen Johann von Nassau, Herrn zu Dillenburg, Sohn, der ein Graf zu Diez ward. Also kam die Grafschaft von Diez an einen Grafen von Nassau. Die andere Tochter von Diez kaufte einen Herrn von Wildenburg in Westfalen." [Limburger Chronik] "Kaufen" bedeutet hier "heiraten" (vgl. 1336), hier ausdrücklich durch die Frauen. In diesen Zeiten war ein Minderbruder, ein Barfüsser von Brabant, mit Namen Jacobus. Der maßte sich an, ein Weihbischof zu sein und hatte falsche Briefe darüber und war kein Bischof. Er fuhr weit und breit im Trierer und Mainzer Bistum umher und hatte mehr denn dreitausend geweiht und ordiniert, Akoluten, Subdiakone, Diakone und Priester. Die mußten sich alle anderweit von neuem weihen lassen. Die nannte man alle Jakobiten nach dem genannten Schalk Jakob. Diesen Jakob achte ich böser denn Judas, der Christum, Gottes Sohn, verkaufte und verriet. Denn die Verräterei durch Judas war eine Salbung und eine Erlösung des Menschengeschlechts. Die vorgenannte Verräterei war ein Verderbnis und eine Verstörung der Christenheit, da er Laien Messe singen und lesen ließ, die, wie man glaubte, Priester seien, und doch keine Priester waren. Denn wenn man wähnte, daß sie unseres Herrn Leichnam aufhöben, so hoben sie ein Simulacrum auf, und man rief und betete einen Abgott an. Davon kam viel Unheils, daß ich nicht alles beschreiben kann. Auch sollst du wissen seine Gestalt und Physiognomie, da ich ihn oft gesehen habe. Er war ein ranker Mann von ebener Länge, braun unter den Augen, mit einem länglichen Antlitz, mit einer langen, scharfen, spitzen Nase, und seine Wangen waren einigermaßen rötelfarbig, und er richtete seinen Leib und sein Haupt auf und nieder in großer Hoffart. Es nahm mit ihm ein böses Ende, denn er wurde in diesen Sachen ergriffen. Und darum geschah ihm sein Recht." [Limburger Chronik]
Einsetzen der Aufzeichnungen der Runtinger in Regensburg.

1387
In Heidelberg wird den Studenten vergeblich der Besuch der Fechtschule verboten. Die Juden werden aus Straßburg ausgewiesen. Normandie: "Die Bewohner der Dörfer Vulguessin le Normand und Forest de Lyon hätten beschlossen, sich jedes Jahr am Dienstag vor Aschermittwoch am Abteiportal der Notre Dame de Mortever zu einem Fußballspiel zu treffen". Schützenfest in Magdeburg. Erster Preis beim Bogenschießen: eine Jungfrau. (Wie das allerdings zu verstehen ist, bleibt ohne genaue Quellenanalyse höchst unklar. Man hüte sich also vor Spekulation - wie moralisch beladen oder unterhaltsam es auch sein mag!) Auf der anderen Stadtseite findet gleichzeitig ein Turnier statt. Friedrich, der Göttweiger Hofmeister in Wien führt eine Beschwerde gegen Wilhelm den Gürtler, daß von dessen Abtritt manchmal der Unflat durch die Mauer dringe und sich in allen Räumen des Göttweigerhofes übler Geruch verbreite. In Lüneburg gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. In der Oberpfalz gibt es 97 Eisenhütten. Hier schließen sich die Hammermeister (erneut) zu einer Hammereinung zusammen (Details dazu siehe unter 1346). Eine Hammereinung wirkt ähnlich wie eine Zunftordnung. In Dinkelsbühl werden die Zünfte zur Beteiligung am Stadtregiment zugelassen. Da man schrieb 1387, da waren gute Jahre. Da kaufte man am Rhein ein gut Fuder Weines für acht Gulden und für sechs Gulden und für vier Gulden; und redlich guten Wein, den jeder gute Mann bei der Tafel trinken mochte, ein Fuder für drei Gulden und etzliche für zwei Gulden. Bischof Adolf von Mainz kaufte hundert Fuder Weines für hundert Gulden, und gab er die Fässer zu den Weinen. In dieser Zeit ward ein Studium zu Köln, das war privilegiert." [Limburger Chronik]
Der Herzog von Burgund sammelt im Hafen von Sluis eine Flotte für eine Invasion Englands, die niemals stattfinden wird. Stattdessen werden die Schiffe durch den Maler Melchior Broederlam üppig ausgeschmückt. Die Adligen wetteifern, wer mit dem prächtigsten Schiff nach England fährt und Froissart berichtet, die Maler hätten eine gute Zeit; sie können fordern, was sie wollen und man kann ihrer nicht genug finden. Allein Guy de la Trémouïlle wendet 2000 Pfund auf: "Man konnte, um es hübscher zu machen, nichts ersinnen noch erdenken, was der Herr von Trémouïlle in seinen Schiffen nicht hätte machen lassen. Und alles das bezahlten die armen Leute in ganz Frankreich." Es heißt, viele hätten sogar die Masten mit Blattgold vergoldet. Grippeepidemie in Vicenza und möglicherweise auch in Deutschland. Es stirbt der später seliggesprochene Philipp von Aix-en-Provence, ein Stigmatisierter, d.h. einer, bei dem sich sie Wundmale Christi am Körper manifestieren (wie auch immer hervorgerufen). Es ist einer der wenigen stigmatisierten Männer, überwiegend sind davon Frauen betroffen. Sigismund (ung. Zsigmond) von Luxemburg (19) wird König von Ungarn.
März: Der von Absetzung bedrohte König Wenzel schließt ein gegenseitiges Beistandsabkommen mit dem Süddeutschen Städtebund. Der durch die Mergentheimer Stallung verlängerte Frieden im Städtekrieg wird dadurch belastet.
17. Februar: Mit der Gründung des Bistums Wilna wird Litauen offiziell christlich.
Ca.: Chaucers "Canterbury Tales".

1388
In Wien werden die als Kloaken dienenden Rinnsale (mörungen) eingewölbt und zu Kanälen umgestaltet, deren Erhaltung erhebliche Kosten verursacht (wie z.B. 1436, 1444 und 1455). Straßburg baut eine Rheinbrücke (die zweite Jochbrücke über den Rhein). Zu Nürnberg erhalten die verarmten Bürger des "Reichen Almosen" pro Kopf und Tag 677 Gramm Brot. Richard II. von England erläßt: Diener und Arbeiter müssen Pfeil und Bogen bei sich haben, in deren Handhabung sie sich sonn- und feiertags üben sollen. Zugleich haben sie sich jeder Art des Ballspiels, Eisenringwerfens, Kugelstoßens, Kegelns und anderweitiger ungebührlicher Spiele zu enthalten." In Florenz werden die Dirnen gesetzlich verpflichtet, auf der Straße Handschuhe und auf dem Kopf Glöckchen zu tragen, "so daß das Zeichen ihrer Schande sich Auge und Ohr mitteile". In Hildesheim beschließen die Knochenhauer, außer Schäfern und Müllern auch Leineweber und ihre Nachkommen vom Eintritt in ihre Zunft auszuschließen. Der Verruf dieser Berufsgruppen ist noch nicht allgemein verbreitet (und auch später regional sehr verschieden) und die Obrigkeit greift bereits früh zu ihren Gunsten ein. Es sind besonders die Zünfte, die solche Verrufe propagieren, um sich abzuschließen. Seit dem 14. Jahrhundert werden besonders die Leineweber zunehmend für unehrenhaft erklärt. Diese Phänomene gehören aber in ihrer Masse ins 16. und besonders ins 17. Jahrhundert. Das englische Parlament verbietet vergeblich, die Themse und andere Flüsse zu verunreinigen. Eine englische Verordnung macht für diejenigen Jungen und Mädchen unter zwölf Jahren, die regelmäßig als Fuhrleute oder hinter dem Pflug arbeiten, diese Tätigkeit auch für die Folgezeit verbindlich. Als der Herzog von Lothringen feindlich gegen Rottweil vorrückt, hat "graf Rudolff von Hohenberg gehaissen und empfohlen allen sinen armen luten in sinen dörfern und in siner gebiete, daz su endecken [das Dach abtragen], ir stuben abbrechen und daz ir flöhen snelleclichen und unverzogenlich". Der Abbau von Häusern bezieht sich auf die Methode des Ständerbohlenbaus, einer reinen Holzbauweise, bei der Außen- und Trennwände aus stehend oder liegend eingenuteten Hölzern (vorwiegend aus Nadelholz) bestehen. Kleinere Häuser können dabei einfach abgebrochen und transportiert werden. In Tübingen werden die Stadtrechte aufgezeichnet. Universität Köln gegründet. Von alten Kanonen: Ulrich Grünwald erbaut zu Nürnberg die "Chriemhilde". Ihre Ladung beträgt 14 Pfund Pulver und sie soll Steine bis 560 Pfund verschießen. Zum Transport sind nötig: 12 Pferde (Rohr), 16 Pferde (Lafette), 5 Pferde (Haspel), 6 Pferde (Schutzschirm) und je 4 Pferde für je 3 Kugeln. Das Geschütz soll 500 Gulden gekostet haben und auf 300 m 2 m starke Mauern durchschlagen. Neues aus dem Süddeutschen Städtekrieg: Herzog Friedrich von Bayern hat (wohl schon im letzten Jahr) den mit dem Schwäbischen Städtebund verbündeten Erzbischof von Salzburg gefangengenommen, die Arrestierung aller in seinem Herrschaftsbereich befindlichen Kaufleute und Güter verfügt und damit den Frieden gebrochen. Im Januar beginnt daraufhin der Süddeutsche Städtebund, gedeckt durch Exekutionsmandate des verbündeten Königs Wenzel den Kampf gegen die Wittelsbacher. Vermittlungsversuche (im Mai) scheitern.
23. August: Graf Eberhard von Württemberg besiegt das schwäbische Städteheer bei Döffingen (südwestlich von Stuttgart). An Stelle von gemeinsamen Aktionen des Städtebundes treten Einzelkämpfe.
6. November: Graf Rupprecht II. von Kurpfalz besiegt das rheinische Städteheer bei Pfeddersheim (bei Worms). Zahlreiche Städte schließen nun Separatabkommen mit den gegnerischen Landesfürsten.
Ca.: In Konstanz erhält ein Venezianer vom Färber Albrecht Eppli fünf Gulden als Honorar, "darumb daz er in gelert hat, drig varwan verwen" (drei Farbtöne herzustellen). Im Färberhandwerk werden gerne welsche Fachleute herangezogen.

1389
Der Gewürzhändler Ulman Stromer aus einem angesehenen Nürnberger Kaufmannsgeschlecht gründet die Geismühle bei Nürnberg - die erste sicher bezeugte Papiermühle Deutschlands. Dazu läßt er erfahrene "Papierer" aus Italien kommen. Es wird - leider fehlt die Ortsangabe, doch spricht einiges wegen weiterer einschlägiger Berichte für Frankreich - ein Pferd wegen Mordes zum Tode verurteilt. In diesem Jahr soll ein Sarazene namens Hayl die ersten Spielkarten nach Italien (Viterbo) gebracht haben. Da man schrieb 1389 in der Karwoche vor Ostern, da wurden die Juden zu Prag in Böhmen erschlagen und ermordet von der Stadt und von den gemeinen Bürgern daselbst, so daß beinahe an hundert Familien der Juden tot blieben. Das kam dadurch, daß ein Priester das heilige Sakrament trug und einen Christenmenschen nicht fern von der Judengasse versehen sollte. Da ward von einem Juden ein kleines Steinchen auf die Monstranz geworfen. Das sagen die Christen. Da entstand ein Gerufe und ein Geschrei über die Juden, daß sie schmählich tot blieben. In demselben Jahre ward zu Boppard am Rhein ein Kind geboren, das waren zwei Menschen über dem Nabel und unten ein Mensch. Es ist binnen einem Jahre gestorben. In diesen Zeiten gingen Frauen, Jungfrauen und Männer, Adlige und Nichtadlige, mit Tapparden, die sie in der Mitte gegürtet hatten. Die Gürtel nannte man Dusinge. Die Männer trugen sie lang und kurz, wie sie wollten, und machten daran lange, große, weite Stulpen, zum Teil bis auf die Erde. Du aber, junger Mann, der erst nach hundert Jahren geboren werden soll, du sollst wissen, daß diese gegenwältige Welt diese Kleidung und Kleiderart nicht angenommen hat aus einfachem Sinn, noch aus Sattheit, sondern daß sie diesen Schnitt und diese Kleider aus großer Hoffart erfunden und gemacht hat. Gleichwohl findet man, daß diese Kleidung vor vierhundert Jahren auch von ähnlicher Art gewesen ist, wie man in den alten Stiftern und Kirchen siehet, in denen man Steine -und Bilder mit solcher Kleidung findet. Auch trugen die Ritter, Knechte und Bürger lange Schecken und Scheckenröcke hinten und neben geschlitzt, mit großen, weiten Ärmeln. Die Rüschen an den Ärmeln waren eine halbe Elle lang und länger; sie hingen den Leuten über die Hände; wenn man wollte, so schlug man sie auf. Die Hundskogeln trugen Ritter und Knechte, Bürger und reisige Leute, Brüste und glattes Beingewand zum Stürmen und Streiten, aber keine Tarschen noch Schilde, so daß man unter hundert gewappneten Rittern und Knechten nicht eine Tarsche noch einen Schild fand. Ferner trugen die Männer Ärmel an Wämsen, an Jacken und an anderer Kleidung, und diese hatten Stulpen beinahe bis auf die Erde, und wer die allerlängsten trug, der war der Mann. Die Frauen aber trugen Böhmische Kogeln, die damals in diesen Landen aufkamen. Die Kogeln stülpte eine Frau über ihr Haupt; sie standen ihnen vorn in die Höhe über dem Haupte, wie man die Heiligen malt mit dem Diadem. Da man schrieb 1389, da stritten die Herzöge von Bayern, besonders Herr Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, und Herzog Ruprecht, sein Vetter, mit denen von Mainz und ihren Bundesgenossen vom Rhein und warfen den Bund nieder bei Bockenheim. Sie erschlugen und fingen deren an vierhundert. Fünfzig der Troßbuben warfen sie in den Kalkofen und verbrannten sie zu Pulver. Das geschah ihnen deshalb, weil sie zu Fuße liefen und Kirchen und Klausen schändeten. Es widerfuhr ihnen dieselbe Schmach als Wiedervergeltung. In demselben Jahr auf St. Bonifatius-Tag, da waren die von Frankfurt ausgezogen, ihrer mehr denn fünfzehnhundert wohl berittener Leute mit Sturmhauben, Harnischen und Beingewand. Vor Kronberg kamen sie an die Feinde. Die Feinde waren von Kronberg und hatten wohl hundert Ritter und Knechte und dazu die vorher genannte Talsiedlung zu Kronberg. Und die Frankfurter erlitten eine Niederlage, so daß an hundert erschlagen und ihrer mehr denn sechshundert gefangen wurden. So schlug der kleine Haufen den großen nieder. Das war kein Wunder; denn der große Haufe floh und der kleine stritt. Die Frankfurter aber gaben mehr denn siebzigtausend Gulden für ihre Gefangenen. In demselben Jahre erlitten die schwäbischen Städte, die in dem Bunde waren, auch eine Niederlage und verloren den Streit zu ihrem großen Schaden. Mehr denn dreihundert blieben tot oder wurden gefangen, und der junge von Württemberg blieb tot auf der anderen Seite, denn er war wider den Bund. So war der Bund umgeworfen wie ein Bund Stroh. Und soll man wissen, daß diese vorher genannten Städte den genannten Bund mit großer Weisheit und Herrlichkeit begründet haben, zum Nutzen und zur Wohlfahrt der Städte und des Landes. Er nahm aber ein böses Ende. Darum lobe ich nicht und schelte auch nicht. Denn wo das Ende bös ist, da ist der Ursprung nicht zu loben, wie der Meister spricht: "Principium lauda, ubi consequitur bona cauda". Das heißt: Lobe den Anbeginn, das ist mein Rat, wenn die Sache ein gut Ende hat. Zu dieser Zeit, da ward zu Mainz ein Unglaube offenbar, der mehr denn hundert Jahre oder länger heimlich gewährt hatte. Der Unglaube und die Sekte waren so, daß man Maria und andere Heiligen nicht anrufen sollte, da sie für niemand bäten. Sie hielten auch dafür, daß es zwei Wege gäbe und nicht einen, so daß, wenn ein Mensch gestorben wäre, er sofort entweder in das Himmelreich oder in die Hölle fahre. Auch glaubten die, die zu ihrer Sekte gehörten, daß ein purer Laie ebenso gut konsekrieren könne wie ein Pfaffe. Ebenso hielten sie dafür, daß der Papst oder der Bischof keinen Ablaß geben könnten. Schließlich meinten sie, daß das Gebet, Almosengeben, Messehören, Fasten, das helfe alles nicht den Seelen, für die man es täte. Da man schrieb 1389, da zog ein König von Frankreich in deutsche Lande gegen einen Herzog von Jülich und gegen den Herzog von Geldern und lag einen Monat in dem Lande des Herzogs von Jülich. Und die zwei Herzöge gaben sich in die Hand des genannten Königs und suchten Gnade, und ein Erzbischof von Köln, mit Namen Friedrich von Saarwerden, von dem vorher geschrieben steht, ermittelte mit ganzem Ernst und mit Fleiß zwischen dem König und den genannten Herzögen und arbeitete gar sehr. Der genannte König hatte mehr denn hunderttausend reisiger Pferde, so daß man sein Volk schätzte auf mehr denn sechzehntausend Ritter und Knechte, ausgenommen die Schützen, die er hatte. Und lag der König in eigener Person zu Felde mit großer Gewalt, mit solcher Pracht und Herrschermacht, wie es bisher nimmer in deutschen Landen gesehen ward. Er führte mit sich Münzer, die ihm alle Tage Gulden schlugen. Jedoch verlor er manchen Mann, der ihm abgefangen und erschlagen wurde in deutschem Lande. Derselbe König von Frankreich ward drei Jahre danach rasend wie ein Hund. Danach starb der ehrwürdige Herr Kuno von Falkenstein, Erzbischof zu Trier. Da ward gewählt Herr Werner von Falkenstein zum Erzbischof zu Trier. Er verfeindete sich mit der Stadt Oberwesel, zog vor sie und schlug ein Haus auf zu Niederberg und lag da vor Wesel mehr denn ein ganzes Jahr. Er hieb die Weingärten ab und tat ihnen großen, verderblichen Schaden mit den großen Büchsen. Mancher Mensch in der Stadt wurde durch die Büchsen getötet. Auch vor der Stadt gab es manche Gefechte und Scharmützel, und es geschah einmal, daß derer von Wesel mehr denn zwanzig Mann tot auf der Walstatt blieben." [Limburger Chronik]
Januar: Die Schneidergilde von Lincoln erstattet an die Königskanzlei in Westminster Bericht über ihre Entstehung, Verfassung und Vermögenslage, wie es König Richard II. von England im November zuvor gefordert hat: "Die Gilde wurde im Jahr des Herrn 1328 gegründet. Alle Brüder und Schwestern sollen am Fronleichnamsfest mit der Prozession gehen. Niemand soll als Vollmitglied in die Gilde eintreten, bis er für seinen Eintritt ein Viertel Gerste entrichtet hat; es muß zwischen Michaeli (29. 9.) und Weihnachten entrichtet werden. Und wenn es dann noch nicht entrichtet ist, soll er den Preis für das beste Malz bezahlen, wie es auf dem Johannismarkt (am 27. 12.) in Lincoln verkauft wurde. Und jeder soll zwölf Pfennig für die Kannen zahlen. Wenn einer von der Gilde in Armut fällt - was Gott verhüten möge - und nicht die Mittel zum Lebensunterhalt hat, soll er jede Woche, solange er lebt, aus dem Gildenvermögen sieben Pfennig bekommen; davon muß er auch die Zahlungen bestreiten, die an die Gilde fällig werden. Wenn jemand innerhalb der Stadt stirbt, ohne die Mittel für das Begräbnis zu hinterlassen, wird die Gilde die Mittel je nach Rang des Verstorbenen bereitstellen. Wenn jemand eine Pilgerfahrt zum Heiligen Land nach Jerusalem zu machen wünscht, soll ihm jeder von den Brüdern und Schwestern einen Pfennig geben, und wenn nach Santiago oder Rom, einen halben Pfennig. Und sie sollen mit ihm bis vor die Tore der Stadt Lincoln gehen, und bei seiner Rückkehr sollen sie ihn abholen und mit ihm zu seiner Pfarrkirche gehen. Wenn ein Bruder oder eine Schwester außerhalb der Stadt, auf Pilgerfahrt oder sonstwo stirbt und die Brüder von seinem Tod sichere Nachricht haben, sollen sie für seine Seele dasselbe tun, wie wenn er in seiner eigenen Pfarrei gestorben wäre. Wenn einer von der Gilde stirbt, soll er, je nach seinen Mitteln, der Gilde fünf Schilling oder elf Pfennig oder wieviel er will vermachen. Jeder von den Brüdern und Schwestern soll beim Eintritt in die Gilde dem Kaplan dasselbe wie die anderen zahlen. In jedem Jahr sollen vier Morgensprachen gehalten werden, um Maßnahmen für die Wohlfahrt der Gilde zu treffen, und jeder, der seiner Einladung nicht nachkommt, soll zwei Pfund Wachs zahlen. Wenn irgendein Meister der Gilde irgend jemanden bei sich als Lehrling aufnimmt, damit er die Arbeit des Schneiderhandwerks erlernt, soll der Lehrling an die Gilde zwei Schilling zahlen, oder sein Meister für ihn; sonst soll der Meister seine Mitgliedschaft verlieren. Wenn zwischen irgendwelchen Brüdern oder Schwestern der Gilde irgendein Zank oder Streit ausbricht - was Gott verhüten möge -, sollen die Brüder und Schwestern nach dem Rat des Vorstehers und der Verwalter ihr Bestes tun, um zwischen den Parteien Frieden zu schließen, vorausgesetzt, daß der Fall von der Art ist, daß er ohne Bruch des Gesetzes auf diese Weise beigelegt werden kann. Und jeder, der sich dem Urteil der Brüder nicht fügt, soll seine Mitgliedschaft verlieren, wenn er sich nicht innerhalb von drei Tagen eines Besseren besinnt, und dann soll er einen Stein Wachs zahlen, falls es ihm nicht erlassen wird. An Festtagen sollen die Brüder und Schwestern mit ihren Gebeten drei Töpfe und sechs Kannen haben, und das Bier in den Töpfen soll den Armen, die es am meisten brauchen, gegeben werden. Nach dem Fest soll eine Messe gelesen und ein Opfer für die Seelen der Verstorbenen gegeben werden. Beim Tod von Brüdern oder Schwestern sollen bis zum Begräbnis vier Wachskerzen rund um die Leiche gestellt werden, und die üblichen Gottesdienste und Opfer sollen folgen. Wenn irgendein Meister vom Handwerk irgendeinen Jungen oder Näher eines anderen Meisters behält, einen Tag, nachdem er erfahren hat, daß der Junge zu Unrecht seinen Meister verlassen hat und daß sie sich nicht auf freundliche und vernünftige Weise getrennt haben, soll er einen Stein Wachs zahlen. Wenn irgendein Meister vom Handwerk irgendeinen Jungen als Näher verwendet, soll dieser Näher sechs Pfennig zahlen, oder sein Meister für ihn. Jeder von den Brüdern und Schwestern der Gilde soll jedes Jahr einen Pfennig als milde Spende geben, wenn der Dekan der Gilde es verlangt; und er soll an der Stelle gegeben werden, wo es der Geber für besonders nötig hält, zusammen mit einem Krug Bier aus dem Biervorrat der Gilde. Amtsträger, die gewählt sind und ihr Amt nicht übernehmen, sollen Geldstrafen zahlen. Dessen zum Zeugnis und auf besonderes Verlangen der Gilde wird hierzu das Siegel des katholischen Dekanats Lincoln gesetzt. (Auf französisch:) Geschrieben zu Lincoln in sehr großer Eile. Hier endet die Gildenrolle der Schneider von Lincoln. (Von anderer Hand:) Die Brüder haben keinen Grundbesitz oder Hausbesitz, weder unveräußerlichen noch sonstigen, und kein Gildenvermögen, nur was sie dafür brauchen, das Dargestellte auszuführen; sie halten auch keinerlei Feste ab außer den vorgenannten, die dazu dienen, Liebe und Mildtätigkeit untereinander zu pflegen." In einer Salzburger Urkunde wird ein Koch erwähnt: "meister Chunrat, koch zu S. Peter". Im Landfrieden zu Eger endet der Süddeutsche Städtekrieg. Es endet die selbständige Politik der Reichsstädte für etwa ein Jahrhundert. Der Schwäbische Städtebund löst sich auf; die Städte treten nach und nach dem Egerer Landfrieden bei. Nur die Bodenseestädte halten noch ein engeres Bündnis bei. Im Laufe dieses Krieges sollen 1200 Dörfer zerstört worden sein. In Xanten wird erstmals mit Bau einer Stadtmauer begonnen. Es stirbt der persische Dichter und Korandeuter Hafis (Schemseddin Muhammed, 69). Über Toleranz in Spanien: Es stirbt König Peter der Grausame von Kastilien. Seine Grabinschrift ist auf lateinisch, hebräisch und arabisch verfaßt. (Vgl. 1252; wieso heißt er dann "der Grausame"?)
15. Juni: Türkischer Sieg über die Serben auf dem Amselfeld.
Bis 1395: Der Seeräuberbund der Vitalienbrüder (oder Likendeeler = "Gleichmacher") versorgt das belagerte Stockholm mit Lebensmitteln (Vitalien).
Bis 1497: Für diesen Zeitraum sind für Frankfurt 15 Ärztinnen, darunter auch Chirurginnen nachgewiesen.

1390
In Worms bilden die fahrenden Schüler für kurze Zeit eine Bruderschaft. Die Bengeler, eine Freischar, deren Zeichen silberne Prügel sind, verheert das Paderborner Land. Sie bedrängen Bischof Ruprecht hart und verhöhnen die Paderborner. Der Bischof überfällt sie und nimmt ihrer 70 oder 100 samt ihrem Anführer Friedrich von Pathberg gefangen. Sie verweigern jedoch den Treueeid und es gibt eine weitere Fehde, während der die Fürsten Pathberg belagern. Nach dem Tode von Bischof Ruprecht läßt der Widerstand gegen die Bengeler nach. In Nürnberg existiert eine Papiermühle. Papier wird aus Lumpen hergestellt. In Frankfurt gibt es eine behördliche Feuerbeschau, weil die Dächer überwiegend mit Stroh und Schindeln gedeckt sind. In Hamburg, wo die Stadt die Anlage und Instandhaltung der Brunnen besorgt, wird ein städtischer Beamter für die Kontrolle der Laufbrunnen eingesetzt. In Essen gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. Im preußischen Deutschordensgebiet, wo eine ruinöse Wirtschaftskrise herrscht, taucht erstmals die Bestimmung auf, daß ein Bauer seinen Hof erst dann verlassen darf, wenn er alle Zinsrückstände bezahlt und für seinen Hof einen Ersatzmann gefunden hat. Da man schrieb 1390, da schlug Graf Philipp zu Nassau, Herr zu Merenberg, ein Haus auf und eine Burg auf der Eisenschmiede bei Braunfels. Die Burg ward geheißen Philippstein nach dem Herrn. Und derselbe Philipp hatte auch die Grafschaft von Saarbrücken, die war ihm angefallen von seiner Mutter, die die Tochter eines Grafen von Saarbrücken war. Dieser Philipp regierte hier und dort im welschen Lande. Er kaufte eine Gräfin von Spanheim; da fiel ihm durch seine Frau auch ein gutes Land zu. In dem oben genannten Jahr in dem Herbste, da war an der Lahn soviel Wein gewachsen, als es jemanden gedenken konnte. Ein gutes Fuder Frenzwein galt zu Nassau und in der Gegend acht Gulden oder so ungefähr. In demselben vorher genannten Jahr erschlug Herr Konrad Spiegel von dem Desenberg, ein Ritter in Westfalen, einen Grafen von Schwarzburg vor Liebenau in Hessen; es geschah das mit Verräterei. In demselben vorher genannten Jahr verbrannte die Stadt Grünberg in Hessen ganz und gar durch Feuer, das von selbst entstand. Zwanzig Jahre vorher war sie auch von eigenem Feuer verbrannt. In derselben Zeit war ein Bischof zu Speyer, der war von Wiesbaden, eines Bürgers Sohn. Dem half Herzog Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, sich zu behaupten, denn er war sein Schreiber gewesen; anders würde er es nicht erhalten haben. Er regierte sein vorher genanntes Stift bescheiden und wohl. In dieser Zeit war eine Königin von Dänemark, eine Witwe, Feindin des Königs von Schweden, und sie führten einen gar großen Krieg. Dadurch entstand große Teuerung in diesen Landen von gesalzenen Fischen, so daß eine Tonne Heringe gut und gern neun schwere Gulden galt. Und in demselben Kriege fing die vorher genannte Königin von Dänemark den erwähnten König von Schweden und schatzte ihm ab mehr denn sechzigtausend Mark Silber. Darauf ward der genannte Krieg gesühnt." [Limburger Chronik]
In diesem Jahr wird wieder ein Jubeljahr begangen, und zwar nachträglich für das Jahr 1383 (33 Jahre nach dem letzten Jubeljahr 1350).

1391
Studium für Reiche: Der Kölner Bankier Hermann van Goch läßt seinen Sohn in Wien studieren - mit einer angemessenen Summe Geldes versehen. Zusätzlich schickt er ihm später noch fünf Wechselbriefe über 273 ungarische Gulden, dazu noch Tuch und zwei Mützen. Da man schrieb 1391, da war ein Bischof von Paderborn, der war eines Herzogs von Berg Sohn und regierte das Stift zu Paderborn gar herrlich in großen Ehren und beschützte und beschirmte die Straßen und gab Rittern und Knechten Hengste, Pferde und Gut und tat besonders auch armen Leuten etwas zu gut. Deshalb wurde eine Gesellschaft gemacht wider ihn aus der Ritterschaft in Hessen und in Westfalen. Diese hießen die Dengler und führten Knüppel mit sich. Sie setzten dem Bischof zu und bekriegten ihn und das Stift wider alles Recht. Dann glückte es dem genannten Bischof binnen einem Jahr, daß er niederwarf an hundert Ritter und Knechte der Klöppeler, die allerbesten, die unter ihnen waren. Er fing den von Padberg, einen Teil der Spiegel von Desenberg, der von Falkenberg, die von Hettingshausen und die Wolf von dem Schartenberg in dem Lande zu Hessen. Und wollten diese frei werden, so mußten sie geben als Lösegeld an dreißigtausend Gulden von Florenz an vollwertigem Gelde. So verging die genannte Gesellschaft der Klöppeler. In demselben Jahre nahmen die von Padberg auf der Straße, nicht fern von ihnen in Westfalen, vierzig Fuhrwerke, Karren und Wagen, mit allem Vorrat weg, der darauf war von Fischen, von Leder und von anderem Vorrat, der von der See in diese Lande kam. Deshalb zog der vorher genannte Bischof mit anderen Fürsten, besonders dem Landgrafen Hermann von Hessen und mit Herzog Otto von Braunschweig, vor Padberg; sie nahmen das Städtchen und verheerten das Land. Doch die Häuser zu Padberg konnten sie nicht gewinnen. Drei Jahre darauf starb der Bischof von Paderborn. Er war ein gar junger Mann und hatte herrlich regiert. Er wurde sehr bejammert und beklagt, denn er hatte eine glückliche Hand in allem, was er angriff. An seiner Stelle wurde ein anderer Bischof gekoren, der war von Hoya. Dieser regierte auch und hätte es gern dem ersten gleich getan, wenn er es vermocht hätte. Im Jahre als man schrieb 1391, da war ein Bischof von Köln Feind des Grafen von der Mark. Der Bischof hieß Friedrich und war von Saarwerden, von dem schon die Rede war, und der Graf von der Mark hieß Engelbrecht. Der Krieg war hart und groß und weit. Denn der Bichof von Trier stand dem Bischof von Köln bei mit Rittern, Knechten und Städten. Sodann halfen ihm die Bischöfe von Westfalen, der Bischof von Münster und von Osnabrück. Der genannte Graf Engelbrecht war jedoch so hochgemut und hatte so viele Freunde, und hatte einen Monat vorher dem Bischof von Köln entbieten lassen, daß er ihn mit Gewalt in seinem Lande überfallen und überwältigen wolle. Deshalb bestellte der Bischof seine Streitmacht, so daß er mehr denn sechshundert Ritter und Knechte hatte. Und dazu hatte er sein Land und seine Städte, so daß man die Bürger schätzte auf fünfzehn tausend wohl gewappneter Männer. Graf Engelbrecht kam und brachte mit sich einen Herzog von Lüneburg, der ist ein Sachse, und dazu Ritterschaft aus der Grafschaft Holstein und Westfalen, so daß sein Volk von Rittern und Knechten auf mehr denn vierzehn hundert Lanzen, Ritter und Knechte, geschätzt wurde und zweihundert Schützen dazu. Er zog über den Rhein in den Bonngau und lag darin mit rechter Gewalt zu Felde zehn Tage und zehn Nächte. Sie verwüsteten, verbrannten und unterwarfen, was darin war, bis an die Stadt Bonn. Es war das ein gar feindlich Lager, und sie schlugen der Kölnischen vor Brühl mehr als dreißig tot. Und der Bischof verwahrte sein Schloß wie ein weiser Fürst und stritt nicht. Deshalb wurde viel über ihn geredet. Der genannte Graf Engelbrecht behielt das Feld mit großen Ehren. Ein Jahr danach starb Engelbrecht auf seinem Bette ohne Leibeserben und die Grafschaft ward ... (hier ist eine Lücke im Text; zu ergänzen ist: Engelbrechts Brüdern Adolf von Kleve und Dietrich von der Mark.) Da man schrieb 1391, da war Wenzeslaus, römischer König und König zu Böhmen, sehr ungnädig gegen alle Juden in deutschen Landen, und das war darum, weil die Juden ihm nicht seinen Tribut und seinen Jahrzins gaben. Sein jährlicher Zins beträgt von jedem Juden, der über dreizehn Jahre alt und männlich ist, alle Jahre einen Gulden. Er schrieb und gebot den Fürsten, Grafen, Herren und auch den Städten, daß man den Juden, die bei ihnen ansässig wären, keinen Wucher von einer Schuld geben sollte. Hätte ihnen jemand aber Wucher gegeben, so sollte er diesen von dem Hauptgelde abziehen. Welcher Jude das nicht wolle, dem sollte man überhaupt nichts geben. Als das ausgeführt wurde, bekamen die Juden wenig und geringes Geld und gaben ihre Schuldbriefe sehr betrübt zurück, so daß sie größtenteils verarmten; und mancher Ritter und Knecht und Bürger am Rhein, an der Mosel und anderswo wurden wohlhabend und blieben in großem Wohlstand. So mußten die Juden dem römischen Kaiser und König seinen jährlichen Zins und seinen Tribut geben alle Zeit zu ewigen Tagen. So wurden die Juden unterwiesen, daß ein römischer König und Kaiser ihr Herr ist, wie man in der Passion liest, daß die Juden riefen: "Regem non habemus nisi Cesarem", das heißt: Wir haben keinen König mehr, nur den Kaiser bei unsrer Ehr. Du sollst wissen, daß ich von dem König keine gute Mär zu geben weiß, wie du es später auch geschrieben findest. In demselben vorgenannten Jahre hielt Landgraf Hermann zu Hessen ein Gericht in der Stadt Kassel ab. Und er ließ neun der Allerreichsten und Mächtigsten ihr Haupt abschlagen und einen Teil von ihnen vierteilen und an vier Enden ausstellen. Er zieh sie, daß sie ihn seinen Feinden verraten hätten; das ging von den Feinden aus, nachdem sie sich mit dem Landgrafen ausgesöhnt hatten. In demselben vorgenannten Jahre verbrannte Linz am Rhein durch von selbst entstandenes Feuer bis auf ein Drittel der Stadt." [Limburger Chronik]
In Stralsund kommt es zu einem Aufstand der Gewerke und der Opposition gegen das selbstherrliche Regiment von Bürgermeister Bertram Wulflam. Die Aufständischen unter Führung von Karsten Sarnow schaffen die Ratsverfassung ab, aber die Hanse erzwingt bald die Rücknahme der Reformen und Sarnow wird 1393 hingerichtet. Beginn von Judenverfolgungen in Spanien.
Bis 1398: Der Stecknitzkanal zwischen Elbe und Trave wird gebaut.

1392
Die Vitalienbrüder plündern Wisby. München hat kaum 10000 Einwohner. In diesem Jahr werden dort die Andechser Reliquien gezeigt, wozu an einem Tag bis zu 40000 Pilger in die Stadt strömen. Man zählt sie einfach, indem man für jeden die Tore passierenden Fremden eine Erbse in einen Topf wirft. Grund für diesen Auflauf ist, daß letztes Jahr (11. Juli) Papst Clemens VII. für das Zeigen dieser Reliquien einen Ablaß gewährt hat, der aber nur wirkt, wenn man sieben Tage in der Stadt bleibt. "Es war alles nur umb das gelt zu tuen." (Burkhard Zink aus Augsburg) In Hildesheim gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. Da man schrieb 1392, da war der römische König und König zu Böhmen, Wenzeslaus genannt, den Straßburgern Feind und seine Heeresmacht zog vor Straßburg; er hatte mehr denn zweitausend Lanzen, Ritter und Knechte. Sie lagen mehr denn einen ganzen Monat davor und verwüsteten, verbrannten und nahmen alles, was zur Stadt gehörte. Und die von Straßburg hatten die Stadt wohl bestellt. Türme, Tore und Mauern. Und darüber hatten sie an zwanzig-tausend Mann, wohlgewappneter und kampfbereiter Leute. Dennoch blieben sie in der Stadt und kamen nicht heraus. In diesem Jahr vertrieben die von Straßburg ihren Bischof, sie bezichtigten ihn, daß er den Angriff und den Zug gegen sie gemacht hätte. Darauf wurde er ein Bischof zu Utrecht in den Niederlanden. Die Straßburger waren auch in des Reiches Acht durch den vorher genannten König. Das kostete sie mehr denn dreißigtausend Gulden. Da man schrieb 1392, da war Wein genug an den Stöcken; und es kam ein großer Reif und Frost auf St. Matthaus des Evangelisten Tag in dem Herbste, und zwischen diesem Tag bis auf nächsten St. Michaels, des heiligen Erzengels Tag, erfror der Wein und die Trauben an den Stöcken am Rhein, an der Lahn, an der Mosel und überall in deutschem Lande, so daß man die Trauben mit großen Stößeln zerstoßen mußte; so hart waren sie. Und die Weine wurden so sauer, daß sie wie Saft von Holzäpfeln schmeckten. Der Wein hieß Ratzemann, und die Quart kostete kaum drei Heller. Und in dem anderen Jahr war guter Wein, und die Quart kostete zwei Engelse. Der Sommer war so heiß, daß der Rhein und alle anderen fließenden Wasser so klein waren, wie man es binnen vierzig Jahren vorher nie mochte sehen. Und im nächsten Winter datauf fiel ein so großer Schnee um St. Katharinen Messe, wie er binnen zwanzig Jahren in diesen Landen nie mochte gefallen sein, so daß viele Leute, die über Land wandern mußten, im Schnee umkamen und erst aufgefunden wurden, als der Schnee verging. In dieser Zeit warf der Herr von Hainsberg den jungen Herzog von Jülich und den jungen Grafen von Sayn mit mehr denn dreißig Rittern und Knechten im Felde nieder. Dies war der Kriegszug des genannten Grafen." [Limburger Chronik]
Erster namentlich bekannter Spielkartenmaler: Gringonneur. Daß er - für Karl VI. von Frankreich - die Spielkarten erfunden hat, trifft nicht zu. Bei Karl VI. von Frankreich stellt sich erstmals Geistesgestörtheit ein.

1393
Der Pfalzgraf ernennt den "Wernhir pfifer von Alzei unser recht hofgesinde in allem unserm lande...ubir alle varnde lute zu künge." Dies ist ein weiteres von oben eingesetztes territoriales Königreich fahrender Leute, das keinen Bestand hat (wie auch schon das Mainzer Vorbild von 1385).
Da man schrieb 1393, da wurden die von Mastricht an der Mass niedergeworfen. Das tat ein Graf von Mors mit Namen Friedrich. Dieser war ihr Feind und hatte alles in allem an fünfhundert Lanzen, Ritter und Knechte. Er berannte die Stadt mit einem Teil seiner Leute (die anderen hielt er im Hinterhalt) und warf sie so schmählich nieder, daß mehr als dritthalb hundert Bürger erschlagen und dreihundert gefangen wurden. Es starben auch viele in dem Gefängnis, denn sie lagen mehr als ein Jahr gefangen, und gaben zweiunddreißig tausend Gulden. Damit ward eine vollständige Sühne. In demselben vorher genannten Jahre, da zogen das Reich und der Bischof von Mainz, die Stadt Mainz und die von Frankfurt vor Hattstein. Sie lagen acht Tage davor und zogen wieder davon. Und die Städte hatten große Büchsen, von denen eine sieben oder acht Zentner schwer schoß. Damals kamen die großen Büchsen auf, wie man sie auf Erden bisher nicht von solcher Größe und Schwere gesehen hatte. In dieser Zeit waren zwei edle Grafen von Katzenelnbogen; deren einer hieß Eberhard. Dieser hatte große ritterliche Taten getan und war in großen Kämpfen in diesen Landen und über Meer im Heiligen Lande gewesen. Er hatte Schwalbach über der Aar erbaut, und zwar länger als dreißig Jahre vor dieser Zeit. Der andere war Diether geheißen. Seine Mutter war eine geborene von Limburg. Dieser war seinen Feinden ein gar strenger Herr, da er sie mit viel Volk, Rittern und Knechten, allzeit bedrängte. Es war stets sein Grundsatz, seine Feinde zu überwältigen. Man nannte ihn Birbe. Die zwei genannten Grafen gaben ihre Kinder zu der heiligen Ehe zusammen. Graf Eberhard gab seine Tochter Graf Diethers Sohn, namens Johann, damit die Grafschaft wieder zusammen käme. Derselbe Graf Diether war ein Verwalter des Landes Luxemburg auf Geheiß des römischen Königs Wenzeslaus, König zu Böhmen, vom Jahre 1395 nach Christi Geburt an. Daher war der Graf von Saint Pol Feind des vorhergenannten Landes Luxemburg und zog in das Land mit mehr als zwölfhundert Lanzen, Rittern und Knechten und hatte dazu an hundert Schützen. Und deshalb warb der vorhergenannte Diether in diesen Landen und hatte mehr denn zweitausend Lanzen, Ritter und Knechte. Und wo der Graf von Saint Pol mit seinen Leuten lag, da hatten sie sich eingegraben. Als nun Graf Diether eines Morgens mit ihm streiten wollte, da ritten die Welschen des Morgens weg und ließen ihre Pfeifer die Nacht hindurch pfeifen und ließen ihre Fackeln brennen, so daß man wähnte, sie wären noch alle da. Als Graf Diether sich zum Streite stellte, da waren sie alle entflohen. Die Burg Walrabenstein erbaute ein Graf von Nassau in derselben vorher genannten Zeit. Der hieß Walram. Er starb jung und hatte Westerburg inne. Nach ihm regierte sein Sohn. Da man schrieb 1393, da entstand zu Köln eine Zweiung zwischen den Schöffen und dem Gemeinderat. Das kam dadurch, daß es dem Rat dünkte, als ob die Schöffen mehr dem Bischot von Köln beistünden und Hilfe leisteten als der Gemeinde zu Köln. Und fortan behielt die Gemeinde zu Köln ihren Willen. Sie vertrieben den edlen Vogt von Köln und fingen einen Teil ihrer Schöffen und legten die Gefangenen auf ihre Türme. Die anderen flohen aus dem Lande und wurden vertrieben. In dieser Zeit hatten die von Köln Sorge, daß der Bischof mit Namen Friedrich von Saarwerden zu Deutz gegen Köln eine Burg erbauen würde. Und die Kölner fuhren in der Palmnacht über den Rhein und erbauten außerhalb des Münsters und Klosters, in dem Mönche vom Orden des heiligen Benedikt saßen, eine Burg. Die nannten sie Palmenstein, da sie zu Palmarum in Angriff genommen ward. In demselben Jahr wurde der edle Vogt von Köln Feind der Stadt Köln. Man wurde im Felde handgemein und hatten einen Kampf. Der Vogt behauptete das Feld und schlug von den Kölnern gute reisige Leute tot auf der Walstatt und fing derer von Köln mehr denn sechzig. Das alles ward gesühnt binnen einem Jahre. Für die Gefangenen wurden mehr denn zwanzigtausend Gulden gegeben. Und die Schöffen von Köln, die von der Gemeinde gefangen lagen und vertrieben waren, die wurden frei und kamen wieder nach Köln." [Limburger Chronik]
In Florenz warnt Morelli die Jugend: "Spielt keine Hasardspiele und meidet die Würfel! Wählt lieber die euch geziemenden Knöchelchen (Astralagos) und naibis (Spielkarten)." Judenverbrennungen in Rothenburg. Anklage: Brunnenvergiftung". Ein Tuchmacher aus Wörd (Wörth?), der seiner Mutter Gewalt angetan und sie dann erwürgt hat, wird in Öl gesotten. Bern erhält seine erste Wasserleitung. In Xanten wird nach starken Kriegzerstörungen der Hauptbau der Stadtbefestigung, das Klever Tor im obersten Geschoß und im Dach wiederhergestellt. Es ist eines der wenigen im Rheinland erhaltenen Doppeltore. Der Hauptbau hat vier Stockwerke. In München gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. In Frankreich entscheidet eine königliche Verordnung, daß es "für einen Adligen nicht standesgemäß sei, eine Weinstube zu betreiben." Verbannung der Juden aus Frankreich.

1394
Meister Marquart von Köln wird der erste Apotheker von Regensburg mit fester Besoldung. Er ist von 1383 bis 1386 als gelehrter Arzt am Hofe Herzog Albrechts III. von Österreich tätig gewesen. Endgültige Vertreibung der Juden aus Frankreich mit Ausnahme von Provence, Dauphiné und Avignon. Die Geißler sind wieder da: Es entsteht die Bruderschaft der Weißen Büßer (vielleicht im Dauphiné), die weiße Kutten und Kapuzen tragen (ähnlich dem KuKluxKlan). Auf dem Rücken ist ein Stück herausgeschnitten zum Behufe des Geißelns. Sie finden in Italien großen Zulauf (außer zunächst in Genua, später auch dort). Allein in Padua entstehen sechs solcher Gesellschaften. Beim Reichstag in Frankfurt sollen über 800 Dirnen anwesend sein. Abschiebung von Geisteskranken: Die "thörichte Dorothea", die bisher im Nürnberger Lochgefängnis (unter dem Rathaus gelegen hat, wird mit dem Fuhrwerk nach Wien gebracht. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Da man schrieb 1394, auf den Sonntag nach dem achtzehnten Tage, war zu Wetzlar an der Lahn eine große Zweiung in der Stadt. Das kam so: Einer, mit Namen Haberkorn, zog die Zünfte der Gemeinde an sich, machte Anschläge und wollte diese durchführen und erzwingen gegen den Rat und gegen die Ehre. Und sie rotteten sich zusammen vor der Burg vor der Kirche; der Rat behielt die Oberhand, und man schlug den Haberkorn mit fünf anderen vor der Kirche auf dem Kirchhof tot. Die Gemeinde gab nach und suchte Gnade beim Rat. Und es söhnten sich von der Stunde an der Rat und die Gemeinde aus. In dieser selben Zeit und in dem vorher genannten Jahr, da hatte Bischof Werner von Trier, von Geburt Herr von Falkenstein, einen großen Krieg mit dem Herrn von Aremberg, der länger als ein Jahr währte. Bischof Werner gewann die Burg Welschenhausen bei der Eifel und brach sie ab bis auf den Grund. In demselben Jahr wurde Bischot Werner eine Burg Oer abgenommen, die daselbst gelegen war. Die Burg war sein Pfand für eine Summe Geldes und es zogen alsbald seine Freunde davor, gewannen sie mit dem ersten Sturm und fingen auf ihr den von Welschenhausen und zwölf andere. In diesem Jahr und in der vorher genannten Zeit war gar saurer Wein gewachsen, weil der Frost den Wein an den Stöcken überfiel, ehe er reif wurde. Der vorher genannte Bischof Werner kaufte hundert Fuder dieses Weins an der Mosel mit den Fässern zu vierhundert Gulden, also das Fuder zu vier Gulden. Diese wurden so lauter auf der Hefe, daß man sie vor Weihnachten aus den Gläsern trank. In demselben vorher genannten Jahre, da nahmen der Ablaß und die Romfahrt ihren Anfang zu Düsseldorf, das im Niederland liegt und dem Herzog von Berg gehört. Das war von Bonifatius IX. Gnaden, des Papstes zu Rom. In derselben Zeit wurde daselbst ein Kanonikat neu gestiftet; das kam von dem großen Zulauf, der da war. Dieselbe Gnade und Gunst ging auch zu Köln an und währte ein ganzes Jahr. In dieser vorhergenannten Zeit wurde ein Kind geboren zu Niederbrechen im Trierer Bistum, das war unten ein Mensch und hatte aufwärts eine Gestalt einigermaßen einer Kröte gleich. Das war ein Zeugnis Gottes, denn als man das Weib ansprach, daß sie ein Kind trüge, sprach sie und antwortete darauf, sie trage eine Kröte, und das war ihre Antwort allezeit." [Limburger Chronik]
Die Kirche St. Lambertus zu Düsseldorf wird im gotischen Stil vollendet. Hamburg verleibt sich gewaltsam das Elbmündungsgebiet mit Schloß und Amt Ritzebüttel (heute teil Cuxhavens) ein, nachdem die dort regierende Familie von Lappe dem Seeräuberunwesen nicht entgegengewirkt hat. In Göttingen gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft.

1395
Die Weißen Büßer kommen nach Rom und stehlen dem Papst die Schau. Einer ihrer Anführer gibt sich als Johannes der Täufer aus und führt ein blutendes Kruzifix vor. Man entlarvt ihn als Juden und sein Kruzifix als Schwindelvorrichtung (hohl) - er wird verbrannt. Ein anderer, den sie den Propheten Elias nennen, kommt, gleichfalls mit einem Wunderkruzifix nach Viterbo. Er wird verhaftet und allein nach Rom gebracht, wo sich auch dieses Kruzifix als Betrug erweist und er selbst als Geistlicher, der nach der päpstlichen Krone trachtet. Auch er wird verbrannt und sein Gefolge macht sich davon. "Die beghart vnd die die sich mit geknöpften gaisseln schlugen haben in teutschen land vnd in andern gegenten schwere irrung eingefüert. davon dann hievor meldung beschehen ist. So ist auch in disem 1389. iar in allem welschem land ein wunderliche auffwegung des volcks entstanden. also das sie sich schier alle innerhalb dem gallischen gepirg mit weyßem vnd leyninem klaid bis auff die füeß hinab mit einer kappen gleich einer münchs gugel beklaideten. Darunder warn edele weiber vnd mann. Auch fürsten, bischoff, pfaffen vnd münch allerlay orden die sich der gleichen beklaidten. [Unbekannte Sigle] dise menschen giengen in processionweiß ye zway vnd zway zu den nehern stetten vnd rüfften mit flehlichem geschray nach frid vnd barmhertzigkeit. vnd solchs weret schyer drey monat. Vnder disen warn von der statt Luca bey 3000 menschen. Vrsacher diss fürnemens was ein briester. der was von antlitz vnd worten solcher tapfferkeit das er von allen heilig gehalten wardt. Aber bapst Bonifacius hieß zu Viterbo nach ime greiffen, ine zu im füeren vnd als einen irrer verprennen." [Schedelsche Weltchronik, 1493] "180. Im Jahre 1395, auf Aschetag, starb Herr Johann von Isenburg, Herr zu Büdingen, eines schnellen jähen Todes zu Koblenz, wo er turniert und gestochen hatte. Er war zu seinen Lebzeiten ein aufbrausender, gewalttätiger Mann gewesen. In dieser selben vorher bezeichneten Zeit, da hatten die Barfüsser zu Köln ein Generalkapitel. Da kamen aus allen Landen mehr denn dreizehnhundert Barfüsser, Minderbrüder zusammen. Die hielten alle zum Papst zu Rom, Bonifatius IX. Von denen, die zum Papst von Avignon, Clemens, hielten, kam keiner dorthin; es wären ihrer sonst mehr als zweitausend zusammengekommen. In demselben vorher bezeichneten Jahr, am achten Tag im Mai, das war auf einem Samstag, da kam ein großes Wetter, Donner und Hagel, und tat gar großen Schaden an den Früchten in vielen Ländern und an den Weingärten. Und in Sonderheit wurden die Weingärten zu Oberwesel am Rhein gar sehr zerschlagen, an der Lahn zu Kalkofen, zu Laurenburg, zu Kramberg und zu Geilnau. Der Sommer war gar wunderlich durch große Donnerschläge und Gewitter. Und es geschah großer Schaden in dem Jahr an Früchten, Wein und Häusern. In den vorhergenannten Zeiten, in der Pfingstwoche, da schlug Graf Adolf zu Diez und zu Nassau eine neue Burg auf an der Aar nicht weit von Limburg, die heißt Ardeck. Vor mehr als vierhundert Jahren hatte auch schon eine Burg allda gelegen, was niemanden mehr erinnerlich war, so lange war das her; die Leute hatten es von ihren Vorfahren gehört. Man fand dort auch alte Gräben und Reste von einer alten Burg, daß man das wohl prüfen konnte. In demselben vorhergenannten Jahr, auf St.-Barnabas-Tag, das war am Freitag nach unseres Herren Leichnams-Tag, war ein großes Erdbeben, so daß die Leute sehr erschraken und geängstigt wurden. In den selben Jahren waren große Sterben in deutschen Landen. Der großen Pestilenzien habe ich vier gesehen und erlebt. In demselben vorher genannten Jahre, da zogen die zwei Grafen Philipp von Nassau, Graf zu Saarbrücken, und Graf Diether von Katzenelnbogen vor Elkerhausen, eine notfeste Burg, an der Lahn gelegen, und schlugen dort eine andere Burg über der Lahn auf, die Gräveneck genannt ist. Es ward dort vor zwölf Jahren auch ein Haus erbaut, das Steuerburg hieß, wie vorher erzählt ist; das ward verbrannt. Die genannte Burg Gräveneck ist wohl bewehrt. Und sie hatten ihre Macht und Gewalt dort vor Elkerhausen liegen und behelligten es mit den großen Büchsen, mit Steinschleudern und mit anderen Sachen, so daß keine Lebensmittel dorthin kommen konnten, bis daß sie die Burg und die Niederlassung mit rechter Gewalt im Jahre darauf auf den ersten Juli am Abend vor Unserer Frauen Heimsuchung gewannen. Sie fingen auf ihr sechszehn Mann, denen ihr Leben zugesichert wurde, und zerbrachen das Haus, von dem aus dies ganze Land geschunden und ausgeraubt worden war. Über die Zerstörung freute sich alt und jung und lobte Gott, daß das Nest zerstört ist. Das Haus gehörte drei Brüdern. Einer hieß Ekkehart, ein Ritter, der andere hieß Heinrich, und der dritte hieß Konrad." [Limburger Chronik]
In Wien ist das Bordell in der Nähe des Tiefen Grabens ein herzogliches Lehen und untersteht dem Hofmarschall. Johannes Gerson wird Kanzler der Sorbonne zu Paris. Er wendet sich scharf gegen einen Forschungsgeist, der die Natur in ihren letzten Geheimnissen ergründen will.

1396
Verbesserung des Wagens durch beweglichen Vorderwagen. In Köln ist eine Geschlechterfehde zwischen den Greifen und den Freunden im Gange. Im Januar reißen die Freunde die Macht mit Gewalt an sich. Ihre reaktionären Maßnahmen führen zum Bündnis von Zünften und Kaufmannschaft. Nach einem Aufstand wird ein Kompromiß gefunden, der "Verbundbrief". Im Rat dominiert nun das kaufmännische Element, doch die alten Geschlechter finden in der Gaffel Eisenmarkt ein Unterkommen und gewinnen so wieder an Einfluß. Es gibt in Köln nun 22 Gaffeln (17 aus Zünften, 5 aus Kaufleuten). In Köln entsteht das "Neue Buch" des Stadtschreibers Gerlach von Hauwe, eine Stadtchronik. Ferstigstellung von Nürnbergs erstem leitungsgespeisten Marktbrunnen (der "Schöne Brunnen"). Bei Arbeiten außerhalb der Stadt erhalten die Augsburger Werkleute Brot, Fleisch, Wein und Bier. In Nürnberg gibt es sechs Wundärzte. (Seit etwa einem Jahrhundert bereits sind "Buchmedizin" und Chirurgie getrennt. Die Wundärzte sind im Gegensatz zu den akademischen Ärzten handwerkliche Praktiker und oft spezialisiert). In Nördlingen gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. Würfelspielverbot in Mailand: "Der Spieler wird zu einer Geldstrafe von 200 Lire sowie zur Verbannung aus Mailand in eine mehr als 100 Meilen entfernte Gegend verurteilt. Sein Haustor wird niedergebrannt, und ein Jahr lang darf niemand in seine Wohnung übersiedeln." Bei Nikopol unterliegt ein Kreuzheer aus Franzosen, Deutschen, Ungarn und Polen den Türken. Nach der Schlacht von Nikopol gerät der Knappe Johann (Hans) Schiltberger, möglicherweise aus dem gleichnamigen bayerischen Adelsgeschlecht stammend, in eine 31 Jahre währende türkische und später mongolische Gefangenschaft. Diese wird er später in seinem "Reisebuch" dokumentieren (vgl. 1427 und 1478). Glücksspielverbot in Göttingen. Da man schrieb 1396, da war eine große Zweiung in dem Rate zu Köln, so daß eine Partie der Vermögendsten und Obersten die Gemeinde für sich gewannen und die andern angriffen und ihrer vierzehn fingen und dazu einen Ritter von dem Rate, mit Namen Heinrich von dem Stabe, und seine Knechte. Diesen schlugen sie ihr Haupt ab auf dem Heumarkt, teilten den Ritter in vier Viertel und hängten ihn an vier Enden vor den Toren auf. Über ein halbes Jahr danach erhob sich in Köln abermals eine andere Zweiung, so daß sie abermals einem Ritter das Haupt abschlugen; der hieß Herr Hilger von der Stessen; den führten sie hinaus an den Galgen. Der Ritter war bei der ganzen Gemeinde von Köln beliebt gewesen. Und kurze Zeit später, da war er wieder gehaßt. Da geschah ihm also. Das sollst du wissen, weiser Mann, wenn es dir am allerbesten geht und dein Glück aufsteigt, daß du dich dann am allermeisten hüten sollst. Wann dein Glück am meisten ist, so ist es versetzt in kurzer Frist. In demselben vorhergenannten Jahre, in dem Monat, den man schreibt auf lateinisch Februarius, war eine große bedeutende Flut und ein Wasser, so daß man zu Koblenz mit Schiffen in der St. Kastorsgasse auf den Kornmarkt fuhr bis an die Brücke, wo man über den Graben zu St. Florin geht. Das Wasser ging in die Kirche und das Kloster zu den Barfüssern und durch den Kreuzgang. Und zu Limburg ging die Lahn gleich mit dem Gewölbe an der Tränkpforte; sie war sechzehn Fuß hoch. In demselben vorhergenannten Jahre wurde die Hindenburg, in Sachsen am Harze gelegen, ein gewaltig Raubnest, daraus der Welt viel Schaden geschah, genommen und bis auf den Grund gebrochen. Das taten die Fürsten, Herren und Städte von dem Landfrieden. Und sie fingen auf der Burg der Gesellen viele und davon wurden zwanzig Mann zur Stunde gehängt. Es verblieben auch viele auf der Burg, die verbrannten in dem Feuer. So blieben vierundfünfzig Menschen tot, die teils gehängt wurden, teils verbrannten. In demselben vorhergenannten Jahre, da wurden die Herren von Mailand von Wenzeslaus, dem Römischen König und König zu Böhmen, zu Herzögen. Sie waren bisher Herren gewesen. In diesem vorhergenannten Jahre, binnen der vierzehn Tage nach Ostern, ward das Städtchen Ziegenhain in Hessen eines Morgens früh, als die Wächter von der Mauer gegangen waren, erstiegen und erobert. Und es wurde alles genommen, was man vorrätig fand, und gar sehr geplündert. Nachdem man alles, was da war, verbrannt hatte, zog man wieder von dannen. In demselben vorhergenannten Jahre, in dem Rosenmonat, wurden die von Honnef, das große Dorf bei Drachenfels, in einem Felde niedergeworfen; das tat eines Herrn von Westerburg Sohn. Es sind ihrer mehr denn achtzig gefangen und erschlagen worden. In demselben vorher genannten Jahr, acht Tage nach Johannis des Täufers Tag, mitten im Sommer, da warf der Herzog von Berg den Herrn von Limburg nieder, der in dem Lande Westfalen wohnt; der von Limburg ward gefangen mit mehr denn vierundachtzig Rittern und Knechten; das geschah bei Wipperfürth. Da erlag die beste Ritterschaft, die an der oberen Lahn zwischen Marburg und Wetzlar ansäßig war, namentlich die von Hatzfeld, die von Breidenbach, die von Milchlingen, die von Buseck und andere ihrer Genossen. In derselben Zeit ward Höchst am Main, gelegen zwischen Mainz und Frankfurt, ein sauberes Städtchen, das zum Stift Mainz gehört, erstiegen, genommen und völlig verbrannt. Das taten die von Kronberg. Sie gewannen darin an reisigen gesattelten Pferden mehr denn sechzig. Der Bischof von Mainz, mit Namen Herr Konrad, geboren von Weinsberg, war ein Helfer Graf Philipps von Nassau und Graf Diethers von Katzenelnbogen. Ihm stand ein Chorröcklein besser als ein Panzer. Auch soll man wissen, daß Höchst erst vor vierzig Jahren zu einem Städtchen und zu einer Freistatt gemacht worden ist mit Gräben, Planken und Türmen, wie sich das gehört. In denselben vorher genannten Zeiten, da gewann der Herzog von Geldern Schönforst, das bei Aachen liegt. Er hatte bald zwei Monate davor gelegen und fand darauf große Schätze von Früchten, von Wein und anderem Vorrat. In diesem vorher genannten Jahre stritten die Heiden mit den Christen. Die Heiden waren mit großer Gewalt gegen den König von Ungarn gezogen, der hieß Sigismund und war Kaiser Karls des Römischen Kaisers, König zu Böhmen, Sohn. Und sie bedrängten ihn und richteten großen Schaden an. Er gewann etzliche Kämpfe und verlor noch mehr Kämpfe. In denselben Zeiten zogen die Christen viele Ritter und Knechte an sich, und es gedieh im Herbst, daß die Christen gegen die Heiden zogen vor eine Stadt in der Heidenschaft, die Schiltawe [Schiltau, alias Nikopol] heißt. Da kamen der Heiden so viele, daß ihrer mehr als viermal so viel waren als Christen; und blieben der Christen tot mehr denn achtundzwanzigtausend. Der größte Teil waren Ritter und Knechte; deren waren gar viele aus Frankreich und aus vielen anderen Ländern." [Limburger Chronik]
Nach der Schlacht von Nikopol gewinnt der Pole Siborski die Gunst von König Sigismund, nachdem er in voller Rüstung die Donau durchschwommen hat.
1396/1397: Es stirbt Peter Suchenwirt, der Hofpoet der Wiener Habsburger. In seinem Gedicht "Vom Schlaf der Minne" hat er einmal geschildert, wie es einem modebewußten Mann mit dem namen Hindenploz ("hinten entblößt"!) bei einem Sturz ergangen ist: "Do viel er sich über ein stein, / Daz er auf der erden lackh. / Er waz gepunden als ein sackh / Mit riemen und mit snüren, / Er macht sich nicht berührn / Daz er waer aufgestanden."

1397
Auf dem großen Fürstentag zu Frankfurt werden 797 Dirnen gezählt. In Paris wird den Bürgern verboten, an anderen Tagen als am Sonntag mit Ball oder Kegeln zu spielen - ohne Erfolg. In Würzburg beschwert sich der Rat, daß Anrainer auf dem alten Eiermarkt Mist auf das Pflaster leeren. Diese hätten aber nur die Pflasterung vor ihren Häusern bezahlt, wohingegen für die restliche Fläche um den Brunnen die Stadt die Kosten übernommen hätte, weswegen jeder, der dort beim Mistabladen erwischt wird, ein Pfund Pfennig zahlen muß. Berlin hat etwa 7000 Einwohner. Pro Kopf werden hier täglich drei Pfund Fleisch verzehrt. In Regensburg stellt der Arzt Johannes in einem Gutachten fest, daß es mit den Apotheken der Stadt im Argen liege. In der Regensburger Apothekenordnung wird besonders darauf hingewiesen, daß keine giftigen Arzneien verkauft oder verschenkt werden dürfen. In Datteln und Lindau gibt es indirekte Hinweise (Stadtrechnungen oder Urkunden) über die Existenz einer Schützengesellschaft. In Hannover gibt sich die "Papegoiensellschop", eine Gesellschaft der Armbrustschützen, eine Satzung. Es ist (nach Dortmund - wann? - die zweite bekannte Satzung einer Schützengesellschaft in Deutschland. In Frankreich erneuert eine königliche Ordonnanz die alten Verordnungen von 1269 und 1347 gegen das Fluchen. Es wird mit Lippenspalten und Zungeabschneiden gedroht, Strafen, die kaum durchführbar sind. In Bourg en Bresse wird der Dichter Otto von Grandson im Zweikampf von seinem Ankläger, dem Ritter Gérard d'Estavayer getötet. Otto war der Mitschuld an der Ermordung des "roten Grafen" Amadeus VII. von Savoyen angeklagt und Estavayer hat als Kämpe der Stände von Waadtland gefochten. Der Fall erregt großes Aufsehen, weil hier wirklich einmal etwas stattfindet, was dem stets nur angekündigten, aber nie durchgeführten Fürstenzweikampf nahekommt. So man schrieb 1397 nach römischem Stil, auf den sechzehnten Tag des Februar, genannt die Sporkel, war ein regnerisches Wetter, und besonders auf den genannten Tag zur Vesperzeit erhob sich ein großer Sturmwind und dazu großer Regen, großer Donner und Blitze. Das währte die ganze Nacht bis an den Tag. Und es geschah viel Schaden von dem Winde an Dächern und Häusern, und die Gewässer wurden groß, so daß die Lahn bei Limburg fünfzehn Fuß hoch über ihr gewöhnliches Bett ging. Und zu Straßburg verbrannten zur selben Zeit mehr denn sechshundert Häuser. In demselben genannten Jahre wurden zu Mainz zwei Bischöfe gekoren. Von diesen war der eine von Nassau, mit Namen Johann, und der andere von Leiningen, genannt Schaffart. Der von Nassau, Johann, behielt das Bistum ohne Widerstand. In demselben vorher genannten Jahre verbrannten zu Koblenz mehr denn zweihundert Häuser. Das Feuer ließ ein Ritter von Ehrenberg anlegen; dieser war ein Feind der Stadt. In derselben Zeit verbrannte Wittlich im Stifte Trier beinahe gänzlich. Das tat auch der vorher genannte Ritter von Ehrenberg; er bestellte, daß es geschah. Da man schrieb 1397, in dem Mai, da kamen die Fürsten von Deutschland nach Frankfurt und hatten einen großen Rat und Concilium und kamen überein wegen eines Landfriedens. Sie lagen dort acht Tage mit großem Aufwand und großer Herrlichkeit. Namentlich hatte der Römische König und König zu Böhmen, Wenzeslaus, seine ganze Macht dahin gesandt. Und in dieser Zeit waren zwei Bischöfe erwählt zu Mainz, wie vorher geschrieben steht; sie hatten beide dort keine Macht. Es war da Herr Friedrich von Saarwerden, Erzbischof zu Köln, Werner von Falkenstein, Erzbischof zu Trier, der Bischof von Würzburg, von Bamberg, von Speyer und viele mehr Pfaffen, Fürsten und Herren: Herzog Ruprecht von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog Stephan, Herzog Wilhelm, Herzog Klemme und Herzog Heinrich, Herzöge zu Bayern. Herzog Leopold von Österreich lagerte da mit großer Herrlichkeit, so daß er ausrufen ließ, wer da wolle essen, trinken und Futter haben für seine Pferde um Gottes Lohn und Ehre, der solle zu seinem Hoflager kommen. Er gab alle Tage etwa viertausend Pferden Futter. Auch Landgraf Hermann zu Hessen war da mit mehr denn fünfhundert Pferden. Auch waren da die Markgrafen von Meissen, Markgraf Friedrich und Markgraf Georg und hatten an zwölfhundert Pferde, ferner Herzog Otto von Braunschweig, der Markgrat von Baden und der Burggraf von Nürnberg, so daß der Herzöge und Fürsten da waren zwei und dreißig. Dazu des Königs von Frankreich Rat, ferner Graf Philipp, Graf Johann, Graf Heinrich von Nassau, Graf Eberhard, Graf Diether und Johann, Grafen zu Katzenelnbogen, Graf Günther, Graf Heinrich und Johann zu Schwarzburg, Graf Simon von Spanheim, Johann, Herr zu Limburg, Graf Adolf von Diez und Graf Otto von Solms. Diese Grafen und Herren alle zu nennen, würde zu viel, denn die Summe der Grafen und Herren belief sich höher als auf anderthalb hundert. Und sie bestimmten einen anderen Tag wieder zu Frankfurt auf nächsten St. Jakobstag. Auch waren allda dreizehnhundert Ritter und dreitausendsiebenhundert Edelknechte; sodann waren dort fünfeinhalbhundert fahrender Leute, wie Spielleute, Pfeifer, Trompeter, Sänger und fahrende Schüler. 201. In diesem selben Jahre, in dem Mai, da warf Landgraf Hermann von Hessen in dem Felde bei Homberg mehr denn hundert der Buchener nieder und nahm ihnen mehr als anderthalb hundert gesattelter Hengste weg. Das geschah in offener Fehde. In dieser selben vorher genannten Zeit, in dem vorher genannten Mai, da stand das Korn und auch der Wein gemeinsam in Blüte. Und das Korn verblühte in diesen Landen rasch und wurde schon im Mai reif. Man schnitt reifes Korn für Brot um die heiligen Pfingsttage zu Boppard, zu Koblenz und woanders an vielen Orten. Der Malter Korn blieb bei einem Gulden, und der Wein, der beste, galt eine Quart vier Heller zu Limburg. Und eine Quarte für drei Heller, für zwei Heller und einen Heller war auch gut zu trinken. Das währte ein Jahr. In diesem Mai und den vorher genannten Zeiten wurde Herr Philipp, Herr zu Falkenstein, gefreit zu einem Grafen zu Falkenstein. Das geschah zu Frankfurt von dem Römischen König Wenzeslaus, König zu Böhmen. In diesem vorher genannten Mai und zur vorgenannten Zeit brannten zu Erfurt durch von selbst entstandenes Feuer mehr denn tausend Häuser ab; an Früchten und an Waid entstand gar großer Schaden. In demselben vorher genannten Jahre, in dem Monat, der zu Latein Junius heißt, am zweiten Tag nach St. Bonifatiustag, war ein großer Streit vor Kleve in Niederland. Das kam so. Der Herzog von Berg ward Feind des Grafen von der Mark und des Grafen von Kleve und zog in das Klevische Land mit fünfhundert Rittern und Knechten, die brannten, verwüsteten und spielten sich gar herrisch auf. Da begegneten ihnen die vorher genannten Grafen von der Mark und von Kleve vor der Stadt Kleve. Die hatten an vierhundert Ritter und Knechte und dazu Bürger und ihr Landvolk, deren waren auch an vierzehnhundert Mann. Und sie stritten gar feindlich und es blieben an vierhundert Mann tot, teils hier, teils dort. Und die Grafen von der Mark und von Kleve behaupteten das Feld und fingen den Herzog von Berg und den Herzog von Jülich und dazu einen Grafen von Sayn und einen Herrn von Westerburg. So wurden Grafen und Herren und andere Ritter und Knechte, sowie an neunhundert gewappnete Mitreiter gefangen und an hundert Knappen. Sie nahmen ihnen mehr denn sechzehnhundert Pferde in diesem Streite ab. Es ertranken auch beinahe sechzig Knappen, die die Pferde von dannen führen wollten, als sie sahen, daß ihre Herren unterlagen und das Feld verloren hatten. Auf diesen Streit sind Verse gemacht:
"Audi Montensem ducem vitiasse Clevensem
Terram cum viris miris ad prelia diris.
Quos tunc Marchenses, Clevenses dire per enses
Vincunt bellando, captando, compeditando,
Annis millenis centenis ter nonagenis
Et sex finitis septene lunie ritis."
["Hör', wie der Herzog von Berge Klevische Lande
verheerte Mit seinen wunderbaren kämpf es mutigen
Scharen. Märker und Klevische Mannen schlagen diese
alsdannen Und führen sie gefangen, mit Beinschellen
behangen, Nachdem dahingefahren tausend dreihundert
an Jahren Außerdem sechsundneunzig, im Juni den
siebten, da trifft's sich".]
In demselben vorher genannten Jahre, da ward der edle Graf von der Mark erschossen von seinen Feinden in Westfalen vor Limburg." [Limburger Chronik]

1398
Früheste Darstellung von Schlittschuhläufern. Es geht um Lydwina van Schiedam, die sich beim Schlittschuhlaufen die Rippen bricht, dadurch lebenslang bettlägerig und dabei fromm wird und später seliggesprochen wird. In Göttingen wird verboten, den Mist länger als zwei Nächte auf der Straße liegen zu lassen. Älteste Nachricht über die Eichelsaat. In Nürnberg gibt es (unter den Wundärzten) einen Spezialisten für Brüche und Steinleiden. Der Wiener Bürger Konrad Rampersdorfer läßt das Testament seines Dieners im Stadtbuch verzeichnen. Dessen Kleidung soll für die Bezahlung von Schulden verwendet werden. Vom Rest sind zwei fromme Stiftungen zu machen, was aber nicht viel sein kann. Weiter: "Und hat auch an seinen lesten zeiten verholen, das er nicht anders gehabt hab, das hab er seinen swestern zu Steyr gesant." Februar: Die französischen Überlebenden von Nikopol erreichen Frankreich. Ihre Niederlage wird mit Feiern und Pomp verdeckt. Ein Konzil in Paris entbindet die Gläubigen von der Gehorsamspflicht gegenüber Papst Benedikt XIII. (Avignon); dieser jedoch kann bald die Stimmung wenden. Der Stecknitzkanal zwischen Elbe und Trave ist nach sieben Jahren Bauzeit vollendet. Diese erste künstliche Wasserstraße des nördlichen Europas hat 15 Schleusen. Dieser 97 km lange Wasserweg (Luftlinie: 55 km) verbindet Lübeck über Trave, Stecknitz, Möllner See, de nyge graven und Delvenau mit Lauenburg an der Elbe. Die Fahrzeit beträgt zwei bis vier Wochen. Lübeck hat für den Durchstich zur Delvenau und deren Ausbau 3000 lübische Mark an Herzog Erich IV. von Sachsen-Lauenburg gezahlt und erhält dafür für 17 Jahre alle Einnahmen aus dem Kanal (danach Teilung mit dem Herzog). Die lübischen Stecknitzschiffer haben zwar faktisch das Transportmonopol über den Kanal, sind aber von den lübischen Salzherren abhängig. Es können den Kanal nur kleine Schiffe befahren, nicht etwa Koggen. Dadurch wird der Salztranspoert billiger. Der Kanal ist zwar nicht bedeutend genug, um den Transport anderer Güter über Land zwischen Hamburg und Lübeck zum Erliegen zu bringen, dennoch ist diese Verbindung wirtschaftlich nicht zu unterschätzen. In Basel wird die Ringmauer um alle Vorstädte (im Bau seit 1386) fertiggestellt.
Da man schrieb 1398, da kam der Römische König Wenzeslaus, König zu Böhmen, und die Kurfürsten und viele andere Fürsten, wie sie vorher aufgezählt sind, nach Frankfurt, wie von ihnen vor einem Jahr bestimmt worden war, und hatten, um der heiligen Kirche und des Römischen Reiches und der gesamten Welt willen, einen großen weisen Rat und ein Concilium und kamen wegen eines allgemeinen Landfriedens überein. In demselben vorher genannten Jahre, in dem August, da zog die Frau, eine Herzogin von Brabant, gegen den Herzog von Geldern und den Herzog zu Jülich mit großer Gewalt und Herrschaft, da sie mehr denn viertausend Ritter und Knechte und mehr denn hundertsechzigtausend Leute zu Fuß, wohl ausgerüstet und gewappnet, hatte. Sie lagen in dem Lande Jülich einen ganzen Monat und taten den Leuten und dem Lande großen Schaden.In demselben Jahre, am zweiten Tag nach St. Bonifatius, da brannte zu großem Schaden das Münster und Stift zu Fulda infolge eines Wetters ab. Das Münster mit seinem Zugehör war ganz mit Blei gedeckt. Das verbrannte alles, mit Türmen und Glocken, mit einem solchen Schaden, daß der Schaden höher als achtzigtausend Gulden geschätzt wurde." [Limburger Chronik] Die Limburger Chronik endet hier. [Sie ist im Rahmen dieses Textes übrigens zu über 90% wiedergegeben worden.]

1399
In der Pfarrkirche zu Alt-Thann wird für das Rappoltsteiner Pfeiferkönigreich ein eigener Altar gestiftet. Der Bischof von Basel steuert noch einen Ablaßbrief bei. In Ulm verbietet der Rat die vorkragenden Obergeschosse der Häuser (Überhänge). Dieses Verbot wird 1420 widerrufen. Glücksspielverbot in Göttingen. In Breslau hat es in den letzten 42 Jahren 243 Totschläge gegeben.
13. Oktober: Ein Bankett anläßlich der Krönung Heinrichs IV. von England: 1. Gang: Weißes Fleisch vom Kapaun in Pfeffersoße, Königsfleisch, Wildschweinkopf, Rind- und anderes Fleisch, Schwan, gemästeter Kapaun, Fasan, Reiher, lombardische Kuchen, Stör, Hecht, eine Überraschung. 2. Gang: Wildbret in Mus, Gelee, gefülltes und scharf gewürztes Spanferkel, Pfau, Kranich, gebratenes Wildbret, Hase, Rohrdommel, goldbraunes Huhn, große Kuchen, gebratenes weißes Fleisch vom Kapaun, lombardische Schnitten, eine Überraschung. 3. Gang: Weißwein aus Syrien, eingemachte Quitten, Silberreiher, Brachvögel, Rebhühner, Tauben, Wachteln, Schnepfen, kleine Vögel, Kaninchen, Orangen, weißes Geflügelfleisch in Scheiben, Eier in Gelee, kleine gebratene Fische, Süßigkeiten, kleine Pasteten, Lilientopf, eine Überraschung. [nach Austin, Two Fifteenth, S. 57]