11. Jahrhundert
Bis Anfang des 11. Jahrhunderts gilt in England der 25. Dezember als Jahresanfang.
Genagelte Hufeisen sind nun überall gebräuchlich. Aufkommen der
Harfe in Europa. Der gregorianische Choral wird allmählich von mehrstimmigem
Gesang verdrängt.
Seit Mitte des 11. Jahrhundert wird in der byzantinischen Kaiserkanzlei orientalisches
Papier verwendet (wahrscheinlich arabische Importe). Orientalisches Papier
ist bräunlich, glatt, gut geleimt, zuweilen löschpapierähnlich,
stark und geschmeidig. Es zeigt keine Wasserzeichen, aber dafür manchmal
krumme oder schiefe Formstreifen (je 20 in einer Breite von 22 - 30 mm) und
unregelmäßig verteilte Stege.
Seit Mitte des 11. Jhs. gilt in England durch normannischen Einfluß
der 25. März als Jahresanfang (bis 1752, in Schottland bis 1600). Um
die Wurten in Friesland entstehen erste niedrige Deiche. Zur gleichen Zeit
werden die bisherigen kleinen Boote durch größere Schiffe ersetzt.
Durch die Deiche können die Boote nicht mehr die flachen Schiffsländen
an den Warften ansteuern. Die ersten Deiche sollen weniger das Meerwasser
abhalten, als vielmehr die Überflutung mit Süßwasser aus dem
Hinterland verhindern, welches sich zuweilen an der Grenze des Tideneinflußbereiches
staut. Aus bisher unbesiedelten Sietländern werden Polder.
11/12. Jahrhundert: Entstehung des französischen Epos "Karlsreise"
(Le Voyage de Charlemagne à Jerusalem et à Constantinople),
wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Reliquienkult von St.-Denis.
Ende 11. Jahrhundert:Bis etwa jetzt hat die päpstliche Kanzlei für
amtliche Bücher noch Papyrus benutzt, während päpstliche Urkunden
auf Papyrus bereits um die Mitte des 11. Jahrhunderts verschwunden sind.
Ende 11. Jahrhundert/Anfang 12. Jahrhundert: Entstehung des Wilhelmsliedes
(Chanson de Guillaume), des ältesten Liedes der Wilhelmsepik um Wilhelm,
einen Vetter Karls des Großen.
1000
"1000 fand der Kaiser die Gebeine Karls des Großen, welche den
meisten bis dahin unbekannt gewesen waren, zu Aachen." [Lambert von Hersfeld]
Oder 1001: Zu Weihnachten wird Großfürst Stephan (István)
I. von Ungarn mit einer von Papst Sylvester II. gesandten Krone zum ersten
ungarischen König gekrönt. Er schafft bald einen christlichen Feudalstaat
nach westlichem Vorbild. Breslau wird Bischofssitz.
Ca.: Beginn des Abstiegs von Haithabu.
Ca.: Island und Grönland führen das Christentum ein.
Ca.: Einrichtung des Erzbistums Gnesen mit drei Diözesen in Polen und
Schlesien.
Ca.: Blütezeit des Einsiedlerwesens, besonders in Italien.
Ca.: Spätestens jetzt bestehen Handelsverbindungen von Köln und
Tiel mit London. (Köln führt von dort Wolle ein.)
Ca.: Entstehung des "Völuspa" ("Der Seherin Gesicht")
auf Island.
Ca.: Schätzungen für die Bevölkerung Europas:
Gesamt: 23,7 Mio
Iberische Halbinsel: 7 Mio
Frankreich: 6 Mio
Italien: 5 Mio
Britische Inseln: 1,7 Mio
Deutschland Skandinavien: 4 Mio. [J. C. Russel, Bevölkerung. In: Lexikon
des Mittelalters 2, 1983, Sp. 14]
Die größte deutsche Stadt ist Köln mit etwa 10000 Einwohnern.
Ca.: Der Rammelsberg bei Goslar wird aufgetan.
Ca.: "Um das Ende des tausendsten Jahres lebte in Gallien in einem Dorf
namens Vertus im Gebiet von Chalons ein gewöhnlicher Mensch namens Leutard,
den man, wie der Ausgang der Sache erwiesen hat, für einen Abgesandten
Satans halten konnte. Sein hartnäckiger Wahnsinn brach folgendermaßen
aus. Er hielt sich einmal allein auf dem Acker auf, um Feldarbeit zu tun.
Von der Mühe erschöpft, schlief er ein, und es kam ihm so vor, als
dringe durch die geheimen Öffnungen seines Leibes ein großer Bienenschwarm
in seinen Körper ein. Er brach mit großem Getöse durch seinen
Mund wieder aus und beunruhigte ihn mit zahlreichen Stichen. Und als er ihn
lange sehr damit gequält hatte, schienen die Bienen zu ihm zu sprechen
und viel Menschenunmögliches vorzuschreiben, was er tun solle. Endlich
stand er zermürbt auf und kam nach Hause. Dort verließ er seine
Frau und vollzog angeblich nach der Vorschrift des Evangeliums die Scheidung.
Dann ging er hinaus, wie um zu beten, betrat die Kirche, packte das Kruzifix
und zerschlug das Bild des Erlösers. Alle, die das sahen, wurden von
Entsetzen gepackt und glaubten - was auch zutraf -, er werde wahnsinnig. Er
selbst aber brachte ihnen die Überzeugung bei – Bauern sind ja
wankelmütig -, daß er all dies aufgrund einer wunderbaren Offenbarung
Gottes vollbringe. Er strömte nun über von allzu vielen Reden, die
weder Nutzen noch Wahrheit enthielten; er wollte als Lehrer auftreten und
ließ (das Volk) dabei vergessen, was der Meister gelehrt hatte. Denn
er sagte, den Zehnten zu geben, sei in jeder Hinsicht überflüssig
und unnütz. Und wie sich andere Ketzereien, um möglichst behutsam
zu täuschen, mit der Heiligen Schrift bemänteln, selbst wenn sie
zu ihr in Widerspruch stehen, so behauptete auch dieser Mann, die Propheten
hätten teils Nützliches, teils Unglaubliches erzählt. Er gewann
damit das Ansehen eines vernünftigen und frommen Mannes und zog in kurzer
Zeit eine beträchtliche Menge Volkes an. Der greise Bischof Gebuin, ein
grundgelehrter Mann, in dessen Bistum Leutard lebte, erfuhr von der Sache
und ließ ihn herbeischaffen. Er fragte ihn nach allem, was man über
seine Reden und sein Verhalten berichtet hatte. Da begann Leutard, sein nichtsnutziges
Gift zu verbergen, und wollte nicht merken lassen, daß er Belege aus
der Heiligen Schrift heranzog. Der höchst scharfsinnige Bischof hörte
heraus, daß das nicht zusammenstimmte, vielmehr schädlich und verdammenswert
war. Er legte dar, daß der Mann zu einem wahnsinnigen Ketzer geworden
sei, brachte das zum Teil getäuschte Volk von dem Wahnsinn ab und festigte
es noch gründlicher im katholischen Glauben. Jener aber sah sich besiegt
und von der Volksgunst im Stich gelassen und ertränkte sich in einem
Brunnen." [Radulf Glaber] Vgl. 591.
Ca.: Entstehung des "Modus Ottinc", eines Preisliedes auf Otto III.
Ca.: Die Benediktinerabtei St. Emmeran bei Regensburg besitzt eine goldene
Wasseruhr (clepsydra). Diese Geräte bleiben nördlich der Alpen selten,
nicht zuletzt, weil sie im Winter einfrieren.
Ca.: Konstanze von Aquitanien wird in Begleitung mehrerer südfranzösischer
Herren ihrem Bräutigam König Robert von Frankreich zugeführt.
In Paris erregen ihre Begleiter Anstoß, weil sie "nach Art der
Spielleute" rasiert und kurzgeschoren sind. (Daß Spielleute wie
Unfreie kurzgeschoren sind, ist nicht für das gesamte Mittelalter verbindlich).
Ca.: In Frankreich wiegt der Silberdenar nur noch 1,5 Gramm (um 820 noch fast
zwei Gramm), obwohl die Münzen immer noch aus Feinsilber bestehen. Gewissenlose
Grundherren bringen bereits Fälschungen mit minderem Feingehalt heraus,
die nur von professionellen Geldwechslern erkannt werden können. Der
Geldumlauf wird durch die Hortung von Silber, meist in Form von Kunstgegenständen
gestört.
1001
Otto III. belagert Tivoli. Hier findet sich ein Beispiel für mittelalterliche
Konfliktaustragung. "Am anderen Tage kehrten die Bischöfe zum Kaiser
zurück, gefolgt von einem denkwürdigen Triumphzug. Denn alle angesehenen
Bürger der Stadt folgten ihnen, nur mit einem Lendenschurz bekleidet,
in der Rechten ein Schwert und in der Linken eine Rute tragend und bewegten
sich so zum Palast. Dem Kaiser seien sie mit Hab und Gut verfallen, nichts
ausbedungen, nicht einmal das nackte Leben; wen er für schuldig halte,
möge er mit dem Schwert hinrichten, oder wenn er Mitleid üben wolle,
am Pranger mit Ruten ausstreichen lassen. ... Der Kaiser war voll des höchsten
Lobes für die Friedensstifter, den Papst und Bischof Bernward, und schenkte
auf ihre Bitten den Schuldigen Verzeihung." (Thangmar, Leben des Hl.
Bernward, Bischof von Hildesheim) Dieses Beispiel zeigt einen verbreiteten
mittelalterlichen Mechanismus der Konfliktbewältigung: Durch Vermittler
wird eine Partei zum Einlenken bzw. zur Unterwerfung überredet, wobei
die jeweils andere Partei zur Milde bzw. zu Gegenleistungen verpflichtet ist.
(Vgl. 1133)
1002
Die Araber bringen die Pomeranze nach Sizilien. Otto III. (22) stirbt. König
wird Heinrich II. (bis 1024).
1003
"Als das dritte Jahr nach dem Jahr tausend ins Land zog, wurden fast
auf der ganzen Erde, vornehmlich aber in Italien und Gallien, die Kirchen
umgebaut; nicht etwa wegen Baufälligkeit - die meisten waren sogar recht
gut erhalten -, sondern weil jede christliche Gemeinde, von glühendem
Wetteifer erfaßt, eine noch prächtigere besitzen wollte als die
Nachbargemeinden. Es war geradezu, als schüttele die Welt ihr Alter ab
und legte allenthalben einen weißen Mantel von Kirchen an. Damals wurden
fast sämtliche Kirchen der Bischofssitze, die den verschiedenen Heiligen
geweihten Klosterkirchen, ja selbst die Dorfkirchlein von den Gläubigen
schöner wiederaufgebaut." [Radulf Glaber]
Ca.: Entstehung der jüngeren Vita der Königin Mathilde (Gattin Heinrichs
I.), welche die bayerische Linie der Ottonen verherrlicht, der Heinrich II.
entstammt.
Ca.: In Umbrien will das Volk den Einsiedler St. Romuald totschlagen, um seine
Gebeine nicht zu verlieren.
1004
"Im selbigen Jahre kamen Blitze und Donner zusammen mit starkem und furchtbarem
Wirbelwinde und erschreckten in allen Landen die Völker." [Quedlinburger
Annalen]
"Beklagenswerte Feuersbrunst zu Papia (Pavia)" [Lambert/Hersfelder
Annalen]
Ca.: Tod Widukinds von Corvey.
1005/1006
Hungersnot.
1006
"Gewaltige Hungersnot." [Lambert/Hersfelder Annalen]
Seit 1006 gibt es am Niederrhein arge Fehden zwischen zwei Grafengeschlechtern
(die einen sind die Billunger).
1007
In Frankreich finden Judenverfolgungen statt.
1008
"Am 8. April, dem Montage der Osterwoche, wurde ein Stern mitten am Tage
erblickt." [Quedlinburger Annalen]
König Olaf von Schweden wird getauft. Bis 1025 (oder 1030): Abfassung
der Quedlinburger Annalen.
1009
Das Konzil von Anham (England) verordnet: Wenn Hexen, Zauberer oder Wahrsager
sich irgendwo finden, so sollen sie aus dem Lande gewiesen werden, wenn sie
sich nicht bessern. "Eine plötzliche und in unserer Zeit ungewöhnliche
Überschwemmung geschah am 11. Januar, einem Montage, dem zehnten Monde,
welche vielen Schaden brachte und in ihrer Wut sieben Tage anhielt. (...)
Am Palmsonntage fielen an einigen Orten Blutstropfen auf die Kleider der Leute.
Am 29. April, einem Freitage, am Neumonde verwandelte sich die Sonne in schrecklichem
Nebel und schauerlicher Färbung, und da sie blutig und kleiner als sonst
erschien, jagte sie den staunenden Augen der Zuschauer Schrecken ein; nachdem
sie an zwei Tagen also gedroht, war sie am dritten Tage kaum mit ihrem eigentümlichen
Lichte ausgestattet. Schwere Pest und Sterben folgten darauf. (...) Zu Mainz
wurde die neue Basilika mit allen dazu gehörigen Baulichkeiten elendiglich
vom Feuer verzehrt, so daß allein die alte Kirche übrig blieb,
am Montage dem 29. August, am sechsten Monde. Donner und Blitzen geschah oft
in der Zeit des Winters." [Quedlinburger Annalen]
"1009 geriet die Hauptkirche in Mainz, welche Willigis erbaut hatte,
gerade am Tage ihrer Einweihung in Brand." [Lambert von Hersfeld]
Ca.: Es stirbt der arabische Astronom Ibn Junis; auf der für ihn gebauten
Sternwarte hat er die "Hakimitischen Tafeln" (nach seinem Herrn
Kalif Hakim) geschaffen und den Gnomon als Beobachtungsinstrument verbessert;
sein Werk "Über die Figur der Schneidenden" ist die erste selbständige
Darstellung der Trigonometrie.
1010
"Die Basilika zu Vongerestorp ging durch einen Blitz schrecklich unter.
Auch erschienen Kometen." [Quedlinburger Annalen]
Ca.: Brüssel erhält eine Mauer, über deren Material allerdings
keine Informationen vorliegen.
1011
Der englische Bischof Alphege wird von den Dänen erschlagen. Aus seinem
Besitz stammt die älteste erhaltene tragbare Sonnenuhr des Mittelalters
(1936 in der Kathedrale von Canterbury gefunden). "Pest und Sterben wüten
mit unerhörter Heftigkeit unter allen Völkern und verwüsten
Klöster, Burgen und Städte. Der Winter war von ungewöhnlicher
Strenge der Kälte und unbequem lang, so daß lange Zeit das Eis
von der Wärme der Sonne ungeschmolzen blieb und viele Menschen schwachen
Körpers wurden. (...) In demselben Jahre fielen am 30. Juli, einem Montage,
am 26. Monde große und staunenswerthe Hagelkörner." [Quedlinburger
Annalen]
1012
"In einem Dorfe des sächsischen Schwabens, Namens Kokstede (Kochstedt
im Kreis Aschersleben) wurden Zwillingsbrüder mit Zähnen geboren
und einem Munde wie Vögel, der eine aber hatte nur die Hälfte des
rechten Armes gleich dem Flügel eines Vogels. Am dritten Tage nach der
Geburt sollen sie unter einander gelacht haben. Auf Beschluß der Bürger
ließ man sie sterben, weil ihr längeres Leben für alle ein
Schrecken war. In demselben Jahre wird in Franken, aber nicht weit von Köln,
einem Manne eine furchtbare Strafe elendiglichen Todes auferlegt, da er von
Mäusen auf unglaubliche Art unsichtbar zerfressen trotz der vielfachen
Bemühungen der Seinen zum Ende kam. Auch ereignete sich in den nördlichen
Ländern eine große Niederlage und Verwüstung in einer Landschaft
durch die Seeräuber, so daß viele getötet, andere elend gefangen
wurden und kaum wenige, da noch dazu die Häuser der meisten mit dem Eigentum
verbrannt waren, fast nackt entkamen. Hier und da geschahen Erdbeben. In diesem
Jahre geschah auch am 10. August ein Tosen der Luft mit Donner und Blitz und
so großen Regengüssen, daß es großen Schaden tat, da
es zwei Tage lang wütete, und viele Häuser mit dem Hausgerät
wie auch die aufgehäufte Frucht zerstörte und selbst Menschen in
Gefahr gerieten." [Quedlinburger Annalen]
Romuald von Ravenna stiftet den Orden der Camaldulenser. Köln erhält
eine Synagoge. Wahrscheinlich in diesem Jahre bekennt sich ein Geistlicher,
der zum Gefolge des Herzogs Konrad (von Kärnten?) gehört, offen
zum jüdischen Glauben. Daraufhin wird die Judengemeinde von Mainz für
kurze Zeit vertrieben. Bis 1023: Entstehung des Bußbuches des Bischofs
Burchard von Worms. Angelehnt an römische Traditionen werden hier Fragen
speziell an Frauen gestellt, aus welchen sich etliche abergläubische
Vorstellungen erkennen lassen: Wenn es lange nicht geregnet hat, so finden
sich Frauen zusammen und lassen durch ein nacktes Mädchen eine Melissenpflanze
samt Wurzel aus der Erde reißen und zwischen dem kleinen und dem nächsten
Zeh einklemmen, daß das Kraut gleichsam aus dem Fuß herauswuchs.
Alsdann wird das Mädchen an einen Fluß geführt, mit Wasser
besprengt und rückwärts an den Ort zurückgeführt, wo die
Melisse ausgegraben wurde. Hat eine Frau Sorge, daß ihr Mann sie nicht
mehr liebt, läßt sie sich nackt mit Honig bestreichen und wälzt
sich in einer Mulde, die mit Getreidekörnern gefüllt ist. Schließlich
werden die Körner abgeschabt und in einer rückwärts laufenden
Mühle gemahlen. Das daraus hergestellte Brot bekommt der Mann zu essen.
Ähnlich kann die Frau in einem Gewässer baden und danach einen Fisch
daraus kochen und dem Manne vorsetzen. Die Frauen sollen auch Bienen aus der
Umgebung auf ihr Grundstück holen oder bei Nachbarn reichlich fließende
Milch zu sich bringen können. "Hast du getan, was gewisse Frauen
zu tun pflegen, jene, die schreiende Kinder haben? Sie graben Erde aus und
durchstoßen sie zum Teil. Durch diese Öffnung ziehen sie das Kind
und sagen so, daß das Geschrei dem Schreienden von diesen weiche."
"Hast du getan, was Gewisse tun, wenn sie einen Kranken besuchen, wenn
sie sich dem Haus nähern, wo der Kranke liegt? Wenn sie irgendeinen Stein
daneben finden, schieben sie diesen zur Seite und forschen an dem Ort, wo
der Stein lag, ob dort irgend etwas darunter ist, das lebt. Wenn sie dort
einen Brummer oder einen Käfer oder eine Ameise finden oder irgend etwas,
das sich bewegt, versichern sie, daß der Kranke gesund wird. Wenn sie
aber nichts finden, das sich bewegt, sagen sie, daß er sterben wird."
"Glaubst du, was Gewisse zu glauben pflegen, wenn sie es nötig haben,
vor Sonnenaufgang das Haus zu verlassen? Sie wagen es nicht; denn sie sagen,
vor dem Schrei des Hahns sei es nicht erlaubt hinauszugehen. Es sei eine Gefahr,
weil böse Geister vor dem Hahnenschrei Gewalt zu schaden haben, mehr
als später. Und der Hahn mit seinem Ruf vermag diese zurückzutreiben
und zu beruhigen, mehr als der göttliche Geist, welcher im Menschen wirkt
aufgrund seines Glaubens und aufgrund des Kreuzzeichens."
1013
"Eine schreckliche Finsternis bei einem heftigen Unwetter erschreckte
plötzlich die Leute, ihr folgten Krachen und Feuer, welche an einigen
Orten die Kirchen zerstörten und andern großen Schaden taten, Freitags,
15. Mai, am Neumonde. (...) Auch in diesem Jahre geschah eine starke Bewegung
in der Luft, so daß an vielen Orten Häuser einstürzten und
einige kostbare Dinge vom Blitz getroffen und vernichtet wurden. Auch öffnete
sich auf dem Lüneburger Berge eine fürchterliche Erdspalte, welche
der Kirche selbst den Einsturz drohte und den von Furcht ergriffenen Einwohnern
für den Augenblick alle Hoffnung auf diesen Zufluchtsort nahm."
[Quedlinburger Annalen]
1014
"Wiederum kam eine Überschwemmung. (...) Auch flößten
in diesem Jahre Sonne, Mond und andere Gestirne durch traurige Zeichen Furcht
ein, denen bald gräßliche Pestilenz und plötzliches Sterben
folgten. (...) In den westlichen Ländergebieten, in Walachri und Flanderi,
ereignete sich am Mittwoch, dem 29. September, eine traurige und sehr staunenswerthe
Sache. Es erschienen schreckliche Wolken, welche drei Nächte lang wunderbarer
Weise ganz unbeweglich denen, die es sahen, Warnungen gaben; am dritten Tage
aber erhob sich ein unerhörtes Tosen des Donners und wirbelte das Wasser
auf, daß es schrecklich anschwoll, und indem es unglaublich wuchs, an
den Wolken hing. Als nun die seufzenden Einwohner das Elend des plötzlichen
Unglücks an der Höhe der gewaltigen Überschwemmungen erkannten,
und als, wie nach dem Tode des abtrünnigen Julian, Schiffe auf den Spitzen
der Berge schwankten und alles in das alte Chaos zurückfiel, da fingen
sie von Todesfurcht ergriffen an den Rücken zu kehren; aber von ihren
Sünden behindert kamen viele tausend Menschen plötzlich in den Fluten
um, da sie dem zornigen Angesichte des Herrn nicht zu entfliehen vermochten."
[Quedlinburger Annalen]
Heinrich II. (41) wird auf seinem zweiten Italienzug in Rom zum Kaiser gekrönt.
1015
Herzog Mieszko II. von Polen nimmt die Unterburg von Meißen ein, aber
ein Hochwasser der Elbe nötigt ihn zum Abzug. "Urbs Libzi"
(Burg Leipzig) erstmals erwähnt. Bronzetüren des Hildesheimer Doms.
1016
Bischof Adalberon von Laon: "Das Haus Gottes ist dreigeteilt: die einen
beten, die andern kämpfen, die dritten endlich arbeiten." Diese
Dreiteilung der Gesellschaft wird nach 1000 von Klerikern immer häufiger
beschrieben.
"1016 war ein großes Hagelwetter und viele wurden vom Blitze getroffen."
[Lambert von Hersfeld]
"Am 11. Februar, dem 30. Monde, einem Sabbat, stießen die Wolken
mit schrecklichem Klange zusammen und stürzten mit häufigem Blitzen
und einem Übermaß von Regen sehr viele Häuser um." [Quedlinburger
Annalen]
1017
Ein Klosterbrand: "Währenddeß ereignete sich auf dem Berge
St. Johannis des Täufers, der, bei Magdeburg gelegen, mit allen Zugehörigkeiten
zum Stadtgebiete gerechnet wird, ein sehr trauriger Vorfall, am 21. Juli,
und zwar in der Sonntagsnacht. Im Schlafsaale der dortigen geistlichen Brüder
entzündete sich eine daselbst brennende ungewöhnlich große
Leuchte, und indem die Flamme die nächsten Gegenstände ergriff,
verzehrte sie mit gefräßiger Glut das ganze Gebäude, indem
die dort Schlafenden es zu spät merkten. Alle waren schon der Gefahr
entronnen, da verloren sie doch noch einen von ihnen, der plötzlich zurückgekehrt
war, um noch eine Priesterkleidung zu retten. Er beichtete mitten im Feuer
seine Sünden. Der Name dieses Mannes war Hemico. Dann fing das von dem
dortigen Abte Sigifrid acht Jahre lang auf das beste ausgeführte Münster
an zu brennen und erfüllte die Gemüter der Anwesenden und später
Ankommenden mit Kummer und Schmerz. Außerdem verschlang die weit um
sich greifende Feuersbrunst die beiden Kapellen daselbst samt dem Speisesaale
und den übrigen damit zusammenhängenden Baulichkeiten. Jedoch entriß
die Gnade des Allgütigen und die aufopfernde Frömmigkeit der Herbeieilenden
alle Reliquien der Heiligen und den größten Teil des Schatzes dem
gierigen Rachen des Feuers. Als es aber Morgen ward, kamen die Bewohner der
Stadt und die daselbst vom Kaiser hinterlassene Besatzung herbei und beklagten
in tiefstem Schmerze einen solchen Verlust. Die Asche des verbrannten Körpers
aber sammelten die Mitbrüder des Verstorbenen auf das sorgfältigste
und legten sie zu seinen Vorfahren; auch meldeten sie ihrem gerade abwesenden
Abte durch einen Abgeordneten ihr trauriges Geschick. Als der die Botschaft
bekam, erkannte er, daß dies insbesondere seiner Sünden willen
geschehen sei, und trug es, weil er es ja doch nicht ändern konnte, mit
würdigem Ernst." [Thietmar von Merseburg VII, 43]
"Am 7. November geschah eine Sonnenfinsternis." [Quedlinburger Annalen]
Ein Spuk: "In meiner Nachbarschaft, nämlich in einem Orte namens
Silivellun [Salben bei Delitzsch oder Sulfeld bei Fallersleben] ereignete
sich in der zweiten Woche des Dezember ein Wunder. Es war da eine Frau, die,
da ihr Mann nicht zu Hause war, sich und ihre Kinder in ihrem Hause eingeriegelt
hatte. Siehe, da hört sie vor dem Hahnenschrei ein ungeheures Getöse.
Darüber erschrocken, ruft sie sogleich nach ihren Nachbarn und giebt
so Kunde von ihrer Not. Diese, die ihr zu Hülfe eilen wollen, werden
durch wiederholtes Werfen zurückgetrieben. Endlich brechen sie die Tür
auf, und mit gezückten Schwertern hineindringend, spüren sie sorgfältig
nach, was gegen die Frau vom Hause und gegen sie selbst so heftig angegangen
sein mag; da es aber ein Gespenst war, so fanden sie nichts, was das Getöse
veranlaßt haben könnte, und kehrten traurig heim. Die Frau aber
wartete voll Angst bis zu Tagesanbruch und rief dann den nächsten Priester
herbei, der das ganze Haus durch Reliquien der Heiligen und Weihwasser reinigte.
In der nächsten Nacht aber wurde sie nur noch wenig von dem geschilderten
Schrecknisse heimgesucht, und zuletzt, Gott sei Dank! durch häufige Besuche
des Priesters ganz davon befreit. Dergleichen zeigt, wo es sich ereignet,
immer etwas Neues an. Ein jeglicher Christ hat sich vor solchen Schrecknissen
nicht zu fürchten; er erkenne von ganzem Herzen seine Sündhaftigkeit,
und segne sich eifrigst mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes, so wird er jede
feindliche Gewalt völlig zurückweisen. Auf solche Weise verhöhnt
der böse Feind nur die Unvorsichtigen, und betrügt die irgend auf
ihn bauenden schließlich. Wo gerade Verzweiflung herrscht, oder eine
Missetat begangen werden soll, oder eine große Veränderung bevorsteht,
da geht der Wirklichkeit eine solche Anzeige voraus. Weil es uns aber Heil
bringt, unserem Gotte anzuhangen und auf ihn unsere Hoffnung zu setzen, so
lasset uns sein heilig Antlitz mit unablässigem Gebete aufsuchen, damit,
sei es, daß uns etwas vorher angezeigt, oder verborgen gehalten werde,
dasselbe nach seiner allerbarmenden Liebe an uns Sündern in Erfüllung
gehe. Übrigens ist es nicht zu verwundern, daß in jenen Gegenden
ein solches Wunderzeichen sich gezeigt hat. Denn die Bewohner derselben gehen
selten zur Kirche und kümmern sich gar nicht um den Besuch ihrer Seelsorger.
Sie verehren eigene Hausgötter und opfern ihnen, indem sie meinen, daß
sie ihnen viel helfen können. Auch habe ich von einem Stabe gehört,
an dessen Spitze sich eine Hand befand, welche einen eisernen Ring hielt.
Dieser Stab, so hörte ich, wurde von dem Hirten des Dorfes, in dem er
sich befand, von Haus zu Haus getragen, und dabei sprach der Träger beim
ersten Eintritt in das Haus zum Gruße die Worte: "Wache, Hennil,
wache!" denn so wurde er in der Bauernsprache genannt; und dann schmausten
sie selbst köstlich und meinten durch den Schutz desselben gesichert
zu sein; die Thoren! sie wußten nicht, was David sagt: "Jene Götzen
aber von Menschenhänden gemacht" u. s. w. "Die solche machen,
sind gleich also und alle, die auf sie hoffen. [Ps. 115, 4. 8.]" [Thietmar
von Merseburg VII, 49]
Was sonst noch geschieht: "In dem erwähnten Jahre verunglückten
zur See vier große, mit verschiedenen Gewürzen beladene venetianische
Schiffe. In den westlichen Gegenden, wo vordem selten Ruhe war, blieb in dem
Jahre, wie gesagt, alles, Gott sei Dank! in ungestörtem Frieden. Ekkihard,
mein geistlicher Mitbruder, Mönch des Klosters St. Johannis des Täufers
zu Magadaburg, verlor, vom Schlage gerührt, die Sprache. An der Grenze
von Baiern und Mähren wurde ein fremder Wandersmann, namens Coloman,
von den Eingebornen festgehalten, weil man ihn für einen Kundschafter
hielt, und durch grausame Mißhandlungen zum Geständnisse einer
Schuld getrieben, von der er wirklich frei war. Obwohl er nämlich, so
stark er konnte, seine Unschuld beteuerte, und versicherte er wandere als
ein armer Bruder Christi durch die Welt, so wurde er, obwohl ganz unschuldig,
an einem Baume, der schon lange verdorrt war, aufgehängt. Und er war
unschuldig, denn als eine Zeitlang nachher jemand ihm ins Fleisch schnitt,
so strömte Blut heraus, und Nägel und Haare wuchsen ihm. Auch der
Baum selbst ward wieder grün, und zeigte, daß dies ein Märtyrer
Christi war. Als das Markgraf Heinrich erfuhr, ließ er den Leichnam
in Mezilecun [Melk] bestatten." [Thietmar von Merseburg VII, 54] Die
Melker Annalen legen dieses Ereignis ins Jahr 1012. In Frankreich werden 13
Ketzer verbrannt. Man beruft sich auf die Gesetze Justinians.
Italien: Ismael von Bari, ein Parteigänger Heinrichs II., setzt gegen
die Byzantiner erstmals normannische Ritter ein, die man bisher nur als Pilger
zum Monte Gargano gekannt hat. Es scheint nicht viel gebracht zu haben, da
die byzantinische Position sich in Süditalien wieder verstärkt.
1018
"In demselben Jahre erschien lange ein Komet, welcher den Gebieten Galliens
den Jammer großer Verwüstung durch Thiadrich, außerdem der
elenden Welt Pestilenz und Sterben verkündigte." [Quedlinburger
Annalen]
Es stirbt Thietmar von Merseburg. Er hat zu diesem jahr noch über Polen
berichtet: "Im Reiche des Gemahls derselben [in Polen] gibt es viele
unterschiedliche Bräuche, und obwohl roh, sind sie doch bisweilen preiswürdig.
Denn Bolizlavs Unterthanen müssen gehütet werden, wie eine Herde
Rinder, und gezüchtigt, wie störrische Esel, und sind ohne schwere
Strafe nicht so zu regieren, daß der Fürst dabei bestehen kann.
Wenn unter ihnen einer sich erfrecht, fremde Ehefrauen zu mißbrauchen
oder Hurerei zu treiben, so muß er sofort folgende Strafe erdulden.
Er wird auf die Marktbrücke geführt und ihm durch den Hodensack
ein Nagel geschlagen; dann legt man ein Schermesser neben ihn hin, und läßt
ihm die harte Wahl, dort auf dem Platze sich zu verbluten, oder sich durch
Ablösung jener Teile zu befreien. - Ferner wird jeder, der nach Septuagesima
Fleisch gegessen zu haben befunden wird, mit Ausreißen der Zähne,
schwer genug, bestraft. Denn die göttlichen Gebote, die erst neuerdings
in diesem Lande bekannt geworden sind, werden durch solchen Zwang besser befestigt,
als durch ein von den Bischöfen verordnetes Fasten. Außerdem hat
freilich jenes Volk noch andere viel weniger zu lobende Satzungen, die weder
Gott wohlgefällig, noch zu irgend etwas anderem dienlich sind, als die
Gemüter zu ängstigen, ich habe im vorhergehenden dieselben zum Teil
mit besprochen. (...) Zu Zeiten seines Vaters, da derselbe noch ein Heide
war, ward einer jeden Ehefrau, die ihren Mann verlor, nachdem derselbe verbrannt
war, das Haupt abgeschlagen und so folgte sie ihm. Und wenn eine Buhlerin
entdeckt wurde, so ward ihr die widrige und klägliche Strafe zu Teil,
daß sie an ihrem Zeugungsgliede ringsum beschnitten wurde, und diese
- wenn man sie so nennen darf - Vorhaut ward an ihrer Haustür aufgehängt,
damit der Blick des Eintretenden darauf falle und er in Zukunft um so mehr
bedacht und vorsichtig wäre. Das göttliche Gesetz befiehlt, eine
solche Verbrecherin zu steinigen und die Sitte unser Väter verlangte
ihre Enthauptung. In unseren Tagen aber, in denen die Freiheit zu sündigen
mehr, als je, ganz schrankenlos herrscht, treiben außer der Menge der
verführten Mädchen selbst noch gar manche verheiratete Frauen, denen
geile Lust den verderblichen Kitzel anreizt, Ehebruch, und zwar noch zu Lebzeiten
ihres Mannes. Und damit nicht zufrieden, überliefert manche noch, indem
sie ihren Buhlen heimlich dazu antreibt, ihren Ehemann der Hand des Mörders,
den sie darauf - ein böses Beispiel für die Übrigen! - öffentlich
zu sich nimmt und mit ihm, wie schändlich! nach vollem Belieben buhlt.
Ihr rechtmäßiger Ehegemahl wird verschmäht und zurückgestoßen,
und sein Vasall, wie der holde Abo und der sanfte Jason, ihm vorgezogen. Weil
dergleichen nicht mit schweren Strafen verfolgt wird, so wird es, befürchte
ich, von Tag zu Tag von vielen als eine neue Mode mehr gepflegt werden. O
ihr Priester des Herrn, erhebt euch mutig und tilgt - nichts hindert euch
daran! - dies neu aufgeschossene Unkraut mit oft geschärfter Pflugschar
bis auf die Wurzel aus. Und auch ihr, ihr Laien, bietet zu dergleichen nicht
die Hand. Die in christlicher Ehe Verbundenen mögen schuldlos neben einander
leben, und mit Ausrottung aller jener Verführer in nie schwindender Schamhaftigkeit
beständig ängstlich um ihren guten Ruf besorgt sein. Jene boshaften
Menschen aber möge Christus, unser Helfer, mit dem gewaltigen Hauche
seines Mundes vertilgen, wenn sie sich nicht bessern, und er wird sie zerstreuen
zur Zeit der hohen Herrlichkeit seiner Wiederkunft." [Thietmar von Merseburg
VIII, 2] Hier haben wir wieder eine Stelle, die, unkritisch beim Wort genommen,
einen weiteren Beitrag zur Vorstellung vom barbarischen Mittelalter liefern
kann. "In jenen Tagen aßen in meinem Bisthum sieben Kätner
giftige Pilze, und von heftigem Brande entzündet, starben sie schnell.
Im Monat August erschien ein neuer Stern neben dem Wagen und setzte durch
seine aus der Ferne her geworfenen Strahlen alle, die ihn sahen, in Schrecken.
Denn nie war, so lange wir denken können, ein solcher aufgegangen, und
darum war ein Jeder darüber bestürzt, und daß es ein schlimmes
Wunderzeichen sei, fürchtet die Menge, die gläubige Gemeinde des
Herrn aber, so klein wie sie ist, hofft, daß es gnädig hinauslaufen
werde.
Von ähnlichen Dingen gilt Jeremias', des wahrheitkündenden, Ausruf:
"Der aber alle Dinge weiß, kennt sie und hat sie durch seinen Verstand
funden" [Baruch 3, 32]. Dieser Stern also, der sich zeigte, war mehr
als vierzehn Tage sichtbar. In der Landschaft Nordthüringen schadeten
drei stets zusammen sich zeigende Wölfe, die bisher von den dortigen
Einwohnern nie gesehen waren, vielen Menschen und dem Viehe unsäglich.
Auch darüber erschrak jeder Eingeborene heftig und besorgte, daß
dies auf noch größeres Ungemach hindeute. Denn der heilige Gregorius
spricht: "Viel Übels muß hervorgehen, wenn es im Stande sein
soll, das künftige Unendliche zu verkünden." In allem eben
Geschilderten offenbart sich uns der Zorn des Himmels, aber die menschliche
Schwachheit richtet darauf kein wachsames Auge." [Thietmar von Merseburg
VIII, 14]
1020
"In demselben Jahre war der Winter rauher als gewöhnlich und hielt
länger an, so hart, daß viele durch die Stärke der Kälte
selbst umkamen; ihm folgte dann ein sonst unerhörtes Unglück und
Sterben, welches fast die ganze Erde durch plötzlichen Tod verwüstete,
und in kürzester Frist und in einem Augenblicke die Gesunden, welche
über ihre Gesundheit sich ganz sicher wähnten, mitten in den Freuden
der Tafel dahinraffte. (...) Eine wunderbare und niemals erhörte Begebenheit
soll den Einwohnern des nördlichen Landstriches zugestoßen sein.
Denn die Flüsse Albis und Wisara treten nicht allein in ungewohnter Höhe
der Überschwemmung aus ihren Betten, sondern vom untersten Grunde vielleicht
durch eine entsetzliche Windsbraut aufgestaut, sollen sie höher gestiegen
sein als selbst die Hügel und Berge, welche die Natur vor dem Übrigen
durch ihre Höhe gesichert hatte, und Stadt und Land und alle weit umherliegenden
Landmarken ertränkt und - was noch wunderbarer als dies und jedem Ohr
unglaublicher erscheint - ganze Dörfer, ohne das Gefüge der Häuser
zu lösen, mit den darin Lebenden von einem auf das andere Ufer geführt
und in derselben Lage wie früher hingestellt haben. Man behauptet, daß
dabei eine Kirche, welche einst von der frommen Sorgfalt der Vorfahren erbaut
und von den reichlichen Gelübden der daselbst zusammenströmenden
Gläubigen bereichert worden, mit dem Übrigen in demselben Anprall
von dem früheren Standpunkte losgerissen und an eine andere Stelle getragen
worden sei. Auch sah man die genannten Flüsse Wisara und Albis drei Tage
und drei Nächte lang gegen die Natur auf ihrer Oberfläche in feuerspeienden
Dämpfen brennen. Was soll ich von den Leichen sagen? Ihre Menge, welche
sich aller menschlichen Schätzung entzog, fand sich in mehreren dammartigen
Anhäufungen zusammengeballt, als beim Abnehmen der Überschwemmung
der Eifer einiger Frommen den schuldigen Liebesdienst der Beerdigung zu leisten
sich bemühte, und mit einer so starken und so zähen Hülle von
Gewürm, Schlangen und allem Untier dieser Art verwachsen, daß die
furchtsamen Sterblichen keine Möglichkeit es aufzulösen weder mit
Eisen noch mit den Werkzeugen irgend einer Kunst aufzufinden vermochten. Wozu
dies aber gewesen, oder ist oder sein soll, überlassen wir Christus zur
Entscheidung, welcher vorausgesagt, daß aus dem verwirrten Klange des
Meeres und der Fluten diese Bedrängnis der Völker kommen werde."
[Quedlinburger Annalen]
König Olaf von Schweden und König Olaf von Norwegen würfeln
um die strittige Provinz Hising. Beide würfeln zweimal eine Sechs, beim
nächsten Wurf soll allerdings der norwegische Würfel zerbrochen
sein: eine Hälfte zeigt eine Sechs, die andere eine Eins, sodaß
der Norweger mit Sieben gewinnt und die Provinz an Norwegen fällt. Diese
Geschichte scheint eine Sage zu sein, die auch noch in anderenZusammenhängen
auftaucht (z.B. in Brandenburg zur Zeit des Großen Kurfürsten).
Es stirbt der persische Dichter Firdausi (81, "der Paradiesische");
Epen: "Königsbuch", Geschichte des persischen Reiches bis 651;
Epos von der Liebe Josephs zur Gattin des Pharao.
1021
Tanzwut-Epidemie in Europa.
1022
Notker Labeo von St. Gallen stirbt. Im Kreis der königlichen Hofkapelle
der französischen Residenz Orleans wird eine Gruppe von Ketzern entdeckt,
darunter die berühmten Kleriker Stephan und Lisoius. Die Gruppe wird
von einem normannischen Adligen namens Arefast unterwandert und verraten.
Ihnen wird der Prozeß gemacht; sogar König Robert II. schaltet
sich ein. Allen Versuchen der Bekehrung "widerstanden sie härter
als Eisen. (...) Die Königin hatte sich auf den Befehl des Königs
vor das Kirchentor gestellt, um das Volk daran zu hindern, die Ketzer in der
Kirche zu töten. Sie wurden aus der Kirche getrieben. Als sie herauskamen,
stach die Königin mit einem Stab, den sie in der Hand hielt, Stephan,
der ihr Beichtvater gewesen war, ein Auge aus. Die Ketzer wurden vor die Stadtmauer
gebracht. Ein großes Feuer wurde in einer Kate angezündet, und
sie wurden alle mitsamt ihrem teuflischem Pulver verbrannt, von dem ich oben
gesprochen habe - außer einem Kleriker und einer Nonne, die reuig zu
dem Willen Gottes zurückgekehrt waren." [Paul de St.-Pere-de-Chartres]
Diese Gruppe hat die Sakramente und die Jungfrauengeburt abgelehnt. Der Chronist
unterstellt ihnen satanische Praktiken (Dämonenanrufung, wahllose Unzucht
mit Verbrennung so entstandener Kinder und Verwendung der Asche zu einer Art
Letzter Ölung und zur magischen Bekehrung weiterer Ketzer [= obiges "Pulver"]),
wobei interessanterweise auf Tertullians "Verteidigung des Christentums"
zurückgegriffen wird - wo solche Praktiken gerade den frühen Christen
vorgeworfen wurden. Auf einer Synode in Pavia wenden sich Heinrich II. und
Papst Benedikt VIII. gegen den Mißbrauch, daß Unfreie kirchlicher
Herrschaften "durch die Hand eines Freien" auf dem Wege von Urkunden
(skriptiones) Güter erlangen. Es soll aber die grundsätzliche Möglichkeit,
daß Knechte Besitz erwerben, gewahrt bleiben. Der Papst beklagt auch,
daß Geistliche öffentlich und "mit Aufwand" (pompatice)
Umgang mit Frauen hätten, und nicht vorsichtig (caute); sie seien hartköpfiger
als weltliche Ehebrecher.
1023/1025
Die "lex familiae" des Bischofs Burchard von Worms kann noch nicht
als Stadtrecht angesehen werden, sondern ist noch ganz in die ländliche
Ordnung von Grundherrschaft und Vogtei eingebunden.
1024
Kaiser Heinrich II. (51) stirbt; neuer König wird Konrad II. der Salier
(34). Nach dem Tode Heinrichs zerstören die Einwohner von Pavia die die
Pfalz in der Königsstadt. Konrad bestraft sie und verurteilt sie zur
Wiederherstellung des alten Zustands, was freilich nicht geschieht. Nach dem
Aussterben der Liudolfinger geht das Herzogtum Sachsen an die Billunger. Beispiel
für die Wirkung (bzw. Nichtwirkung) des Interdikts: Der Bischof von Orléans
hat die Stadt mit dem Interdikt belegt, aber König Robert, der gerade
mit ihm Streit hat, beruft einen Hoftag genau dorthin (und auch noch an Weihnachten).
In diesem Jahr brechen die Quedlinburger Annalen ab. Tuchherstellung in Arras
bezeugt.
1025
Mit Abt Richard von St. Vanne brechen etwa 700 Pilger nach Jerusalem auf.
Ca.: Guido von Arezzo schafft die Grundlage der heutigen Notenschrift, ein
präzises Liniensystem im Terzabstand. Von ihm stammt auch die Benennung
der sechs Töne des "Hexachords" c, d, e, f, g und a durch die
Silben ut, re, mi, fa, sol und la. Er leitet diese Silben von dem Text eines
Hymnus ab, der am Fest Johannes des Täufers gesungen wird. Die erste
Zeile dieses Hymnus beginnt mit dem Ton c und der Textsilbe ut, die zweite
mit d und der Textsilbe re, die dritte mit e etc. Als Lernhilfe für die
Singschüler gedacht, bürgern sich diese Silben bald für die
Bezeichnungen der Töne ein. Sie sind noch heute - "ut" allerdings
ersetzt durch "do" als Solmisation bekannt und gebräuchlich.
1026
Konrad II. (der Salier) tritt die Mark Schleswig an Knut den Großen
ab. Februar: Konrad II. zieht nach Italien. Der Zeitpunkt zeigt, daß
dem König die Versorgung des Heeres aus freiwilligen Lieferungen gesichert
scheint.
1027
Gerichtsorte: In Bamberg tagt ein Gericht auf einer Brücke. Konrad II.
(37) wird zum Kaiser gekrönt (bis 1039).
1028
Es stirbt Udalrich von Ebersberg. Er hat darüber geklagt, daß die
"moderni" ihre Kinder nicht mehr das Recht erlernen lassen, während
er diese Ausbildung in St. Gallen noch erhalten hat. Ebenso verstirbt Bischof
Fulbert von Chartres. Er hat einen neuen Dichtungstyp eingeführt: hagiographische
Dichtung mit in vierzeiligen Strophen ais rhythmischen Achtsilbern mit steigendem
Schluß, die auch in Deutschland Nachahmung finden.
1028/1029
Durch den Magister Ebo von Worms läßt sich Heinrich III. eine Sammlung
von "modi" (Liedern) zusammenstellen.
1030
Erste Erwähnung von Wien (Vienni). Baubeginn des Doms zu Speyer.
Ca.: Bischof Adalberon von Laon verfaßt das Gedicht "Poème
au roi Robert", worin die christliche Gesellschaft aus Betenden, Kämpfenden
und Arbeitenden besteht.
1031
Auf der zweiten Synode von Limoges wird die Frage gestellt, ob ein ungerechtfertigt
oder ohne Schuld Gebannter sich an die Sentenz halten müsse. Die Antwort,
gemäß einer Entscheidung Gregors des Großen, lautet: Gerecht
oder ungerecht, mit oder ohne Schuld, die Exkommunikation ist gültig.
Erste Erwähnung von Braunschweig ("Brunesguik"), obwohl eine
Besiedlung bereits für das 8. und 9. Jh. nachweisbar ist. Als Imre (Emmerich),
der einzig überlebende Sohn König Stephans I. von Ungarn bei der
Eberjagd tödlich verunglückt, läßt der König den
einzigen übrigen Arpadenabkömmling, den heidnischen Prinzen Vászoly
mit der dort üblichen Methode - Blenden und Ausgießen der Ohren
mit Blei - thronunfähig machen. Er bestimmt als Nachfolger Peter Orseolo,
Sohn seiner Schwester und des Dogen von Venedig. Daraus wird freilich nichts,
aber das gehört nicht hierher. (Stephan und Imre werden 1083 heiliggesprochen
werden.)
Frankreich: Heinrich I. wird neuer König (bis 1060); Übermacht des
Großadels. Spanien: Mit dem Zerfall des Kalifats von Cordoba beginnt
der Niedergang der islamischen Herrschaft in Spanien.
1032
September: Nachdem König Rudolf III. von Burgund erbenlos gestorben ist,
besetzt Graf Odo von der Champagne große teile Hochburgends, obwohl
der Titel nach einem Vertrag Konrad II (urspr. heinrich II.) zusteht. Konrad
unternimmt nun einen Winterfeldzug nach Burgund, auf dem nachts die Hufe der
Pferde am Boden festfrieren. Er kommt aber nur bis zum Neuenburger See und
kann noch nicht einmal Murten erobern. Bis 1033: Große Hungersnot nach
einer Regenperiode in Frankreich. Die Menschen heben, "nachdem sie wilde
Tiere und Vögel gegessen hatten, unter der Herrschaft eines verheerenden
Hungers alles mögliche Aas und andere, kaum auszusprechende schreckliche
Dinge auf, um sie zu essen. Einige nahmen, um dem Tod zu entgehen, ihre Zuflucht
zum Wurzelwerk des Waldes und zum Grün der Blumen. Wütender Hunger
ließ die Menschen selbst menschliches Fleisch verschlingen. Reisende
wurden von Stärkeren verschleppt, ihre Glieder abgeschnitten, gekocht
und verzehrt. Manche Leute, die aufgebrochen waren, um dem Hunger zu entfliehen,
und unterwegs Gastfreundschaft fanden, wurden des nachts ermordet und dienten
jenen als Nahrung, die sie aufgenommen hatten. Viele zeigten Kindern eine
Frucht oder ein Ei, lockten sie damit an abgelegene Orte, brachten sie um
und verschlangen sie. [Typische Kannibalismusgeschichten aus Hungerzeiten
- nicht gar zu ernst zu nehmen, besonders bei Glaber!] Anderswo wurden Tote
ausgegraben, um den Hunger zu stillen. In der Gegend von Mâcon entnahmen
einige Leute dem Boden eine weiße, dem Ton ähnliche Erde, mischten
sie mit dem, was sie noch hatten, Mehl oder Kleie, und machten aus dieser
Mischung Brot, wodurch sie hofften, nicht an Hunger zu sterben; dieses Verfahren
brachte aber nur trügerische Hoffnung und Erleichterung. Man sah nur
bleiche und abgezehrte Gesichter. Viele zeigten eine durch Aufblähungen
gedehnte Haut; die menschliche Stimme wurde spitz, den kurzen Schreien sterbender
Vögel vergleichbar." [Radulf Glaber] Bei einem Schlachter in Lyon
soll man angeblich 50 Menschenschädel gefunden haben, was sich wieder
ganz nach einer Glaber-Geschichte anhört.
1033
Es tritt "am dritten Tag vor den Kalenden des Juli, einem Freitag und
28. Mondtag, eine Finsternis oder Verdunklung der Sonne ein, die von der sechsten
zur achten Stunde dieses Tages dauerte und wirklich schrecklich war. Die Sonne
färbte sich saphirgrün und trug auf ihrem oberen Teil die Sichel
des Mondviertels. Die Menschen, die sich betrachteten, sahen sich gegenseitig
bleich wie Tote. Alles schien in einen safrangelben Dampf gehüllt zu
sein. Da bemächtigte sich der Menschenherzen Schrecken und gewaltiges
Entsetzen. Dieses Schauspiel verkündete, so begriffen sie, daß
das menschliche Geschlecht vor schlimmen Heimsuchungen stehe..." [Radulf
Glaber] Hier werden die Schrecken des Millenniums beschrieben, aber dies ist
eine Spezialität Glabers und kein allgemeiner Zustand! (vgl. 999) Der
Bischof von Modena verfügt anläßlich der Verpachtung einiger
Waldgebiete, daß "die alten Stieleichen zu schützen...und
die jungen zu erhalten" seien, als wichtiges Futter für die Schweine.
In der Poebene macht man sich bereits im 11. Jh. Gedanken über den Rückgang
der Wälder. Zu Lichtmeß wird Kaiser Konrad II. auch noch zum König
von Burgund gewählt und gekrönt.
1034
Worms hat noch vor 1034 eine Synagoge erhalten. Harald Hardrada, der berühmteste
aller Waräger, besucht Jerusalem.
1035
Die Häretiker von Arras bestreiten, daß der Gottesdienst besonderer
Gebäude bedürfe. Es stirbt Knut der Große, König von
England, Dänemark und Norwegen. Aus seinen Gesetzen gegen das Heidentum:
"We earnestly forbid every heathenism: heathenism is, that men worship
idols; that is, that they worship heathen gods, and the sun or the moon, fire
or rivers, water-wells or stones, or forest trees of any kind; or love witchcraft,
or promote 'morth-work' in any wise."
Ca.: Erzbischof Bezelin Alebrand von Hamburg läßt ebendort einen
steinernen Wohnturm bauen ("Steinernes Haus"). Es ist der älteste
bekannte steinerne Profanbau nördlich der Elbe.
Ca.: In Westdeutschland entsteht das lateinische höfische Epos "Ruodlieb"
- oder aber erst um 1050 am Tegernsee. Wann auch immer, darinnen wird das
Schachspiel erwähnt.
1037
Unter den Westslawen bricht ein großer Heidenaufstand aus. Es stirbt
Avicenna (Ibn Sina, ca. 57), ein arabischer Arzt und Aristoteliker ("Canon
medicinae", 1685 lat. gedruckt); vermittelte griechisches Wissen an Europa;
Einteilung der Mineralien in Steine, Salze, Erze und Brenze (brennbare Stoffe).
Konrad II. erläßt für Italien ein Lehnsgesetz, nach dem Bischöfe
oder Markgrafen oder deren große Vasallen zur Entscheidung von Lehnsstzreitigkeiten
auch nach Deutschland vor den König zitiert werden können.
1038
Tod des arabischen Physikers Alhazen (Abu Ali Muhammed ben el Hasan, ca 73);
er hat besonders die Optik entwickelt (Reflexion, Brechung, Lichtstrahlen
vom Gegenstand zum Auge). Der böhmische Fürst Bretislaw I. fällt
in Polen ein und kommt zur Festung Giecz. Die Einwohner können keinen
Widerstand leisten, und so kommt man überein, daß sie mit ihrem
ganzen Vieh und ihrer beweglichen Habe in Böhmen neu angesiedelt werden
sollen. Bretislaw gibt ihnen einen Streifen Waldland (vermutlich zum Roden)
und erlaubt ihnen, unter ihrem eigenen Vorsteher und nach eigenen Sitten zu
leben. Eine solche Zwangsumsiedlung ist eine von mehreren Möglichkeiten,
um die den größten Teil des Mittelalters knappen Arbeitskräfte
zu bekommen. Bereits im 11. Jh. ersinnt man zivilisiertere Methoden. Thronfolger
Heinrich III. wird in Personalunion König von Burgund. [Ist diese Datierung
exakt?]
1039
Es stirbt Kaiser Konrad II. (49); König wird Heinrich III. (22; bis 1056).
Für Heinrich III. werden hier in der Folge exemplarisch die Aufenthaltsorte
an den hohen Festtagen festgehalten, um die Mobilität des Herrschers
zu verdeutlichen (und vielleicht auch, um eventuelle Ereignisse an diesen
Orten zu beleuchten). Von diesem Jahr bis ins Jahr 1161 datieren venezianische
Leihverträge über eiserne Anker. Schiffe können sich für
einen sehr hohen Preis einen Eisenanker in Venedig leihen. Weihnachten: Heinrich
III. weilt zu Regensburg.
1040
Der Bischof von Freising verleiht dem Kloster Weihenstephan das Recht, Bier
nicht nur zu brauen, sondern über den Haustrunk hinaus auch zu "verleitgeben",
d.h. zu verkaufen. In diesem Kloster wird bereits seit zwei Jahrhunderten
Bier gebraut. Ostern: Heinrich III. weilt zu Ingelheim. Pfingsten: Heinrich
III. weilt zu Lüttich. Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Münster.
Ca.: Von Frankreich aus verbreitet sich die Idee des "Gottesfriedens",
ein Fehdeverbot an bestimmten Tagen.
Ca.: Es stirbt Ibn al-Haitham, der in Kairo gewirkt hat und eine neue Theorie
der Optik entwickelt hat. Sie basiert auf dem Gedanken, daß vom sichtbaren
Objekt Licht an das Auge gesendet wird.
1041
In Salerno wirkt Alfanus (ca. 26) als Arzt; von ihm stammen "Über
die vier Säfte" und "Zusammenfassung der Pulslehre". Ostern:
Heinrich III. weilt zu Maastricht. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Worms
(?). Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Straßburg.
1042
Epidemie des Antoniusfeuers (Mutterkornbrand) im Westen. In Montreuil-sur-Mer
soll es bereits zwei hydraulische Biermühlen geben. Ostern: Heinrich
III. weilt zu Köln. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Würzburg.
Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Goslar.
1043
Tuchherstellung in St. Omer bezeugt. Abt Siegfried von Gorze schreibt an Abt
Poppo von Stablo angesichts der geplanten Hochzeit Heinrichs III. mit Agnes,
der Tochter des Herzogs von Aquitanien über die Gefahr des Eindringens
rwerflicher französischer Sitten in der Barttracht, über die Kürzung
und Entstellung der Kleider nebst anderen erschröcklichen Neuerungen.
"Ein regnerischer Sommer verursachte Mangel an Früchten und Wein.
König Heinrich zog erneut nach Ungarn [...] Von dort kam er nach Alamannien
und vergab auf der Synode von Konstanz allen, die gegen ihn gefehlt hatten,
zuerst selbst alle Schuld. Dann söhnte er durch Bitten und Ermahnungen
alle anwesenden Schwaben, nachdem sie einander Schuld und Feindschaften vergeben
hatten, gegenseitig aus, in dem eifrigen Bemühen, daß dasselbe
nachher in den anderen Ländern seines Reiches geschehe, und schuf so
einen seit vielen Jahrhunderten unerhörten Frieden und bekräftigte
ihn durch ein edikt. darauf empfing er seine Braut Agnes, die Tochter Wilhelms
von Poitou, ließ sie zu Mainz zur Königin salben und feierte das
königliche Beilager zu Ingelheim; dabei gab er allen ein nützliches
Beispiel, indem er die eitle Gunst der Spielleute nichts achtete und sie mit
leeren Händen traurig entließ." [Hermann von Reichenau, Chronik.
Ed. Rudolf Buchner (Quellen des 9. und 10. Jhs. zur Geschichte der Hamburgischen
Kirche und des Reiches), Darmstadt: WB 1961 (FSGA 11) S. 677.] Ostern: Heinrich
III. weilt zu Lüttich. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Paderborn. Weihnachten:
Heinrich III. weilt zu Trier. Oder 1044: "Im vorletzten Jahre des Erzbischofs
brannte die Kirche des heiligen Petrus zu Bremen nieder, und diese Feuersbrunst
verzehrte das Kloster sammt den Werkstätten, die Stadt samt den Gebäuden
gänzlich, und es blieb keine Spur des früheren Wohnortes übrig.
Da gingen der Schatz der heiligen Kirche, da die Bücher und die Gewänder,
da alle Zierraten unter! Und dieser Verlust an Besitztümern hätte
noch leicht ersetzt werden können, hätten wir nur nicht noch größeren
Schaden an Sitten genommen. "Denn weit unterscheiden sich, wie jemand
sagt, die Verluste an Sittlichkeit von den Verlusten an zeitlichen Dingen,
weil jene in uns liegt, diese aber außer uns sich befinden." Gewiß
nämlich ist, daß von jener Zeit an von den Brüdern, welche
bisher ein kanonisches Leben geführt hatten, nunmehr aber außerhalb
des Klosters umherschweiften, die Regel der heiligen Väter, die bis dahin
gar manches Jahrhundert hindurch eifrig beobachtet war, zuerst vernachlässigt
zu werden anfing, dann aber, völlig verworfen, veraltete." Dazu
Scholie 58: "Der Erzbischof verlieh dem Edo die Propstei, darüber
von eifersüchtigem Grimme erfüllt, zündete der jüngere
Edo, sein Neffe, das Münster an. Zur Sühnung für diese Versündigung
am Heiligen brachte Edos Vater sein Erbgut der Kirche dar. Der Probst Edo
aber ging als Pilger nach Jerusalem, indem er um die Zeit, wo das Fest des
heiligen Jacob gefeiert wird, abreiste und in der nächsten Osterzeit
wieder heimkehrte." [Adam von Bremen II. 77] Bis 1045: Eine Zeit allgemeiner
oder fast allgemeiner Hungersnot.
1044
Ostern: Heinrich III. weilt zu Nimwegen (?). Weihnachten: Heinrich III. weilt
zu Speyer.
1045
Auf Schloß Persenbeug ist eine Badestube nachgewiesen, und zwar durch
einen Unfall: Bei einer Feier in Gegenwart von König Heinrich III. beginnen
die tragenden Ständer im Saal unter der Last der Gäste nachzugeben
und die Gesellschaft landet in der Badestube des Untergeschosses. Es soll
Tote gegeben haben, aber der König kommt mit dem Schrecken davon. (Ohne
ihn wäre die Geschichte wohl kaum überliefert worden.)
Erste Erwähnung der Mark als Gewichtseinheit (233,7 Gramm). Im 11./12.
Jh. wird sie Grundgewicht von Münzen. Ostern: Heinrich III. weilt zu
Goslar. Pfingsten: Heinrich III. weilt am ungarischen Königshof. Weihnachten:
Heinrich III. weilt zu Goslar. Der Hof Kaiserswerth (heute innerhalb von Düsseldorf)
wird kaiserliche Burg. In Hamburg läßt der Billunger Bernhard II.
eine steinerne Turmburg errichten (später Alsterburg genannt; vgl. 1035).
Ca.: Beginn der Schiffahrt auf dem Hochrhein (Schweiz).
1046
Ostern: Heinrich III. weilt zu Utrecht. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu
Aachen. Weihnachten: Heinrich III. (29) weilt zu Rom, wo er zum Kaiser gekrönt
wird. Bei einem Heidenaufstand in Ungarn kommt Bischof Gellért (Gerhard)
um. Man wird ihn 1083 heiligsprechen.
1047
Brüssel erhält weitere Reliquien (vgl. 984): Die Reliquien der Hl.
Gundula werden in die Kirche St. Michael überführt. Ostern: Heinrich
III. weilt zu Mantua. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Speyer. Weihnachten:
Heinrich III. weilt zu Pöhlde.
1048
Das Kloster Benediktbeuren erhält das Recht, Bier zu verkaufen. Ostern:
Heinrich III. weilt zu Regensburg. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Solothurn.
Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Freising.
1049
Aus diesem Jahr stammt der älteste datierbare jüdische Grabstein
in Mitteleuropa - aus Mainz. Ostern: Heinrich III. weilt zu Merseburg. Weihnachten:
Heinrich III. weilt zu Pöhlde.
1050
Das Kloster Weltenburg bei Kelheim erhält das Recht, Bier zu verkaufen.
Bis ins 12. und 13. Jh. wird der Aufschwung der Braukunst währen, bis,
bedingt durch klimatische Erwärmung, der Wein dem Biere den Rang ablaufen
wird. Gariopontus, Arzt in Salerno, stirbt. (Frühepoche der Schule von
Salerno) Haithabu wird geplündert und zerstört. Ostern: Heinrich
III. weilt zu Maastricht. Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Pöhlde
(?).
Ca.: Beginn der romanischen Kunstepoche, wobei die vergangenen 50 Jahre als
eine Art Vorlauf betrachtet werden können.
Ca.: Sextus Amantius berichtet von einem Spielmann, der in einer Herberge
einem vornehmen Herrn während des Essens mit der Laute und mit Gesang
unterhält, während viel Volk zusammenströmt, um zuzuhören.
Titel aus dem Repertoire des ioculators: "David und Goliath", "Das
Schneekind", "Von der Tonkunst des Pythagoras" und "Von
der Nachtigall"
Ca.: Der Erzbischof von Reims lobt Graf Balduin V. überschwenglich für
die Erfolge im Landesausbau, durch die in Flandern das frühere Wildland
fruchtbarer geworden sei als das alte Kulturland.
Ca.: Hamburg hat etwa 800 bis 900 Einwohner, davon zur Hälfte Kleriker.
Hamburg wird unter Erzbischof Adalbert (1043 - 1072) erneut Zentrum der christlichen
Mission.
Ca.: Aufkommen des gegliederten Dreschflegels. [Hatten wir das nicht schon
einmal? Vorsicht damit!]
Ca.: Europa hat etwa 46 Mio. Einwohner. [Woher kommen solche Zahlen?]
1051
Es stirbt Erzbischof Bardo von Mainz; "...den elenden Spielleuten war
er sehr zugetan." Im Dom zu Speyer gibt es eine silberne Wasseruhr (clepsydra).
Ostern: Heinrich III. weilt zu Köln. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu
Paderborn. Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Goslar. Hier läßt
er mehrere Ketzer aufhängen.
1052
Ostern: Heinrich III. weilt zu Speyer. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Zürich.
Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Worms.
1053
Herzog Gottfried läßt in Goslar einige Ketzer aufhängen (nach
Lambert von Hersfeld). Ostern: Heinrich III. weilt zu Merseburg. Pfingsten:
Heinrich III. weilt zu Goslar (?). Weihnachten: Oetting am Inn.
1054
Kaiser Heinrich III. heiratet zu Ingelheim, wozu die Spielleute - als große
Ausnahme - vom Hof verbannt oder zumindest unbeschenkt entlassen werden. Aus
dem Testament der Äbtissin Theophanu des Frauenstiftes zu Essen: "Da
es einem jeden unbekannt und unbewußt ist, was die Zukunft bringt oder
wann der künftige Tag naht, solen wir im Herrn wachen und aus den uns
anvertrauten Talenten den Ertrag vergrößern, damit, wenn er selbst
oder sein Tag nahen wird, wir nicht wegen Ungehorsams oder Muße verdammt
werden. Denn es steht geschrieben, der Tag des Herrn komme wie ein Dieb in
der Nacht." (Urkundenbuch zur Geschichte des Niederrheins, S. 122) Die
Äbtissin verfügt daher: Vom Tag ihres Todes bis zum 30. Tag danach
sollen die Priester zwölf Schillinge erhalten, um die Messe zu lesen;
an die Armen sollen am ersten und dem dritten Tag (nornalerweise dem Begräbnistag)
fünf, an den Tagen der ersten Woche zwei Schillinge, danach alle sieben
Tage 30 Denare (ein Schilling hat 12 Denare) und am 30. Tag noch einmal fünf
Schillinge verteilt werden. Die gleiche Summe sollen die Pilger erhalten.
30 Priester sollen für ihre Seele beten: Wenn hier allerdings so viele
Priester nicht zusammenkommen, dann soll man zu meinen Brüdern vom heiligen
Ludger (im Kloster Werden an der Ruhr) schicken, damit die Zahl der Messen
erfüllt werde." Für danach stiftet sie jeweils am 30. Tag zwölf
Denare für zwölf Messen und 18 Denare für die Fürsorge,
an jedem Jahrestag aber fortan 30 Denare für 30 Messen und fünf
Schillinge für die Armen. Außerdem sollen drei Frauen drei Schillinge
erhalten, um alle 30 Tage den Psalter über ihrem Grab zu singen. Das
nötige Geld liegt in einer Truhe bereit. "Wacht, ich bitte euch,
ihr Brüder und Schwestern; euer Gebet soll mich nicht als Tote, sonden
als Schlafende trösten." Ostern: Heinrich III. weilt zu Mainz. Pfingsten:
Heinrich III. weilt zu Quedlinburg. Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Goslar.
Ca.: Mitte des 11. Jhs., unter Heinrich III., prallen verschiedene Rechtsauffassungen
aufeinander: Der sächsische Graf Thietmar, ein Bruder des billungischen
Herzogs wird von seinem eigenen Vasallen beschuldigt, er habe geplant, Heinrich
III. zu ermorden. Heinrich verfügt einen gerichtlichen Zweikampf als
Gottesurteil, in welchem der Graf von dem Vasallen getötet wird. Daraufhin
nimmt der Sohn des Erschlagenen den siegreichen Vasallen gefangen und läßt
ihn an den Beinen aufhängen und von Hunden zerfleischen, eine Methode,
mit der man normalerweise Verräter umbringt. Der Kaiser exiliert daraufhin
den Sohn (nach Adam von Bremen). In dieser Auseinandersetzung werden weder
die üblichen Vermittler noch eine Möglichkeit des Beschuldigten
erwähnt, sich durch einen Reinigungseid und Eideshelfer zu behelfen.
Heinrich praktiziert hier also neue Formen des Umgangs mit adligen Gegnern,
was ihm wohl wenig Freunde macht.
1055
Ostern: Heinrich III. weilt zu Mantua. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu Florenz.
Weihnachten: Heinrich III. weilt zu Zürich.
1056
Ostern: Heinrich III. weilt zu Paderborn. Pfingsten: Heinrich III. weilt zu
Goslar (?). Heinrich III. (39) lebt ab. Sein Nachfolger Heinrich IV. ist minderjährig
(6); Regentin ist Agnes von Poitou.
1057
Bis 1064: Aus dieser Zeit stammt (aus Bamberg) das älteste Dienstrecht,
in welchem vom Stand der Ministerialen oder Dienstmannen die Rede ist. Ihr
Stand muß bereits verfestigt sein, weil ihnen darin ein Erbrecht - auch
für Seitenlienien - zugestanden wird. Die meisten Ministerialen kommen
aus der Unfreiheit - sie wurden als Bestandteil der Besitzungen betrachtet
und mit diesen verkauft oder verschenkt. Von den bäuerlichen Hintersassen
einer Grundherrschaft unterscheiden sie sich durch ihre Aufgabe als Verwalter
oder berittene Krieger. Von den übrigen Unfreien heben sie sich durch
durch den Besitz eines Dienstgutes zu Lehen ab, wodurch die Unterhaltspflicht
ihres Herren ihnen gegenüber abgegolten ist. In den Ministerialenstand
strömen Freie (Kleinbauern und kleine Grundherren), wodurch sich ihr
Rang und Ansehen weiter verbessert.
1058
Der Arzt Alfanus (in Salerno) wird Erzbischof.
1059
Papst Nikolaus II. belehnt den Normannen Robert Guiscard (44), alias "Robert
das Wiesel", einen der zwölf Söhne des Grafen Tankred von Hauteville,
mit Apulien, Kalabrien und Sizilien; Richard von Aversa wird mit dem Fürstentum
Capua belehnt. Die Normannen sind seit 1020 in Süditalien aktiv. Sizilien
freilich müssen sie erst noch erobern. 23. Mai: In Frankreich wird Philipp
I. Mitregent.
1060
Bei einem Brand in Halberstadt brennt der Dom ab. Beginn der cluniazensischen
Dichtung. Weimar kommt in den Besitz der Grafen von Orlamünde. Frankreich:
Philipp I. regiert nun allein (ab 29. August; bis 1108). Seit seiner Regierung
wird in Frankreich der Jahresanfang nicht mehr wie bisher am 25. März
(normannischer Einfluß), sondern zu Ostern festgelegt (bis 1564). Einige
Gebiete behalten jedoch abweichende Termine (Dauphiné: 25. Dezember;
Aquitanien, Auvergne, Angoumois, Limousin: 25. März).
Ca.: Das Wort "riter" kommt auf als Übersetzung von "miles"
und bedeutet zunächst nichts weiter als "Berittener Krieger".
Ca.: Der Respekt vor den alten karolingischen Institutionen schwindet.
1061
Der Bamberger Schulmeister Meinhard wirft seinem Bischof Gunther, einem der
glänzendsten Kirchenfürsten seiner Zeit vor, daß er sich lieber
Heldensagen von Attila und Dietrich von Bern anhöre, statt Augustinus
oder Gregor den Großen zu lesen. [ZfdA 73, 1936, S. 87 - 98]
1061/1062
In eine Urkunde des Bischofs von Bamberg wird eine Rechtsordnung für
die Ministerialen des Bischofs eingeschaltet: "Wenn einen von ihnen sein
Herr anschuldigt wegen irgend einer Sache, soll ihm gestattet sein, durch
einen Eid sich mit seinesgleichen zu reinigen; ausgenommen in drei Fällen,
d. i. wenn er beschuldigt wird, gegen das Leben seines Herrn oder seine Kammer
oder seine Festungen Pläne geschmiedet zu haben. Gegen die übrigen
Menschen aber soll er sich von jeglichem Vorwurfe ohne Vogt mit seinesgleichen
durch einen Eid reinigen können; bei den übrigen Menschen brauchen
sie nicht mehr als 7 Mann, bei ihren Genossen aber 12. [Damit werden die ursprünglich
unfreien Ministerialen rechtlich den Freien gleichgestellt.] Ist einer getötet
worden, so beträgt die Loskaufsumme 10 Pfund, die keinem andern gehört
als den Verwandten des Getöteten. Wer vom Bischofe kein Lehen hat und
sich ihm zu seinem Dienst stellte, aber ein Lehen nicht erlangen konnte, mag
Kriegsdienste nehmen, bei wem er will, nicht als Lehensmann, sondern frei.
Stirbt einer ohne Kinder und hinterläßt eine schwangere Frau, so
warte man, bis sie gebiert. Ist es ein Knabe, so soll er das Lehen des Vaters
haben; wenn nicht, dann soll der nächste Anverwandte des Verstorbenen
sowohl den Panzer als das beste Pferd, das er hatte, seinem Herrn bringen
und das Lehen seines Verwandten erhalten. Wer einen Kriegszug antritt, soll
auf eigene Kosten zum Herrn kommen; von da an wird er auf dessen Kosten erhalten.
Geht der Zug nach Italien, soll der Herr für jeden Panzer ein Pferd und
drei Pfund geben. Geht er aber anders wohin, sollen zwei von ihnen, die Lehen
haben, einem dritten die Auslagen bestreiten. Von ihrem Herrn sollen sie nur
zu fünf Diensten angehalten werden, d. i. daß sie entweder Truchsesse
oder Mundschenke oder Kämmerer oder Marschalke oder Jägermeister
seien." [Die Geschichte des Bisthums Bamberg. Bd. l: Die Gründung
und das erste Jahrhundert des Bistums Bamberg 1007-1102. Nach den Quellen
bearb. von Johann Looshorn. Bamberg: Historischer Verein, 1886. S. 380f.]
1063
Pfingsten: Schlägereien und Kämpfe in der Kirche zu Goslar. Ursache
ist ein Streit zwischen dem Bischof von Hildesheim und dem Abt von Fulda vom
letzten Weihnachtsfest her: "Als sich der König und die Bischöfe
zum Abendgottesdienst versammelten, kam es wegen der Aufstellung der bischöflichen
Stühle wieder zu einem Tumult, nicht wie das vorige Mal durch einen zufälligen
Zusammenstoß, sondern durch einen seit langem vorbereiteten Anschlag.
Denn der Bischof von Hildesheim, der die damals erlittene Zurücksetzung
nicht vergessen hatte, hatte den Grafen Ekbert mit kampfbereiten Kriegern
hinter dem Altar verborgen. Als diese nun den Lärm der sich streitenden
Männer hörten, stürzten sie rasch hervor, schlugen auf die
Fuldaer teils mit Fäusten, teils mit Knüppeln ein, warfen sie zu
Boden und verjagten die über den unvermuteten Angriff wie vom Donner
gerührten mühelos aus der Kapelle der Kirche. Sogleich riefen diese
zu den Waffen; die Fuldaer, die Waffen zur Hand hatten, scharten sich zu einem
Haufen zusammen, brachen in die Kirche ein, und inmitten des Chores und der
Psalmen singenden Mönche kam es zum Handgemenge: Man kämpfte jetzt
nicht mehr nur mit Knüppeln, sondern mit Schwertern. Eine hitzige Schlacht
entbrannte und durch die ganze Kirche hallte statt der Hymnen und geistlichen
Gesänge Anfeuerungsgeschrei und das Wehklagen Sterbender...Der König
erhob zwar währenddessen laut seine Stimme und beschwor die Leute unter
Berufung auf die königliche Majestät, aber er schien tauben Ohren
zu predigen." (Lampert von Hersfeld, Annalen. Hg. von Adolf Schmidt &
Wolfgang D. Fritz, S. 77ff.) An diesem Ort sei stellvertretend vermerkt, daß
es im Mittelalter so etwas wie ein Gewaltmonopol nicht gibt. Diese Geschichte
hat noch weitere Folgen: "Als nun die Nachricht von seiner Niederlage
in Goslar nach Fulda kam, da äußerten sie (die Mönche) alle
laut ihren Unwillen, gereizt durch den Schmerz über diesen neuen Schlag
wie die Erinnerung an die früheren, und sie stachelten sich gegenseitig
an, eine so günstige, ihnen vom Himmel gebotene Gelegenheit nicht zu
versäumen; zur Ausführung ihres Vorhabens fehlte nichts als ihr
eigenes tatkräftiges Handeln, der Mann werde durch seine eigenen rechtswidrigkeiten
in den Untergang getrieben." (Lampert, S. 80f.) 16 Mönche verlassen
unter geistlichen Gesängen das Kloster und bitten den König um die
Absetzung ihres Abtes. Am Hof jedoch gibt man sich entsetzt: Die Rädelsführer
werden in Klosterhaft geschickt und die anderen werden nach Fulda zurückgebracht.
Da sie sich durch Verlassen des Klosters selbst von der Regel losgesprochen
haben, werden vor ein Laiengericht gestellt. Einige werden ausgepeitscht,
geschoren (Mönche sollten eigentlich schon geschoren sein!) und aus dem
Kloster ausgestoßen. Die anderen werden auf verschiedene Klöster
verteilt. "Über die einzelnen wurden jedoch nicht nach dem Maße
ihrer Schuld, sondern je nach ihrer hohen oder niedrigen Herkunft mildere
oder strengere Strafen verhängt. (...?) Möge der Abt zusehen, ob
er nicht etwa in seinem Grimm härter, als es sich geziemte, gestraft
und das Maß überschritten habe. (...?) Fest steht jedenfalls, daß
dem Kloster Fulda damals ein Schandmal eingebrannt worden ist, das wohl in
einer langen Reihe kommender Jahre nicht abgewaschen und getilgt werden kann."
(Lampert, S. 86f.)
1064/1065
Unter Führung von Bischof Gunther von Bamberg ziehen über 7000 (oder
bis zu 12000) Pilger ins Heilige Land. Sie nehmen den Landweg.
1065
Gründung der Hohen Schule von Bagdad. Ein Bericht eines Pilgerzuges zeigt
die Genuesen bereits in voller Handelstätigkeit an der syrischen Küste.
1066
Slawenaufstand an der unteren Elbe.Erste Erwähnung von Alt-Lübeck.
Damit ist möglicherweise das slawische Kastell im Norden der späteren
Stadt gemeint. Die Freiheitsurkunde für die Stadt Huy ersetzt den gerichtlichen
Zweikampf durch Eidesleistung: Der Einheimische kann sich mit drei Eideshelfern
vom Zweikampf freischwören, der Fremde durch Eineid und die rechtssymblische
Geste der exfestucatio. Der irische Missionar Johannes wird in Mecklenburg
umgebracht. Erzbischof Eberhard von Trier stirbt mitten in der Osterfeier.
Man schreibt seinen Tod den Juden zu, welche ein von einem abtrünnigen
Priester namens Paulin geweihtes Wachsbild des Bischofs verbrannt haben sollen.
Dies ist die erste Erwähnung von "Rachepuppen" zum Schadenszauber
für Deutschland. Die Obotriten überfallen Hamburg. Die Normannen
erobern England. Haithabu wird erneut geplündert und zerstört. Bei
einem Turnier kommt Geoffroy de Preully (Preville) um, auf den wahrscheinlich
die Regeln für das Turnier mit stumpfen Waffen zurückgehen. Bis
1072: Hungersnot in Bremen, "und man fand viele Arme tot auf den Plätzen
der Stadt." [Adam von Bremen]
1067
Es stirbt Graf Balduin V. von Flandern. Es heißt von ihm, er habe durch
"Sorgfalt und Fleiß unkultiviertes Land fruchtbar gemacht".
1069
Adam von Bremen wird urkundlich daselbst als Domscholaster erwähnt. Es
ist über sein weiteres Leben nichts bekannt, außer daß er
dem Erzbischof nahegestanden hat.
1070
In Jerusalem wird durch fromme Bürger aus Amalfi wird ein Hospiz für
arme Pilger gegründet. Die Anstalt ist dem heiligen Johannes von Jerusalem
(gest. 417) geweiht. Sie wird von den Amalfitanern geleitet, welche ein klösterliches
Gelübde leisten und einem Meister unterstehen, welcher seinerseits den
Benediktinern untersteht. Otto von Northeim, aus sächsischem Hause, ist
derzeit Herzog von Bayern. Als sich der König auf einem von dessen Gütern
aufhält, kommt es zu einem Zwischenfall: Kuno, der königliche Erzieher,
wird Opfer eines nächtlichen Überfalls (was sich wohl schon vor
geraumer Zeit abgespielt hat). Nun taucht am Hof ein gewisser Egino auf, welcher
behauptet, dieser Überfall habe Heinrich gegolten, von dem man gehofft
hatte, er werde dem Kuno zu Hilfe eilen. Egino behauptet, er habe von Otto
von Northeim den Auftrag erhalten, diesen Anschlag selbst auszuführen
und präsentiert ein angeblich von Otto erhaltenes Schwert dafür.
Otto wird informiert un soll binnen sechs Wochen nach Goslar kommen. Drei
Wochen nach Pfingsten stehen sich Heinrich und Otto auf einem Fürstentag
zu Mainz gegenüber und der Bayernherzog wird des Hochverrats beschuldigt.
Otto streitet alles ab, und so wird ein Zweikampf zwischen Otto und Egino
angesetzt. Dies steht nicht im Einklang mit den bisher praktizierten Gewohnheiten:
"'Es sei nicht recht und billig', argumentierten sie (die Fürsten),
'daß ein Mann von höchstem Adel und völlig unbescholtenem
Ruf, der noch niemals durch den Makel eines ungünstigen Gerüchts
befleckt worden sei, mit einem solchen durch und durch verruchten Menschen
kämpfen solle, der alles, was er etwa an adliger Gesinnung von seinen
Vorfahren ererbt hätte, durch Diebstahl und Straßenraub, kurz durch
alle lasterhaften Schandtaten ausgelöscht hatte.'" (Lampert von
Hersfeld, S. 124ff; Brunos Buch vom Sachsenkrieg, S. 216f.) Es wäre üblich
gewesen, Otto zum Reinigungseid zu fordern und dann die Sache als erledigt
zu betrachten. 1. August: Zum Termin für den gerichtlichen Zweikampf
mit Egino erscheint Otto von Northeim nicht, obwohl er sicherlich leicht hätte
gewinnen können. Er gilt daher als schuldig und wird von sächsischen
Fürsten wegen Majestätsverbrechen zum Tode verurteilt. Dies ist
ein Versuch, ursprünglich politische Konflikte mit rechtlichen Mitteln
auszutragen. Otto verliert natürlich auch seine Herzogswürde und
all seine Güter. Bevor nun noch Heinrich ein Heer gegen ihn aufstellt,
brechen einige Hofbeamte, nämlich jene, denen Otto im Wege gestanden
hat, schon gegen ihn auf. "Ottos Burg Hanstein, aus der gleich zu Anfang
des schrecklichen Krieges die Besatzung abgezogen worden war, ließ er
(Heinrich) von Grund auf zerstören. Vor eine andere Burg, Desenberg mit
Namen, hatte er schon Truppen gelegt. Obgleich sie ihrer Lage wegen uneinnehmbar
und mit allen zur Kriegsführung notwendigen Mitteln hinlänglich
versorgt war, zogen es ihre Insassen doch vor, sich freiwillig zu ergeben,
als das zweifelhafte Kriegsglück zu versuchen. Der König ließ
dort eine Besatzung zurück und führte sein Heer weiter, um auch
die Besitzungen von Ottos Gemahlin (Richenza) zu verwüsten. Er äscherte
viele mit Kostbarkeiten und Gebäuden herrlich ausgestattete Bauernhöfe
ein und plünderte sie aus, an Frauen und Kindern - denn die Männer
hatten sich in den Bergen und unzugänglichen Wäldern versteckt -
beging er viele abscheuliche Feindseligkeiten, und so harte und grausame Behandlung
erlitten auf diesem Zuge unschuldige und nicht mit dem geringsten Verdacht
irgendeines Vergehens behaftete Menschen von ihrem eigenen König, daß
sie nichts Härteres, nichts Grausameres von Barbaren hätten erleiden
können." (Lampert von Hersfeld, S. 128 f. - s.o.) Ottos Reaktion
bleibt nicht aus: "Er machte daher mit 3000 auserlesenen und in allen
Künsten der Kriegsführung geübten Männern einen Angriff
auf Thüringen, steckte die mit allen Vorräten reich ausgestatteten
Königshöfe in Brand, machte reiche Beute und köderte gleich
zu Anfang seine Krieger, die in der Mehrzahl nur die Hoffnung auf Beute zu
dem Kampf gelockt hatte, durch diesen Lohn und sicherte sich dadurch ihre
unbedingte Treue. So zog er, alles verheerend, bis über Eschwege hinaus.
Hier verteilte er unter die sich um ihn scharenden Bauern seiner Güter,
denen die Krieger des Königs nichts gelassen hatten als das elende Leben,
einen Teil der Beute, ermahnte sie, die Schläge der göttlichen Strafe
tapferen Mutes zu ertragen, und forderte sie auf, da sie ja keine Waffen führen
könnten, für ihn inbrünstig zu Gott zu beten." (Lampert
von Hersfeld, S. 128 f. - s.o.) September: Otto von Northeim besiegt den Grafen
Ruotger bei Eschwege. Mit seinem Verbündeten Magnus, dem Sohn des Sachsenherzogs
Ordulf igelt sich Otto auf einem Bergrücken zwischen Diemel und Fulda
ein. Der König zieht von Nordwesten mit Truppen aus Hessen, Thüringen
und Sachsen heran, aber es kommt nicht zur Schlacht. Wie üblich erreicht
ein Vermittler das Ende des Konfliktes (siehe 1071).
Ca.: Adam von Bremen beschreibt am Beispiel des Erzbischofs Anno von Köln,
welche Qualitäten und Verhaltensweisen die Führungsschicht zeigen
soll: "Er förderte seine Verwandten, Freunde und Kapelläne
und überhäufte sie alle mit den höchsten Würden und Rängen,
damit sie wieder anderen, Schwächeren helfen konnten. Die Vornehmsten
unter ihnen waren des Erzbischofs Bruder Werner von Magdeburg, beider Vetter
Burkhard, der Bischof von Halberstadt, auch der erwählte Erzbischof Konrad
von Trier...ferner Eilbert von Minden und Wilhelm von Utrecht. Außerdem
waren in Italien der Patriarch von Aquileia, der Bischof von Parma und andere,
deren Aufzählung zu weit führen würde, Auf Betreiben und durch
die Gunst Annos erhoben worden. Und sie wetteiferten, ihrem Gönner bei
seinen Unternehmungen Hilfe und Ansehen zu geben." (Adam von Bremen,
S. 370f.) Was heutzutage mit "Filz" und "mafiöse Strukturen"
bezeichnet wird, ist im Mittelalter gängige Praxis.
1071
Pfingsten: Otto von Northeim unterwirft sich dem König zu Halberstadt.
Er verliert seine Reichslehen, behält jedoch seine eigenen Güter.
Es scheint, als hätten gewisse königliche Räte seinen Sturz
betrieben. Von dem im letzten Jahr verhängten Todesurteil jedenfalls
ist keine Rede mehr. Von Ottos Sturz profitiert sein Schwiegersohn Welf. Er
schickt diesem seine Tochter zurück und und bietet Heinrich IV. viel
Geld, damit er ihm als Nachfolger Ottos das Herzogtum Bayern gebe, "denn
er hielt es für besser, den Vorwurf des Meineids und die Schande des
Treubruchs auf sich zu nehmen, als sich in seiner glänzenden Lage an
dessen hoffnungslose, verlorene Sache zu binden...So geriet ihm der Betrug,
und er wurde groß und mächtig, aber alle verabscheuten ihn, weil
er die glänzendste und angesehenste Würde im Reich durch so schmutzigen
Ehrgeiz besudelt hatte." (Lampert von Hersfeld, S. 132f.) Welf kann ungeachtet
der Vorwürfe Lamperts seine Stellung ohne Probleme behaupten und versöhnt
sich später öffentlich mit Otto. Vorübergehender Sieg der kirchlichen
Reformbewegung der Patarener gegen Adel und hohen Klerus in Mailand (bis 1075).
Mailand wird zunehmend unabhängiger von seinen Erzbischöfen.
1072
Die Obotriten überfallen Hamburg.
1073
Der Mönch Hildebrand wird nach dem Tode seines Vorgängers Alexander
II. als Gregor VII. neuer Papst.
1074
In der "Fastensynode" werden Priesterehe und Simonie verboten. Stephan
von Muret, einst Eremit in Kalabrien, gründet im Limousin den Orden von
Grandmont. Hier gibt es bald Laienbrüder, welche nur die niederen Weihen
empfangen und wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten des Ordens besorgen.
Als der Erzbischof von Köln das Schiff eines Kaufmanns entladen lassen
will, um es seinem Freund, dem Bischof von Münster zur Verfügung
zu stellen, kommt es zu einem Volksaufstand: "Zu derselben Zeit begab
sich in Köln ein Ereignis, welches der Trauer und der Tränen aller
Rechtschaffenen wert ist; man weiß nicht, ob durch den Leichtsinn des
gemeinen Volks, oder durch das Anstiften derer, welche das Schicksal des Königs
an dem Erzbischofe zu rächen wünschten. Wahrscheinlicher ist die
Vermutung, daß die Kölner dem Vorgange der Bürger von Worms
folgten, deren Name bei allen gefeiert war, deswegen, weil sie dem Könige
im Unglücke die Treue bewahrt und den Bischof, welcher sich aufzulehnen
versuchte, aus der Stadt vertrieben hatten, und daß sie diesem so bösen
Beispiel nacheifernd, dem Könige auch von ihrer Ergebenheit durch irgend
eine ausgezeichnete Tat einen erfreulichen Beweis darbringen wollten. Zur
Ausführung dieses ruchlosen Vorhabens gab der Zufall eine passende Gelegenheit.
Der Erzbischof beging das Osterfest zu Köln, und bei ihm war der Bischof
von Mimigardefurd [Münster], den er zur Teilnahme an den Freuden einer
so großen Feierlichkeit aus Rücksicht auf ihre vertraute Freundschaft
geladen hatte. Als dieser, nachdem die ersten Festtage vorüber waren,
sich zur Heimkehr anschickte, erhielten diejenigen, welche das Hauswesen des
Erzbischofs besorgten, den Auftrag, für ein Schiff zu sorgen, welches
zu seiner Abfahrt geeignet wäre. Nachdem sie alle gemustert und genau
besichtigt hatten, nahmen sie ein Schiff eines gewissen sehr reichen Kaufmanns
in Beschlag, weil es ihnen zu diesem Gebrauche passend erschien; sie befehlen,
die darauf befindlichen Waren auszuladen, und das Schiff unverzüglich
zum Dienste des Bischofs in Bereitschaft zu setzen. Da die Diener, welchen
die Bewachung des Schiffes anvertraut war, sich weigern, drohen sie ihnen
mit Gewalt, wenn sie nicht ohne Zaudern ihre Befehle ausrichten. Jene eilen
darauf in schnellem Laufe, so rasch sie nur können, zu dem Herrn des
Schiffes, melden ihm die Sache und fragen an, was zu tun sei. Dieser hatte
einen erwachsenen Sohn, nicht weniger durch Kühnheit, als durch körperliche
Stärke ausgezeichnet, der sowohl durch Verschwägerung seiner Familie
als durch seine Verdienste den Vornehmsten der Stadt vor allen lieb und befreundet
war. Dieser nahm sein Gesinde und andere junge Leute aus der Stadt, soviel
er bei solcher plötzlichen Gefahr zu seiner Hilfe sich verschaffen konnte,
zu sich; er begibt sich mit ihnen in fliegender Eile zu dem Schiffe und jagt
die Diener des Erzbischofs, welche heftig darauf dringen, das Schiff auszuräumen,
schmählich von dannen. Als hierauf der Stadtvogt die Sache auf sich nimmt,
und bei seiner Ankunft den Lärmen erneuert, so treibt er auch diesen
mit gleicher Festigkeit zurück, und schlägt ihn in die Flucht. Schon
eilen beiden Teilen ihre Freunde bewaffnet zu Hilfe, und es schien, als wenn
die Sache auf große Gefahr und einen bedenklichen Kampf hinauslaufen
wollte. Als man dem Erzbischofe die Nachricht brachte, daß die Stadt
durch einen sehr heftigen Auflauf beunruhigt werde, so schickte er schnell
seine Boten aus, um die Volksbewegung zu stillen, und drohte voller Zorn,
in der nächsten Gerichtssitzung die aufrührerischen jungen Leute
durch gebührende Strafe zu züchtigen. Denn er war zwar ein Mann,
den jegliche Gattung der Tugenden schmückte, und von oft erprobter Rechtschaffenheit
in allen Angelegenheiten des Staates sowohl wie der Kirche Gottes; aber bei
so vielen Tugenden erschien an ihm ein einziger Fehler, wie ein kleines Mal
auf dem schönsten Körper, daß er nämlich, wenn sein Zorn
entbrannte, die Zunge nicht genug beherrschen konnte, sondern gegen Alle ohne
Ansehen der Person zänkische Reden und die beißendsten Scheltworte
ausstieß. Dieses tadelte er auch an sich selbst heftig, sobald er den
Zorn ein wenig gebändigt hatte. Kaum gelang es, dem Streite auf kurze
Zeit Einhalt zu tun. Aber jener Jüngling, der trotzigen Sinnes und durch
den ersten Erfolg aufgeblasen war, hörte nicht auf, alles zu verwirren,
und die Stadt durchlaufend, streute er unter das Volk mancherlei Reden aus
über das hochmütige und harte Benehmen des Erzbischofs, welcher
so oft Ungebührliches gebiete, so oft Unschuldigen das Ihrige nehme,
so oft die achtbarsten Bürger mit den anzüglichsten Worten angreife.
Und es war nicht schwer, diese Gattung von Menschen zu allem, was man wollte,
wie ein Blatt, welches vom Winde fortgeweht wrd, umzustimmen, da sie, von
Jugend auf in städtischer Üppigkeit erzogen, keine Erfahrung von
Kriegshändeln hatten, und gewohnt, nach Verkauf ihrer Waren bei Weingelagen
und Gastereien von Kriegstaten zu reden, alles, was ihnen in den Sinn kam,
ebenso leicht ausführen, als davon reden zu können glaubten, weil
sie es nicht verstanden, die Folgen der Dinge zu ermessen. Überdies erinnerten
sie sich der gefeierten und herrlichen Tat der Einwohner von Worms, daß
sie ihren Bischof, welcher anfing, allzu anmaßend zu handeln, aus der
Stadt vertrieben hatten, und da sie ja stärker an Volkszahl, und mit
Geld und Waffen noch besser versehen waren, so hielten sie es für unwürdig,
daß man glaubte, sie ständen an Kühnheit unter jenen, für
unwürdig, den Erzbischof, der über sie mit tyrannischem Stolze gebiete,
so lange weibisch zu dulden. Die Angeseheneren in der Stadt beraten gemeinschaftlich
törichte Pläne, der unbesonnene Pöbel rast aus Sucht nach Neuerungen
und ruft die ganze Stadt, von teuflischem Geiste hingerissen, zu den Waffen;
schon verschwören sie sich, den Erzbischof nicht aus der Stadt zu vertreiben,
wie die Einwohner von Worms, sondern ihn durch alle Martern zu töten,
wenn sie seiner habhaft würden. Es war der Gedächtnistag des heiligen
Georg des Märtyrers, der in diesem Jahre auf den Mittwoch in der Osterwoche
fiel, und der Erzbischof hatte, nachdem er bei dem heiligen Georg die Messe
gefeiert, während er zum Volke redete, mit einer gewissen Ahnung der
Zukunft, ohne das bevorstehende Unheil selbst zu kennen, vor seinen Zuhörern
beteuert, daß die Stadt in die Gewalt des Teufels gegeben sei und ehestens
untergehen werde, wenn sie sich nicht beeilten, den schon über sie hereinbrechenden
Zorn Gottes durch Buße abzuwenden. Als nun Nachmittags, da sich der
Tag schon zum Abend neigte, so wie Öl zum Feuer, zum Zorne Trunkenheit
sich gesellte, da stürzen sie aus allen Teilen der Stadt zum erzbischöflichen
Hofe, und an einem öffentlichen Orte, wo er mit dem Bischof von Mimigardefurd
[Münster] speiste, greifen sie ihn an, schleudern Geschosse, werfen Steine,
töten einige von der Umgebung, und treiben die übrigen, von Schlägen
und Wunden erschöpft, in die Flucht. Bei diesem Auflauf sahen sehr viele
den Anstifter solcher Wut, den Teufel selber, vor dem unsinnigen Volke vorauslaufen,
behelmt und gepanzert, mit einem feurigen Schwerte furchtbar blitzend, und
niemandem als sich selbst zu vergleichen. Und während er mit einer Kriegstrompete
die Zaudernden anfeuerte, ihm in den Kampf zu folgen, verschwand er mitten
im Getümmel, als er mit lautem Geschrei auf die Pforten zustürzte,
um die Riegel derselben zu sprengen, plötzlich aus den Augen der ihm
folgenden. Den Erzbischof retten die Seinigen unter den dicht gedrängten
Haufen der Feinde und der Wolke von Wurfgeschossen mit genauer Not, ziehen
ihn fort in den Tempel des heiligen Petrus und verrammeln die Eingänge
nicht bloß durch Schlösser und Riegel, sondern auch mit großen
Blöcken, die sie davor wälzen. Außerhalb rasen und brüllen,
wie ausgetretene Fluten, jene Gefäße des Teufels, voll vom Weine
des Zornes Gottes, durchlaufen alle Gemächer des bischöflichen Palastes,
erbrechen die Türen, plündern die Schätze, zerhauen die Weinfässer,
und indem sie die für langen Gebrauch mit größtem Fleiße
zusammengebrachten Weine allzu hastig ausgießen, hätte der damit
plötzlich angefüllte Keller, was auch bei der Erzählung zum
Lachen reizt, die durch die unvermutete Flut gefährdeten beinahe ertränkt.
Andere dringen in die Kapelle des Erzbischofs ein, berauben den Altar, betasten
die heiligen Gefäße mit befleckten Händen, zerreißen
die priesterlichen Gewänder, und da sie alle zum Gottesdienst bestimmten
Gerätschaften mit sorgsamem oder vielmehr rasendem Eifer herumreißen,
finden sie hier jemanden, der sich aus Furcht in einem Winkel versteckt hatte,
und, in der Meinung, daß es der Erzbischof sei, tödten sie ihn,
nicht ohne frohlockende Schmährede, daß sie endlich einmal der
so zügellosen Zunge ein Ziel gesetzt hätten. Doch als sie erfuhren,
daß sie durch die Ähnlichkeit getäuscht wären, und der
Erzbischof innerhalb des Tempels des heiligen Petrus sowohl durch die Heiligkeit
des Ortes als die Festigkeit der Mauern sich schützte, so scharen sie
sich von allen Orten her zusammen, umlagern die Kirche, strengen sich an,
mit Fleiß die Mauern zu durchbrechen, und drohen zuletzt, wenn ihnen
der Erzbischof nicht sofort ausgeliefert würde, auch Feuer anlegen zu
wollen. Als nun die, welche innerhalb waren, erkannten, daß der Sinn
des Volks fest auf seinen Tod gerichtet war, und daß diese Menschen
nicht bloß durch die Trunkenheit, welche mit der Zeit zu verschwinden
pflegt, sondern auch durch hartnäckigen Haß und eine gewisse tolle
Wut getrieben würden, so raten sie ihm zu dem Versuch, mit veränderter
Kleidung aus der Kirche zu entfliehen und die ihn belagernden zu täuschen,
um durch diese Tat das heilige Gebäude von der Feuersgefahr, und sich
von dem drohenden Tode zu befreien. Die günstige Zeit verhieß Schutz
für die Flucht. Da der Aufstand sich bis um Mitternacht hingezogen hatte,
so herrschte überall schauerliche Finsternis und Dunkelheit, daß
es für niemanden leicht war, das Gesicht der ihm begegnenden zu unterscheiden.
Ein enger Eingang führte aus der Kirche in das Schlafhaus, und wieder
aus dem Schlafhause in den Hof und das Haus eines Domherrn, welches an die
Ringmauer der Stadt angebaut war. Dieser hatte nach Gottes gnädiger Fürsehung
zur Rettung des Erzbischofs wenige Tage vor Entstehung des Aufruhrs von dem
Erzbischofe die Erlaubnis erlangt, die Stadtmauer durchbrechen, und sich eine
kleine Hintertür anlegen zu dürfen. Dort hinaus führte man
den Erzbischof, und nachdem zu seiner und seiner Begleiter Fortbringung schleunig
vier Pferde herbeigeschafft waren, entfernte er sich, durch die Finsternis
der dunkeln Nacht auf das trefflichste geschützt, daß ihn die begegnenden
nicht erkannten. Kurz nachher traf er auch den Bischof von Mimigardefurd wieder,
und gelangte, nun schon in Betracht des damaligen Mißgeschicks mit stattlichem
Geleit, an einen Ort, welcher Noussen genannt wird. Unterdessen erschütterten
die, welche die Kirche umzingelten, die Mauern durch heftige Stöße
der Sturmböcke, und es erscholl ein verwirrtes Geschrei der tobenden,
welche bei dem allmächtigen Gotte beteuerten, daß er ihren Händen
nicht entrinnen, daß er die Wachsamkeit der Belagerer nicht täuschen
sollte, selbst wenn er sich in das kleinste Gewürm der Erde verwandelte.
Dagegen vereitelten diejenigen, welche eingeschlossen waren, bald mit Bitten,
bald mit Versprechungen, daß sie ihm auf das sorgfältigste nachspüren,
und ihn, wenn sie ihn fänden, selbst ausliefern wollten, in schlauer
Weise die Bemühungen derer, die sie bedrängten, so lange bis sie
glaubten, daß der Erzbischof schon weit genug entwichen und an sichere
Orte gelangt sei. Dann erst öffnen sie die Türen, lassen jene selbst
eindringen, um nach ihrem Belieben zu suchen, und setzen hinzu, man suche
ihn vergebens innerhalb des Umfangs der Kirche, da sie mit Gewißheit
erfahren hätten, daß er bei dem ersten Anstürmen der aufgeregten
Menge noch am hellen Tage die Stadt verlassen habe, und schon in entfernte
Gegenden habe gelangen können; es sei eher zu vermuten, daß er
von allen Orten bei nächtlicher Weile Truppen zusammenziehen und am frühen
Morgen anrücken werde, um sich der Stadt mit den Waffen zu bemächtigen.
Jene drangen also hinein, und nachdem sie alle innersten Räume des Tempels
sorgfältig durchforscht und durchwühlt hatten, überzeugten
sie sich endlich nur mit Mühe, daß sie hätten getäuscht
werden können; darauf aber richten sie nun von dem Eifer im Nachsuchen
ihr Augenmerk auf die Verwahrung der Stadt, und verteilen die bewaffnete Menge
rings umher auf die Schutzwehren. Unterdessen ergreifen sie einen aus dem
Haufen und knüpfen ihn zur Schmach des Erzbischofs über dem Stadttore
auf, mehr um ihre Wut, von welcher sie unaufhaltsam hingerissen wurden, zu
befriedigen, als weil sie dem Unglücklichen irgend ein todeswürdiges
Verbrechen hätten vorwerfen können. Auch ein Weib stürzen sie
von der Höhe der Mauer herab, daß es den Hals brach und tot blieb,
ihm schuld gebend, daß es verrufen gewesen, Menschen oftmals durch Zauberkünste
um den Verstand zu bringen. Aber dieses Verbrechen hätten sie zu angemessener
Zeit und mit ruhigerem Gemüthe ahnden sollen. Sie hatten auch den Vorsatz
gefaßt, wenn Gott nicht, für seine Knechte sorgend, die Tage ihres
Wahnsinns verkürzt hätte, die Mönche im Kloster des heiligen
Pantaleon insgesammt zu ermorden, deswegen weil sie, nachdem der Erzbischof
die alten Mönche vertrieben, dort eine neue und ungewöhnliche Art
des Gottesdienstes eingerichtet hätten. Außerdem befahlen sie rüstigen
jungen Männern, in möglichst beschleunigter Reise sich zu dem König
zu begeben, ihm das, was vorgegangen war, zu melden, und ihn aufzufordern
je eher je lieber zu kommen, um die durch Verjagung des Erzbischofs ledige
Stadt zu besetzen; darauf beruhe das Heil der Stadt und sein eigener größter
Vorteil, daß er dem Erzbischof, der mit großen Dingen umgehe um
seine Schmach zu rächen, zuvorzukommen suche. Von solcher Raserei wurden
sie drei ganze Tage lang umhergetrieben. Als man nun im Lande hörte,
und es sich durch das allgemeine Gerücht verbreitete, daß die Kölner
ihrem Erzbischofe Schimpf und Schande angetan und ihn aus der Stadt getrieben
hätten, entsetzte sich alles Volk über die Neuheit der That, über
das Ungeheuere des Verbrechens, das Schauspiel der menschlichen Dinge, daß
ein Mann von so großen Tugenden in Christo, vor Gottes Augen so unwürdiges
habe erdulden können. Seine große Freigebigkeit gegen Dürftige,
seine hingebende Andacht in göttlichen Dingen, seine große Mäßigung
in menschlichen Geschäften, sein unermüdeter Eifer zu Verbesserung
der Gesetze, seine rücksichtslose Strenge in Züchtigung der Übeltäter,
wurden von aller Mund gepriesen, und die Erinnerung daran erwarb ihm nicht
wenig Gunst bei den Einwohnern des Landes. Alle rufen laut, mehr ihnen selbst
zur Schmach gereiche die Verletzung der Majestät des priesterlichen Namens,
und es wäre besser für sie zu sterben, als zu dulden daß ein
so großes Verbrechen zu ihren Zeiten ungeahndet bleibe. Sie rufen daher
vier oder fünf Meilen in der Runde umher zu den Waffen, viele tausend
Menschen strömen geschwinder als man es nur sagen kann, herzu, und keiner,
der seines Alters wegen die Waffen tragen kann, weigert sich eines so frommen
Kriegsdienstes; zusammengeschaart bitten sie den Erzbischof, und treiben den
zaudernden mit Gewalt an, zur Wiedereroberung der Stadt auf das schleunigste
herbeizuziehen; sie wollten für ihn streiten, und wenn die Not es erheische,
wie Schafe für ihren Hirten und Kinder für ihren Vater gern den
Tod erleiden; beeilten sich die Kölner nicht, ihn aufzunehmen, wenn er
komme, und nach seinem eigenen Gutdünken dem beleidigten Genüge
zu tun, so würden sie entweder Feuer hinein werfen und das Volk mitsamt
der Stadt vernichten, oder die Mauer zertrümmern und ihn über die
Leichen der Erschlagenen auf den erzbischöflichen Stuhl zurückführen.
So zog denn der Erzbischof am vierten Tage nach seiner Flucht, umringt von
einer großen Schar, gegen die Stadt. Als die Kölner dieses erfuhren,
und inne wurden daß sie den Andrang einer so großen und so erbitterten
Menge weder durch ihre Mauer noch durch eine Feldschlacht aufhalten könnten,
da zuerst begann ihre Wut sich abzukühlen und die Trunkenheit zu schwinden;
und von gewaltigem Schrecken ergriffen, schickten sie ihm Boten wegen des
Friedens entgegen, indem sie sich als schuldig bekannten, und bereit erklärten
jede Strafe zu leiden, die ihnen auferlegt würde, wenn ihnen nur das
Leben bliebe. Der Erzbischof antwortete, er werde den wahrhaft reuigen Vergebung
nicht versagen. Hierauf feierte er das Hochamt bei dem heiligen Georg, und
lud diejenigen, welche den Bischof aus seinem eigenen Sitze vertrieben, welche
die Kirche mit Mord befleckt, welche den Tempel des heiligen Petrus feindlich
angegriffen, welche alles Recht der Kirche mit roher Frechheit entweiht hätten,
durch den bischöflichen Bann zur Genugtuung. Alsbald zogen alle barfüßig,
mit wollenen Gewändern auf dem bloßen Leibe heran, nachdem sie
nur mit Mühe von der Menge, die um den Erzbischof war, die Zusage erlangt
hatten, daß sie dieses ungefährdet tun könnten. Denn jene
zürnten ihm heftig, daß er, um der Leute Gunst zu gewinnen, ohne
Maß seine Milde zur Schau trage und dadurch die nichtswürdigen
Menschen, wenn dieser Frevel unbestraft bleibe, ermutige, noch Schlimmeres
zu wagen. Der Erzbischof befahl ihnen des folgenden Tages beim heiligen Petrus
sich einzustellen, um die Buße für eine so ungeheuere Schandtat
nach den kanonischen Vorschriften auf sich zu nehmen. Er selbst zog weiter
bis zur Kirche des heiligen Gereon, und beschloß hier außerhalb
der Stadt zu übernachten; und aus Besorgnis, daß nach Übergabe
der Stadt die Gewaltsamkeit der aufgeregten Menge nicht im Zaum gehalten werden
könne, sondern daß sie teils aus Erbitterung über das an ihm
begangene Unrecht, teils von Begierde nach Beute entflammt, allzu grausam
gegen das Volk wüten möchten, bittet er das bei ihm befindliche
Landvolk, daß ein jeder in Frieden heimziehen möge; er habe sich
ihrer Hilfe genug bedient, und einen augenscheinlichen Beweis davon erhalten,
welche Gesinnung die Schafe gegen den Hirten, die Söhne gegen den Vater
hegten; der schwierigste Teil des Geschäfts sei mit Hilfe ihrer großen
Tapferkeit vollbracht; das andere, was noch übrig sei, werde nun leicht
durch seine eigenen Haustruppen beendigt werden können; daher möchten
sie jetzt mit gutem Glück wieder nach Hause ziehen und die Hoffnung mit
zurücknehmen, daß die Dankbarkeit für diese Wohltat bei ihm,
ob er nun lebe oder sterbe, beständig fortdauern werde. Nachdem er dieses
mit Mühe erlangt hatte, befahl er seinen Leuten, so vielen als er zur
Dämpfung der städtischen Unruhen, wenn sie etwa durch den Leichtsinn
des Volkes sich wieder erneuerten, genügend glaubte, in die Stadt einzuziehen;
er selbst würde ihnen am nächsten Tage folgen, sobald durch die
Wachsamkeit derer, die er vorausgesandt, Sorge getragen wäre zu verhüten,
daß nicht etwa heimliche Nachstellungen in der Stadt verborgen wären.
In dieser Nacht entwichen aus der Stadt 600 oder noch mehr der reichsten Kaufleute,
und begaben sich zu dem König, um die Hilfe seiner Vermittelung gegen
das Wüten des Erzbischofs anzuflehen. Die übrigen stellten sich,
nachdem der Erzbischof in die Stadt gezogen war, und ganze drei Tage lang,
der Übereinkunft gemäß, sie erwartete, auf keine Weise ihm
vor, um irgend eine Art der Genugtuung anzubieten. Dieses unwürdige Benehmen
erschien den Mannen des Bischofs unerträglich, und, wie die Meisten behaupten,
ohne Vorwissen des Erzbischofs und ohne ihn zu fragen, greifen sie zu den
Waffen, dringen in die Häuser, plündern die Habe, strecken von denen,
die ihnen begegnen, einige zu Boden, andere nehmen sie gefangen und werfen
sie in Fesseln; kurz sie üben, um es, wenn auch wider Willen, zur Steuer
der Wahrheit zu bekennen, das Werk der gerechten Rache weit grausamer, als
es dem Rufe eines so hohen Kirchenfürsten anstand. Aber die schwerere
Krankheit bedurfte eines schärferen Gegenmittels. Der Sohn des oben erwähnten
Kaufmanns, welcher zuerst das Volk zum Aufruhr entflammt hatte, und wenige
andere wurden des Augenlichts beraubt, einige mit Ruten geschlagen und ihr
Haar geschoren; alle büßten mit dem empfindlichsten Verluste an
ihrem Vermögen, und wurden gezwungen einen Eid abzulegen, daß sie
hinfort für den Erzbischof die Stadt wider die Gewalttätigkeit aller
und jeder behaupten wollten, so viel sie durch Rat und Tat vermöchten,
und diejenigen, welche aus der Stadt geflüchtet waren, stets als ihre
ärgsten Feinde betrachten, bis sie dem Erzbischofe gebührende Genugtuung
geleistet haben würden. So wurde die Stadt, welche kurz vorher so volkreich
und nächst Mainz das Haupt und die Krone der gallischen Städte gewesen
war, plötzlich beinahe zur Einöde gemacht; und sie, deren Straßen
kaum die dichten Schwärme der Fußgänger faßten, läßt
jetzt nur selten einen Menschen blicken, während alle vormaligen Orte
des sehnlichen Verlangens und der Lustbarkeiten von Schweigen und Schauer
beherrscht werden. Unbezweifelte Vorzeichen hatten dieses voraus verkündet.
Ein Pilger war zur Feier des Palmsonntages in demselben Jahre dahin gekommen.
Dieser sah im Traume einen Raben von furchtbarer Größe durch ganz
Köln flattern, und mit schrecklichem Gekrächze das Volk, welches
über solchen Anblick entsetzt war, hierhin und dorthin scheuchen; darauf
sah er einen Mann erscheinen, herrlich an Kleidung und Gestalt, welcher den
Raben, der alles mit entsetzlichen Tönen erfüllte, aus der Stadt
vertrieb und das Volk, welches voll Bestürzung schon das Schlimmste befürchtete,
von der nichtigen Furcht erlöste. Als nun dieser voll Schreckens die
Umstehenden um die Erklärung des Traumes befragte, da vernahm er, daß
die Stadt wegen der Sünden des Volkes in die Gewalt des Teufels gegeben
gewesen, aber durch die Fürbitte des Märtyrers Georg befreit, dem
Verhängnis ihres nahen und schon von Gott vorherbestimmten Unterganges
entronnen sei." [Lampert von Hersfeld, Annalen]
Eine Urkunde Heinrichs IV. gewährt der Stadt Worms Zollfreiheit: "Im
Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit. Heinrich, durch das Walten
von Gottes Gnaden König. Es ist Aufgabe königlicher Gewalt und Güte,
den Dienst aller Leute mit angemessenen guten Gaben zu entgelten, in der Weise
also, daß diejenigen, die sich in der Ergebenheit des Dienstes besonders
bereitwillig zeigen, auch beim Entgelten des Dienstes sich freuen können,
als besonders verdienstlich und besonders erhaben beurteilt zu werden. Und
unter diesen haben Wir die Einwohner der Stadt Worms nicht eines ganz kleinen,
sondern eines ganz großen und besonderen Entgelts für würdig,
nein: für würdiger als alle Bürger jeglicher Städte angesehen
- sie, von denen Wir wissen, daß sie in der ganz großen Erschütterung
des Reiches mit ganz großer und besonderer Treue zu Uns gehalten haben,
obgleich Wir sie weder durch ein mündliches, noch durch ein in einem
Brief von Uns selbst oder einem Boten vermerktes, noch überhaupt irgend
ein Wort zu dieser so hervorragenden Treue gewonnen hatten. Und diese Treue
haben Wir deswegen so hervorragend genannt: Während alle Fürsten
des Reiches unter Mißachtung des heiligen Bandes der Treue gegen Uns
wüteten, gaben sie allein sich gleichsam dem Untergang preis und hingen
Uns an gegen den Willen aller. Denn während alle Städte sonst sozusagen
- nein: tatsächlich bei Unserem Herannahen die Tore schlossen, während
man Wachposten zur Nacht abwechselnd verteilte, während sie, mit Kost
und Eisenwaffen geschützt, bei Nacht und bei Tag umschritten wurden,
hat sich allein Worms mit der allgemeinen Zustimmung der Bürger, mit
der Rüstung der Waffen aller An Unserem Einzug bewahrt. Daher sollen
sie also bei dem Entgelten des Dienstes die ersten sein, die in der Ergebenheit
des Dienstes wahrhaftig nicht die allerletzten waren. Daher sollen sie bei
der gebührenden Belohnung ihres Dienstes allen als Beispiel dienen, die
alle in der Bewahrung des heiligen Bandes der Treue übertroffen haben.
Daher sollen Einwohner aller Städte froh sein in der Hoffnung auf die
königliche Vergütung, welche die Wormser tatsächlich erreicht
haben. Lernen sollen alle, in deren Nachahmung dem König die Treue zu
bewahren, - alle, die in deren Förderung die Güte des Königs
gutheißen. Diese Förderung läßt sich zwar in wenigen
Worten zusammenfassen, doch in deren Einschätzung selbst wird sie nicht
als geringfügig, sondern als willkommen und ehrenvoll angesehen. Denn
die Abgaben, die man in deutscher Sprache als »Zoll« bezeichnet,
welche die Juden und die anderen Wormser in allen Zollstätten, die der
königlichen Gewalt zugehören - also Frankfurt, Boppard, Hammerstein,
Dortmund, Goslar, Enger -, bei der Durchreise zu zahlen verpflichtet waren,
haben Wir den Wormsern erlassen, so daß sie künftig keinen »Zoll«
mehr zahlen, und dies haben Wir in Gegenwart Unserer Fürsten - also Liemars
des Erzbischofs von Hamburg, der Bischöfe Ebbo von Naumburg, Dietrich
von Verdun, Hermann von Bamberg und Burkhard von Basel - sowie der übrigen
Getreuen von Christus und von Uns rechtskräftig gemacht. Daß diese
Rechtsbestätigung, die über die Aufhebung des genannten »Zolls«
stattfand, keiner Unserer Nachfolger, also keiner der Könige oder Kaiser,
aufhebt, bitten Wir inständig, und Wir verbürgen Uns für die
wünschenswerte Dauerhaftigkeit der Handlungen eines jeden. Wer - und
das sei ferne! - Uns dabei irgendwie schwächt, möge gewiß
sein, daß er sich selbst und was er tut schwächt. Diese Bestätigung,
die, wie man unten sieht, mit eigener Hand auf dieser Urkunde, die Wir haben
schreiben lassen, eingeschrieben und mit dem Aufdruck Unseres Siegels versehen
ist, haben Wir der Kenntnis allen künftigen und gegenwärtigen Volkes
hinterlassen. Handzeichen des Herrn Heinrich IV., des allerdemütigsten
und unüberwindlichsten Königs. Ich, Kanzler Adalbero, habe in Vertretung
des Erzkanzlers Siegfried die Ausfertigung beglaubigt. Gegeben am 18. Januar,
im Jahre der Geburt des Herrn 1074, in der 12. Indiktion, aber im 19. Jahr
des Herrn Heinrich, des 4. Königs seines Namens, dem 17. Jahr seines
Königtums; geschehen zu Worms; Heil und Segen im Namen Gottes. Amen."
[Weinrich. S. 133/135. 0: Die Urkunden Heinrichs IV. Tl. l. Hrsg. von Dietrich
von Gladiß. Berlin 1941. (MGH DD H IV.) S. 342 f., Nr. 267.]
1075
In der "Fastensynode" wird die Laieninvestitur verboten. Damit beginnt
der Investiturstreit der Päpste mit den deutschen Königen. Nach
einer Augsburger Chronik sollen Höllengeister gleichzeitig mehrere Weiber
aus dem Gefolge von Herzog Wolf von Bayern überfallen haben. In Fulda
ist ein neuer Abt zu bestimmen und etliche Bewerber machen dem König
Angebote: "Wie in einem feierlich angesagten Wettkampf lief da jeder
einzelne mit aller Kraft um die Wette: Der eine versprach goldene Berge, der
andere ungeheure Lehen aus den Fuldaer Besitzungen, ein dritter außergewöhnliche
Dienstleistungen für das Reich, und alle wahrten nicht Maß noch
Ziel in ihren Angeboten." (Lampert von Hersfeld, S. 324ff.)
Ca.: Der Reif der ungarischen Stephanskrone wird etwa auf dieses Jahr datiert.
Die heutige Form der Krone, von der übrigens kein Teil auf den hl. Stephan
zurückgeht, entsteht Ende des 12. oder Anfang des 13. Jhs. 076 Bischof
Gandolfo von Reggio Emilia erlaubt den Bewohnern des Ortes Fossoli (nördlich
von Carpi im Modeneser Flachland), ein sumpfiges Waldgebiet weiter im Norden,
wo weite Gebiete ungebutzt liegen, zu bearbeiten. Die Bauern benutzen es als
Viehweide und zur Holzgewinnung. Um den Holzabbau zu beschränken, darf
das Holz nur auf dem Rücken herausgeschafft werden darf. Januar: Heinrich
IV. und die deutschen Bischöfe erklären in der Synode von Worms
den Papst für abgesetzt. In der "Fastensynode" setzt Papst
Gregor VII. den deutschen König ab und exkommuniziert ihn. Die Untertanen
sollen vom Treueeid entbunden sein. Oktober: Die deutschen Fürsten beschließen
in Anwesenheit päpstlicher Legaten auf dem Fürstentag zu Tribur
(Trebur) den König abzusetzen, falls der Bann nicht binnen Jahresfrist
gelöst werde. Epidemie des Antoniusfeuers (Mutterkornbrand) im Westen.
1076/1077
Strenger Winter in Deutschland, Frankreich und Italien.
1077
25. - 28. Januar: Heinrich IV. pilgert nach Canossa und wird vom Bannzauber
befreit. Die Fürsten wählen unterdessen Rudolf von Schwaben (bzw.
von Rheinfelden) zum Gegenkönig. Es gibt Bürgerkrieg (bis 1080).
In Mainz revoltieren die Bürger gegen den päpstlich gesinnten Erzbischof
Siegfried I., welcher den Gegenkönig gekrönt hat. Auf dem Weg nach
Canossa haben die eigenen Verwandten Heinrichs ihm die Durchreise durch Savoyen
erst gestattet, nachdem er ihnen wertvolle Besitzungen in dieser Gegend geschenkt
hatte. Erzbischof Gebhard von Salzburg hat sich auf die Seite des Papstes
gestellt. Während des Investiturstreites werden die Befestigungen Hohensalzburg
und Werfen errichtet.
1078
Tübingen ("Tvvingia") wird erstmals erwähnt. Es belagert
nämlich König Heinrich IV. die Burg Hohentübingen.
1079
"Ein Graf namens Friedrich, der von den vornehmsten Grafen Schwabens
abstammte, hatte auf der Burg Staufen eine Siedlung angelegt. Da er im Rat
vorausschauend und im Waffenhandwerk tüchtig war, war er an den kaiserlichen
Hof (Heinrichs IV.) aufgenommen worden, hatte dort lange Zeit Dienst getan
und dem Kaiser in allen Gefahren mannhaft beigestanden. Als nun der Kaiser
die gefährliche Lage des Reiches erkannte, berief er den Grafen insgeheim
zu sich und und sprach zu ihm: 'Bester der Männer, den ich im Frieden
als den treuesten und im Kriege als den tapfersten erkannt habe, sieh wie
das römische Reich...sich zu niederträchtigen Anschlägen und
verabscheuungswürdigen Taten verleiten läßt...Erhebe du dich
wider diese schreckliche Seuche und gürte mannhaft dein Schwert zur Niederwerfung
der Feinde des Reiches. Denn ich bin diener bisherigen Verdienste nicht uneingedenk
und werde deiner künftigen nicht uneingedenk sein. Ich werde dir vielmehr
meine einzige Tochter zur Ehefrau geben und dir das Herzogtum Schwaben, das
Berthold an sich gerissen hat, übertragen.'" (Otto von Freising,
S. 144ff.) Die Herzogswürde von Schwaben fällt damit für die
nächsten 200 Jahre an die Staufer.
Ca.: Verwendung von Hopfen zum Bierbrauen.
1080
In der Schlacht von Hohenmölsen fällt Gegenkönig Rudolf von
Schwaben. Er verliert hier nämlich seine rechten Arm, mit dem er einst
Heinrich ewige Treue geschworen hat und stirbt an der Verletzung. Man sieht
darin den Beweis für sein Unrecht. Sein grabmal im Dom von Merseburg
zeigt ein zeitgenössisches Reliefbild des Toten auf einer Bronzeplatte
- das erste Bild eines deutschen Königs auf einem Grabmal und das älteste
erhaltene figürliche hochmittelalterliche Laiengrabmal überhaupt.
Heinrich IV. wird erneut gebannt. Erzbischof Wibert von Ravenna wird zum Gegenpapst
erhoben.
Ca.: Lampert von Hersfeld (ein Mönch) verfaßt seine Annalen.
Ca.: König Philipp I. von Frankreich plündert italienische Händler
aus, die zu den Messen in seiner kleinen königlichen Domäne zwischen
Paris und Orléans kommen. Darüber ereifert sich Papst Gregor VII.
Nach 1080: In Bologna wirkt der Rechtsgelehrte Irnerius; er verfaßt
Glossen zum Rechtskodex des Justinian (aus dem 6. Jh.) und begründet
die "Glossatorenschule".
1081
Es stirbt der Chronist Lampert von Hersfeld (ca. 53).
1083
In Sachsen ist "der Sommer sengend; viele Kinder und Greise starben an
der Ruhr."
1084
Heinrich IV. (34) belagert Papst Gregor VII. in der Engelsburg in Rom. Im
Februar stößt er nach Apulien vor und läßt sich von
Gegenpapst Klemens III. am 21. März zum Kaiser krönen. Bruno von
Köln stiftet den Orden der Karthäuser. Juden aus Mainz emigrieren
nach Speyer. Bischof Rüdiger siedelt sie geschlossen an und erteilt ihnen
Privilegien.
1085
Papst Gregor VII. stirbt. Heinrich IV. verkündet in Mainz für das
Reich den "Gottesfrieden", ein Fehdeverbot an bestimmten Tagen.
1086
In England entsteht das Domesday Book, eine Art Grundbuch. Hierin sind insgesamt
268984 Personen verzeichnet. Dies sind allerdings nur die Haushaltsvorstände
(oder nur jene, die eine volle Hofstelle besitzen); außerdem gibt es
Lücken in den Städten sowie Rechenfehler, und die nördlichen
Provinzen sind nicht erfaßt. Darby hat daraus eine Gesamtbevölkerung
Englands zwischen 1,2 und 1,6 Millionen errechnet. Mit hypothetischen 50%
zusätzlichen Landlosen und Unterpächtern kommt M. M. Postan auf
eine Maximalzahl von bis zu 2,4 Millionen. Daraus ist u.a. zu ersehen, daß
in England beim Ackerbau noch keine Pferde eingesetzt werden. Es gibt in England
5624 Wassermühlen.
1086/1087
Aus der Wassermühle wird die Walkmühle entwickelt, die das Walken
des Stoffes mit den Füßen oder mit Knüppeln ersetzt. (Nach
einer Urkunde der Abtei Saint-Wandrille) Eine solche Mühle kann bis zu
40 Arbeitskräfte ersetzen.
1087
Bis 1087 ist in der päpstlichen Kanzlei die Griechische Indiktion gebräuchlich
(Wechsel des Jahres im Indiktionszyklus zum 1. September; siehe bei 832).
1088
In Evreux existiert eine Biermühle.
Ca.: Bologna wird zum Mittelpunkt für die Lehre des Römischen Rechts.
Bildung einer Rechtsschule. Bis 1143: Die päpstliche Kanzlei benutzte
bisher als Jahresanfang neben dem 25. Dezember auch den 25. März nach
Florentiner Rechnung (25. März nach unserem heutigen Jahresanfang). Nun
wird zusätzlich auch noch die Pisaner Rechnung (25. März vor unserem
Jahresanfang) verwendet.
1089
Epidemie des Antoniusfeuers (Mutterkornbrand) im Westen. "Viele verfaulten
zu Fetzen, wie von einem heiligen Feuer verzehrt, das ihnen die Eingeweide
auffraß; ihre Glieder, nach und nach zernagt, wurden schwarz wie Kohle.
Sie starben schnell unter grauenvollen Qualen, oder sie setzten ohne Füße
und Hände ein noch schrecklicheres Leben fort. Viele andere wanden sich
in nervösen Krämpfen." [Sigbert von Gembloux]
1089/1090
Im sog. Bempflinger Vertrag wird Reutlingen (Rutelingin) erstmals erwähnt.
1090
Heinrich IV. gewährt den Juden von Worms und Speyer Privilegien. Markgraf
Wiprecht von Groitzsch beginnt die Gründung des Klosters Pegau an der
Elster. Der normannische Graf Roger, der Bruder von Robert Guiscard von Sizilien
erreicht die Freilassung von christlichen Gefangenen aus der Eroberung von
Malta: "Er rief alle Gefangenen zusammen, die er der Gefangenschaft entrissen
und mit sich genommen hatte, und gab ihnen die Freiheit. Er bot ihnen an,
falls sie bei ihm in Sizilien bleiben wollten, auf seine eigenen Kosten an
einem Ort ihrer Wahl für sie ein Dorf zu bauen und sie mit allem zu versehen,
was sie für die Gewinnung des Lebensunterhalts nötig war. Dieses
Dorf sollte "freies Dorf" (villa franca) genannt werden, weil es
auf Dauer von jeglichen Abgaben und knechtischen Diensten frei sein sollte.
Jenen aber, die zu ihren eigenen Feldern und Angehörigen zurückzukehren
wünschten, gewährte er die Freiheit, zu gehen, wohin sie wollten."
(Malaterra, "De rebus gestis Rogerii 4, 16"; ed. Pontieri S. 95f.)
Neu daran ist, daß Roger die Gefangenen nicht zwangsweise neu ansiedelt,
wie es sein Bruder noch vor wenigen Jahrzehnten getan hat. Es wird versucht,
Arbeitskräfte durch Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen anzulocken.
Diese Methode wird die Basis für die Siedlungs-, Wanderungs und Kolonisierungsbewegungen
des Hochmittelalters - im Gegensatz zu Knechtschaft und Gefangennahme in früheren
Zeiten. Hassan Sabâh aus Ghom (Qom), der Anführer der persischen
Ismailiten bringt durch einen Handstreich die fast uneinnehmbare Bergfestung
Alamut (Adlernest) südlich des Kaspischen Meeres in seinen Besitz. Dort
regiert er die nächsten 34 Jahre über die Nezâris, wobei er
sein Zimmer in dieser Zeit nur zweimal verlassen haben soll (und auch nur,
um aufs Dach zu gehen). Er gilt auch als Mathematiker und Alchimist. Er läßt
zwei seiner eigenen Söhne töten, einen davon wegen verbotenem Alkoholgenuß.
Sein Werk sind die Assassinen (Sekte oder Orden als "Staat im Staat").
Diese Geheimbewegung verbreitet sich bis zu den Küsten des Mittelmeeres,
mit einem Netz befestigter Stützpunkte. Ihre fedâ'is ("Opfergänger")
werden für ihre Mordanschläge bekannt. (Nach der Legende vom "Alten
vom Berge" sollen sie Haschisch benutzt haben).
Ca.: "Liber de vita christiana" des Bonizo von Sutri, worin der
"Ritter" (miles christianus) aufgefordert wird zu Ergebenheit gegenüber
dem Herrn, Verzicht auf Beute, Hingabe des Lebens für den Herrn, Kampf
für das Wohl der "res publica", Krieg gegen die "Ketzer",
Schutz der Armen, Witwen und Waisen sowie Einhaltung der dem Herrn gelobten
Treue. "Wenn Könige, Magnaten und Ritter nicht aufgerufen wären,
Schismatiker und Häretiker und Exkommunizierte zu verfolgen..., dann
wäre der gesamte Kriegerstand in der christlichen Gemeinschaft überflüssig."
[56]
Bis 1095: Eine Zeit allgemeiner oder fast allgemeiner Hungersnot.
1091
Beispiel für Reliquienverehrung - im Kloster Rastede (bei Oldenburg):
"(13) Auf ihn folgte Bischof Liemar im Bischofsamt. Mit seiner Erlaubnis
weihte Bischof Hartwig von Verden auf Bitten des ruhmreichen Grafen Friedrich
dieses Kloster im Jahre der göttlichen Fleischwerdung 1091, in der 9.
Indiktion, am 16. August, im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit
und zu Ehren der heiligen Gottesgebärerin, der Jungfrau Maria, sowie
der Heiligen, deren Reliquien im Hauptaltar ruhen. Es sind darin folgende
Reliquien eingelassen: Ein Stück vom Grabe des Herrn, von der Krippe
des Herrn und vom Tisch des Herrn. Vom Bart des hl. Petrus. Von der Milch
der hl. Jungfrau Maria. Von ihrem Gewand, von den Daunen ihres Kopfkissens,
und andere Reliquien von ihr. Ein Stück vom Stabe des hl. Petrus. Vom
Blut des hl. Johannes des Täufers. Reliquien der heiligen Apostel Andreas,
Jacobus, Barnabas, Thomas, Philippus und Jacobus, Bartholomäus. Reliquien
des hl. Märtyrers Mauricius, des Johannes und Paulus. Stücke von
den Gebeinen und dem Gewand des hl. Georg. Reliquien der heiligen Unschuldigen
Kinder und des Hippolytus, Laurentius, Augustinus, Vitus, Modestus. Reliquien
der heiligen Bekenner Martin, Felix, und des Metzer Bischofs Remigius. Reliquien
der heiligen Kölner Jungfrauen Cäcilia, Martha, Agatha, Barbara.
Der Südaltar wurde am 16. August von demselben ehrwürdigen Hartwig,
Bischof von Verden, im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit und
zu Ehren Johannes des Täufers geweiht. In diesem Altar befinden sich
noch Reliquien des hl. Stephanus, des hl. Nicasius und seiner Gefährten,
zu deren Ehren der Altar gleichfalls geweiht ist. Der Altar im Norden wurde
am 17. August von demselben Bischof geweiht im Namen der heiligen und unteilbaren
Dreifaltigkeit und zu Ehren der heiligen Bekenner Benedikt, Nikolaus und Martin,
deren Reliquien im Altar ruhen. Außerdem befinden sich dort Stücke
vom Grab und vom Leichentuch des Herrn, vom Stab des hl. Petrus und vom Gewand
der hl. Maria. Ein Splitter vom Stab des Moses und Aaron. Reliquien der heiligen
Märtyrer Laurentius, Clemens und Hilarius. Ferner der heiligen Kölner
Jungfrauen Walpurgis und Petronilla, ferner von Margareta und Maria Magdalena.
Im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1091, in der 14. Indiktion, am 17. August,
weihte derselbe Bischof Hartwig den Mittelaltar im Namen der heiligen und
unteilbaren Dreifaltigkeit und zu Ehren des siegreichen Kreuzes und des hl.
Märtyrers Dionysius, dessen Reliquien mit anderen nachfolgend aufgezählten
darin ruhen: Reliquien der heiligen Märtyrer Cosmas und Damianus und
des hl. Albanus. Teile vom Banner des hl. Mauricius und von den Gebeinen desselben
sowie seiner Gefährten. Reliquien der Apostel Timotheus und Petrus. Ein
Stück vom hl. Kreuz. Reliquien des hl. Johannes des Täufers sowie
des Bekenners Augustinus. Reliquien der heiligen Kölner Jungfrauen Walpurgis
und Gertrud, der Maria Magdalena, Agnes, Felicitas und Margareta." [Rasteder
Chronik]
1093
Mißbrauch des Heeresaufgebots: Wilhelm II. (der Rote) von England beruft
die Aufgebote der Grafschaften nach Hastings, angeblich für einen Feldzug
in der Normandie. Es sollen 20000 gekommen sein, von denen jeder die zehn
Schillinge dabei hat, die seine Grafschaft zur Versorgung stellen muß.
William nimmt das Geld und schickt sie wieder nach Hause.
1094
Der Markusdom in Venedig wird geweiht; dort werden erstmals Gondeln erwähnt.
"Im selben Jahre war eine große Sterblichkeit der Menschen, vorzüglich
aber in Deutschland. Als nämlich die genannten Bischöfe auf ihrem
Rückwege von Mainz durch ein Dorf namens Amberk [Amberg], kamen, konnten
sie die außerhalb des Dorfes gelegene sehr geräumige Pfarrkirche
nicht betreten, um eine Messe zu hören, weil der ganze Boden voller Leichen
lag. Auch in der Stadt Kaker war nicht ein Haus, in welchem sich nicht drei
oder vier Leichen befanden; wir gingen also daran vorüber und übernachteten
unweit der Stadt auf freiem Felde." [Cosmas, Chronik von Prag]
Epidemie des Antoniusfeuers (Mutterkornbrand) im Westen.
1095
"Im Jahre der göttlichen Menschwerdung 1095 erschien der nördliche
Himmel viele Nächte hindurch gerötet." [Cosmas, Chronik von
Böhmen]
27. November: Auf dem Konzil von Clermont ruft Papst Urban II. zum Kreuzzug
auf. Den Teilnehmern an Turnieren wird mit dem Bann gedroht. Noch in diesem
Jahr beginnt der Wandermönch Peter (der "Kleine Peter", später
als "Peter der Einsiedler") aus der Gegend von Amiens, den Kreuzzug
zu predigen, beginnend in der Grafschaft Berry.
1096
Februar und März: Peter der Einsiedler zieht - kreuzzugspredigend - durch
das Orléannais und die Champagne nach Lothringen, von dort an der Maas
entlang über Aachen nach Köln, wo er bereits 15000 Leute gesammelt
hat und wo ihm weitere zuströmen. (12. - 20. April) In Deutschland schließen
sich keine hohen Fürsten an. Ein fanatisierter Volkshaufen unter Graf
Emicho vom Nahegau zieht nach Mainz und bringt dort 1014 Juden um. Es sollen
12000 Mann gewesen sein. Insgesamt werden in Mainz, Worms, Trier, Metz, Köln,
Neuß, Xanten, Regensburg und Prag nach vorsichtigen Schätzungen
4000 bis 5000 Juden umgebracht. Frühjahr: Erste "zucht- und mittellose
Horden" von Kreuzfahrern erreichen Ungarn. Während des ganzen Sommers
fließt ein führerloser und ununterbrochener Pilgerstrom nach Osten.
1. August: Vor Konstantinopel erscheinen die ersten undisziplinierten Haufen
von Kreuzfahrern unter Peter von Amiens ("Peter der Einsiedler");
die bereits in Ungarn angefangen haben zu plündern. Guibert von Nogent:
"Der Kaiser erließ ein Edikt, um allen die Möglichkeit zu
geben, nach Belieben zu kaufen, was in der Stadt verkäuflich war, riet
ihnen aber gleichzeitig, nicht den Meeresarm zu überschreiten, der nach
dem heiligen Georg hieß (der Bosporus) und der sie von dem durch die
Türken besetzten Land trennte. Er warnte sie, sich wegen ihrer Unterlegenheit
nicht ohne Gefahr dem Zusammentreffen mit den unzähligen Streitkräften
der Türken auszusetzen. Doch weder die Gastfreundschaft der Einwohner
der griechischen Provinzen noch selbst die Leutseligkeit des Kaisers konnten
die Pilger besänftigen; sie benahmen sich mit äußerster Unverschämtheit,
verwüsteten die Paläste der Stadt, setzten öffentliche Gebäude
in Brand, rissen die Bleiplatten von den Dächern der Kirchen und verkauften
dieses Blei dann wieder an die Griechen. Erschreckt von dieser kühnen
Ausschreitung, befahl ihnen der Kaiser, den Sankt-Georgs-Arm unverzüglich
zu überschreiten." 15. August: Offizieller Aufbruch zum Kreuzzug.
Anonymus: "Als die Türken erfuhren, daß die Christen die Burg
(Xerigordon, kleine Grenzbefestigung) besetzt hielten, belagerten sie diese.
Vor dem Burgtor befand sich ein Brunnen und am Fuß der Burg eine sprudelnde
Quelle, bei der sich Rainald (der Führer der Gruppe) aufstellte, um den
Türken einen Hinterhalt zu legen. Diese langten an am Tage des Michaelisfestes,
entdeckten Rainald und seine Gefährten und machten eine große Anzahl
nieder, während die anderen in die Burg flohen. Die Türken belagerten
diese alsbald und schnitten die Wasserzufuhr ab. Die unsrigen litten dermaßen
unter Durst, daß sie ihren Pferden und Eseln die Adern öffneten,
um das Blut zu trinken; andere warfen Schärpen und Lappen in die Latrinen
und drückten die Flüssigkeit aus in ihren Mund; einige urinierten
in die Hand eines Gefährten und tranken dann; andere gruben feuchten
Boden auf, legten sich dann nieder und häuften die Erde auf ihre Brust,
so groß war das Brennen ihres Durstes. Die Bischöfe und Priester
aber bestärkten die Unsrigen in ihrem Mut und ermahnten sie, durchzuhalten."
Bei Civitot werden sie von den Türken nach einem Ausbruch am 21. Oktober
niedergemacht. Ein kleiner Teil entkommt nach Konstantinopel. Später
beschreibt Anna Komnena den Ort: "Diese Gebeine bildeten einen ungeheuren
Haufen oder vielmehr eine Erhebung, einen Hügel, einen hohen Berg von
beträchtlicher Oberfläche. Menschen von demselben Stamm wie die
niedergemetzelten Barbaren bauten daraus Mauern wie die einer Stadt, und anstelle
des Mörtels füllten sie die Zwischenräume mit den Gebeinen
der Toten und machten aus dieser Stadt gewissermaßen ihr Grab. Dieser
befestigte Platz besteht noch heutzutage, umgeben von einer Mauer aus Steinen
und Knochen." Ende des Jahres erreicht der offizielle Kreuzzug Konstantinopel.
1097
In London wird der Weiße Tower vollendet (die erste Version des Londoner
Towers), ein Kubus von drei bis vier Stockwerken (33 x 36 x 27,5 Meter). Diese
königliche Zwingburg liegt gerade noch innerhalb der alten römischen
Stadtmauer "wie das Schloß an einer Kette" und über einem
römischen Lager und ist erbaut mit Steinen aus Caen. Er heißt der
"weiße" Tower, weil weiß gekalkt.
1098
Ein exemplarischer Sterbefall: Graf Liutold von Achalm verstirbt. Er hat zusammen
mit seinem Bruder Kuno das Kloster Zwiefalten gegründet. Solche Gründungen
durch einzelne Geschlechter dienen quasi als Vorsorge für das Seelenheil
und sind allgemein üblich. Liutold hat dem Kloster fast seinen gesamten
Besitz vermacht, aber das scheint noch nicht genug zu sein: "Das zehnte
Jahr seit der Gründung dieses Klosters war noch nicht abgelaufen, da
fühlte Graf Liutold, dessen Leiden sich verschlimmert hatte, daß
er dem Ende seines diesseitigen Lebens nahe sei. Wohl konnte er mit dem Apostel
sprechen: 'Einen guten Kampf habe ich gekämpft, meinen Lauf vollendet,
den Glauben bewahrt; nunmehr liegt für mich bereit die Krone der Gerechtigkeit'
und so weiter (2 Tim 4,7f.). Gleichwohl bat er, um 'als Gerechter gerechtfertigt
zu werden', ihm noch in der Stunde vor seinem Hinscheiden die Mönchsweihe
zu erteilen. (...?) Dermaßen beraubte sich jener einst so reiche, so
großmächtige Graf, dem alle Genüsse des Lebens zu Gebote standen,
um Gottes und um euretwillen, ihr Brüder, ihr gottgeliebten Söhne,
dermaßen entblößte er sich, um nackt Christus nachfolgen
zu können, 'um mit seinem Überflusse eurem Mangel abzuhelfen', um
sein Angedenken bei Gott und bei euch für ewige Zeiten zu sichern."
(Ortlieb von Zwiefalten, S. 72 - 74) Robert, Abt des Klosters Molesme gründet
inmitten des morastigen Waldes von Cîteaux (in der Diözese von
Langres) ein Kloster, um die Benediktinerregel zu reformieren. Die Mitglieder
dieses neuen Ordens werden als Zisterzienser bezeichnet. Nacht vom 2. auf
3. Juni: Die Kreuzfahrer erobern Antiochia (weil ihnen ein armenischer Waffenschmied
namens Firuz nachts ein Tor geöffnet hat, um sich am Kommandanten der
Stadt zu rächen). Das Gemetzel, welches sie dort anrichten, soll zwischen
10000 und 60000 Tote gekostet haben. Bald sehen sie sich selbst in der Rolle
der Belagerten. 14. Juni: Die Kreuzfahrer finden in einer Kirche die "Heilige
Lanze" (ungeachtet der Tatsache, daß sich bereits in Konstantinopel
eine solche befindet!), angestiftet von einem provencalischen Visionär
namens Peter Bartolomäus ("der Ärmsten und Niedrigsten einer",
eine umstrittene Gestalt, die später an den Folgen einer Feuerprobe stirbt).
Drei Tage sollen mit Beten und Fasten verbracht worden sein (beim allgemeinen
Hunger kein Kunststück). Dann werden am 28. Juni die belagernden Türken
vertrieben. Erster Kreuzfahrerstaat: Balduin von Boulogne setzt sich in Edessa
fest.
1099
Die Kreuzfahrer erobern Jerusalemd m unetzeln dort alles nieder. Die Zahlen
der Opfer schwanken zwischen 20000 und 70000. Angeblich soll noch im nächsten
Jahr der Verwesungsgeruch spürbar gewesen sein. In Valencia stirbt der
Cid alias Rodrigo Diaz aus Vivar. In Mainz werden die Weber urkundlich erwähnt
(erste Zunft?). Es stirbt Graf Adalbert von Calw, der Stifter des Klosters
Hirsau. Unter seiner Herrschaft sind etliche Waldhufendörfer im Nordschwarzwald
angelegt worden. In Venedig wird der Rialtomarkt eingerichtet 11. Jh. Bis
Anfang des 11. Jhs. gilt in England der 25. Dezember als Jahresanfang. Genagelte
Hufeisen sind nun überall gebräuchlich. Aufkommen der Harfe in Europa.
Der gregorianische Choral wird allmählich von mehrstimmigem Gesang verdrängt.
Seit Mitte des 11. Jh. wird in der byzantinischen Kaiserkanzlei orientalisches
Papier verwendet (wahrscheinlich arabische Importe). Orientalisches Papier
ist bräunlich, glatt, gut geleimt, zuweilen löschpapierähnlich,
stark und geschmeidig. Es zeigt keine Wasserzeichen, aber dafür manchmal
krumme oder schiefe Formstreifen (je 20 in einer Breite von 22 - 30 mm) und
unregelmäßig verteilte Stege. Seit Mitte des 11. Jhs. gilt in England
durch normannischen Einfluß der 25. März als Jahresanfang (bis
1752, in Schottland bis 1600). Um die Wurten in Friesland entstehen erste
niedrige Deiche. Zur gleichen Zeit werden die bisherigen kleinen Boote durch
größere Schiffe ersetzt. Durch die Deiche können die Boote
nicht mehr die flachen Schiffsländen an den Warften ansteuern. Die ersten
Deiche sollen weniger das Meerwasser abhalten, als vielmehr die Überflutung
mit Süßwasser aus dem Hinterland verhindern, welches sich zuweilen
an der Grenze des Tideneinflußbereiches staut. Aus bisher unbesiedelten
Sietländern werden Polder.
1099 bis 12. Jh.: Entstehung des französischen Epos "Karlsreise"
(Le Voyage de Charlemagne à Jerusalem et à Constantinople),
wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Reliquienkult von St.-Denis. Ende 11.
Jh.: Bis etwa jetzt hat die päpstliche Kanzlei für amtliche Bücher
noch Papyrus benutzt, während päpstliche Urkunden auf Papyrus bereits
um die Mitte des 11. Jhs. verschwunden sind.
Ende 11. Jh./Anfang 12. Jh.: Entstehung des Wilhelmsliedes (Chanson de Guillaume),
des ältesten Liedes der Wilhelmsepik um Wilhelm, einen Vetter Karls des
Großen.