Die Turnierregeln
Die Teilnahme am Turnier
Die Teilnahme am Turnier war nur das Vorrecht der Rittersleut´, die sich nach nach dem strengen mittelalterlichen Ehrenkodex als "turnierfähig" qualifiziert hatten. Turnierbeamte, Turniervögte und Kreiswärtel, besonders aber die in der Genealogie bestens bewanderten "Ehrenholde" achteten genau darauf, daß kein Unwürdiger in die Schranken trat. Sie hatten die "Turnierfähigkeit" der Adeligen zu prüfen. Dabei stützten sie sich auf die sogenannten "Turnierordnungen".
Turnierordnungen
Die Turnierordnungen des Mittelalters legten fest, wer zu einem ritterlichen Waffenspiel zugelassen werde und wer nicht. Turnierverbot bedeutete für einen Adligen das gesellschaftliche Todesurteil - den Verlust der ererbten Macht und Herrlichkeit.
In der "Heilbronner Turnierordnung", einem strengen Reglement,
das "die Ritterschaft der vier Lande, Franken, Schwaben, Baiern und Rheinstrom"
erlassen hat, hieß es beispielweise:
"Keiner soll bei einem Turnier zugelassen werden, der freiwillig in einer
Stadt sitzt, Steuer- und Wachtdienst leistet oder Ämter hat, die ihn
verpflichten, wie das bei eingesessenen Bürgern der Fall zu sein pflegt.
Item alle, die sich außerhalb des Adels beweiben, sollen nicht zum Turnier
zugelassen werden.
Item soll nicht zugelassen werden, der nicht von vier Ahnen edel geboren ist
und dessen Ahnen nicht Turniergenossen waren. Doch wer bisher turniert hat,
den möge man denn weiter reiten lassen, außer er wäre vom
Mutterleibe her nicht edel geboren, dann soll man ihn nicht turnieren lassen.
Item wer nicht in Ehre geboren ist, den soll man nicht zulassen."
Zusätzlich zum Turnierverbot konnte auch noch verfügt werden, daß
man einen "auf die Schranke setzen soll". Das heißt: Der Bestrafte
wurde gezwungen, seinen Sattel auf eine Latte des Turnierplatzzaunes zu legen
und darauf zu sitzen - preisgegeben dem Spott und den faulen Eiern, die das
Publikum bei solcher Gelegenheit zu werfen pflegte.
Laut Turnierordnung wurde auf die Schranke gesetzt: "Wer einer frommen,
gut beleumundeten Jungfrau die Ehre mit Worten oder Werken genommen hat und
sich dessen rühmt; item wer wissentlich Verkehrer des Glaubens ist, Ketzerei
und Mörderei betreibt; item wer einen wissentlichen Meineid getan oder
falsches Zeugnis gegeben hat; item wer fahnenflüchtig geworden ist im
Felde aus seines Herren geordneten Haufen; item wer Briefe und Siegel freventlich
verachtet hat; item wer jemanden sein Eheweib, die Tochter oder Schwester
unehrlich entführt hat; item wer sich trotz seines Adelsstandes mit Straßenraub,
Verrat, Mord oder anderen Bosheiten abgegeben hat."
Wappen und Helmschau
Alle Turnierteilnehmer mußten vor dem Wettkampf bei der "Wappen-
und Helmschau" ihre edle Geburt beweisen: jeder Ritter mußte in
einem Schloß-Saal oder im Kreuzgang eines Klosters seinen Schild mit
Wappen, den Helm mit Zierat und die von seinen Ahnen ererbten Schmuckstücke
ausstellen. Zusätzlich hatte sich jeder Teilnehmer in ein Turnierbuch
einzutragen und seine Herkunft mit Adelsbriefen zu belegen.
Sollte ein Ritter von einem anderen Turnierteilnehmer unehrenhaften Verhaltens
bezichtigt werden oder sollten sich Zweifel an seiner Herkunft aus edlem Mutterleibe
ergeben, dann muß der Beschuldigte vom Turnier so lange ausgeschlossen
sein, bis er sich der ihm zur Last gelegten Vorwürfe auf dem Rechtsweg
entledigt und beweist, daß er nicht unehrenhaft sei. Täte er dies
nicht und ritte er doch, so soll niemand ihm Schutz und Frieden gewähren.
Um diese vorübergehenden Turnierverbote in Grenzen zu halten, bedrohte
die Heilbronner Turnierordnung falsche Beschuldigungen und üble Nachrede
mit drakonischen Strafen:
Wer einen zu Unrecht beschuldigt oder zu Unrecht auf die Schranken setzt,
dessen Roß und Turnierzeug soll den Herolden, den Pfeifern, den Knechten
verfallen und soll er seines ganzen Lebens hindurch des Turnierechtes beraubt
sein, und der zu unrecht Beschuldigte darf von ihm fordern, die angetane Schmach
zu rechtfertigen.
Wer aber aus einem Mißverständnis heraus einen Ritter falsch beschuldigt,
etwa deshalb, weil er ihn mit einem anderen verwechselt hat, der soll, "denselben
Abend zu dem Beschuldigten gehen, ihm vor Zeugen versichern, daß er
ihn nicht erkannt habe und um Verzeihung bitten. Ein Unterherold soll ausrufen,
daß aus keiner anderen Ursache geschehen sei, als daß man ihn
verkannt habe".
Recht und Pflicht der Teilnahme
Die Adeligen, die als "turnierfähig" ausgemustert wurden, hatten nicht nur das Recht, an einem Turnier teilzunehmen, sondern auch die Pflicht. Wer sich vor einem Turnier zu drücken versuchte, der riskierte, aller ritterlichen Ehrenzeichen beraubt zu werden.