Religion der Kelten
Druidentum
Das zentrale Konzept der keltischen Religion, das Göttliche als Geheimnis
zu verehren, das sich in der Vielfalt der Götter und Mythen zeigt, aber
nicht fassen lässt, und geht auf die Druiden zurück, die man nur
bedingt als Priester der Kelten bezeichnen kann. Die antiken Autoren nannten
sie Philosophen, denn sie waren Gelehrte, Weise und Dichter, Ärzte und
Richter, Berater der Könige und des Volkes, Magier, Seher und Priester
in einer Person – eine geistig-religiöse und stammesübergreifende
Bruderschaft von umfassender Bildung und Kompetenz. In den Druidenstand wurde
man nicht geboren, sondern eingeweiht. Dazu war eine Ausbildung notwendig,
die bis zu zwanzig Jahre dauerte! Die Schüler lernten Hunderte Gedichte
und Lieder auswendig, in denen das gesamte Wissen der Druiden enthalten war.
Denn nichts davon wurde aufgeschrieben – nicht weil man das nicht gekonnt
hätte (die Kelten benutzten im Alltag griechische und lateinische Schrift),
und auch nicht aus Geheimniskrämerei, sondern weil sich die Ganzheit
geistiger Inhalte nur durch das lebendige Wort wiedergeben lässt.
Weit schlechter als über das Pantheon sind wir über die Inhalte
keltischer Religion und die Mythologie unterrichtet. Einer der Hauptursachen
ist sicher das von Caesar erwähnte Verbot, die Lehre der Druiden schriftlich
zu fixieren. Dieses Verbot hat wesentlich zu einer Mystifizierung des Druidenwesens
beigetragen und gleichzeitig Spekulationen Tür und Tor geöffnet.
Ohne Kenntnis der religiösen Inhalte, des Wesens der Gottheiten, der
Mythologie, werden alle Versuche, die reiche Symbolsprache der keltischen
Kunst, der keltischen Numismatik zu verstehen, nur tastende Annäherung
bleiben. Die Entdeckung des Coligny-Kalenders (ca. 1 – 2 Jh. n. Chr.)
in gallischer und lateinischer Schrift, gilt als wichtiges Zeugnis ausgezeichneter
astronomischer Kenntnisse der Druiden, der alle Lebensbereiche und den gesamten
Jahreszyklus prägende Magie, bleiben aber wie fast alle literarischen
Quellen an der Oberfläche. In antiken Textstellen steht zu lesen, daß
die Gallier zutiefst überzeugt waren von der Unsterblichkeit der Seele.
Auch vom Glauben an Wiederkehr der Seele in einem anderen Leib wird berichtet.
Caesar hat den Unsterblichkeitsglauben als wesentlichen Bestandteil der Druidenlehre
bezeichnet und hier die Ursache für die von vielen antiken Autoren teils
bewunderten, teils als barbarisch tollkühn verurteilte Kriegswut und
Todesverachtung der keltischen Krieger gesehen.
Entgegen der gängigen Vorstellung waren die Druiden keine weltabgewandten
Asketen; Kampfabstimmungen sollen manchmal in regelrechtes Handgemenge ausgeartet
sein! Es besteht kein Grund zu der Annahme, die Druiden hätten –
ausser während der Opferfeiern – anders ausgesehen als andere adlige
Gallier oder Britannier. Wie die meisten römischen Priester auch, waren
sie vermutlich eng in die Gesellschaft und den Alltag integriert.
Am meisten wissen wir über die keltische Religion in ihrer irischen Ausprägung.
Im Zentrum standen Heldengötter, übermenschliche Wesen, die sich
nach ihrem irdischen Leben in das Reich der Toten zurückgezogen hatten.
Die verschiedenen Eroberergenerationen, die Irland bevölkerten, wurden
mit einem Ahnenkult verehrt. Die Heldengötter wurden in den Stammbäumen
der Klans (Abstammungsgruppe) und Familien als Ahnherren geführt.
Die Festungen waren auf Erhebungen gebaut und dienten als Fluchtburgen und
Gräber. Dort versammelten sich die verstreuten Sippen zu den die Jahreszeiten
begleitenden Festen. Ursprünglich waren in der keltischen Religion verschiedene
Arten von Opferriten üblich. Sie sollten die Erde fruchtbar machen. Mit
der Zeit gab man diesen Brauch aber auf. An Bedeutung gewann die magische
Kraft der Zauberformeln und Lehrsätze der Druiden und der Dichter (Barden).
Die Gestalt des Zauberers Merlin aus der Artussage geht auf diese Tradition
zurück.
Lokale Führer der Gemeinden, die Gebete anstimmen und singen, sind die
gutuatri (von gutu = Stimme), die Sprecher mit den Göttern. Filid (irisch;
lat.: vates) sind die aus Vogel- und Opferschau Wahrsagenden, und banfathi
heissen die Prophetinnen.
In der Mantik und im Totenkult haben Eiche und Eibe als heilige Bäume
grosse Bedeutung. Das Jenseits ist eine Welt ohne Tod und ohne Winter. In
Wales heisst es Annwn* (Nichtwelt). Das paradiesische Jenseits irisch: Emain
ablach (Avalon) ist eine Insel der Seligen (lat.: insula avallonis), wo Licht
und Farben, Musik und Regentanz, Mahlgenuss und Geschlechterliebe die Verstorbenen
erwarten.
*) "Zwei Ur-Seinsprinzipien kannten die Kelten: das Göttliche (schöpferische Energie, weisses Licht oder die Sonne) und 'Cythrawl' (negative Energie, Destruktion und Schwärze). Im Anfang gab es nichts als Gott und 'Annwn' (die geistige Welt). Organisiertes Leben begann, in dem der Wort-Gott seinen unsagbar erhabenen Namen aussprach und 'manred' gebildet wurde. Dies war die Ursubstanz des Universums, die man sich als eine Vielzahl winziger, unsichtbarer Teilchen vorstellte, deren jedes einen Mikrokosmos darstellte, denn 'Gott' ist vollständig in jedem von ihnen, während es zugleich ein Teil von Gott, Teil des Ganzen ist. Die Gesamtheit alles existierenden Seins wurde durch drei konzentrische Kreise dargestellt. Der innerste Kreis, wo das Leben Annwn entsprang, hiess 'Abred'; er ist die Stufe von Streit und Evolution - der Kampf des Lebens mit 'Cythrawl'. Darauf folgt der Kreis von 'Gwynedd', der Reinheit, in der das Leben sich als reine, sich freuende Kraft manifestiert, die ihren Triumpf über das Böse erreicht hat. Der letzte, äussere Kreis heisst 'Ceugant', die Unendlichkeit, für die uns alle Attribute fehlen. Dieser Kreis, der nicht mit einer durchgehenden Linie, sondern als Strahlenkreuz dargestellt wird, wird alleine vom 'Göttlichen' bewohnt.
Sei Du mein inneres Gesicht ...
RÓP TU MO baile, a Choimdiu cride:
Ní ní nech aile acht Rí secht nime.
Rop tú mo scrútain i lló ís i n-aidche;
Rop tú ad chëar im chotlud caidche.
SEI DU MEIN inneres Gesicht, o Herr meines Herzens,
Nichts ist mir alles, allein daß Du bist,
Du, mein bester Gedanke, bei Tag und bei Nacht,
Im Wachen oder Schlafen, Deine Gegenwart mein Licht.
Sei Du meine Weisheit, Du mein wahres Wort;
Ich auf ewig mit Dir, o Herr, Du mit mir.
Du mein großer Vater, ich Dein lieber Sohn;
Du mir innewohnend, ich vereint mit Dir.
Mit dem Hochkönig des Himmels, nach errung'nem Sieg
Empfang’ ich himmlische Freuden, o lichte Himmelssonne!
Herz meines eigenen Herzens, was auch immer geschieht,
Sei Du mein inneres Gesicht, o Herrscher von allem.
Irisches Gebet, vor 800