Zeittafel 700 bis 799

0-599 600-699 700-799 800-899 900-999

1000-1099 1100-1199 1200-1299 1300-1399 1400-1499 1500-1599

8. Jh.
1. Hälfte 8. Jh.
2. Älteste erhaltene Pergamenturkunden in Italien (langobardisch).
Höhepunkt der fränkischen Staatskolonisation. In den Marschen Nordwestdeutschlands entstehen kleinere Wurten als Tochtersiedlungen der Dorfwurten mit Weilern und Einzelhöfen. In Nordhessen beginnt die Besiedlung in die Berglandschaften einzudringen. Aus dem 8. Jh. sind etwa 1800 erhaltene Handschriften bekannt.

8. und 9. Jh.
Das bayerische Kloster Niederalteich rodet im Lallinger Winkel und das Kloster Metten rodet im Vorwald. Verstärkte Besiedlung des östlichen Rheinischen Schiefergebirges. Höhepunkt des sächsischen Südvorstoßes in dessen nordöstlichen Teil.

709
Es stirbt Aldhelm von Malmesbury, ein Angelsachse mit der Angewohnheit, nach der Messe und vor der Predigt ein "carmen triviale" (weltliches Lied) einzulegen, von denen mindestens eines noch zu Zeiten Alfreds des Großen (871 - 899) im Volke gesungen wird.

711
Die Araber erobern das Westgotenreich in Spanien.

714
Karl Martell wird fränkischer Majordomus. Er schaltet das thüringische Stammesherzogtum aus.

715
Nach 715 wird in Italien Pergament verwendet.

716
Winfrid, ein Benediktiner aus Südengland (später Bonifatius) beginnt bei den Friesen zu missionieren - ohne Erfolg (keine politische Unterstützung).

719
Winfrid erhält in Rom den Namen Bonifatius und den Auftrag, bei Hessen, Sachsen und Thüringern zu missionieren, "mit einer großen Menge Reliquien" versehen. In Thüringen hat er keinen Erfolg und zieht zu den Friesen.

720
Othmar gründet das Kloster St. Gallen.

721
Bonifatius zieht auf die fränkische Amöneburg (östlich von Marburg) und baut dort ein kleines Kloster (Missionierung funktioniert in diesen Zeiten nur mit militärischer oder politischer Unterstützung).

722
"722 herrschte große Fruchtbarkeit" [Lambert von Hersfeld]

723
Bonifatius fällt die Donareiche bei Geismar und baut aus ihrem Holz die Peterskirche in Fritzlar.

726
Kaiser Leon II. verbietet die Anbetung von Bildern. Es stirbt Erzbischof Lullus von Mainz. Er hat die Eitelkeiten seiner adligen Umwelt kritisiert, welche "wertvolle Kleider, mit Spelt gemästete Pferde, Jagdvögel und Falken,...bellende Hunde, die Worttrunkenheit der Spielleute, die auserlesenen Genüsse wohlschmeckender Speisen und Getränke" liebte.

727
Ca.: Entstehung des "Liber Historiae Francorum" des Pseudo-Fredegar, in welchem die fränkischen Könige auf die Trojaner zurückgeführt werden. Hier wird auch der (völlig unhistorische) Sachsenkrieg des Chlothar erwähnt. Dem anonymen Autor wird erst im 16. Jh. der Name Fredegar zugeschrieben.

729
"729 erschienen Kometen" [Lambert von Hersfeld]

730
Ca.: In Deutschland wird Pergament verwendet.

731
Nach dem Tode von Papst Gregor II. wird Gregor III. sein Nachfolger (bis 741). Auf einem Konzil in Rom verurteilt er den Bildersturm.

732
Karl Martell schlägt die Araber, die bereits Bordeaux belagert hatten bei Tours und Poitiers zurück. Bonifatius wird Erzbischof (wovon?).

733
"733 ereignete sich eine Sonnenfinsternis." [Lambert von Hersfeld]

734
Ecgberht wird erster Erzbischof von York (bis 766). Sein Beicht- und Bußbuch verbietet heidnische Opfer oder Orakel, Zauberei und das Sammeln von Kräutern mit irgendwelchen Zauberformeln - ausgenommen mit christlichen Gebeten.

735
Es stirbt Beda Venerabilis (geb. um 672), Werk: "Historia ecclesiast. gentis Anglorum" (bis zum Jahr 731); "De temporum ratione", "De natura rerum". "736 starb Beda, der hochberühmte und treffliche Lehrer. Anfang des Klosters Herveld." [Lambert/Hersfelder Annalen]

740
Ca.: "Senchas Mar", irischer Rechtskorpus.

741
Bonifatius errichtet das Bistum Erfurt. Oktober: Karl Martell lebt ab. Das Frankenreich wird unter seine Söhne Pippin und Karlmann aufgeteilt.

742
Hausmeier Karlmann verfügt, daß Geistliche weder kämpfen noch in den Krieg ziehen sollen - mit Ausnahmen. Fürsten dürfen einen oder zwei Bischöfe samt einigen Priestern auf einen Feldzug mitnehmen, Befehlshaber dürfen je einen Priester haben - zwecks Beichte und Buße. Zwischen Januar und März schreibt Bonifatius an Papst Zacharias: "Meinem teuersten Herrn, dem mit dem Schmucke höchsten Priestertums bekleideten apostolischen Mann Zacharias Bonifatius, Knecht der Knechte Gottes. Wir gestehen, Herr und Vater, daß wir, nach der von Boten uns zugebrachten Kunde, daß Euer Vorgänger im Apostolat, Gregor, der Bischof des apostolischen Stuhls, von dem Zwange des Körpers befreit, zum Herrn eingegangen sei, nichts mit größerer Freude und höherer Befriedigung vernommen haben, als daß der höchste Richter Eurer väterlichen Gnade die Leitung der kirchlichen Satzungen und die Lenkung des Steuers des apostolischen Stuhls anvertraute; wir haben dafür Gott mit zum Himmel erhobenen Armen gedankt. [...] Es obliegt uns auch, Euch, o Vater, anzuzeigen, daß wir mit Gottes Gnade, nachdem die Völker Germaniens einigermaßen aufgerüttelt und auf den rechten Weg gebracht sind, drei Bischöfe geweiht und das Land in drei Sprengel geteilt haben; und wir bitten und begehren, daß jene drei Orte oder Städte, in denen wir sie eingesetzt und geweiht haben, durch Urkunden Eurer Machtfülle bestätigt und gesichert werden. Als einen solchen Bischofsitz haben wir die Burg namens Würzburg bestimmt, als zweiten den Flecken namens Buraburg [bei Fritzlar], als dritten den Ort namens Erfurt, der schon vor Zeiten eine Stadt landbauender Heiden war. Für diese drei Sitze begehren wir angelegentlich, daß sie durch eigene Urkunden kraft Eures Apostolats anerkannt und bestätigt werden, damit sie mit Gottes Willen durch apostolische Kundmachungen in Vollmacht und Auftrag des heiligen Petrus als drei Bischofsitze in Germanien gegründet und gefestigt gelten, und damit gegenwärtige oder künftige Geschlechter sich nicht herausnehmen, die Sprengel zu zerstören oder das Gebot des apostolischen Stuhls zu verletzen. Euch, o Vater, sei auch kund, daß mich der Frankenfürst Karlmann kommen ließ und das Verlangen stellte, ich möchte Anstalten treffen, in dem Teil des Frankenreichs, der seiner Gewalt untersteht, eine Synode zu versammeln. Und er versprach, daß er die schon seit langer Zeit, nämlich seit 60 oder 70 Jahren mit Füßen getretene und aufgelöste kirchliche Ordnung einigermaßen bessern und wiederherstellen wolle. Wenn er dies unter Gottes Eingebung wahrhaftig auszuführen gedenkt, dann muß ich Entschließung und Vorschrift Eurer Machtvollkommenheit, des apostolischen Stuhles, wissen und kennen. Denn die Franken haben nach der Aussage bejahrter Männer seit mehr als 80 Jahren weder eine Synode abgehalten noch einen Erzbischof gehabt, noch irgendwo kirchliche Rechtssatzungen begründet und erneuert. Augenblicklich sind die Sitze in den Bischofstädten größtenteils habgierigen Laien und eingedrungenen, der Unzucht oder dem Gelderwerb frönenden Klerikern lediglich zu weltlichem Genuß ausgeliefert. Soll ich also diese Angelegenheit in Eurem Namen auf Anregung des genannten Fürsten anfassen und in Fluß bringen, dann wünsche ich Vorschrift und Entscheidung des apostolischen Stuhls nebst den kirchlichen Satzungen zur Hand zu haben. Wenn ich unter ihnen Leute finde, die sich Diakonen nennen, dabei aber von Jugend an in Unzucht, Ehebruch und jeglichem Schmutz lebten, trotz solchem Leumund zum Diakonat gelangten und jetzt als Diakonen 4, 5 und mehr Beischläferinnen im Bett haben, dabei aber nicht erröten noch sich scheuen, das Evangelium zu lesen und sich Diakonen zu nennen, wenn sie dann, in solchem Unflat zur Priesterweihe gelangt, in ihr in gleichen Sünden verharren und Sünden auf Sünden häufen, trotzdem das Priesteramt ausüben und behaupten, für das Volk Fürbitte einlegen und das heilige Opfer darbringen zu können, wenn sie dann endlich, was dem Übel die Krone aufsetzt, trotz solcher Bezichtigung alle einzelnen Weihegrade durchlaufend, zu Bischöfen geweiht, und so genannt werden, dann muß ich doch Vorschrift und Entscheidung Eurer Machtvollkommenheit haben, was Ihr über solche Leute verfügt, damit ich derartige Sünder, gestützt auf die apostolische Entschließung, entlarven und bestrafen kann. Dann wieder gibt es unter ihnen Bischöfe, die zwar behaupten, keine Hurer und Ehebrecher zu sein, die aber Trinker, Zänker oder Jäger sind, gewappnet im Aufgebot zu Felde ziehen und mit eigener Hand Menschenblut, gleichgültig ob von Heiden oder Christen, vergießen. Weil ich aber Diener und Legat des apostolischen Stuhls bin, so muß mein Spruch hier und der Eure dort gleichlauten, wenn etwa beide Parteien durch Gesandte das Urteil Eurer Machtvollkommenheit anrufen. [...] Die ungeschlachten und einfältigen Menschen, die Alamannen, Bajuvaren oder Franken wähnen nämlich, wenn sie eine von den Sünden, die wir ihnen nicht durchlassen, in der Stadt Rom begehen sehen, daß dies von den Priestern erlaubt und gestattet sei, machen uns darob Vorwürfe und leiden Ärgernis für ihre eigene Lebensführung. So behaupten sie denn auch gesehen zu haben, daß Jahr für Jahr beim Eintritt der Kalenden des Januar in der Stadt Rom und in der Nachbarschaft der Kirche des heiligen Petrus Tag und Nacht nach Heidenart die Straßen auf und ab Reigen aufgeführt und Feste unter heidnischen Zurufen und gotteslästerlichen Gesängen begangen werden, obei die Tische Tag und Nacht unter der Last der Speisen sich biegen, während niemand in seinem Hause dem Nächsten mit Feuer, Gerätschaften oder einer Handreichung zu Diensten stehe. Sie erzählen weiter, sie hätten dort Weiber gesehen, die nach Heidenbrauch Amulette und Bänder um Arme und Beine geschlungen hatten und sie öffentlich zu Kauf und Verkauf anderen feilboten. Wenn alle diese Dinge dort von ungeschlachten und unbelehrten Menschen gesehen werden, dann trägt uns dies hier Vorwurf und Hemmnis bei Predigt und Lehre ein. [...] Wenn darum Ihr, o Vater, solche heidnische Gebräuche in der Stadt Rom abstellt, so wird für Euch daraus Verdienst und für uns reichlichster Ertrag in der kirchlichen Lehre erwachsen. Auch Bischöfe und Priester aus fränkischem Stamm, die Ehebrecher und schlimmste Hurer waren und durch die in ihrem Bischofs- oder Priestergrad geborenen Hurenkinder offen überführt sind, kehrten vom apostolischen Stuhl heim und behaupteten, der römische Papst habe ihnen die Erlaubnis gegeben, das Bischofsamt in der Kirche zu versehen. Wir aber treten gegen sie auf, weil wir noch nie gehört haben, daß der apostolische Stuhl gegen die kirchlichen Satzungen entschieden hat." [Ed. Michael Tangl, Leipzig 1912 (GdV 92) S. 67 - 74] April (evebtuell erst 743): Bonifatius beruft eine Synode ein (Concilium Germanicum). Es nehmen die Biscöfe von Würzburg, Erfurt, Büraburg, Köln, Straßburg und Utrecht teil. Der Ort ist nicht bekannt, liegt jedoch im Machtbereich Karlmanns. Die Beschlüsse sind als Kapitular Karlmanns überliefert und werden auch in die sammlung der Briefe des Bonifatius aufgenommen: "Im Namen unsers Herrn Jesus Christus. Ich Karlmann, Herzog und Fürst der Franken, habe im Jahre 742 von der Geburt Christi am 11. Tag vor den Kalenden des Mai, unter dem Beirat der Knechte Gottes und meiner Großen die Bischöfe meines Reichs mit ihren Priestern in der Furcht Christi zu einem Konzil und einer Synode versammelt, und zwar den Erzbischof Bonifatius und Burghard, Regenfrid, Winta, Willibald, Dadanus und Edda mit ihren Priestern, um mit mir zu beratschlagen, wie das Gesetz Gottes und die kirchliche Ordnung, die unter den früheren Fürsten der Auflösung und dem Zusammenbruch verfielen, wieder herzustellen sei und wie das christliche Volk zum Seelenheil gelangen könne und nicht, von falschen Priestern verführt, zugrunde gehe. Nach dem Rat der Priester und meiner Großen setzten wir in den einzelnen Städten Bischöfe ein und bestellten über sie als Erzbischof den Bonifatius, den Gesandten des heiligen Petrus. Wir wollen, daß Jahr für Jahr eine Synode zusammentrete, um in unserem Beisein die Satzungen und Rechte der Kirche aufzufrischen und die kirchliche Ordnung zu verbessern. Entzogenes Kirchengut geben und stellten wir den Kirchen zurück. Falschen Priestern, ehebrecherischen und unzüchtigen Diakonen entzogen wir ihre kirchlichen Pfründen, setzten sie ab und verhielten sie zur Buße. Den Dienern Gottes untersagten wir es durchaus, Waffen zu tragen, zu kämpfen, zum Aufgebot und gegen den Feind zu ziehen, mit Ausnahme jener, die wegen des göttlichen Dienstes, das ist wegen der Feier des Meßopfers und der Mitführung der Reliquien der Heiligen, hierzu auserkoren sind, so zwar, daß der Fürst ein oder zwei Bischöfe und die Pfalzpriester in seinem Gefolge haben möge und jeder Heerführer einen Priester, der denen, die ihre Sünden bekennen, ihr Urteil sprechen und die Buße auferlegen soll. Allen Dienern Gottes untersagten wir auch das Jagen und das Herumstreifen in den Wäldern mit Hunden, ebenso das Halten von Habichten und Falken. Wir verordneten auch gemäß den heiligen Satzungen, daß jeder Priester innerhalb der Diözese dem Bischof, in dessen Sprengel er sich aufhält, untenan sein und in der Fastenzeit über seine Amtsführung, über die Taufen, die Lehre des katholischen Glaubens, die Gebets- und Meßordnung, dem Bischof immer Rechenschaft legen und vorweisen soll. Und so oft der Bischof nach kirchlichem Recht seine Diözese bereist, um dem Volk die Firmung zu spenden, soll der Priester mit Beihilfe und Unterstützung des Volkes, das gefirmt werden soll, stets bereit sein, den Bischof aufzunehmen. Und am Gründonnerstag soll er immer bei seinem Bischof das neue Salböl holen, um vor dem Bischof von seiner keuschen Lebensführung, seinem Glauben und seiner Lehre Zeugnis abzulegen. Wir beschlossen, daß fremde Bischöfe und Priester, von wo immer her sie zuwandern mögen, vor der Billigung durch die Synode zum Kirchendienst nicht zuzulassen sind. Wir verfügten ferner, daß nach den Satzungen jeder Bischof in seiner Diözese unter Beihilfe des Grafen, welcher der Schützer der Kirche ist, Sorge tragen soll, daß das Volk Gottes nichts Heidnisches treibe, sondern allen Unflat des Heidentums abstreife und verabscheue, als seien es Totenopfer, Losdeuterei, Zauberei, Amulette, Wahrsagerei, Beschwörungen oder Schlachtopfer, die einfältige Menschen nach heidnischem Brauch bei Kirchen unter dem Namen von heiligen Märtyrern und Bekennern vornahmen, wodurch sie den Zorn Gottes und der Heiligen herausfordern, oder jene gotteslästerlichen Feuer, die sie Niedfyor nennen, und er soll ihnen überhaupt jeglichen heidnischen Gebrauch, von welcher Art er sei, sorgsam verbieten. Wir beschlossen ferner, daß wer von den Dienern oder Dienerinnen Gottes nach dieser Synode, die am 11. Tag vor den Kalenden des Mai abgehalten wurde, in das Verbrechen der Unzucht fallen würde, dies mit Kerkerhaft bei Wasser und Brot büßen soll; und wenn er ein geweihter Priester ist, dann soll er zwei Jahre im Kerker sitzen und vorher bis aufs Blut gegeißelt werden; und später soll der Bischof dies noch verschärfen. Und wenn ein Kleriker oder Mönch in diese Sünde fällt, dann soll er dreimal gegeißelt werden und ein volles Jahr im Kerker büßen. Gleicher Strafe sollen auch eingekleidete Nonnen verfallen und kahl geschoren werden. Wir verordneten auch, daß die Priester und Diakonen nicht kurze Kleider nach Art der Laien, sondern lange Gewänder nach Brauch der Diener Gottes tragen sollen. Auch soll keiner ein Weib in seinem Hause dulden. Und die Mönche und Klosterfrauen sollen nach der Regel des heiligen Benedikt geleitet werden und leben und darnach ihr eigenes Leben einzurichten trachten." [Die Briefe des hl. Bonifatius. Ed. Michael Tangl, Leipzig 1912 (GdV 92) S. 87 - 91]

744
Bischof Gewilip von Mainz (hochadlig) verübt beim Verhandeln auf einer Weserinsel an dem sächsischen Mörder seines Vaters eigenhändig Blutrache. Pippin ordnet an, daß jede civitas einen Wochenmarkt abhalten soll.

746
Bonifatius wird Bischof von Mainz. Einen letzten Aufstand der Alemannen kann Karlmann niederschlagen. Bei Cannstatt ordnet er eine Versammlung an: "Dort wurde das Heer der Franken und Alemannen vereint. Es war dort ein großes Wunder, daß ein Heer das andere ergriff und fesselte ohne irgendeine Kriegsgefahr. Die aber, die die ersten waren mit Theudebald [Herzog der Alemannen] bei der Unterstützung des Odilo [Herzog von Bayern] gegen die unbesiegbaren Fürsten Pippin und Karlmann, nahm er fest und wies sie gnädig zurecht, wie es die einzelnen verdient hatten." (Metzer Annalen) Das ("ältere") alemannische Herzogtum wird beseitigt. Dieses Ereignis wurde verschiendenlich, besonders in der älteren Literatur, als Massaker unter den Alemannen ("Blutgericht von Cannstatt") fehlgedeutet.

747
Die fränkischen Bischöfe erkennen auf einer Generalsynode auf Veranlassung von Bonifatius die Autorität des Papstes an. Der karolingische Hausmeier Karlmann entsagt der Herrschaft und tritt unerkannt als Mönch ins Kloster Montecassino ein. Um nicht erkannt zu werden, gibt er sich als Mörder aus, der sühnen will. Er wird nun mit niedrigen Arbeiten überhäuft, und als ein Begleiter die Züchtigungen seines einstigen Herren durch den Koch nicht weiter mitansehen will und dessen Identität preisgibt, werfen sich ihm alle Mönche und der Abt sogleich zu Füßen. (nach Regino von Prüm, a. 747)

748
Die Sachsen zahlen einen Tribut von 500 Rindern an die Franken.

750
Ca.: Die Schreibschule von St. Martin in Tours benutzt als Schrift bereits eine fast ligaturenfreie Frühform der Minuskel. Der arabische Alchimist Gabir ibn Haiyan (Geber) wendet erstmals die Kristallisation zur Reinigung chemischer Präparate an und beschreibt die Filtration.

751
Die Araber erhalten von chinesischen Kriegsgefangenen Kenntnis von der Papierherstellung. 4. November: Papst Zacharias beantwortet in einem Brief einige kleinlich formalistische Fragen des romhörigen Bonifatius: "Zunächst fragst du wegen der Vögel, das heißt der Dohlen, Krähen und Störche. Von deren Genuß sollen sich Christen vollständig enthalten. Und weit ängstlicher noch soll man sich hüten, von Bibern, Hasen und wilden Pferden zu essen", ungekochten Speck erst nach Ostern. Weiterhin sei der Kirchenzins rechtens (ein solidus pro Hof) und eine Taufe sei auch dann gültig, wenn sie irrtümlich mit der Formel "in nomine patria et filia et spiritus sancti" gesprochen worden sei.

752
Das Bistum Erfurt wird zugunsten des Erzbistums Mainz aufgehoben.

754
Januar: Papst Stephan II. reist über die Alpen nach Ponthion (bei Chalons an der Marne) und übergibt Pippin III. "in Sack und Asche" ein Schwert als Symbol der Schutzgewalt über "St. Peter" (wahrsch. eine spätere Ausschmückung). Hier kommt erstmals ein Papst über die Alpen. 14. April (Ostern): Pippin hält einen Hoftag zu Carisiacum (Quierzy) ab. Dem (anwesenden) Papst werden die zu machenden Eroberungen als weltliche Herrschaft zugesichert ("Pippinsche Schenkung"). Pippin verschenkt hier Gebiete, die ihm gar nicht gehören und die, wenn nicht den Langobarden, rechtlich dem Kaiser zustehen, dessen Untertan der Papst eigentlich ist. Hier präsentiert der Papst nun das berüchtigte "Constitutum Constantini", eine gefälschte Urkunde (wahrscheinlich kurz zuvor in Rom hergestellt), die sich auf die Silvesterlegende bezieht: Konstantin soll ursprünglich Verfolger der Christen gewesen, vom Aussatz befallen und von Papst Silvester geheilt und getauft worden sein. (Blanker Unfug: Konstantin wurde 337 auf dem Totenbett von Eusebius von Nikomedia, einem Arianer (!) getauft und war nie aussätzig, während Silvester schon 335 gestorben ist. Die Urkunde wird erst im 15. Jh. von Valla als Fälschung entlarvt.) Diese Urkunde nun soll von Konstantin an Silvester gerichtet sein und als Dank für die wundersame Heilung dem Silvester Rom und das ganze Abendland geschenkt haben, samt Primat über alle Priester, die Patriarchate von Antiochia, Alexandria, Jerusalem und Byzanz. Dem römischen Bischof werden alle Abzeichen kaiserlicher Würde gestattet und ihm kaiserlicher Rang eingeräumt. 28. Juli: Pippin erhält, wie auch seine Söhne, vom Papst neben Salbung und Königskrönung den Titel eines Patricius Romanorum, den bis 751 der Exarch von Ravenna geführt hat. Dieser offene Rechtsbruch bedeutet die tatsächliche Trennung von Byzanz. Der Papst verbietet den Franken unter Androhung von Kirchenstrafen, jemals Könige anderer Abkunft zu wählen und nennt den Pippin seither "Gevatter". Jener nun macht die Zehntzahlung an den Klerus zum Staatsgesetz und verlangt für kirchliches Leihgut gar den Doppelzehnten. Die Friesen erschlagen bei Dokkum den Bonifatius samt 52 Begleitern. Dies muß man sich durchaus als ein Gefecht vorstellen (Vita Bonifatii: "Waffen gegen Waffen").

755
Das fränkische Heer wird erstmals nicht mehr auf einem Märzfeld, sondern auf einem Maifeld gemustert. Dies deswegen, weil nun viele Krieger beritten sind und die Pferde erst im Mai ausreichend Futter für den Marsch zum Sammelplatz finden. Erste Erwähnung von "Salzpurch". Hier ist der Ire Virgil seit sechs Jahren Bischof.

756
Byzanz schickt eine Gesandtschaft an Pippin; die Franken erhalten als Geschenk eine Orgel ("venit organus in Francia", Annales Laureshamenses, s.a. 757; MGH, SS I, 28), was großen Eindruck macht, weil es solcherlei im Frankenreich nicht gibt."756 wurden zuerst Orgeln aus Griechenland an Pippin geschickt." [Lambert/Hersfelder Annalen]

757
26. April: Papst Stephan II. stirbt.

758
Der Tribut der Sachsen an die Franken wird nun nicht mehr in Rindern erhoben, sondern besteht aus 300 Pferden: "758 legte Pippin den überwundenen Sachsen die Abgabe auf, daß sie alljährlich 300 Pferde liefern sollten." [Lambert/Hersfelder Annalen]

760
Im Frankenreich ist vermutlich die Sanduhr bekannt, doch bis etwa 1300 selten.

763
"Es war aber damals ein so strenger Winter, daß man keiner ähnlichen Kälte sich von früheren Jahren her zu erinnern wußte." [Reichsannalen] In Südwürttemberg ist eine Dreifelderfolge belegt. Gründung des Benediktinerklosters Lorsch.
/764: Lex Salica.

764
"764 hielt Pippin eine große Versammlung zu Carisiagus, und es war ein sehr harter Winter." [Lambert/Hersfelder Annalen]

765
Fränkischer Königshof bei Aachen.

766
In Konstantinopel gibt es ein reichhaltiges Warenangebot und niedrige Preise - nur durch rigorose Ausplünderung der Landbevölkerung; wiederspenstige Bauern werden aufgehängt (oder erhängen sich selbst?). Kaiser Konstantin V. wird dafür mit Midas verglichen.

767
Letztes Auftreten der Pest, und zwar in Neapel.

768
Nach dem Tode Pippins III. wird Karl (später der Große) König der Franken. 7. August: Neuer Papst wird Stephan III. Ca.: Bischof Aribo von Freising-München verfaßt eine Vita des Hl. Korbinian und wird dadurch zum ersten Geschichtsschreiber Bayerns (wenn man denn Heiligenviten zur Geschichtsschreibung rechnen will).

770
Ca.: Laut einem Kapitular Karls stehen ab jetzt dem Grafen als Gerichtsherrn die Schöffen für die Urteilsfindung zur Seite. Bis 790: Im Kloster Monte Cassino verfaßt Paulus Diaconus die "Historia Langobardorum".

772
Beginn der Sachsenkriege Karls.

774
24. September: Die Reliquien des hl. Rupert werden aus Worms nach Salzburg überführt und der dortige Dom zu Ehren Ruperts geweiht. Die Salzburger Kirche erhält durch Schenkungen der bayerischen Herzöge (Agilolfinger) reichen Besitz in Bayern. Die Franken bereiten dem Reich der Langobarden in Italien ein Ende. Karl wird zusätzlich König der Langobarden.
/775: Im Frankenreich sind mehrtägige Märkte bezeugt.

775
Ca.: Die Urteilsfindung der Grafengerichte wird Schöffen übertragen.

776
Papst Hadrian I. klagt in einem Schreiben an Karl, daß er weder Schiffe noch Mannschaften habe, um gegen den Sklavenhandel an der Küste Latiums vorzugehen.

777
"Hammelburger Markbeschreibung": Aufzeichnung der Einweisung des Abtes Sturmi von Fulda in ein von Karl der Abtei geschenktes Landstück (Zentrum Hammelburg) durch zwei Grafen, zwei Königsvasallen und zahlreiche Zeugen am 8. Oktober. Es ist das Protokoll eines Grenzumganges, wobei volkssprachliche Flurnamen in den lateinischen Text eingehen. (Als Kopie der 1. Hälfte des 9. Jhs. erhalten)

778
15. August: Auf einer fränkischen Expedition nach Spanien fällt Markgraf Hroudland aus der Bretonischen Mark (aus der Familie der Widonen), der Held der späteren Rolandssagen. Die Sachsen zerstören das Kloster Kaiserswerth (Gebiet von Düsseldorf).

780
Es stirbt Abt Maurdramnus von Corbie. In der Entwicklung der Schrift ist der sog. Maurdramnus-Typ von Corbie das früheste Beispiel der karolingischen Minuskel. Diese Schift ersetzt (z.T. planmäßig) die Halbunziale. Bis 783: Willehad missioniert in Sachsen.

781/785
Das "Capitulare de partibus Saxoniae", ein äußerst strenges Gesetz soll die Christianisierung der Sachsen sichern:
"1. Alle stimmten zu, daß den Kirchen, die in Sachsen gebaut werden und Gott geweiht sind, nicht nur keine geringere, sondern größere und vorzüglichere Ehre erwiesen werde als den Heiligtümern der Götzen.
2. Sucht einer Zuflucht in der Kirche, so nehme sich keiner heraus, ihn mit Gewalt daraus zu vertreiben, sondern jener habe Frieden, bis er vor Gericht gestellt wird; zum Preise Gottes und der Heiligen und aus Ehrfurcht vor seiner Kirche werde ihm die Unverletzlichkeit seines Lebens und seiner Glieder zugesichert. Dem Urteil gemäß soll er aber, soweit er kann, die Sache wieder gutmachen, und so werde er vor den Herrn König geführt, und jener mag ihn schicken, wohin es seiner Milde gefällt.
3. Wenn einer mit Gewalt in eine Kirche eindringt und dort raubt oder stiehlt oder die Kirche in Brand steckt, soll er des Todes sterben.
4. Wenn einer die heiligen vierzigtägigen Fasten aus Mißachtung des Christentums nicht hält und Fleisch ißt, soll er des Todes sterben; doch soll der Priester entscheiden, ob nicht für jenen vielleicht eine Notlage bestand, die ihn zwang, das Fleisch zu essen.
5. Tötet einer einen Bischof, Priester oder Diakon, soll er gleichfalls an Haupt und Leben gestraft werden.
6. Glaubt einer vom Teufel verführt nach Art der Heiden, ein Mann oder eine Frau seien Zauberer oder Hexe und äßen Menschen, und er verbrennt sie deswegen und gibt ihr Fleisch jemandem zu essen oder ißt es selber, so soll er an Haupt und Leben bestraft werden.
7. Verbrennt jemand den Körper eines Toten nach heidnischem Brauch und läßt dessen Gebeine zu Asche werden, so soll er an Haupt und Leben gestraft werden.
8. Wer sich fortan vom Stamme der Sachsen ungetauft unter seinen Stammesgenossen verbirgt, zur Taufe zu kommen verachtet und freiwillig Heide bleibt, der soll des Todes sterben.
9. Opfert einer dem Teufel einen Menschen und bringt ihn den Dämonen zum Opfer nach Art der Heiden dar, so soll er des Todes sterben.
10. Läßt sich einer im Bunde mit Heiden auf Beschlüsse gegen Christen ein, oder verharrt er mit ihnen zusammen in Feindschaft gegen die Christen, so soll er des Todes sterben. Und wer zu irgendeinem hinterlistigen Anschlag auf den König oder das Volk der Christen seine Zustimmung gibt, der soll des Todes sterben.
11. Wer sich gegen den Herrn König untreu erweist, soll an Haupt und Leben gestraft werden.
12. Wer die Tochter seines Herrn raubt, soll des Todes sterben.
13. Tötet einer seinen Herrn oder seine Herrin, so treffe ihn die gleiche Strafe.
14. Begeht einer heimlich eines dieser Verbrechen, auf denen Todesstrafe steht, und nimmt er freiwillig seine Zuflucht zum Priester, legt diesem ein Bekenntnis ab und verspricht Buße zu tun, so werde ihm nach dem Zeugnis des Priesters die Todesstrafe erlassen. [...]
16. Auch dies wurde mit der Gnade Christi beschlossen, daß von jeder Fiskalabgabe, sei es Friedens- oder Banngeld oder sonst eine an den König gehende Abgabe, der zehnte Teil den Kirchen und Priestern gegeben werde. 17. In gleicher Weise setzen wir dem Gebot Gottes folgend fest, daß alle, Edle, Freie wie Liten', den zehnten Teil ihres Besitzes und ihres Erwerbs den Kirchen und den Priestern geben, so wie Gott jedem Christen gab, sollen sie Gott ihren Teil geben.
18. An Sonntagen darf keine Versammlung noch ein öffentliches Gericht stattfinden, außer in großer Not oder Feindesgefahr, sondern alle sollen zur Kirche kommen, um Gottes Wort zu hören, zu beten und gute Werke zu tun. In gleicher Weise sollen sie auch an den hochheiligen Festtagen Gott und der Kirche dienen und weltliche Versammlungen unterlassen.
19. Ebenso beschloß man auch unter diese Verordnungen einzureihen, daß alle Kinder innerhalb eines Jahres getauft werden müßten, und wir bestimmen, daß, wenn einer dies ohne Rat und Erlaubnis des Priesters unterläßt, er als Edler 120, als Freier 60 und als Lite 30 Schilling an den Fiskus zu zahlen hat.
20. Geht einer eine verbotene oder unerlaubte Ehe ein, so soll er als Edler 60, als Freier 30 und als Lite 15 Schillinge zahlen.
21. Legt einer an Quellen, Bäumen oder in Hainen Gelübde ab, bringt irgend etwas nach heidnischer Art dar und hält ein Mahl ab zu Ehren der Dämonen, so soll er als Edler 60, als Freier 30 und als Lite 15 Schilling zahlen. Haben sie wirklich nichts, womit sie sofort zahlen können, so werden sie der Kirche zum Dienst überwiesen (als Hörige), bis sie die Schillinge abgezahlt haben.
22. Die Leichen der christlichen Sachsen sollen auf die Friedhöfe der Kirchen, nicht an die Heidenhügel gebracht werden. [...]
23. Wir untersagen allen Sachsen öffentliche Versammlungen abzuhalten, außer wenn unsere Boten sie auf unseren Befehl hin einberufen. Jeder Graf aber soll in seinem Amtssprengel Gerichtstage abhalten, und die Priester sollen darauf achten, daß er nicht anders handele." [Johannes Bühler: Das Frankenreich. Nach zeitgenössischen Quellen. Leipzig: Insel 1923. S. 393-396.] Da solche brutalen Methoden in der Folgezeit Aufstände hervorrufen, wird bals (797) ein milderes Gesetz erlaassen werden.

782
Karl läßt zu Verden an der Aller 4500 Geiseln der aufständischen Sachsen über die Klinge springen (ob diese Zahlen realistisch sind, sei -wie immer- dahingestellt.) Der Angelsachse Alkuin wird Karls Berater. Beispiel für eine gescheiterte Reiterattacke auf einen sächsischen Schildwall: Die Legaten Karls des Großen, Adalgisus und Gielo greifen (mit Maximalgeschwindigkeit) die Sachsen im Süntal vor deren Lager an, sind bald umzingelt und kommen mit fast ihrer gesamten Truppe um. (Vgl. 626)

784
Es stirbt der fränkische Mönch Ambrosius Autpertus, Verfasser des Werkes "Vom Streit der Laster und Tugenden".

786
"Es wurden auch viele Wunderzeichen gesehen. Denn das Zeichen des Kreuzes erschien an den Kleidern der Menschen, und Blut floß aus dem Himmel und der Erde." [Lambert von Hersfeld]

787
"Und es ereignete sich eine Sonnenfinsternis." [Lambert von Hersfeld] Auf dem Konzil von Nikäa wird der Ikonoklasmus (Bildersturm) verworfen. Der Erzbischof von Mailand gründet ein Findelhaus für Kinder bis 8.

788
Reichsversammlung zu Ingelheim: Herzog Tassilo von Bayern wird abgesetzt und ins Kloster gesteckt; das Herzogtum Bayern wird aufgehoben (bis 912). Spanien: Es ist nicht möglich, in der Stadt Ausona (Vich) einen Bischof einzusetzen, weil hier die "heidnische" Opposition zu stark sei. Zudem hat Mitte des Jahrhunderts ein Rabbi Natronai von Sura von der Stadt geschrieben, sie sei ohne Nichtjuden (gentiles). B.S. Bachrach vermutet demnach, daß Burellus die Stadt mit Juden bevölkert hat.

789
Karl der Große verfügt (wie auch 802 wieder), "daß Bischöfe und Äbte und Äbtissinnen keine Hundemeuten halten sollen, auch keine Falken noch Jagdvögel noch Spielleute." Weiterhin verfügt er, daß Nonnen oder geweihte Frauen, die ohne feste Regelordnung in kleinen Klöstern leben, keine "winileodos" (wörtlich etwa: Liebeslieder) anfertigen dürfen. Das althochdeutsche "Winileod" bedeutet in den Glossen auch volkstümliche Gesänge (plebeii psalmi), weltliche Lieder (seculares cantilenae), "ungebildete Gesänge, deren Inhalt nicht verbürgt ist" (rustici psalmi sine auctoritate), "ungebildete und alberne Lieder" (cantica rustica et inepta). Des weiteren wird die Sonntagsarbeit verboten: "Wir bestimmen auch..., daß an Sonntagen keine Knechtsdienste (opera servilia) betrieben werden..., daß die Männer keine Landarbeit leisten, nicht den Weinberg bebauen, noch auf den Feldern pflügen, mähen, Heu schneiden oder Zäune errichten, noch in den Wäldern roden oder Bäume fällen, noch in Steinbrüchen arbeiten, Häuser errichten oder im Garten arbeiten. [Erlaubt sind nur Fuhrdienste im Krieg, zur lebenswichtigen Versorgung oder für ein Begräbnis.]...Ebenso sollen die Frauen am Sonntag keine Textilarbeit leisten, noch Kleider zuschneiden, nähen oder sticken, noch Wolle rupfen, Flachs dreschen, öffentlich Kleider waschen oder Schafe scheren." Der zum Hofkreis Karls gehörende irische Dichter Dungal beschreibt es in einem Preislied auf die Unterwerfung des bayerischen Herzogs Tassilo als Aufgabe der Dichtkunst, die "berühmten Taten der alten Könige" zu besingen.

790
Ca.: Bau der Kaiserpfalz zu Ingelheim.

792/793
Hungersnot im Frankenreich (oder Teilen davon).

793
Die Wikinger plündern das Kloster Lindisfarne.
Ca.: Möglicherweise im Zusammenhang mit der kürzlich erfolgten Hungersnot entsteht (zu einem unklaren Zeitpunkt) das "Capitulare de villis", ein Kapitular über die Organisation der königlichen Grundherrschaft: ",
1. Wir befehlen: Unsere Krongüter, die wir eingerichtet haben, unseren Hofhalt zu beliefern, sollen allein unserem Bedarf dienen und niemandem sonst.
2. Unsere Hofleute sollen wohl versorgt und von niemand in Schuldknechtschaft gebracht werden.
3. Die Amtmänner sollen sich hüten, unsere Hofleute in ihren eigenen Dienst zu stellen; sie dürfen sie nicht zu Fronen, zum Holzfällen oder irgendeiner anderen Arbeit zwingen und keine Geschenke von ihnen annehmen: weder Pferd, Ochsen, Kuh, Schwein, Hammel, Ferkel, Lamm noch sonst etwas, ausgenommen Würstchen, Gemüse, Obst, Hühner und Eier.
4. Haben unsere Hofleute unserem Eigentum durch Diebstahl oder sonst durch eine Nachlässigkeit Schaden zugefügt, so müssen sie den vollen Wert ersetzen und sollen überdies nach Hofrecht durch Prügel bestraft werden; dadurch kann man das Strafgeld ersetzen, außer bei Totschlag und Brandstiftung. Fremden Dienstleuten aber sollen die Amtmänner das ihnen zukommende Recht zu verschaffen trachten, so wie es Landrecht ist. Zur Strafe aber sollen unsere Hofleute, wie gesagt, gestäupt werden.
[...]
6. Wir befehlen: Unsere Amtmänner sollen den Zehnten von allen Erträgen den Kirchen auf unseren Besitzungen ungeschmälert geben. An eines anderen Herren Kirche darf man unseren Zehnten nicht entrichten, außer wo es von alters her so bestimmt ist. Auch sollen nur Geistliche aus unseren Hofleuten oder unserer Hofkapelle die Kirchen [auf unserem Grund] innehaben.
[...]
9. Wir befehlen: Jeder Amtmann muß in seinem Amtsbezirk die Maße eines Scheffels, eines Sesters, eines Seidels zu acht Sestern und eines Korbes in der gleichen Größe haben, wie wir sie in der Königspfalz benutzen.
[...]
16. Wir befehlen: Was wir oder die Königin oder unsere Beamten, der Seneschall und Schenk, auf unseren oder der Königin Auftrag den Amtleuten befahlen, müssen diese genauso erfüllen, wie es ihnen aufgetragen wurde. Wer das aus Nachlässigkeit versäumte, soll sich, nachdem er vorgeladen worden ist, des Trunkes enthalten, bis er vor uns oder die Königin kommt, um von uns Straffreiheit zu erbitten. Ist der Amtmann beim Heer, im Sicherheitsdienst, auf einer Botenreise oder sonstwo abwesend und sind seine Unterbeamten einem erhaltenen Befehl nicht nachgekommen, so sollen die zu Fuß zur Pfalz kommen, und sich des Wein- und Fleischgenusses enthalten, bis sie die Gründe für ihre Säumigkeit vorgebracht haben; dann sollen sie ihr Urteil empfangen, auf den Rücken oder wie wir oder die Königin es sonst für angemessen halten.
17. Für jeden Gutshof in seinem Amtsbezirk soll der Amtmann Pfründner bestellen, die Bienen für uns zu warten.
18. Bei unseren Mehlmühlen halte man der Größe der Mühle entsprechend Hühner und Gänse, je mehr, desto besser.
[...]
19. Bei den Scheunen auf unseren Haupthöfen halte man mindestens 100 Hühner und 30 Gänse, auf den Vorwerken mindestens 50 Hühner und 12 Gänse.
[...]
23. Auf jedem unserer Krongüter sollen die Amtmänner einen möglichst großen Bestand an Kühen, Schweinen, Schafen, Ziegen und Böcken halten; fehlen darf dies Vieh niemals. Außerdem sollen sie Kühe bereit halten, um mit Hilfe unserer Knechte die anfallenden Arbeiten zu verrichten, so daß sich der Bestand an Kühen und Pflug und Wagen für unsere Wirtschaft auf keinen Fall verringert. Zur Zeit des Hofdienstes müssen sie zur Fütterung der Hunde Vieh stellen: lahmende, aber nicht kranke Ochsen, Kühe und Pferde, doch ohne Räude, oder anderes, nicht krankes, kleineres Vieh. Wie gesagt: den Bestand an Kühen und Fuhrwerk darf man deshalb nicht vermindern.
24. Den Abgaben für unsere Tafel wende jeder Amtmann seine besondere Sorgfalt zu, damit die Lieferungen von guter, ja bester Qualität sowie sorgfältig und sauber zugerichtet sind. Jeder Amtmann hat für die einzelnen Tage seines Hofdienstes die doppelten Portionen Brot für unsere Tafel bereitzuhalten, auch muß die übrige Speise, Mehl wie Fleisch, ebenso in jeder Hinsicht tadellos sein.
[...]
34. Mit ganz besonderer Sorgfalt ist darauf zu achten, daß alles, was mit den Händen verarbeitet und zubereitet wird - wie Speck, Rauchfleisch, Sülze, Pökelfleisch, Wein, Essig, Brombeerwein, Würzwein, Most, Senf, Käse, Butter, Malz, Malzbier, Met, Honig, Wachs, Mehl -, daß dies alles mit der größten Sauberkeit hergestellt wird.
[...]
36. Unsere Wälder und Forsten sind sorgsam zu beaufsichtigen. Zur Rodung geeignetes Land soll man roden und verhindern, daß Ackerland wieder von Wald bewachsen wird, und nicht dulden, daß Wälder, wo sie nötig sind, übermäßig ausgeholzt und geschädigt werden. Unser Wildstand in den Forsten ist gut zu hegen. Auch muß man Jagdfalken und Sperber für unseren Gebrauch abrichten und uns den Waldzehnt pünktlich entrichten. Treiben unsere Amtmänner, Meier oder deren Leute ihre Schweine zur Mast in unseren Wald, so mögen sie als erste den Zehnt dafür entrichten, um ein gutes Beispiel zu geben, auf daß daraufhin auch ihre Leute alle den Zehnt voll zahlen.
[...]
40. Jeder Amtmann halte auf unseren Krongütern um der Zierde willen etliches Edelgeflügel: Pfauen, Fasanen, Enten, Tauben, Rebhühner, Turteltauben.
41. Die Gebäude auf unseren Gutshöfen und die umgebenden Zäune sind in gutem Zustande zu erhalten. Ställe, Küchen, Backhäuser und Keltern müssen zweckmäßig eingerichtet sein, damit unsere Dienstleute ihre Arbeit dort entsprechend gut und sauber verrichten können.
42. Jedes Krongut soll in seinem Lagerraum vorrätig haben: Bettdecken, Matratzen, Federkissen, Bettlinnen, Tischtücher, Bankpolster, Gefäße aus Kupfer, Blei, Eisen und Holz, Feuerböcke, Ketten, Kesselhaken, Hobeleisen, Spitzhauen, Bohrer, Schnitzmesser - kurzum, alles nötige Gerät, so daß man es nicht anderswo zu erbitten oder zu entleihen braucht. Auch das eiserne Kriegsgerät muß man hier verwahren, damit es gut erhalten bleibt; nach Gebrauch ist es wieder in den Lagerraum zurückzubringen.
[...]
45. Jeder Amtmann soll in seinem Bezirk tüchtige Handwerker zur Hand haben: Grob-, Gold- und Silberschmiede, Schuster, Drechsler, Stellmacher, Schildmacher, Fischer, Falkner, Seifensieder, Brauer - Leute, die Bier, Apfel- und Birnenmost oder andere gute Getränke zu bereiten verstehen -, Bäcker, die Semmeln für unseren Hofhalt backen, Netzmacher, die Netze für die Jagd, für Fisch- und Vogelfang zu fertigen wissen und sonstige Dienstleute, deren Aufzählung zu umständlich wäre.
[...]
48. Die Keltern auf unseren Krongütern sollen zweckmäßig eingerichtet sein. Die Amtmänner haben darauf zu achten, daß sich niemand untersteht, unsere Trauben mit den Füßen zu keltern, sondern daß alles sauber und reinlich zugeht.
49. Unsere Frauenarbeitshäuser sind in guter Ordnung zu halten: die Wohnhäuser, Werkstuben und gedeckten Schuppen oder Webkeller. Ringsum sollen sie mit starken Zäunen umgeben sein und feste Türen haben, damit die Frauen die Arbeiten für uns ungestört durchführen können.
[...]
55. Wir befehlen, daß unsere Amtmänner alle Abgaben, Dienste und Abzüge für unseren Hofhalt in ein Rechnungsbuch eintragen [lassen] und in ein anderes die Ausgaben. Den Überschuß sollen sie uns durch ein Verzeichnis nachweisen.
56. Jeder Amtmann soll in seinem Bezirk öfters Gerichtstage abhalten, Recht sprechen und dafür sorgen, daß unsere Hofleute ein ordentliches Leben führen.
[...]
62. Jeder Amtmann soll alljährlich über den Gesamtertrag unseres Wirtschaftsbetriebes berichten: wieviel er mit den Ochsen, die bei den Rinderhirten stehen, eingebracht hat, was von den Hufen, die Pflugdienst tun müssen, einkam, was an Schweine- und an sonstigem Zins, an Bußen wegen Treu- und Friedensbruch und für Wild, das in unseren Forsten ohne unsere Erlaubnis erlegt wurde, was an sonstigen Strafgeldern, was an Abgaben von Mühlen, Forsten, Weiden, an Brückengeldern und Schiffszöllen, was an Abgaben von freien Männern und von den Centbezirken, die Kronländereien bewirtschaften, was an Marktgebühren, was von den Weinbergen und von denen, die Weinzins geben, wieviel Heu, Brennholz und Kienspan, Schindeln und anderes Bauholz, was von den Ödländereien, wieviel Hülsenfrüchte, Kolben- und Fenchelhirse, Wolle, Flachs und Hanf, Obst, Wal- und Haselnüsse, was von gepfropften Bäumen, aus den Gärten, Rübenäckern und Fischteichen, wieviel Häute, Felle, Gehörne, Honig und Wachs, Talg, Fett und Seife, Brombeerwein, Würzwein, Met und Essig, Bier, Most und alter Wein, wieviel Hühner, Eier, Gänse, was von den Fischern, Schmieden, Schild- und Schuhmachern, was an Backtrögen und Truhen oder Schreinen, was von Drechslern und Sattlern, aus Eisen- und Bleigruben, was von den sonstigen Abgabepflichtigen, wieviel Hengst- und Stutenfohlen: eine detaillierte, genaue und übersichtlich geordnete Aufstellung über all dies haben sie [die Amtmänner] uns bis Weihnachten vorzulegen, damit wir wissen, was und wieviel wir von den einzelnen Dingen besitzen.
[...]
64. Unser Fuhrwerk, das für den Krieg bestimmt ist, soll in gut gebauten Kriegskarren bestehen. Die Wagendächer sind gehörig mit Häuten zu beziehen und so zu vernähen, daß die Karren notfalls auch vollbeladen Flüsse durchqueren können, ohne daß Wasser eindringen kann, und unser Eigentum, wie gefordert, unversehrt hinüber kommt. Ferner soll nach unserem Wunsch in jedem Karren Mehl für unseren Verbrauch mitgeführt werden, und zwar 12 Scheffel; auch in den Weinfuhren soll man 12 Scheffel in dem von uns vorgeschriebenen Maß mitführen. Endlich ist jedem Karren Schild, Lanze, Köcher und Bogen beizugeben.
[...]
69. Jederzeit soll man uns melden, wieviel Wölfe jeder Amtmann erlegt hat, und soll uns ihre Felle zusenden. Im Mai soll man die jungen Wölfe aufspüren und fangen, mit Hilfe von Gift, Wolfsangeln, Gruben und Hunden.
70. Wir befehlen: In den Gärten soll man alle nachgenannten Pflanzen ziehen: Lilien, Rosen, Hornklee, Frauenminze, Salbei, Raute, Eberreis, Gurken, Melonen, Flaschenkürbis, Faseolen, Kreuzkümmel, Rosmarin, Feldkümmel, Kichererbsen, Meerzwiebeln, Schwertlilien, Schlangenwurz, Anis, Koloquinten, Heliotrop, Bärenwurz, Sesel, Salat, Schwarzkümmel, Gartenrauke, Kresse, Klette, Poleiminze, Myrrhendolde, Petersilie, Sellerie, Liebstöckel, Sadebaum, Dill, Fenchel, Endivie, Weißwurz, Senf, Bohnenkraut, Brunnenkresse, Pfefferminze, Krauseminze, Rainfarn, Katzenminze, Tausendgüldenkraut, Schlafmohn, Runkelrüben, Haselwurz, Eibisch, Malven, Karotten, Pastinaken, Melde, Mauskraut, Kohlrabi, Kohl, Zwiebeln, Schnittlauch, Porree, Rettich, Schalotten, Lauch, Knoblauch, Krapp, Kardendisteln, Pferdebohnen, maurische Erbsen, Koriander, Kerbel, Wolfsmilch, Muskatellersalbei. Auf seinem Hause soll der Gärtner Hauslauch [Donnerkraut] ziehen. An Fruchtbäumen soll man nach unserem Willen verschiedene Sorten Apfel-, Birn- und Pflaumenbäume halten, ferner Eberesche, Mispeln, Edelkastanien und Pfirsichbäume verschiedener Arten, Quitten, Haselnüsse, Mandel- und Maulbeerbäume, Lorbeer, Kiefern, Feigen-, Nußbäume und verschiedene Kirschensorten. Die Apfelsorten heißen: Gosmaringer, Geroldinger, Krevedellen, Speieräpfel, süße und sauere, durchweg Daueräpfel; ferner solche, die man bald verbrauchen muß: Frühäpfel. Drei bis vier Arten Dauerbirnen, süßere und mehr zum Kochen geeignete und Spätbirnen." [Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter. Ges. und hrsg. von Günther Franz. Darmstadt: WB 1967. (FSGA 31.) S. 39-59.]

794
Der Barmekidenwesir Jachja ben Fadl richtet in Bagdad die erste Papiermühle ein. Ein Ergebnis der Synode von Frankfurt: "Gott kann in jeder Sprache angebetet werden." Dabei wird Frankfurt ("Villa Franconovurd") erstmals erwähnt.

795
Die Wikinger plündern erstmals in Irland. Karl ernennt seinen Hofkaplan Hildebold zum ersten Erzbischof von Köln.

796
Alkuin geht als Abt nach Tours. Karl beschwert sich in einem Brief an König Offa von Mercia über die aus England gelieferten kurzen Mäntel ("Friesenmäntel"): "Was nützen diese kleinen Fetzen? Im Bett kann ich mich nicht damit zudecken, auf dem Pferd kann ich mich nicht gegen Wind und Regen schützen, und wenn ich austreten muß, komme ich um, weil mir die Beine erstarren." Diese Mäntel werden freilich nur vom Adel getragen.

797
Alkuin schreibt an den Bischof von Lindisfarne: "Das Wort Gottes soll beim Mahl der Geistlichen gelesen werden. Es ziemt sich, dort den Vorleser zu hören, nicht den Harfenspieler, die Predigten der Väter, nicht die Lieder der Heiden." Das strenge "Capitulare de partibus Saxoniae" von 781/785 wird durch ein milderes Gesetz abgelöst. Die meisten heidnischen Vergehen, für die den Sachsen die Todesstrafe drohte, können nun, wie im Frankenreich allgemein üblich, durch Geldstrafen abgegolten werden.

798
Salzburg wird Erzbistum.

799
Die Wikinger beginnen, die friesisch-sächsische und die aquitanische Küste zu verheeren. Es stirbt Paulus Diaconus. Bilk wird erstmals erwähnt (heute ein Stadtteil von Düsseldorf). Karl gründet die Pannonische oder Karolingische Mark (Ostmark), die bis zur Raab reicht und von Siedlern aus Bayern und Salzburg kolonisiert wird.

799/800
Das Konzil von Reisbach verfügt: "Kommt es zu einem Streit zwischen Mann und Frau über den ehelichen Beischlaf, weil sie abstreiten, miteinander fleischlich zu verkehren, so hat die heilige Synode folgendes entschieden: Wenn der Mann bestreitet, das an der Frau vollzogen zu haben, so soll er mit ihr die Kreuzesprobe ablegen; will er das nicht, frage er eine andere Frau, die mit jener geht; und wenn der Mann sagt, sie hätten miteinander geschlafen, und sie das bestreitet, dann reinige sich die Frau nach Maßgabe des Gesetzes."